JudikaturJustiz9ObA64/18d

9ObA64/18d – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. August 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Sabine Duminger und Mag. Hannes Schneller in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. ***** Z*****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. ***** G*****, vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Anfechtung einer Entlassung (Revisionsinteresse: 32.500 EUR sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. März 2018, GZ 15 Ra 9/18p-22, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. Oktober 2017, GZ 47 Cga 96/16z-17, keine Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.040,48 EUR (darin 340,08 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war seit 2. 5. 2013 beim Beklagten als Rechtsanwaltsanwärterin mit einem monatlichen Bruttolohn von zuletzt 2.261,32 EUR beschäftigt. Das Dienstverhältnis wurde vom Beklagten am 16. 11. 2016 per 31. 3. 2017 gekündigt. Die Klägerin erhob dagegen eine Kündigungsanfechtungsklage (Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht, AZ *****). Das Verfahren ist derzeit bis zur Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits unterbrochen. Mit Schreiben vom 7. 12. 2016, der Klägerin am 12. 12. 2016 durch Hinterlegung zugestellt, wurde sie entlassen.

Mit der hier verfahrensgegenständlichen Klage begehrt die Klägerin, die Entlassung für rechtsunwirksam zu erklären. Sie habe – zusammengefasst – keinen Entlassungsgrund gesetzt. Die Entlassung stelle eine weitere Mobbinghandlung des Beklagten dar. Es sei offenkundig, dass die Entlassung nur deshalb ausgesprochen worden sei, weil die Klägerin eine Kündigungsanfechtungsklage gegen die Kündigung vom 16. 11. 2016 eingebracht habe. Dies könne niemals einen Entlassungsgrund darstellen. Die Beklagte wolle die Klägerin offensichtlich noch vor Ablauf der Kündigungsfrist am 31. 3. 2017 los werden. Zumal das Dienstverhältnis nunmehr am 13. 12. 2017 ende, verkürze die ungerechtfertigte Entlassung die Klägerin in ihren entgeltlichen Ansprüchen massiv. Es liege auf der Hand, dass die Entlassung aus dem verpönten Motiv des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG wegen offenbar nicht unberechtigter Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer ausgesprochen worden sei. Da die Einbringung einer Klage gegen die ausgesprochene Kündigung ein gesetzlicher Anspruch sei, der jedem Arbeitnehmer iSd § 105 ArbVG zukomme, sei es nicht einmal notwendig, im Entlassungsanfechtungsverfahren Behauptungen aufzustellen bzw ein Vorbringen zu erstatten, welches ausnahmslos im Kündigungsanfechtungsverfahren zu behandeln wäre.

Der zunächst weiter geltend gemachte Anfechtungsgrund der Sozialwidrigkeit der Kündigung wurde von der Klägerin zurückgezogen und nur insofern aufrecht erhalten, „als dass die Klägerin kurz vor Abschluss der Ausbildung und Ablegung der Anwaltsprüfung gekündigt und entlassen wurde“.

Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte – zusammengefasst – ein, es liege kein Rechtsschutzinteresse vor, weil bei erfolgreicher Entlassungsanfechtung die Entlassung beseitigt wäre, das Arbeitsverhältnis aber nur bis 31. 3. 2017 verlängert würde. Das geltend gemachte verpönte Motiv, nämlich die Bekämpfung der Kündigung durch Anfechtungsklage liege nicht vor, allerdings habe die fristlose Entlassung durchaus mit der Kündigungsanfechtung zu tun. Die in der Kündigungsanfechtung angeführten Gründe seien ruf- und kreditschädigend. Die vorliegenden Vorwürfe hätten zur Vertrauensunwürdigkeit geführt, welche eine weitere Beschäftigung – auch nur während der noch offenen Kündigungsfrist – unzumutbar gemacht hätten.

