JudikaturJustiz9ObA188/02s

9ObA188/02s – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Jörg Krainhöfner und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Havva B*****, Küchenhilfskraft, *****, vertreten durch Dr. Georg Freimüller ua, Rechtsanwälte in Wien, und der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin W*****GesmbH, *****, vertreten durch Bichler Zrzavy, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei E*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei und der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Februar 2002, GZ 7 Ra 22/02k-36, womit über Berufung der klagenden Partei und der Nebenintervenientin das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5. Juni 2001, GZ 10 Cga 79/99f-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Revisionen wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Arbeitsrechtssache wird an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie im Hinblick auf den Übergang des Betriebes/Betriebsteiles "Betriebsrestaurant *****" von der Nebenintervenientin auf die Beklagte seit 1. 4. 1999 Arbeitnehmerin der Beklagten ist (Pkt 1 des Klagebegehrens). Ferner begehrt sie die Feststellung, dass die ihr am 15. 4. 1999 zugegangene Kündigung "im Hinblick auf den Betriebsübergang und wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs 1 AVRAG (Pkt 2 des Klagebegehrens) bzw. "wegen der Nichteinhaltung der Verständigungspflicht des Betriebsrates gemäß § 105 Abs 1 ArbVG" (Pkt 3 des Klagebegehrens) "rechtsunwirksam" sei. Hilfsweise begehrt sie, die ihr am 15. 4. 1999 ausgesprochene Kündigung für rechtsunwirksam zu erklären (Pkt 5 des Klagebegehrens).

Das Betriebsrestaurant sei zunächst von der Nebenintervenientin über Auftrag des Hauseigentümers auf dessen Namen und Rechnung und mit dessen Inventar geführt worden. Als die Betriebsliegenschaft 1997 auf Grund eines Mietvertrages von der C*****GesmbH (in der Folge: Mieterin) übernommen worden sei, sei die Nebenintervenientin - nunmehr auf Grund einer Bestellung durch die Mieterin - Betreiberin des Restaurants geblieben; das Betriebsinventar sei ihr nunmehr von der Hauseigentümerin vermietet worden. Seit 1. 4. 1999 werde das Betriebsrestaurant von der Beklagten geführt, die erklärt habe, kein Personal und keine Ware von der Nebenintervenientin zu übernehmen und die den Bestand eines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin bestreite. Es liege jedoch ein Betriebsübergang vor, sodass das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die Beklagte übergegangen sei. Eine von der Beklagten "vorsichtsweise" ausgesprochene Kündigung sei unwirksam, weil sie gegen den Schutzzweck des § 3 AVRAG verstoße. Außerdem habe die Beklagte es verabsäumt, den Betriebsrat von der Kündigungsabsicht zu verständigen. Überdies sei die Kündigung unwirksam iSd § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG, weil sie wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis ausgesprochen worden sei. Zudem sei sie sozial ungerechtfertigt iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG.

Die Beklagte beantragte, die Klagebegehren abzuweisen. Die Voraussetzungen für einen Betriebsübergang iSd § 3 AVRAG seien nicht verwirklicht. Die Nebenintervenientin habe das Betriebsrestaurant auf Grund eines (fälschlich als Pachtvertrag bezeichneten) Bewirtschaftungsvertrages mit der Mieterin und eines Mietvertrages mit der Hauseigentümerin betrieben. Diese Verträge seien beendet worden, weil sich die Mieterin wegen der nicht zufriedenstellenden Qualität der Bewirtschaftung entschlossen habe, ihre Mitarbeiter in Zukunft von der Beklagten verköstigen zu lassen. Nunmehr betreibe die Beklagte auf Grund eines Bewirtschaftungsvertrages mit der Mieterin das Betriebsrestaurant. Es liege ein Fall der "Vertragsnachfolge" vor, bei dem sich ein Unternehmen im Leistungswettbewerb gegen ein anderes durchgesetzt habe. Darin liege kein Betriebsübergang, sodass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht auf die Beklagte übergegangen sei. Falls von einem Betriebsübergang auszugehen wäre, sei die vorsichtshalber von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin wirksam. Die Kündigung sei erst nach dem (allerdings ohnedies bestrittenen) Betriebsübergang erfolgt. Der Standort sei kein eigener Betrieb, sodass kein Betriebsrat bestehe. Zur Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit sei die Klägerin von vornherein nicht legitimiert, weil sie noch nicht 6 Monate im Unternehmen beschäftigt sei. Zudem könnte die Klägerin jederzeit einen anderen Arbeitsplatz finden. Die Kündigung sei überdies aus betrieblichen Gründen erfolgt.

