JudikaturOGH

3Ob3/25z – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dipl.Ing. C* R*, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler und andere Rechtsanwälte in St. Florian, gegen die verpflichtete Partei Mag. M* S*, vertreten durch die Saxinger Rechtsanwalts GmbH in Linz, wegen Exekution nach §§ 355 ff EO, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 23. Oktober 2024, GZ 22 R 217/24d 47, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 12. August 2024, GZ 3 E 4193/22h 41, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1]Wegen Verletzung der durch einen gerichtlichen Vergleich näher umschriebenen Pflicht zur Nichtbelastung bestimmter Liegenschaften – einer Bank wurde eine Hypothek eingeräumt – bewilligte das Erstgericht dem Betreibenden gegen die Verpflichtete die Exekution gemäß § 355 EO unter Verhängung einer Geldstrafe und ermächtigte – ebenso rechtskräftig – den Betreibenden gemäß § 356 EO, „den früheren Zustand, welchen die Verpflichtete durch ein den Rechten des Betreibenden aufgrund des Vergleiches des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 2. August 2017, 48 C 18/17f, widerstreitendes Verhalten verändert hat, auf Gefahr und Kosten der Verpflichteten durch nachstehende Handlung wie folgt herzustellen: Löschung der Höchstbetragshypothek von EUR 625.000,00 ob den Liegenschaften EZ 6* und EZ 8*, je KG 5*“ .

[2]Unter Darlegung, prinzipiell bereit zu sein, den aushaftenden Debetsaldo der Verpflichteten bei der Bank auf Kosten der Verpflichteten auszugleichen, dass ihm aber weder die Bank noch die Betreibende die dafür notwendigen Informationen erteile, beantragte der Betreibende gestützt auf § 357 EO die Beigebung eines Vollstreckungsorgans für folgende Handlungen: Übermittlung des Kreditvertrags zwischen der Bank und der Verpflichteten; Bekanntgabe des aushaftenden Kreditobligos und der Kreditkontonummer; Entbindung der Bank vom Bankgeheimnis gegenüber dem Betreibenden in Bezug auf die von der Verpflichteten bekanntzugebende Kreditkontonummer.

[3] Das Erstgerichtgab dem Antrag statt. Da nach den Behauptungen des Betreibenden die Verpflichtete Widerstand gegen die Vornahme der dem Betreibenden nach § 356 EO erteilten Ermächtigung leiste, sei diesem zwecks Beseitigung des Widerstands ein Vollstreckungsorgan beizugeben.

[4] Das Rekursgerichtänderte den Beschluss in eine Abweisung des Antrags ab. Auch wenn die Verpflichtete im Anlassfall aufgrund der erfolgten Ermächtigung des Betreibenden verpflichtet sei, die Einverleibung der Löschung des Höchstbetragspfandrechts und damit einhergehende Vorbereitungshandlungen im Zusammenhang mit der Erlangung der Löschungsquittung zu dulden, biete § 357 EO schon rein begrifflich keine Grundlage dafür, sie zu aktivem Tun zu verhalten. Strebe der Betreibende wie hier zwecks Erlangung einer Löschungsquittung an, selbst die Schuldtilgung auf Kosten der Verpflichteten zu übernehmen, scheitere er jedoch am Fehlen dafür notwendiger Informationen wie Kontoverbindung undsaldo, so könne die Bekanntgabe dieser Daten durch die Verpflichtete nicht auf Basis des § 357 EO erwirkt werden.

[5]Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob auf Basis des § 357 EO die verpflichtete Partei in ihrer Eigenschaft als Pfandschuldnerin zu einer aktiven Mitwirkung bei der vom betreibenden Gläubiger angestrebten Lastenfreistellung – durch Bekanntgabe bestimmter Daten aus dem Kreditverhältnis – verhalten werden kann.

[6] Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs des Betreibenden mit einem auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzielenden Abänderungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

[7] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, jedoch nicht berechtigt.

[8]Nach § 357 EO ist, wenn der Verpflichtete gegen die Vornahme einer Handlung, die er nach Inhalt des § 356 Abs 1 EO zu dulden hat, Widerstand leistet, dem betreibenden Gläubiger auf Antrag zum Zweck der Beseitigung des Widerstands und zum Schutz der auszuführenden Arbeit ein Vollstreckungsorgan beizugeben.

