JudikaturJustizBsw23193/94

Bsw23193/94 – AUSL EKMR Entscheidung

Entscheidung
17. Mai 1995

Kopf

Europäische Kommission für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache Karl Kosek gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom 17.5.1995, Bsw. 23193/94.

Spruch

Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 1 1. ZP EMRK - Beschlagnahme, Eigentum und faires Verfahren.

Unzulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Der Pkw des Bf. war wegen Verdachts der Hehlerei von Polizeiorganen ohne richterlichen Befehl gemäß § 143 StPO beschlagnahmt worden. Der Bf. beantragte darauf bei Gericht die Aufhebung der Beschlagnahme und Ausfolgung des Wagens. Da auch andere Personen Anspruch auf den Wagen erhoben hatten, wurde dieser gemäß § 1425 ABGB beim zuständigen Bezirksgericht hinterlegt.

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Der Bf. behauptet, durch die gesetzwidrige Beschlagnahme und die ohne Rechtsgrundlage im Strafverfahren erfolgte gerichtliche Hinterlegung seines Wagens in seinem Eigentumsrecht nach Art. 1 1.ZP EMRK verletzt worden zu sein. Weiters behauptet er eine Verletzung seines Rechtes auf ein faires Verfahren vor einem Gericht gemäß Art. 6 (1) EMRK, weil die Gerichte nicht über seinen Antrag auf Aufhebung der Beschlagnahme und Ausfolgung des Pkw entschieden, sondern stattdessen die Hinterlegung angeordnet hätten.

Die Kms. beurteilt die Beschlagnahme und Hinterlegung nicht als Enteignung, sondern als Eigentumsbeschränkung, welche nach Art. 1 (2) 1.ZP zu beurteilen sei. Danach müssen Eingriffe in das Eigentum auf Gesetz beruhen, einem legitimen Ziel dienen und verhältnismäßig sein. Innerhalb eines weiten Beurteilungsspielraumes hat der Staat einen gerechten Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse und dem Schutz des Grundrechts des Einzelnen zu finden (vgl. Urteil Fredin/S, A/192 §§ 48ff.; Urteil Agosi/GB, A/108 § 52).

Die Kms. ist zur Überprüfung der Übereinstimmung mit innerstaatlichem Recht nur eingeschränkt zuständig (vgl. Urteil Fredin/S, § 50). Im vorliegenden Fall entsprach die Beschlagnahme aber jedenfalls dem Gesetz, da sie, wie von § 143 StPO offenbar vorgeschrieben, unter Bedachtnahme auf den Hehlereiverdacht erfolgte. Sie verfolgte ein legitimes Ziel, nämlich die Sicherstellung von Beweismaterial, und war auch verhältnismäßig, da sie sich auf den Tatverdacht gegen den Bf. stützte und lediglich eine vorübergehende Maßnahme darstellte.

Die gerichtliche Hinterlegung fand ihre gesetzliche Grundlage in § 367 (3) StPO, der die Hinterlegung nach § 1425 ABGB anordnet, wenn wie hier, mehrere Personen Ansprüche auf eine beschlagnahmte Sache erheben. Sie verfolgte das legitime Ziel der Sicherung der Sache bis zur Klärung der Eigentumsverhältnisse und war auch verhältnismäßig, da allen Beteiligten die Beschreitung des Zivilrechtsweges zur Erlangung der Sache offen stand.

Bei der behaupteten Verletzung von Art. 6 EMRK ist zu prüfen, ob der Bf. Zugang zu einem Gericht hatte, welches über die Beschlagnahme des Pkw und dessen Ausfolgung, also über zivilrechtliche Ansprüche des Bf., entschied. Hinsichtlich der Beschlagnahme hatte die Ratskammer als Rechtsmittelinstanz nach dem Untersuchungsrichter in ihrem Beschluss ausdrücklich ausgesprochen, dass die Beschlagnahme mit der Hinterlegung ihre Wirkung verlor. Diesbezüglich hatte der Bf. also Zugang zu einer Gerichtsentscheidung. Hinsichtlich der Hinterlegung erlangte der Bf. mittlerweile ein zivilgerichtliches Urteil gegen die anderen Beteiligten, sodass er auch hier Zugang zu einem Gericht hatte. Die Beschwerde ist also zur Gänze offensichtlich unbegründet iSd. Art. 27 (2) EMRK und wird für unzulässig erklärt (einstimmig).

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung der EKMR vom 17.5.1995, Bsw. 23193/94, entstammt der Zeitschrift „ÖIMR-Newsletter" (NL 1995,150) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Die Zulässigkeitsentscheidung im englischen Originalwortlaut (pdf-Format):

www.menschenrechte.ac.at/orig/95_4/Kosek v A_ZE.pdf

Das Original der Zulässigkeitsentscheidung ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.

Rechtssätze
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