Im Laufe des Verfahrens brachte die Beklagte überdies vor, dass die Nebenintervenientin in rechtsmissbräuchlicher Weise unmittelbar vor dem Ende ihres Vertrags das qualifizierte Personal abgezogen und durch weniger qualifiziertes Personal ersetzt habe, das sie offenbar los werden wolle.

Das Erstgericht wies sämtliche Klagebegehren ab und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Klägerin war seit 1985 bei der Nebenintervenientin beschäftigt und ab 15. 1. 1997 als Küchenhilfskraft in der Betriebskantine auf der Liegenschaft der A*****GmbH (in der Folge: Hauseigentümerin) eingesetzt.

Dieses Betriebsrestaurant war bis September 1990 von der Hauseigentümerin zur Verpflegung ihrer 600 Mitarbeiter unter eigener Leitung und mit eigenem Personal selbst geführt worden. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Kantine auf Grund eines Vertrages zwischen der Hauseigentümerin und der Nebenintervenientin von dieser mit eigenem Personal im Namen und auf Rechnung der Hauseigentümerin betrieben. Die Betriebsräume und das erforderliche Inventar stellte die Hauseigentümerin zur Verfügung.

Zum 30. 9. 1997 wurde der Vertrag zwischen der Hauseigentümerin und der Nebenintervenientin aufgekündigt. Allerdings gestattete die Hauseigentümerin, die das gesamte Betriebsgebäude mittlerweile vermietet hatte, der Mieterin in einer Vereinbarung vom 30. 10. 1997, selbst nach ihrer Wahl einen Betreiber für das Betriebsrestaurant zu bestellen. Die Mieterin stellte daraufhin der Nebenintervenientin die Betriebsräumlichkeiten des Betriebsrestaurants zum Pachtzins von S 1,- zur Verfügung. Das Betriebsinventar wurde der Nebenintervenientin von der Hauseigentümerin gegen ein Entgelt von S 20.000,- monatlich überlassen. In der Folge verpflegte die Nebenintervenientin "zusätzlich" Mitarbeiter anderer Unternehmen.

Die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge waren zunächst bis Ende 1997 befristet, wurden aber bis zum 31. 3. 1999 verlängert. Schließlich kamen die Hauseigentümerin und die Mieterin überein, dass das Betriebsrestaurant ab 1. 4. 1999 von einem anderen Betreiber geführt werden sollte.

Neuer Betreiber war die Beklagte. Von der Beklagten vor der Übernahme beabsichtigte Gespräche über die Qualifikation und die Arbeitsverträge der in der Kantine beschäftigten Mitarbeiter der Nebenintervenientin wurden von dieser boykottiert, weshalb sich die Beklagte veranlasst sah, der Nebenintervenientin mit Schreiben vom 11. 3. 1999 mitzuteilen, dass sie ab 1. 4. 1999 das Betriebsrestaurant führen und kein Personal, keine Ware und kein sonstiges Kleinmaterial übernehmen werde. Die Beklagte nahm daher eigenes Personal auf. Erst am 31. 3. 1999 erfuhr sie, dass die Nebenintervenientin vorhabe, die bei ihr beschäftigten Mitarbeiter am 1. 4. der Beklagten zu überlassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Nebenintervenientin qualifiziertes Personal abgezogen und in der Betriebskantine nur minderqualifiziertes Personal zurückgelassen. Am 31. 3. 1999 wurde das der Hauseigentümerin gehörige Inventar von der Nebenintervenientin zurückgestellt und der Beklagten übergeben. Das von der Nebenintervenientin beigestellte Geschirr wurde abtransportiert. Am 1. 4. 1999 übernahm die Beklagte die Versorgung der bei der Mieterin tätigen Arbeitnehmer.