In der Anfechtungsklage werde mehrfach der Vorwurf erhoben, der Beklagte habe Mobbing ausgeübt. Dabei werde der Vorwurf aber nicht konkretisiert. Der Vorwurf münde gleichzeitig in den Vorwurf, der Beklagte sei seiner Fürsorgepflicht als Dienstgeber nicht nachgekommen und habe die Klägerin schikaniert. Die Klägerin werfe dem Beklagten vor, eine Vereinbarung getroffen und diese gebrochen zu haben. Dieser Vorwurf betreffe standeswidriges Verhalten, was nicht hingenommen werde. Im Übrigen sei die behauptete Vereinbarung nicht getroffen worden, es habe vielmehr ein Angebot des Beklagten an die Klägerin gegeben, das sie nicht angenommen habe. Auch der Vorwurf, die Teilnahme an Seminaren sei der Klägerin verweigert worden, sei unrichtig. Es liege in der Entscheidung eines Dienstgebers, Seminare zu präferieren, die einen praktischen Nutzen für die Kanzlei bringen. Die Klägerin sei bei ihrem ersten Antritt zur Rechtsanwaltsprüfung nicht erfolgreich gewesen, es sei daher naheliegend, bei der Auswahl der Seminare diesem Umstand Rechnung zu tragen. Die Anfrage der Klägerin zur Seminarteilnahme sei auch zu kurzfristig gewesen. Unrichtig sei auch, dass der Beklagte in seinem Betrieb keinerlei Arbeitszeitaufzeichnungen führe. In der Anfechtungsklage werde auch behauptet, dass der Beklagte massive Anhäufungen unzähliger Überstunden verursacht hätte, sodass es zu groben Arbeitszeitverletzungen gekommen sei. Der Klägerin sei es aber de facto zur Gänze freigestellt gewesen, ihre Arbeitszeit einzuteilen. Solche Vorwürfe habe sich der Beklagte nicht gefallen lassen können, sodass er eben die fristlose Entlassung ausgesprochen habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und sprach die Unwirksamkeit der Entlassung aus. Es stellte fest, dass Entlassungsgrund und Motiv des Beklagten für die Entlassung der Klägerin die Erhebung der Kündigungsanfechtungsklage durch die Klägerin mit folgendem wörtlich zitierten entscheidungswesentlichen Inhalt gewesen sei:

„3.) Die Klägerin und die beklagte Partei haben bisher immer im guten Einvernehmen zusammengearbeitet, insbesondere wurde die Klägerin während bestehenden Beschäftigungsverhältnisses nie beanstandet. Die Klägerin hat während des gesamten Dienstverhältnisses unzählige Überstunden geleistet und hat sie mit Fleiß und Engagement ihre Tätigkeit verrichtet. Die Vielzahl an geleisteten Überstunden hat die Klägerin zu keinem einzigen Zeitpunkt abgegolten bekommen; weder durch Konsumation von Zeitausgleich, noch durch Bezahlung. Zum Zweck der Ansparung ihrer Jahresurlaubsansprüche, um die notwendige Vorbereitungszeit auf die umfangreiche Rechtsanwaltsprüfung zur Verfügung zu haben, wurde der Klägerin in vereinzelten Fällen 'Zeitausgleich' lediglich in der Form gewährt, indem die nötigen Stunden zuvor zusätzlich hereingearbeitet werden mussten.

Jedes Mal, wenn auf solche Art und Weise 'Zeitausgleich' vereinbart wurde, wurde der Klägerin seitens der beklagten Partei erklärt, dass ein derartiges 'Entgegenkommen' nur ausnahmsweise gewährt wird. Versuche der Klägerin, ihre als Überstundenarbeit zu qualifizierende Mehrarbeit gegenüber der beklagten Partei klar zu machen, entgegnete die beklagte Partei kurz und bündig damit, dass sie nicht mit der Mitleidsschiene kommen soll, um sie auf schnelle Weise mundtot zu machen.

In diesem Zusammenhang bleibt anzumerken, dass die Kündigung für die Klägerin mehr als überraschend und im Hinblick auf den Kündigungsendpunkt am 31. 3. 2017 mehr als fristgerecht erfolgte. Der Hintergrund dieser so frühzeitig ausgesprochenen Kündigung ist wohl nur auf den Umstand zurückzuführen, als die beklagte Partei mit einer baldigen Schwangerschaft der Klägerin rechnete bzw. den Eintritt einer solchen in Kürze befürchtete. Die beklagte Partei hat die Kündigung deshalb derart früh ausgesprochen, um die Klägerin eben noch vor Eintritt einer Schwangerschaft bzw. deren Meldung los zu werden.

