JudikaturOGH

14Os26/25t – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
13. Mai 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Mai 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. SetzHummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Madari LL.M. (WU), BSc (WU) im Verfahren zur strafrechtlichen Unterbringung des * C* in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Genannten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 19. November 2024, GZ 23 Hv 46/24y-94, sowie dessen Beschwerde gegen den Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt dem Oberlandesgericht Linz zu.

C* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] M it dem angefochtenen Urteil wurde * C*des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (I./) sowie des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt und zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem ordnete das Erstgericht aus Anlass der zu I./ dargestellten Tat die Unterbringung des Genannten in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 2 StGB an.

[2] Danach hat er am 16. August 2020 in L* * M*

I./ mit gegen sie gerichteter Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, nämlich durch zahlreiche Faustschläge in ihr Gesicht sowie die Drohung mit dem Tod durch die Worte„Wüst sterbm oda lebm“, zur Vornahme und Duldung von dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlungen, nämlich zur Vornahme eines Oralverkehrs sowie zur Duldung der digitalen Vaginalpenetration, genötigt, wobei die Tat bei M* neben einer Gehirnerschütterung sowie einem Nasenbeinbruch eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) in Form einer mehr als 24 Tage dauernden posttraumatischen Belastungsstörung zur Folge hatt e;

II./ durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Körperverletzung zur Unterlassung der Erstattung einer Anzeige bei der Polizei genötigt, indem er nach der Vergewaltigung ankündigte: „Nur damit du es weißt! Ich heiße Ma*! Und wenn du zur Polizei gehst, bringe ich deine Familie und dich um!“.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, die ihr Ziel verfehlt.

[4]Die Verfahrensrüge (Z 3) kritisiert, dass die Vernehmung des Angeklagten in der Hauptverhandlung (§ 245 StPO) – über seinen Antrag – gemäß § 229 Abs 1 Z 2 StPO unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt ist, er dabei jedoch auch zu den privatrechtlichen Ansprüchen befragt sowie zum allfälligen Widerruf der vom Landesgericht Linz zu AZ 34 Hv 10/19b gewährten bedingten Strafnachsicht gehört wurde (ON 88a, 3 ff), obwohl die Konkretisierung des Privatbeteiligtenanschlusses sowiedie Erörterung des Widerrufs nicht unter die Gründe des § 229 Abs 1 StPO fallen würden.

[5]Da durch die bevorstehende Vernehmung des Angeklagten im Zeitpunkt der Beschlussfassung eine Erörterung des persönlichen Lebensbereichs desselben und des Opfers anzunehmen war, lagen die Voraussetzungen des § 229 Abs 1 Z 2 StPO vor, weshalb – was von der Beschwerde ohnehin nicht in Frage gestellt wird – der Ausschluss der Öffentlichkeit zu Beginn der Vernehmung des Angeklagten keinen Nichtigkeit begründenden Verstoß gegen § 228 StPO bewirkt hat. Dass es während des unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführten Verfahrensschrittes auch zu Erörterungen kam, die eine Ausschlussverfügung nicht gerechtfertigt hätten, vermag an deren Gesetzmäßigkeit nichts zu ändern (vgl RIS-Justiz RS0098868, RS0098875 [T3, T4]).

[6]Im Übrigen würden die Äußerung zu einem Privatbeteiligtenanschluss und die Anhörung nach § 494a Abs 3 StPO als Grundlage für die allfällige Annahme eines nachteiligen Einflusses auf die – nach dem Telos des Gesetzes nur nichtigkeitsrelevante Urteilsaussprüche umfassende – „Entscheidung“ iSd § 281 Abs 3 StPO ohnehin ausscheiden, sind doch weder die Entscheidung über privatrechtliche Ansprüche noch ein Beschluss nach § 494a StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpfbar (vgl §§ 280 erster Satz, 294 Abs 2, 498 StPO; RIS-Justiz RS0098959; Danek, Glosse zu 13 Os 1/23f, RZ 2023/14, 174 f).

[7]Entgegen der Unvollständigkeit reklamierenden Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) musste sich das Schöffengericht nicht gesondert mit der Aussage des Zeugen * F* auseinandersetzen, wonach ihm der Name „Mal*“ „heute“ nichts sage, er sich jedoch „damals“ umgehört habe und „von den Leuten die beim Bahnhof verkehren“ ein Gerücht gekommen sei, „dass das der Mal* gewesen sein könnte“, wobei er keine Erinnerung daran habe, dass der Name vom Opfer gekommen sei (ON 93, 16 f). Denn das genannte Verfahrensergebnis betrifft keine erhebliche Tatsache (vgl RIS-Justiz RS0116877), ist es doch für die Feststellung über Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden, also für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage maßgeblichen Tatsache (RIS-Justiz RS0117499) nicht von Bedeutung.

[8] Gleiches gilt für die Forderung nach einer Auseinandersetzung einerseits mit Teilen des DNA Gutachtens, wonach an den Spuren im Halsbereich und am Rücken des Opfers ein komplexes Y-DNA-Mischprofil festgestellt wurde, welches einer Mischung aus den Merkmalen von mindestens vier verschiedenen männlichen Personen entsprach, und wonach an der Spur im Gesicht des Opfers eine Mischung aus den DNA-Profilen des F* und einer weiteren Person festgestellt werden konnte (ON 6, 39 ), und andererseits mit dem behaupteten Umstand, am Körper des Opfers seien keine Spermaspuren gefunden worden, obwohl dieses angegeben habe, dass der Täter auf seinenRücken ejakuliert und es zwischen der Tat und der Untersuchung nicht geduscht habe (vgl ON 6, 49; RIS-Justiz RS0098495 [T6]).

[9] Ebenso wenigunter dem Aspekt von Unvollständigkeit gesondert erörterungsbedürftig waren divergierende Angaben des Opfers gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. R*, LL.M. und dem Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dr. K* zu einem allfälligen Alkohol- oder Drogenkonsum (ON 50, 10 sowie ON 61, 7) und der Umstand, dass in einem Befund des zuletzt genannten Arztes weder Panikattacken noch eine Vergewaltigung beschrieben wurden, stehen doch diese Umstände den Feststellungen zu den Tatfolgen (hier: zu einer beim Opfer aufgetretenen akuten Belastungsreaktion sowie einer mehr als 24 Tage anhaltenden posttraumatischen Belastungsstörung [US 5 f]) nicht entgegen (vgl RIS-Justiz RS0098646 [T8]).

[10]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizit erhobene) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[11]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.