Die Beklagte betreibt die Kantine in ähnlicher Weise wie die Nebenintervenientin (siehe dazu die detaillierten Feststellungen Seiten 8 bis 13 des Ersturteils). Ein Umbau, der auch eine Verbreiterung des Angebots möglich macht, ist geplant. Die Hauseigentümerin und die Beklagte haben für die Überlassung der Betriebsräume keine Miete vereinbart; es ist bloß Miete für die Überlassung des Geschirrs und sonstiger Betriebsmittel in der Küche vereinbart worden.

Die Klägerin war zunächst weder gekündigt noch aufgefordert worden, ihren Dienst an einem anderen Betriebsort anzutreten. Deshalb versuchte sie, am 1. 4. 1999 ihren Dienst in der Betriebskantine anzutreten, was ihr aber von der Beklagten nicht gestattet wurde. Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Ohne zur Frage eines Betriebsübergangs Stellung zu nehmen, vertrat es die Rechtsauffassung, dass die Vorgangsweise der (als Pächterin zu qualifizierenden) Nebenintervenientin sittenwidrig und das Dienstverhältnis zwischen ihr und der Klägerin daher nach wie vor aufrecht sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Es verneinte einen Betriebsübergang iSd § 3 Abs 1 AVRAG. Der Oberste Gerichtshof habe erst unlängst zu 8 ObA 7/01f einen ähnlich gelagerten Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der bloße Verlust eines Auftrags an einen Mitbewerber sei für sich genommen nicht als Betriebsübergang zu qualifizieren. Zudem könne von der Übernahme einer wirtschaftlichen Einheit nicht mehr gesprochen werden, weil die Nebenintervenientin qualifiziertes Personal abgezogen und lediglich Hilfskräfte zurückgelassen habe. Die Revision sei zulässig, weil zur hier zu beurteilenden Rechtsfrage höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Klägerin und der Nebenintervenientin. Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Die Nebenintervenientin beantragt, die angefochtene Entscheidung iS der Stattgebung des Begehrens auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses abzuändern und dem Erstgericht die Verhandlung und Entscheidung über die übrigen Begehren aufzutragen. Die Beklagte beantragte, den Revisionen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass die Revision der Nebenintervenientin rechtzeitig erhoben wurde.

Nach bisher ständiger Rechtsprechung kann der Nebenintervenient, dem nicht die Stellung eines Streitgenossen zukommt, nur innerhalb der der Hauptpartei offen stehenden Frist ein Rechtsmittel erheben (RIS-Justiz RS0035584; RS0035490; RS0035509). Ebenso hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass der Nebenintervenient kein Recht auf Zustellung einer Entscheidungsausfertigung oder einer Rechtsmittelschrift habe (RIS-Justiz RS0035666). Nach dieser Rechtsprechung wäre die Revision des Nebenintervenientin verspätet, weil die mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den Klagevertreter (15. 3. 2002) ausgelöste Rechtsmittelfrist zum Zeitpunkt der Einbringung der Revision der Nebenintervenientin (13. 5. 2002) längst abgelaufen wäre. Die Zustellung der Entscheidung der zweiten Instanz an den Nebenintervenienten am 17. 4. 2002, die nach der bisherigen Rechtsprechung gar nicht vorzunehmen gewesen wäre, hätte demgemäß keine eigene Rechtsmittelfrist für die Nebenintervenientin ausgelöst.

In der Entscheidung des verstärkten Senates 1 Ob 145/02 vom 13. 12. 2002 ist der Oberste Gerichtshof jedoch von der wiedergegebenen Rechtsprechung abgegangen. Er vertrat in dieser Entscheidung die Rechtsauffassung, dass auch dem nicht streigenössischen Nebenintervenienten eine Ausfertigung der in dem Verfahren, dem er beigetreten ist, ergangenen Entscheidung zuzustellen ist und dass die ihm offen stehende Rechtsmittelfrist mit dem Zeitpunkt dieser Zustellung beginnt (näher 1 Ob 145/02h). Nach dieser Rechtsauffassung, der sich der hier entscheidende Senat aus den in der zitierten Entscheidung angeführten Gründen anschließt, ist die Revision der Nebenintervenientin rechtzeitig erhoben worden. Im Übrigen sind die Revisionen - unabhängig vom Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes - zulässig, weil ein Fall des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG vorliegt. Sie sind im Ergebnis im Sinne der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

Wie schon vom Berufungsgericht ausgeführt, hat der Oberste Gerichtshof zu 8 ObA 7/01i dem EuGH gemäß § 234 EG die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es sich um einen Betriebsübergang iSd BetriebsübergangsRL handelt,