Nach Erhalt der Kündigung wurde der Klägerin nämlich bewusst, dass sie die im Sommer 2016 getätigten Erkundigungen vom Kanzleipartner der beklagten Partei, ***** Mag. *****, über ihre Familienplanung nach Absolvierung der im Frühjahr geplanten Rechtsanwaltsprüfung, wohl über ein freundschaftliches Motiv hinausgegangen sind. Die Bekundung von ***** Mag. *****, dass die Klägerin diese Frage nicht beantworten müsse, vermag diesen Umstand nur vermeintlich zu mildern. Der gegenständlichen Kündigung vorausgegangen ist ein am 14. 10. 2016 geführtes Gespräch mit der beklagten Partei und dessen Kanzleipartnern ***** Mag. *****, bei welchem zwischen der Klägerin und der beklagten Partei folgende Vereinbarungen getroffen wurden:

1. Gehaltserhöhung von EUR 200,-- (netto) pro Monat;

2. 5 Wochen Urlaub (zur Vorbereitung für die anstehende Rechtsanwaltsprüfung);

3. zusätzlich 3 Wochen Prüfungsurlaub (zur Vorbereitung für die anstehende Rechtsanwaltsprüfung). Diese 3 Wochen sollten nach der Diktion der beklagten Partei und dessen Kanzleipartner als 'Dienstfreistellung' tituliert sein, quasi als Dankeschön für die treuen Dienste der Klägerin. Außerdem sollte der Klägerin mit der Freistellung von der Arbeitsleistung der Prüfungserfolg beschieden sein.

Im Zusammenhang mit dieser getroffenen Vereinbarung wurde im selben Gespräch von der beklagten Partei gefordert, dass das Dienstverhältnis im Einvernehmen zum 30. 4. 2017 aufgelöst werden solle. Dieser Umstand kam für die Klägerin ebenfalls plötzlich und unerwartet, zumal vor diesem Gespräch zu keinem einzigen Zeitpunkt die Auflösung des Dienstverhältnisses Thema war. Ganz im Gegenteil, der Klägerin wurde von der beklagten Partei laufend zum Ausdruck gebracht, dass man mit ihrer Arbeitsweise, ihrem übergebührlichen Engagement sowie mit ihrem juristischen Fachwissen mehr als zufrieden sei.

Für die Klägerin überraschend wurde dann mit 16. 11. 2016 die Kündigung ausgesprochen. Die beklagte Partei hat aber bereits zum Zeitpunkt des 14. 10. 2016 vorgehabt, die Klägerin zu kündigen. In einem Aktenvermerk vom 17. 10. 2016 wurde der Klägerin nämlich die 'vorsorgliche' Erstellung von zehn Revisionsschriften an den Verwaltungsgerichtshof bis spätestens 11. 11. 2016 angeordnet. Dies obwohl die gegenständlichen Causen erst seit 30. 9. 2016 beim Verfassungsgerichtshof eingebracht waren und sohin das Verfassen der Revisionen unter Umständen nutzlos sein könnte. Diese Vorgehensweise verwunderte daher die Klägerin. Angesichts der ohnedies hohen Arbeitsbelastung kam die Klägerin durch diese zusätzlich aufgebürdeten Arbeiten zunehmend unter massiven Druck.

Mit der Durchsetzung ihrer Anliegen wurde die Klägerin hingehalten:

Bereits im Sommer 2016 wurde nämlich der Klägerin in Aussicht gestellt, dass sie zusätzlich zum angesparten Urlaub noch einen dezidierten Prüfungsurlaub vor der zu absolvierenden Rechtsanwaltsprüfung erhalten soll. Zudem hat sich der Kanzleipartner ***** Mag. ***** dafür ausgesprochen, eine Gehaltserhöhung zu unterstützen. Um jedoch diesem Ziel näher zu kommen, wurde der Klägerin letztendlich immer noch mehr Arbeit zugewiesen, verbunden mit der Erwartungshaltung, dass die Klägerin bis Jahresende ohne Unterbrechung durcharbeite. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass es gerade während der Sommermonate nicht nur zu einer massiven Anhäufung unzähliger Überstunden durch den verstärkten Arbeitseinsatz der Klägerin gekommen ist, sondern auch damit einhergehend zu groben Arbeitszeitverletzungen, welche in Missachtung der den Arbeitgeber treffenden Fürsorgepflicht geschehen sind. Selbstverständlich hat die Klägerin bis dato keinerlei Abgeltung für die bereits geleisteten Überstunden erhalten - vielmehr wurde der Klägerin letztlich die Kündigung überreicht.

Erwähnenswert bleibt, dass im Betrieb der beklagten Partei keinerlei Arbeitsaufzeichnungen geführt werden, die Klägerin hat dies jedoch zumindest seit Sommer 2016 aus eigenem Antrieb getan. An dieser Stelle sei auf die höchstgerichtliche Entscheidung des OGH vom 30. 7. 2013, 8 ObA 46/13t; verwiesen: 'Zitat laut Klage' (sic) .

Am Rande sei noch erwähnt, dass sich die Klägerin die Geltendmachung der unzähligen Überstunden mit separater Leistungsklage ausdrücklich noch vorbehält und dazu 'Entscheidungszitat laut Klage' (sic).

