2Ob53/25w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Mag. Klemens Mayer und Mag. Stefan Herrmann, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Polak Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 61.236 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. Februar 2025, GZ 16 R 121/24t 34, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Vorinstanzenwiesen die auf §§ 789 ff ABGB gestützte Pflichtteilsklage übereinstimmend als unschlüssig ab.
Rechtliche Beurteilung
[2] Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision des Klägerszeigt das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht auf:
[3]1. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[4]2. Die Schlüssigkeit einer Klage kann nur anhand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden, sodass insoweit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage zu beantworten ist (vgl RS0037780).
[5]3. Das Bestandrecht ist grundsätzlich ein vererbliches Vermögensrecht, sodass der Tod eines Vertragspartners für sich allein nicht zur Beendigung des Bestandvertrags führt (§ 1116a ABGB; § 14 Abs 1 MRG; 5 Ob 8/19s Punkt 1.1.; vgl RS0012202). Ist im Fall eines – wie hier – dem MRG unterliegenden Hauptmietvertrags über eine Wohnung ein Eintrittsberechtigter iSd § 14 Abs 3 MRG vorhanden, kommt es zu einer kraft Gesetzes eintretenden Sonderrechtsnachfolge (RS0069664), sodass das Bestandrecht nicht als Teil des Verlassenschaftsvermögens angesehen werden kann. Kommt es zu keiner derartigen Sonderrechtsnachfolge, liegt bei Mietverträgen über Wohnungen der Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 5 MRG vor (3 Ob 144/21d Rz 3; RS0103727).
[6]4. Die Vorinstanzen sind vor diesem Hintergrund davon ausgegangen, dass die von der Erblasserin gegenüber dem Vermieter (ohne die nach dem Klagsvorbringen nicht vorliegenden Voraussetzungen nach § 12 MRG) abgegebene Erklärung, sie verzichte zu Gunsten (unter anderem) der Beklagten auf ihre Mietrechte, keinen der Pflichtteilsbemessung zu Grunde zu legenden wirtschaftlichen Wert habe. Eine darin liegende Fehlbeurteilung zeigt der Kläger aus folgenden Gründen nicht auf:
[7]Die Entscheidung 9 Ob 20/10x enthält keine Aussage zur Vererblichkeit von Bestandrechten und ist damit nicht einschlägig. Aus der Judikatur zur möglichen Berücksichtigung des „Schattenwerts“ einer Mietwohnung im Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG lässt sich für den Kläger ebenfalls nichts gewinnen, weil eine solche nur im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über die Ausgleichszahlung bei Zuweisung der Ehewohnung an einen der beiden Gatten in Betracht kommt (RS0057574).
[8]5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Fachsenats, wonach die Hinzurechnung von Schenkungen ganz generell (immerhin, aber doch nur) dazu führen soll, dass Pflichtteilsberechtigte so stehen, wie sie stünden, wenn die Schenkung – also die nach der Wertung des Gesetzes „pflichtteilswidrige“ Verfügung – unterblieben und die Sache daher (im Todeszeitpunkt) noch im Nachlass wäre. Die Hinzurechnung (also das Wegdenken der pflichtteilswidrigen Verfügung) soll verhindern, dass ein Pflichtteilsberechtigter durch eine Zuwendung zu Lebzeiten schlechter steht, als wenn der Erblasser über die betroffene Sache erst von Todes wegen verfügt hätte (zuletzt 2 Ob 8/25b Rz 28 mwN).
[9]Der Argumentation des Berufungsgerichts, dass bei Bestehen eines Kündigungsrechts nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG in den Nachlass fallende Bestandrechte keinen objektiven Verkehrswert aufweisen, tritt der Kläger in der Revision nicht entgegen. Aus welchen Erwägungen im Anlassfall davon auszugehen sein sollte, dass der Vermieter bei Belassen der Mietwohnung im Nachlass von seinem Kündigungsrecht nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG keinen Gebrauch gemacht hätte, legt der Kläger in der Revision nicht nachvollziehbar dar.