15Os31/25k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. MichelKwapinski, Dr. Sadoghi und Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Madari LL.M. (WU), BSc (WU) in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 18. November 2024, GZ 39 Hv 103/24z 70, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde* S* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB (I./), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (II./), des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (III./1./) sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III./2./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung –
I./ am 12. November 2023 in S* * K* mit Gewalt zur Vornahme und Duldung dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen sowie zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie am Oberarm packte, in eine Damentoilette schob, in eine Kabine drängte, mit beiden Händen nach unten drückte, auf die Knie zwang, ihren Kopf festhielt, seine Hände auf ihrem Hinterkopf verschränkte, ihren Mund auf seinen Penis schob, diesen mehrfach in ihren Mund bis tief in den Rachen rammte, wodurch die Genannte erbrechen musste, ihr eine Ohrfeige versetzte, sie hochhob, gegen die Wand drückte, versuchte, mit seinem Penis vaginal in sie einzudringen, sie in der Folge umdrehte und anal in sie eindrang, sie danach neuerlich auf dieselbe Weise zum Oralverkehr zwang, wobei die Genannte erneut erbrechen musste, sie umdrehte und wieder anal in sie eindrang, währenddessen K* in die Toilette erbrach, wobei sie durch die Tat in besonderer Weise erniedrigt wurde;
II./ am 25. März 2024 in I* * H* mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er mit einem Freund des H* telefonierte und diesem gegenüber äußerte: „Bring ihn mir, ich will ihn umbringen“ und in weiterer Folge mit einem Vierkantholz in der Hand an dessen Zimmertür klopfte und sich nach ihm erkundigte.
Rechtliche Beurteilung
[3]Dagegen richtet sich die auf Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
[4]Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben die Tatrichter die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers zu I./ und II./ sowie die Angaben der Zeugin * M* zu I./ sehr wohl berücksichtigt (US 7 f, 11). Zu einem Eingehen auf Details deren Angaben – nämlich dem vor der Tat im Einvernehmen erfolgten Küssen zwischen dem Angeklagten und dem Opfer – war das Schöffengericht dem Gebot zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend nicht verhalten (RISJustiz RS0106642).
[5] Entgegen dem Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) leitete das Erstgericht die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen zu I./ nicht bloß aus den Deponaten des Opfers, sondern auch den Ergebnissen der DNA Analyse sowie des Gutachtens aus dem Fachbereich der Gerichtsmedizin (US 7 ff) ab. Indem die Rüge diese Urteilspassagen übergeht, verfehlt sie mangels Orientierung an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe die prozessordnungsgemäße Darstellung (RISJustiz RS0119370).
[6] Die Mängelrüge releviert ferner eine fehlende Begründung (Z 5 vierter Fall) in Ansehung der Feststellung der Absicht zu II./. Die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite – auch in Form der Kenntniserlangung durch das Opfer – stützten die Tatrichter auf den Wortlaut der Äußerung sowie die Umstände, unter denen sie getätigt wurde (US 11), womit den Begründungserfordernissen entsprochen wurde (vgl RISJustiz RS0116882).
[7] Die Feststellung, wonach der Angeklagte die Absicht hatte, dass die Äußerung dem abwesenden Opfer auch zur Kenntnis gelangt, findet sich – von der Rüge (nominell Z 5 vierter Fall, dSn Z 9 lit a) übergangen – auf US 6.
[8] Die Tatsachenrüge (Z 5a) soll nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Rügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RISJustiz RS0118780).
[9] Indem der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Deponate des Opfers zur Freiwilligkeit des Küssens und Begleitens des Angeklagten auf die Toilette sowie Details deren Tatschilderung zu I./ die Beweiswerterwägungen des Schöffengerichts kritisiert und die Verfahrensergebnisse bloß eigenständig bewertet, gelingt es ihm nicht, erhebliche Bedenken im bezeichneten Sinn zu wecken.
[10] Soweit die Tatsachenrüge weiters das Fehlen von Beweisergebnissen zur tatsächlichen Kenntnisnahme der Drohung durch das abwesende Opfer zu II./ einwendet, verfehlt sie die gesetzmäßige Darstellung, weil sie damit keine entscheidende Tatsache anspricht (RISJustiz RS0093126, RS0106268 [T7]).
[11] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu I./ leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (siehe aber RISJustiz RS0116565), weshalb für die Erfüllung des Tatbestands der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 StGB Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) erforderlich sein sollte ( Philipp in WK 2StGB § 201 Rz 36 f). Indem die Rüge ihre Argumentation in Ansehung eines Einverständnisses des Opfers (RISJustiz RS0130997) nicht auf Basis des gegenteiligen Urteilssachverhalts entwickelt (US 5), bringt sie den herangezogenen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozessförmigen Darstellung (RISJustiz RS0099810).
[12] Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu II./ geht von einer fehlenden Absicht des Angeklagten, das Opfer in Furcht und Unruhe zu versetzen, aus und nimmt damit neuerlich nicht Maß an den hiezu getroffenen Urteilskonstatierungen (US 6). Mit beweiswürdigenden Erwägungen zum angeblichen Fehlen der subjektiven Tatseite verfehlt die Rüge den Bezugspunkt.
[13] Letztlich leitet auch die Subsumtionsrüge (Z 10) zu I./ nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RISJustiz RS0116565 [T2]), weshalb ein erzwungener Oralverkehr nach zuvor vorgenommener – ohne Kondom erfolgter – Analpenetration sowie die Analpenetration, während das Opfer erbricht, keine Begleitumstände darstellen sollten, die das mit einer Vergewaltigung notwendigerweise verbundene Maß der Demütigung des Opfers erheblich überschreiten würden (vgl RISJustiz RS0095315; Philipp in WK 2StGB § 201 Rz 33, Fabrizy/Michel Kwapinski/Oshidari, StGB 14 § 201 Rz 13).
[14]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[15]Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.