4.) Nach Erhalt der Kündigung konnte die Klägerin in Erfahrung bringen, dass die beklagte Partei die Kündigung bereits Anfang November aussprechen wollte, genau genommen bereits 2 Wochen nach dem gemeinsamen Gespräch vom 14. 10. 2016. Es ist daher offensichtlich, dass sich die beklagte Partei in Wahrheit nicht an die getroffenen Vereinbarungen halten wollte. So hat die beklagte Partei ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin auf Grund ihrer prüfungs- und urlaubsbedingten Abwesenheit zukünftig der Kanzlei mehr Geld kosten werde, obwohl die Klägerin nicht anwesend sein werde. Der Beklagte hat auch geäußert, 'dass sie sich das erhöhte Gehalt auf Dauer nicht leisten wolle'. Dafür spricht auch folgender Umstand:

Die Klägerin wollte ihre prüfungsbedingten Abwesenheiten am 23. 11. 2016, also nach Erhalt der Kündigung, in den Kanzleikalender eintragen. Daraufhin wurde ihr von der beklagten Partei mitgeteilt, dass sie dieses Vorhaben zu unterlassen habe, da die gesamte Vereinbarung betreffend das Gespräch vom 14. 10. 2016 auf Grund der ausgesprochenen Kündigung hinfällig sei.

Dies bedeute t nunmehr für die Klägerin, dass sie keinerlei Urlaub konsumieren kann, dass ihr der zugesagte zusätzliche Prüfungsurlaub im Ausmaß von 3 Wochen, tituliert als Dienstfreistellung und die bereits zugesagte Gehaltserhöhung von monatlich netto EUR 200,-- von der beklagten Partei nicht mehr erhalten soll.

Selbstverständlich hat die Klägerin seit dem Gespräch vom 14. 10. 2016 immer wieder ihre Ansprüche – ganz besonders die in Aussicht gestellte Gehaltserhöhung – eingefordert und angesprochen. Die Klägerin konnte deutlich spüren, dass ihre Hartnäckigkeit insbesondere in Bezug auf die vereinbarte Gehaltserhöhung bei der beklagten Partei auf Widerstand und Widerwillen gestoßen ist. Der Klägerin wurde auf Nachfrage mitgeteilt, dass die Gehaltserhöhung nicht per Oktober erfolgt, sondern wurde sie mit der Begründung dahingehend vertröstet, dass es dem Lohnverrechner so kurzfristig nicht möglich wäre, die Gehaltserhöhung noch im Oktober durchzuführen und diese daher erst per November umgesetzt wird. Nach Rücksprache mit dem Lohnverrechner Anfang November 2016 wurde der Klägerin klar, dass die Gehaltserhöhung per Oktober jederzeit zur Anweisung hätte gebracht werden können. Auf Grund des Umstandes, dass die Klägerin in der Lohnverrechnung bezüglich Fristen nachgefragt hatte, wurde sie damit von der beklagten Partei konfrontiert, dass sie solche Erkundigungen zu unterlassen habe.

5.) Bekanntlich sind im Zuge der Ausbildung zum Rechtsanwalt/Rechtsanwältin Ausbildungsveranstaltungen zu besuchen. Bis zur Eintragungsfähigkeit als selbständige/r Rechtsanwalt/Rechtsanwältin müssen Ausbildungsver-anstaltungen im Ausmaß von zumindest 42 Halbtagen nachgewiesen werden. Die genannten Seminare sind im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses in der Richtlinie für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs (§ 33 RL-BA 2015) geregelt.

Die Teilnahme bzw. die Übernahme der Kosten für diese Ausbildungsseminare durch die beklagte Partei gestalteten sich für die Klägerin mühsam.

Regelmäßig wurden der Besuch von angefragten Seminaren nicht ermöglicht, sodass die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer praktischen Ausbildung nunmehr in puncto Seminare unverschuldet säumig geworden ist. Die Klägerin machte die beklagte Partei mehrmals darauf aufmerksam, dass die von ihr bisher erworbenen Halbtage in keinem angemessenen Verhältnis zur Dauer des Dienstverhältnisses stehen, zuletzt eindrücklich am 3. 11. 2016. Tatsächlich hat die Klägerin zu diesem Zeitpunkt erst 27 Halbtage angesammelt, dies selbstverständlich nur, weil sie sich auch um die Teilnahme an kostenlosen approbationsfähigen Seminaren bemühte, wofür aber – auf Verlangen der beklagten Partei – die Arbeitszeit im Vorhinein hereingearbeitet werden musste, obwohl nach § 33 Abs 2 RL BA 2015 derartige Abwesenheiten als berechtigte Dienstverhinderung gelten.