[9]Notwendige Voraussetzung für die Stattgebung eines Antrags auf Beigebung eines Vollstreckungsorgans nach § 357 EO ist, dass der Verpflichtete gegen die Vornahme einer Handlung, die er nach dem Inhalt des § 356 Abs 1 EO zu dulden hat, Widerstand leistet. Liegt kein „Widerstand“ vor, so ist die Beigebung eines Vollstreckungsorgans nicht zulässig (1 Ob 919/34 = GH 1935, 6; RS0004518). Es ist mit anderen Worten der Widerstand, der die Beigebung eines Vollstreckungsorgans rechtfertigt ( Höllwerth in Deixler/Hübner, Exekutionsordnung [38. Lfg 2023] § 357 EO Rz 3).

[10] Der Widerstand muss vom Verpflichteten oder einem für ihn handelnden – ihm zuzurechnenden – Dritten ausgehen ( Klicka in Angst/Oberhammer, EO 3 [2015] § 357 Rz 1; Höllwerth aaO). Er liegt nicht nur bei Anwendung von Gewalt vor, so etwa wenn der Verpflichtete die vom Betreibenden bestellten Arbeiter an der Entfernung der Holzlatte gewaltsam hindert (so das Beispiel in Bundesministerium für Justiz, Formbuch zur Zivilprozessordnung und Exekutionsordnung 6[1961] Nr 320), sondern auch wenn der Verpflichtete den notwendigen Zutritt zu seinen Räumen verwehrt oder die Vornahme der dort auszuführenden Arbeiten und Handlungen den Arbeitern verbietet (3 Ob 21/78 = EvBl 1978/206 = RS0004660). Für die Stattgebung des Antrags auf Beigebung eines Vollstreckungsorgans reicht es bereits, dass Widerstand zu befürchten ist (3 Ob 21/78 = EvBl 1978/206 = RS0004670), so wenn der Verpflichtete Drohungen ausstößt ( Heller/Berger/Stix , Kommentar zur Exekutionsordnung 4I [1969] 340 [zu § 26 Abs 2 EO]).

[11] Aufgabe des beigegebenen Vollstreckungsorgans ist nicht, die notwendigen Arbeiten selbst durchzuführen ( Heller/Berger/Stix , Kommentar zur Exekutionsordnung 4 III [1976] 2598). Durch das Vollstreckungsorgan soll bloß – nötigenfalls mit Gewalt ( HöllwerthaaO Rz 5) – der Widerstand des Verpflichteten gebrochen oder – ist er nur zu befürchten – bereits im Keim erstickt und damit die zu duldende Handlung gesichert werden (vgl 1 Ob 318/24 = SZ 6/171; 1 Ob 722/51 = SZ 24/282 = RS0004734; 7 Ob 323/57 = JBl 1958, 99; RS0004628; RS0004781; Pollak , System des Österreichischen Zivilprozeßrechtes mit Einschluß des Exekutionsrechtes III [1932] 1034; Holzhammer , Österreichisches Zwangsvollsteckungsrecht 4[1993] 388). Erforderlichenfalls kann das Vollstreckungsorgan gemäß § 26 Abs 2 EO die den Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unmittelbar um Unterstützung ersuchen und sich zur Erwirkung militärischer Hilfe an den Vorsteher des Exekutionsgerichts wenden ( Holzhammer aaO 394; Höllwerth aaO Rz 5).

[12]Das Vollstreckungsorgan soll – wie vom Wortlaut des § 357 EO vorgegebenen – aber nur für den notwendigen „Schutz“ der auszuführenden Arbeit (respektive der zu duldenden Handlung) sorgen (Justizministerium, Materialien zu den österreichischen Civilprozeßgesetzen I [1897] 586 [iVm 447]; Mini in Garber/Simotta, EO [2023] § 357 Rz 1). Als „Widerstand“ kann folglich nichts qualifiziert werden, wogegen kein „Schutz“ durch ein Vollstreckungsorgan notwendig ist. Die Unterlassungen der Verpflichteten zur Bekanntgabe des aushaftenden Kreditobligos und der Kreditkontonummer respektive zur Übermittlung ihres Kreditvertrags mit der Bank und zur Entbindung derselben vom Bankgeheimnis sind demnach – wie bereits vom Rekursgericht erkannt – schon rein begrifflich kein „Widerstand“ iSd § 357 EO.

[13] Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

[14]Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 78 EO.