"wenn ein Krankenhausträger,

der bisher ein Großküchenunternehmen mit der Versorgung der Patienten und des Krankenhauspersonals mit Speisen und Getränken zu einem auf dem Verköstigungstag pro Person bezogenen Preis beauftragt und ihm dazu Wasser, Energie, Wirtschaftsräume (Betriebsküche) samt Inventar zur Verfügung gestellt hat,

nach Aufkündigung dieses Vertrages

diese Aufgaben und die bisher diesem ersten Großküchenunternehmen zur Verfügung gestellten Betriebsmittel einem anderen Großküchenunternehmen überträgt,

ohne dass dieses zweite Großküchenunternehmen die vom ersten Großküchenunternehmen selbst eingebrachten Betriebsmittel - Personal, Warenlager, Kalkulations-, Menü-, Diät-, Rezept- oder Erfahrungsunterlagen - übernimmt".

In der Begründung des Vorlagebeschlusses wies der Oberste Gerichtshof darauf hin, dass der zu beurteilende Sachverhalt von bisher entschiedenen Fällen im Zusammenhang mit der Neuvergabe von Aufträgen dadurch abweiche, dass vom neuen Auftragnehmer zwar wesentliche Betriebsmittel (Betriebsküche und Inventar), nicht aber Arbeitnehmer übernommen worden seien. Nach der bisherigen Rechtsprechung lasse allein die Ähnlichkeit der vom alten und neuen Auftragnehmer erbrachten Dienstleistung nicht den Schluss auf den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit zu. Der Auftragsübergang sei nicht als Betriebsübergang qualifiziert worden, weil ja der mit dem ursprünglichen Betriebsinhaber verbundene Auftrag gerade beendet werden sollte (EuGH vom 25. 1. 2001, RS C-172/99 Oy Liikenne Ab Rz 40). Allerdings habe der EuGH in seiner Entscheidung Ayse Süzen (11. 3. 1997, RS C-229/96, Slg 1997 I-1259) ausdrücklich ausgesprochen, dass im Fall einer ähnlichen Auftragsverrichtung ein Betriebsübergang dann zu verneinen sei, wenn weder relevante materielle oder immaterielle Betriebsmittel noch wesentliche Teile der Belegschaft übergehen. Damit habe der EuGH der Ähnlichkeit der Tätigkeit gerade dann, wenn mit dem Auftrag der einzige Kunde des "Betriebs" wegfällt, erhebliches Gewicht beigemessen. Für die Beurteilung der hier maßgeblichen Frage, ob dem tatsächlichen Übergang der wesentlichen sachlichen Anlagegüter-Betriebsmittel bei Verweigerung der Übernahme der gesamten Belegschaft durch den neuen Auftragnehmer bei im wesentlichen ähnlicher Tätigkeit entscheidendes Gewicht zuzumessen sei, sei daher eine Klarstellung der Grundsätze durch den EuGH zielführend. Der zu beurteilende Fall unterscheide sich von einer - regelmäßig als Betriebsübergang gewerteten - Neuverpachtung. Anders als bei einer Verpachtung, bei der der Verpächter für die Überlassung der Erwerbsmöglichkeit Pachtzins erhalte, fließe hier der Vorteil aus der Überlassung der wesentlichen sachlichen Betriebsmittel durch den Auftraggeber wohl nur in die Kalkulation des Preises der bezogenen Verköstigung ein. Im Ergebnis sei der Grundsatz der Freiheit des Abschlusses von Verträgen bei Auftragsvergaben für den Fall, dass damit auch die Disposition über wesentliche sachliche Betriebsmittel verbunden ist, mit den durch die Richtlinie vorgegebenen Einschränkungen der Abschlussfreiheit bei Arbeitsverträgen im Zusammenhang mit Betriebsübergängen abzuwägen. Dazu seien Hinweise des EuGH zielführend.

