JudikaturJustiz9ObS20/91

9ObS20/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Januar 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Anton Degen als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei C***** H*****, Tischler, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei Arbeitsamt L*****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 46.046 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. August 1991, GZ 12 Rs 82/91-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 15.April 1991, GZ 11 Cgs 2002/91-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Da die Begründung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers noch folgendes zu erwidern:

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung RZ 1991/30 = ecolex 1990, 706, ausgesprochen hat, können Forderungen der Arbeitnehmer im Konkurs des Arbeitgebers mit Bruttobeträgen angemeldet werden und werden dort dementsprechend nur die Bruttobeträge geprüft. Die mit § 3 Abs 4 IESG normierte Anspruchsbegrenzung ist daher vom Arbeitsamt ungeachtet des Anerkenntnisses des Masseverwalters selbständig zu prüfen (siehe SZ 62/16 sowie SZ 62/90).

Zutreffend ist auch die Berechnung des Lonsteuerabzuges durch die Vorinstanzen, die den Belastungsprozentsatz gemäß § 67 Abs 8 EStG nicht aufgrund des an den Kläger im Jahre 1988 ausgezahlten, sondern aufgrund des ihm in diesem Jahr gebührenden Arbeitslohnes ermittelt haben.

Zumindest seit 28.April 1987 wurde der Lohn des Klägers nicht mehr zur Gänze ausgezahlt, sondern mit nur 2.000 S monatlich akontiert. Das Arbeitsverhältnis endete am 30.November 1989. Am 8. November 1989 wurde der Konkurs über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet. Das dem Kläger mit Bescheid vom 16.August 1990 zuerkannte Insolvenzausfallgeld wurde im September 1990 gezahlt.

Nach der Übergangsbestimmung des § 125 Z 2 EStG 1988 ist auf die erst im Jahre 1990 erfolgte Lohnzahlung jedenfalls das EStG 1988 anzuwenden.

Gemäß § 67 Abs 8 EStG 1988 sind mit dem Steuersatz, der tarifmäßig dem Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres entspricht, Nachzahlungen und nachträgliche Zahlungen von laufenden und sonstigen Bezügen für abgelaufene Kalenderjahre, die neben laufendem Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber oder in einem Konkursverfahren geleistet werden - und nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruhen - zu versteuern. Soweit die Nachzahlungen oder nachträglichen Zahlungen laufenden Arbeitslohn für das laufende Kalenderjahr betreffen, ist die Lohnsteuer durch Aufrollen der in Betracht kommenden Lohnzahlungszeiträume zu berechnen. Die Ermittlung der Lohnsteuer durch Aufrollen unterbleibt bei Nachzahlungen und nachträglichen Zahlungen in einem Konkursverfahren.

Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 622 BlgNR

17. GP, 90 soll die Ermittlung des Belastungsprozentsatzes einheitlich mit dem Steuersatz erfolgen, der tarifmäßig dem Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres entspricht. Durch den letzten Satz des Abs 8 soll sichergestellt werden, daß die Besteuerung der Nachzahlungen im Konkursverfahren immer mit dem Belastungsprozentsatz zu erfolgen hat, gleichgültig, ob es sich um Lohnzahlungszeiträume des laufenden oder eines abgelaufenen Kalenderjahres handelt.

Entscheidend für die Lösung des vorliegenden Falles ist die Auslegung der den § 67 Abs 8 EStG einleitenden Worte "Mit dem Steuersatz, der tarifmäßig dem Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres entspricht". Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers spricht schon der Wortlaut nicht dafür, daß nur auf den in dem betreffenden Jahr tatsächlich ausgezahlten Teil des Arbeitslohnes abzustellen ist; unter Arbeitslohn eines Kalenderjahres wird üblicherweise der in diesem Jahr auszuzahlende und nicht bloß der tatsächlich ausgezahlte Lohn verstanden. Aber auch eine Orientierung am Gesetzeszweck führt zu keinem anderen Ergebnis. Durch die Ausnahmsregelung des § 67 Abs 8 EStG wird verhindert, daß die Nachzahlungen nach dem Zuflußprinzip versteuert werden und damit zu einer Erhöhung der Lohnsteuerbemessungsgrundlage und einer entsprechenden Verstärkung der Progression für das laufende Kalenderjahr führen. Hingegen ist es nicht Zweck dieser Regelung, den Arbeitnehmer nicht nur vor einer unverhältnismäßigen Besteuerung von Nachzahlungen zu schützen, sondern ihm noch weitere - bis zur vollen Steuerfreiheit auch erheblicher Nachzahlungen führende - Begünstigungen zu gewähren, und ihn damit ohne sachlichen Grund gegenüber den Arbeitnehmern, deren Lohn rechtzeitig gezahlt wurde, besserzustellen. Würde man bloß auf den ausgezahlten Lohn abstellen, könnte, wie im vorliegenden Fall, durch niedrigere Akontierungen in dem für die Ermittlung des Belastungsprozentsatzes maßgeblichen Jahr eine Lohnsteuerbelastung auch erheblicher Nachzahlungen völlig vermieden werden. Ein derartiges Ergebnis ist mit dem Zweck der Ausnahmsbestimmung des § 67 Abs 8 EStG nicht vereinbar, die Bezüge annähernd mit jener Steuer zu belasten, die bei ihrer rechtzeitigen Auszahlung abzuführen gewesen wäre (siehe auch Achatz, Lohnnachzahlungen an ausgeschiedene Arbeitnehmer, Überlegungen zu § 67 Abs 8 EStG, RdW 1990, 358 ff (360)). Der Belastungsprozentsatz ist daher nicht vom ursprünglichen (ausgezahlten) Bezug für den maßgeblichen Lohnzahlungszeitraum zu errechnen, sondern von dem Bezug, der sich nach Einbeziehung des auf diesen Lohnzahlungszeitraum entfallenden Teiles der Nachzahlung ergibt (siehe Hofstätter-Reichel, Einkommensteuer, Kommentar, § 67 Abs 8 EStG 1972, Rz 3, ErgLfg August 1987; ebenso Werner-Schuch, Kommentar zur Lohnsteuer, Neuausgabe zum EStG 1988, § 67 EStG Rz 106, ErgLfg November 1990; vgl auch Achatz aaO, 361).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASVG; Gründe, die einen Kostenzuspruch an den zur Gänze unterliegenden Kläger nach Billigkeit rechtfertigen würden, wurden nicht einmal behauptet.

Rechtssätze
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