Immer wieder hat die Klägerin darauf gedrängt, die Ausbildungsseminare samt Kostenübernahme durch die beklagte Partei besuchen zu dürfen. Zuletzt wurde im November 2016 der Besuch eines Seminars zugestanden und die Kosten dafür übernommen. Dies erfolgte nach dem Hinweis der Klägerin, dass für den Besuch von Seminaren ein Rechtsanspruch besteht und herrschte von da an für die restliche Woche schlechte Stimmung im Büro und wurde ihr zeitnah in den folgenden Tagen die Kündigung überreicht.

Am Rande sei noch erwähnt, dass bei Anstellung der Klägerin vereinbart wurde, dass diese an den erforderlichen Ausbildungsseminaren bis zur Eintragungsfähigkeit bei der Tiroler Rechtsanwaltskammer teilnehmen dürfe und sämtliche anfallenden diesbezüglichen Kosten von der beklagten Partei auch übernommen werden.

Auf Grund der Richtlinie über die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs (§ 33 RL-BA 2015) kommt der Klägerin darüber hinaus ein Rechtsanspruch zu.

Dieser Umstand wolle daher im Zuge de s Gerichtsverfahrens geprüft werden!

Der Klägerin wurde von der beklagten Partei bereits zu verstehen gegeben, dass auch für die Dauer der Kündigungsfrist keine weiteren Seminare genehmigt werden.

6.) Auf Grund des Umstandes, dass die Klägerin im Betrieb der beklagten Partei unter anderem wegen der Ausbildungsseminare und der zugesagten Gehaltserhöhung hartnäckig blieb und ihren diesbezüglichen Rechtsanspruch auch durchsetzen wollte, wurde die Klägerin letztendlich Opfer von Mobbinghandlungen.

Tatsächlich war die Klägerin während des gesamten Jahres 2016 bereits einer extrem hohen psychischen Belastung ausgesetzt. Dies einerseits auf Grund der starken Arbeitsbelastung und andererseits auf Grund des Mobbings gegen sie. So wurde der Wunsch, die Seminare absolvieren zu dürfen, von Seiten der beklagten Partei zuletzt mit den Worten – ausgerichtet durch ***** Mag. ***** – abgetan, 'dass solche Kosten von der Kanzlei nicht übernommen werden, weil zum einen ein Rechtsanspruch darauf nicht besteht und andererseits die Aufwendungen hierfür ohnedies frustriert wären, wenn ein Verbleib in der Anwaltei nicht gewiss ist'.

Die Klägerin war darüber hinaus selten bis nie im Krankenstand. Selbst wenn die Klägerin für nur kurze Zeit von ihrem behandelnden Arzt krank geschrieben wurde und zudem Bettruhe angeordnet wurde, mussten solche Krankenstände auf Grund des Arbeitspensums und über Verlangen der beklagten Partei vorzeitig abgebrochen werden. So wurde die Klägerin nach einer Fußverletzung von der beklagten Partei telefonisch am 26. 9. 2016 aufgefordert, 'diese doch nicht im Stich zu lassen'. In der Folge erhielt die Klägerin bereits am 27. 9. 2016 um 7.34 Uhr eine SMS folgenden Inhalts: 'Bitte fahr mit dem Taxi [in die Arbeit], ich übernehme die Kosten.' Der Krankenstand wurde von der Klägerin entgegen der Anordnung des Arztes vorzeitig beendet. Eine adäquate Möglichkeit, den Fuß hoch zu lagern, war nicht gegeben.

Darüber hinaus wurde die Klägerin auch dahingehend von der beklagten Partei schikaniert, indem eine von ihr verfasste Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof von der studierenden Tochter der beklagten Partei korrigiert wurde, die nicht einmal die Prüfung in Verfassungsrecht abgelegt hat und deren Anmerkungen man nichts abgewinnen konnte, außer dass die Klägerin so hingestellt wurde, dass ihr juristisches Fachwissen plötzlich zu wünsche n übrig lässt.