Im hier zu beurteilenden Fall ging das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, dass zwischen der Nebenintervenientin und der Mieterin ein Pachtvertrag bestanden habe; das Rechtsverhältnis zwischen der Mieterin und der Beklagten blieb unerwähnt. Demgegenüber ging das Berufungsgericht - wie der Oberste Gerichtshof im zitierten Vorlagebeschluss - vom Übergang eines Auftrags von einem Auftragnehmer auf den ihm folgenden aus und verneinte - ohne auf die Überlegungen im (auch im Berufungsurteil zitierten) Vorlagebeschluss des Obersten Gerichtshofs einzugehen - das Vorliegen eines Betriebsübergangs "unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Freiheit des Abschlusses von Verträgen bei Auftragsvergaben und auch des Umstandes, dass die Betriebsräume und Betriebsmittel vom Auftraggeber bereitgestellt werden". Auch der Umstand, dass der nunmehrige Auftragnehmer wegen des Verhalten seines Vorgängers kein Personal übernommen habe, spreche für dieses Ergebnis, da somit nicht mehr vom Übergang einer wirtschaftlichen Einheit gesprochen werden könne.

Die Nebenintervenientin hält dem primär entgegen, dass hier gar kein "Auftragsverlust" - also der Übergang eines Auftrags von einem Auftragnehmer auf den nächsten - vorgelegen sei. Vielmehr sei nach den Feststellungen davon auszugehen, dass die Nebenintervenientin den Betrieb gepachtet habe. Anders als im dem Vorlagebeschluss 8 ObA 7/01i zugrunde liegenden Sachverhalt sei hier der bisherige Betreiber nicht einem einzigen, sondern einer Mehrheit von Kunden gegenübergestanden, nämlich den Dienstnehmern von verschiedenen Dienstgebern, die im Betriebsrestaurant Speisen konsumiert und bezahlt hätten. Da die Beklagte "diese Situation" übernommen habe, unterscheide sich der Sachverhalt nicht von anderen Fällen der Neuverpachtung eines Restaurants oder einer Gaststätte, die vom EuGH als Betriebsübergang gewertet worden seien.

Auch die Klägerin geht in ihrer Revision von einer Neuverpachtung der Räumlichkeiten aus, wobei ihren Ausführungen aber zu entnehmen ist, dass sie den Verlust eines Auftrags der Neuverpachtung der Räumlichkeiten gleichstellt (... ist im "Verlust eines Auftrags" - somit der Neuverpachtung .... ein Betriebsübergang zu erblicken).

Tatsächlich ist die Frage, auf welcher vertraglichen und wirtschaftlichen Grundlage die Betriebsküche von der Nebenintervenientin geführt wurde und nunmehr von der Beklagten geführt wird, bislang überhaupt nicht geklärt.

Mit hinreichender Deutlichkeit ist den Feststellungen lediglich zu entnehmen, dass die Nebenintervenientin zunächst die Betriebsküche als Auftragnehmerin der Hauseigentümerin in deren Namen und auf deren Rechnung geführt hat. Offenbar stellte jedoch in der Folge die Mieterin die vertraglichen Beziehungen zur Nebenintervenientin auf eine neue Grundlage, über die nur feststeht, dass die Mieterin der Nebenintervenientin "abermals" (?) die Betriebsräumlichkeiten zu einem "Pachtzins" von S 1 zur Verfügung stellte; im Verhältnis zur Hauseigentümerin ist in den Feststellungen von einem Mietvertrag über das Betriebsinventar die Rede. Die Verwendung des Wortes "Pachtzins" spricht aber - insoweit ist den Revisionsausführungen der Nebenintervenientin zuzustimmen - gegen die Annahme einer Beauftragung der Nebenintervenientin durch die Mieterin, sondern vielmehr für das Vorliegen eines Pachtvertrages. Das Vorliegen eines echten Pachtvertrags kann aber keineswegs als sicher unterstellt werden, zumal der Pachtzins offenkundig nur symbolischen Charakter hatte und daher für sich allein nicht geeignet ist, die rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen der Beteiligten zu erklären. Um diese Beziehungen klarzustellen, sind Feststellungen darüber nötig, welche finanziellen Leistungen von wem im Zusammenhang mit der Führung der Betriebskantine erbracht wurden, also ob etwa die in der Kantine verköstigten Arbeitnehmer (offenbarer mehrerer Unternehmen) ihre Konsumation zu zahlen hatten, ob der Betriebsaufwand der Nebenintervenientin durch Zahlungen der Mieterin gedeckt wurde, ob die Nebenintervenientin von der Mieterin auch ein Entgelt für die Führung der Betriebskantine erhielt oder ob wie immer geartete Mischvarianten vorlagen. Zu all diesen Fragen fehlen aber jegliche Feststellungen.

