JudikaturJustiz9Ob6/18z

9Ob6/18z – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Pflegschaftssache der Minderjährigen A***** K*****, geboren am ***** 2016, wohnhaft bei den Pflegeeltern *****, wegen Obsorge und Kontaktrecht, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der mütterlichen Großeltern E***** K***** und S***** K*****, beide *****, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 6. Dezember 2017, GZ 21 R 223/17v 77, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Bei der Entscheidung über die Obsorge für ein Kind ist nach ständiger Rechtsprechung ausschließlich dessen Wohl maßgebend (RIS Justiz RS0048632; RS0118080).

Der Entscheidung über die Übertragung der Obsorge kommt im Einzelfall keine erhebliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu, wenn dabei ausreichend auf das Kindeswohl Bedacht genommen wurde (RIS Justiz RS0115719).

Das Kontaktrecht der Großeltern ist schwächer als jenes der Eltern (RIS Justiz RS0048015). Ob und inwiefern es ihnen zusteht, hängt in erster Linie vom Wohl des Kindes ab; dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen (RIS Justiz RS0048004). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, weshalb auch in diesem Zusammenhang eine erhebliche Rechtsfrage nur vorliegt, wenn leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt wurden (RIS Justiz RS0097114 [T4]).

Eine unvertretbare Fehlbeurteilung des Rekursgerichts, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste, wird im außerordentlichen Revisionsrekurs der mütterlichen Großeltern weder im Zusammenhang mit der Obsorge noch der Kontaktrechtsentscheidung aufgezeigt.

2. Das am ***** 2016 geborene Kind ist seit 2. 6. 2016 im Rahmen einer vorläufigen Maßnahme des Kinder und Jugendhilfeträgers bei Krisenpflegeeltern untergebracht. Das Erstgericht hat nunmehr die Obsorge für das Kind der Mutter entzogen und dem Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen. Den Antrag der mütterlichen Großmutter auf Übertragung der alleinigen Obsorge an sie, hilfsweise auf Übertragung der gemeinsamen Obsorge an beide Großeltern wies es ab. Den mütterlichen Großeltern räumte es aber ein Kontaktrecht zum Kind alle 3 Monate im Ausmaß von 1,5 Stunden, nach einem Jahr im Ausmaß von 2 Stunden in begleiteter Form durch eine bestimmte Besuchsbegleitungseinrichtung ein.

Die Vorinstanzen begründeten ihre übereinstimmenden Entscheidungen der Obsorgeentziehung damit, dass die Mutter nicht erziehungsfähig sei. Da auch die spezielle Erziehungsfähigkeit der mütterlichen Großmutter bezogen auf das Kind nicht gegeben sei und das Kind in der Familie der mütterlichen Großeltern nicht das stabile, Sicherheit und Halt gebende System vorfinden würde, das ein Baby brauche, um sich positiv zu entwickeln, könne die Obsorge auch nicht den mütterlichen Großeltern übertragen werden. Ab Juni 2017 entspreche ein begleiteter Kontakt der mütterlichen Großeltern alle 3 Monate im Ausmaß von 1 bis 2 Stunden dem Wohl des Kindes, sofern diese im Sinne des Kindes ablaufen, wobei eine langsame Ausdehnung auf 2 Stunden erfolgen solle.

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Abweisung des Antrags der mütterlichen Großmutter auf Übertragung der gemeinsamen Obsorge an beide Großeltern sowie auf Einräumung des beantragten Kontaktrechts an jedem ersten Sonntag eines Monats von 10:00 Uhr bis 15:00 Uhr.

3. Die im außerordentlichen Revisionsrekurs der Großeltern gegen die Entscheidungen der Vorinstanzen vorgebrachten, auf Art 8 EMRK gestützten Rechtsausführungen, mit denen sie inhaltlich ihr Recht auf Familienleben im Zusammenhang mit der Obsorge über ihre Enkelin und dem Kontaktrecht zu dieser betonen, lassen außer Acht, dass das Kindeswohl dem (Groß )Elternrecht vorgeht (RIS Justiz RS0118080; 9 Ob 41/17w = RIS Justiz RS0125108 [T3, T4]). Nur wenn eindeutig feststünde, dass die Übertragung der Obsorge an die mütterlichen Großeltern oder das von diesen begehrte umfangreiche Kontaktrecht dem Kindeswohl dienen würde (vgl 8 Ob 49/17i), käme dem Argument der Revisionsrekurswerber Bedeutung zu. Genau das haben die Vorinstanzen aber mit nachvollziehbarer Begründung verneint. Die Behauptungen im Revisionsrekurs, die mütterlichen Großeltern seien in der Lage, das Kind zu betreuen, widerspricht dem festgestellten Sachverhalt.

Dass das von den Großeltern begehrte Kontaktrecht dem Wohl des Kindes entspreche, steht mit den Verfahrensergebnissen ebenfalls nicht in Einklang. Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass die Bindungsphase auf dem Dauerpflegeplatz für das Kind eine emotionale Herausforderung darstellt und so wenig wie möglich durch zusätzliche neue Situationen belastet werden soll.

Mangels einer Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs der mütterlichen Großeltern daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
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