7.) Die Klägerin ficht d ie Kündigung der beklagten Partei vom 16. 11. 2016 gemäß § 105 Abs 3 Z 1 lit i iVm § 107 ArbVG an. Dadurch, dass die Klägerin mit den verschlechternden Bedingungen für sie nicht einverstanden war und sie sich darüber hinaus für die ihr aus dem Dienstverhältnis und laut Dienstzettel zugesicherten und berechtigten Ansprüche wie Teilnahme samt Kostenübernahme betreffend die Seminare sowie die zugesagte Gehaltserhöhung eingesetzt hat, wurde ihr in der Folge die Kündigung ausgesprochen. Darüber hinaus hat sich die Klägerin gegen die Mobbinghandlungen zur Wehr gesetzt, welche im Übrigen unter grober Missachtung der den Arbeitgeber treffenden Fürsorgepflicht geschehen sind.

Es ist auch ganz offensichtlich, dass die Klägerin auf Grund des geäußerten Kinderwunsches gekündigt wurde. Diese Vorgehensweise stellt darüber hinaus eine grobe Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes dar. Ganz offensichtlich liegt darin eine Kündigung aus verpöntem Motiv des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG vor.“

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht das Vorliegen eines Entlassungsgrundes. Die Geltendmachung von offenbar nicht unberechtigtem Vorbringen im Rahmen der Durchsetzung von Ansprüchen im Wege einer arbeitsverfassungsrechtlich zugesicherten gerichtlichen Klage sei ein Recht des Arbeitnehmers. Es stehe ihm zu, seinem Prozessstandpunkt dienliches Vorbringen zu erstatten, selbst wenn es sich – mit Ausnahme von Rechtsmissbrauch – als unrichtig herausstellen sollte. Es sei daher inhaltlich im Entlassungsanfechtungsverfahren nicht zu prüfen, ob das Vorbringen richtig sei oder nicht. Der Anfechtungsgrund des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG liege vor. Schon nach dem Vorbringen der Beklagten sei Motiv für die Entlassung die Einbringung der Kündigungsanfechtungsklage gewesen. Wenn schon das darin erstattete Vorbringen keinen Entlassungsgrund darstelle, sei damit gleichzeitig glaubhaft gemacht, dass ein verpöntes Motiv für die Entlassung vorliege, da die Einbringung einer Klage mit entsprechender Geltendmachung von Vorbringen ein gesetzlicher Anspruch sei, der jedem Arbeitnehmer iSd § 105 ArbVG zukomme. Die inhaltliche Richtigkeit des Vorbringens in der Kündigungsanfechtungsklage sei nicht im Entlassungsanfechtungsverfahren zu prüfen.

Das Berufungsgericht gab der dagegen gerichteten Berufung des Beklagten keine Folge. Die Klägerin habe mit ihrem Vorbringen im Kündigungsanfechtungsverfahren das Sachlichkeitsgebot nicht verletzt, der Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit sei nicht erfüllt. Zweck des Motivkündigungstatbestands des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG sei, die arbeitsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers zu schützen, sodass der Schutzzweck nicht nur die Durchsetzung von Ansprüchen, sondern ganz allgemein die Rechtsposition des Arbeitnehmers erfasse. Zwar gelte im österreichischen Arbeitsrecht Kündigungsfreiheit, dazu bestünden gemäß den §§ 105, 107 ArbVG aber Ausnahmen, wobei aufgrund der individualrechtlichen Komponenten des allgemeinen Kündigungsschutzes das einem Arbeitnehmer eingeräumte Recht zur Anfechtungsklage zu den weit zu interpretierenden „Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis“ zähle. In der Entscheidung 8 ObA 63/12s sei demgegenüber die Eventualkündigung aufgrund der aufrechten Absicht des Arbeitgebers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Im Kündigungsanfechtungsverfahren habe die Klägerin offenbar nicht unberechtigte Ansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht. Durch die Bestreitung der Kündigungsanfechtungsklage habe der Beklagte auch den geltend gemachten Anspruch auf Kündigungsschutz in Frage gestellt. Sämtliche Voraussetzungen des Motivkündigungstatbestands des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG seien daher zu bejahen.

Der Klägerin fehle es auch nicht am Rechtsschutzinteresse, weil bei erfolgreicher Anfechtung der Entlassung selbst für den Fall einer Abweisung der vorgängigen Kündigungsanfechtung das Arbeitsverhältnis bis zum 31. 3. 2017 aufrecht bestünde. Die Revision sei zur Frage, ob die Einbringung einer Kündigungsanfechtungsklage eine Geltendmachung von „Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis“ darstelle, zulässig.

In seiner dagegen gerichteten („ordentlichen sowie außerordentlichen“) Revision beantragt der Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig , jedoch nicht berechtigt .