In diesem Zusammenhang ist auch die Zusammensetzung des von der Nebenintervenientin während der Vertragsbeziehung zur Mieterin verköstigten Personenkreises von Interesse. Dazu steht nur fest, dass die Kanine in dieser Zeit "zusätzlich" auch Arbeitnehmer anderer Personen verpflegte. In welchem Ausmaß steht nicht fest. Vor allem aber kann nicht beurteilt werden, ob etwa die Vereinbarungen zwischen der Mieterin und der Nebenintervenientin auf die Verpflegung der Arbeitnehmer der Mieterin abzielten und - möglicherweise auf Grund von Vereinbarungen zwischen anderen Unternehmen und der Mieterin oder der Nebenintervenientin - Arbeitnehmer anderer Unternehmen "mitverpflegt" wurden, oder ob die von der Nebenintervenientin betriebene Kantine allen Arbeitnehmern der in den Feststellungen genannten Unternehmen in gleicher Weise offen stand. Noch unklarer sind die Beziehungen zwischen der Mieterin und der Beklagten. Insofern steht überhaupt nur fest, dass die Beklagte die Versorgung der Arbeitnehmer der Mieterin übernahm und dass sie mit der Hauseigentümerin keine Miete für die Überlassung der Betriebsräume vereinbart hat, wohl aber Miete für die Überlassung des Geschirrs und sonstiger Betriebsmittel in der Küche. Welche Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der Mieterin bestehen, wie und von wem der Betrieb der Kantine finanziert wird und wer an wen welche Leistungen erbringt, wird mit keinem Wort erwähnt. Ebenso wenig steht fest, ob nunmehr nur mehr die Arbeitnehmer der Mieterin verpflegt werden - nur diese werden in den bezughabenden Feststellungen erwähnt - oder ob nach wie vor auch Arbeitnehmer anderer Unternehmen die Betriebskantine besuchen.

Die erstgerichtlichen Feststellungen sind daher für eine Beurteilung der rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten in keiner Weise geeignet; es kann auch nicht beurteilt werden, ob die vertraglichen Beziehungen zwischen der Mieterin und der Nebenintervenientin jenen zwischen der Mieterin und der Beklagten entsprechen. Damit ist aber völlig unklar, ob in Wahrheit - wie in dem dem Vorlagebeschluss des Obersten Gerichtshofs zugrunde liegenden Fall - ein Auftragsübergang erfolgte, oder ob eine Aufeinanderfolge von Pachtverhältnissen vorliegt oder ob von einer anderen Konstellation auszugehen ist.

Verfahren und Feststellungen erweisen sich daher als ergänzungsbedürftig. Ebenso ergänzungsbedürftig ist aber auch das im Zusammenhang mit den hier aufgeworfenen Fragen völlig unzureichende Vorbringen der Parteien.

In Stattgebung der Revisionen waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Arbeitsrechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren die Parteien zur Erstattung zweckdienlicher Behauptungen aufzufordern und - soweit die hier aufgeworfenen Fragen strittig bleiben - auf der so gewonnenen Grundlage das Beweisverfahren zu ergänzen haben. Angesichts der tiefgreifenden Unklarheit über die Beziehungen zwischen den Beteiligten sind jegliche Rechtsausführungen zum Vorliegen eines Betriebsübergangs iSd § 3 AVRAG und der Betriebsübergangsrichtlinie und damit auch zur Wirksamkeit der von der Beklagten vorsichtshalber ausgesprochenen Kündigung eines allfälligen Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin derzeit verfrüht. Für den Fall der Bejahung eines Betriebsübergangs iSd § 3 AVRAG ist allerdings zum Klagebegehren schon jetzt darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Unwirksamkeit einer Erklärung nicht feststellungsfähig iSd § 228 ZPO und ein Feststellungsbegehren auf Unwirksamkeit der Kündigung daher nicht zulässig ist. Möglich ist aber die Feststellung des aufrechten Bestands des Arbeitsverhältnisses (RIS-Justiz RS0039087; zuletzt 9 ObA 255/99m; zur Möglichkeit der amtswegigen Umdeutung: RIS-Justiz RS0039010).

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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