1. Nach § 106 Abs 2 S 1 ArbVG – hier iVm § 107 ArbVG – kann die Entlassung beim Gericht angefochten werden, wenn ein Anfechtungsgrund iSd § 105 Abs 3 ArbVG vorliegt und der betreffende Arbeitnehmer keinen Entlassungsgrund gesetzt hat.

Der Beklagte bringt in der Revision selbst vor, nachdem die Revision zur oben angeführten Frage zugelassen worden sei, davon ausgehen zu müssen, dass ein Entlassungsgrund nicht vorgelegen habe. Insofern genügt es, dazu auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Er meint aber, dass deshalb zumindest eine Kündigung „übrig bleiben“ müsse, die das Beschäftigungsverhältnis jedenfalls beende.

2. Fehlt es an einem Entlassungsgrund, ist das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes iSd § 105 Abs 3 ArbVG zu prüfen, wovon hier alleine der Motivkündigungsgrund des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG maßgeblich ist. Der Anfechtungsgrund der Sozialwidrigkeit wurde von der Klägerin zuletzt nur noch insofern aufrecht erhalten, als dass sie „kurz vor Abschluss der Ausbildung und Ablegung der Anwaltsprüfung gekündigt und entlassen wurde“. Dass sich die Vorinstanzen dadurch noch nicht veranlasst sahen, eine allfällige Sozialwidrigkeit der Kündigung näher zu prüfen, wurde von der Klägerin zu Recht nicht beanstandet. Eine Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit der ungerechtfertigten Entlassung ist danach nicht weiter revisionsgegenständlich.

3. Nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG kann die Kündigung beim Gericht angefochten werden, wenn sie wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer erfolgt ist.

Nach der Rechtsprechung geht es bei diesem Kündigungsanfechtungsgrund darum, dass der Arbeitgeber nach Meinung des Arbeitnehmers bestehende Ansprüche nicht erfüllt, dass der Arbeitnehmer diese nicht erfüllten Ansprüche dem Arbeitgeber gegenüber geltend macht und dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen dieser Geltendmachung kündigt. Vom Schutzzweck sind nicht nur schon entstandene Ansprüche, sondern zusätzlich Ansprüche auf Wahrung der Rechtsposition aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis gegen einseitige Eingriffe erfasst (RIS-Justiz RS0051666). Ziel dieser Bestimmung ist es, dem Arbeitnehmer die Rechtsdurchsetzung im aufrechten Arbeitsverhältnis zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0104686). Umfasst ist dabei nicht nur die Geltendmachung von Geldansprüchen, sondern auch anderer vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche (RIS Justiz RS0104686 [T4]), Rechte und Rechtspositionen (s Wolliger in ZellKomm 3 § 105 ArbVG Rz 127; Eypeltauer , Eventualkündigung und Sozialwidrigkeit, ecolex 2013, 1013, 1014). In dem Sinn wird auch in der Literatur der Zweck der lit i darin gesehen, Vergeltungskündigungen zu vermeiden ( Wolliger in ZellKomm 3 § 105 ArbVG Rz 126).

4. Fraglich ist hier, ob vom Arbeitnehmer auch mit einer auf den Motivschutz gestützten Kündigungsanfechtungsklage, die der Arbeitgeber zum Grund einer Entlassung macht, ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis iSd § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG geltend gemacht wird.

Nach der Rechtsprechung ist eine während eines Kündigungsanfechtungsverfahrens ausgesprochene Eventual-kündigung, dh eine solche, die für den Fall der Unwirksamkeit der ersten Kündigung ausgesprochen wird, grundsätzlich zulässig (RIS Justiz RS0028418 [T4–T6]; RS0128404; jüngst 8 ObA 14/18v mwN). In der Entscheidung 8 ObA 63/12s wurde dazu festgehalten, dass das Bestreben des Arbeitnehmers, nicht gekündigt zu werden, angesichts der im österreichischen Arbeitsrecht geltenden Kündigungsfreiheit keinen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis darstellt, der durch § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG geschützt ist. Die dortige Beklagte, die mit der von ihr ausgesprochenen Eventualkündigung für den Fall des Erfolgs der Anfechtung der ersten Kündigung (dort wegen Sozialwidrigkeit) nur an ihrer Absicht festhielt, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu beenden, stellte daher mit dieser Eventualkündigung keinen offenbar nicht unberechtigten Anspruch des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis in Frage. Das dargestellte Motiv für die Eventualkündigung war aus diesen Gründen kein verpöntes Motiv iSd § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG. Dass dem dortigen Kläger die Anfechtung der neuerlich ausgesprochenen Kündigung infolge der (dort:) nunmehr erfolgten ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrats nicht mehr wegen Sozialwidrigkeit möglich war, konnte nicht jener Beklagten zugerechnet werden.

5. Davon unterscheidet sich die vorliegende Konstellation schon dadurch, dass der Beklagte wegen der Klagseinbringung durch die Klägerin und dem von ihm missbilligten Inhalt die Entlassung ausgesprochen und damit zum Ausdruck gebracht hat, nicht nur eventualiter für den Fall des Erfolgs der Anfechtung der ersten Kündigung an seiner Beendigungsabsicht festzuhalten, sondern das Dienstverhältnis jedenfalls und unabhängig vom Ausgang des ersten Verfahrens – nach den obigen Ausführungen ohne rechtfertigenden Grund – unverzüglich beenden zu wollen. Zwar hat auch eine ungerechtfertigte Entlassung grundsätzlich die Beendigung des Dienstverhältnisses zur Folge. Dieser Grundsatz wird jedoch durch die Anfechtungsmöglichkeiten des § 106 Abs 1 (§ 107) ArbVG für den Fall einer Motivkündigung von Gesetzes wegen eingeschränkt. Wäre eine ungerechtfertigte Beendigungserklärung, die auf die Führung einer zulässigen Kündigungsanfechtungsklage iSd § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG gestützt wird, geeignet, ein Dienstverhältnis in anfechtungsresistenter Weise jedenfalls umgehend zu beenden, wäre der Motivkündigungsschutz dieser Bestimmung leicht zu unterwandern. Anders als in dem der Entscheidung 8 ObA 63/12s zugrunde liegenden Fall kann hier auch die Erwägung, dass der Motivschutz nicht zugleich der Durchsetzung des Sozialschutzes (§ 105 Abs 3 Z 2 ArbVG) dienen kann, weil es sonst zu einer Ausweitung des eigenständig geregelten Sozialschutzes käme, nicht zum Tragen kommen (zu dieser Systemüberlegung s Schrank , Eventualkündigungen – Infragestellung eine Anspruchs aus dem AV? – OGH 27. 11. 2012, 8 ObA 63/12s; Leit-entscheidungen des Höchstgerichts zum Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht, 35.1.3.Nr.5; zu Eventual-kündigungen krit Eypeltauer , Eventualkündigung und Sozialwidrigkeit, ecolex 2013, 1013; Grillberger , Eventualkündigung grundsätzlich zulässig, wbl 2013, 220 [Anm]; Trost , Anfechtung einer Eventualkündigung und der „Anspruch“ auf Bestand und Bewahrung, DRdA 2013, 422). Denn die Überprüfung der Beendigungserklärung im Hinblick auf eine mögliche Sozialwidrigkeit steht hier nicht zur Diskussion. Anders als in dem der Entscheidung 8 ObA 64/12s zugrunde liegenden Fall kann es daher nicht in der gesetzgeberischen Intention zur Erwirkung des aufrechten Bestands des Arbeitsverhältnisses liegen, einem Dienstnehmer im Fall einer ungerechtfertigten Entlassung, die auf die Einbringung seiner das Sachlichkeitsgebot nicht überschreitenden Kündigungsanfechtungsklage nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG gestützt wird, den Anfechtungsschutz eben dieser Bestimmung zu versagen.

6. Soweit der Beklagte darüber hinaus vorbringt, zum heranzuziehenden Maßstab hinsichtlich der Vertrauensunwürdigkeit einem erhöhten und damit verschärften Prüfungsmaßstab, insbesondere auch im Hinblick auf die standesrechtlichen Vorschriften zu unterliegen, weshalb ihm eine Weiterbeschäftigung der Klägerin nach den erhobenen Vorwürfen nicht mehr möglich sei, wird nicht dargelegt, welche Vorschriften die Klägerin mit ihrer Klagsführung – die ihr auch als Rechtsanwaltsanwärterin nicht verwehrt ist – verletzt haben sollte.

7. Ob die Klägerin im ersten Anfechtungsverfahren die Geltendmachung „offenbar nicht unberechtigter Ansprüche“ aus dem Arbeitsverhältnis glaubhaft machen kann oder eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein anderes Kündigungsmotiv des Beklagten spricht (§ 105 Abs 5 ArbVG), ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.

8. Die weitere Anwendungsvoraussetzung der Bestimmung, dass die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche vom Beklagten in Frage gestellt wurden, wurde dadurch erfüllt, dass er die Berechtigung der ersten Kündigungsanfechtungsklage bestritten hat.

9. Da sich die Revision des Beklagten danach als unberechtigt erweist, ist ihr ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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