JudikaturJustiz9Ob44/08y

9Ob44/08y – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. August 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Clemens W*****, geboren am 28. November 1991, über den Revisionsrekurs des Vaters Bernd H*****, Busfahrer, *****, vertreten durch Dr. Peter C. Sziberth, Rechtsanwalt in Hitzendorf, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Jänner 2008, GZ 2 R 270/07a-55, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 14. November 2007, GZ 234 P 12/07z-U-48a, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 6. 6. 2007 (ON U-35) wies das Erstgericht den Antrag des Vaters, den monatlichen Unterhalt für den minderjährigen Clemens W***** von bisher 250 EUR auf 120 EUR herabzusetzen, ab. Am 11. 7. 2007 wurde dieser Beschluss an einen Hausgenossen des Vaters an dessen Adresse ausgefolgt (Ersatzzustellung). Am 3. 8. 2007 überreichte der Vater dagegen einen Rekurs beim Erstgericht, in welchem er zur Rechtzeitigkeit ausführte, dass ihm der angefochtene Beschluss nach Auskunft der Geschäftsstelle am 20. 7. 2007 zugestellt worden sei. Das Rekursgericht wies den Rekurs mit der Begründung zurück (ON U-42), dass die Zustellung an den Vater am 11. 7. 2007 erfolgt, der Rekurs vom 3. 8. 2007 daher verspätet sei. Dieser Beschluss wurde dem Vater am 1. 10. 2007 zugestellt. Am 11. 10. 2007 brachte der Vater beim Erstgericht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Darin brachte er vor, dass er vom 8. bis 21. 7. 2007 auf Urlaub, somit ortsabwesend gewesen sei und erst am 21. 7. 2007 anlässlich seiner Rückkehr den Rückscheinbrief auf dem Tisch vorgefunden habe. Er sei daher am Montag, 23. 7. 2007 zu seinem Anwalt gegangen, welcher am 24. 7. 2007 die Auskunft erhalten habe, dass die Zustellung am 20. 7. 2007 erfolgt sei.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 14. 11. 2007 (ON U-48a) ab.

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON U-55) gab das Rekursgericht dem Rekurs des Vaters nicht Folge und bestätigte den angefochtenen Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass der Wiedereinsetzungsantrag nicht ab-, sondern zurückgewiesen wurde. Es führte aus, dass der Vater schon nach seinem eigenen Vorbringen infolge Urlaubs ortsabwesend gewesen sei. Gemäß § 16 Abs 5 ZustG gelte die Ersatzzustellung in diesem Fall nicht als bewirkt, sondern sei die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam geworden, somit am 22. 7. 2007. Der Rekurs des Vaters vom 3. 8. 2007 gegen die Abweisung seines Unterhaltsherabsetzungsantrags sei daher rechtzeitig eingebracht worden. Damit fehle es aber an der Grundvoraussetzung für eine Wiedereinsetzung, nämlich, dass eine Säumnis eingetreten sei. Das Rekursgericht prüfte noch, ob der Wiedereinsetzungsantrag in einen Berichtigungsantrag umgedeutet werden könne, weil das Rekursgericht den früheren Rekurs materiell unrichtig zurückgewiesen habe. Die Berichtigungsmöglichkeit gelte aber nur für unrichtige Zurückweisungen durch den Obersten Gerichtshof, nicht jedoch durch Gerichte zweiter Instanz (RIS-Justiz RS0041597). Richtig wäre es daher gewesen, wenn der Rechtsmittelwerber gegen die Zurückweisung seines Rekurses Zulassungsvorstellung, verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs, ergriffen hätte, wobei die Geltendmachung der unrichtigen Annahme einer Verspätung möglich gewesen wäre. Dies habe er aber verabsäumt, indem er die Zurückweisung habe in Rechtskraft erwachsen lassen.

Das Rekursgericht sprach zunächst aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei. Über die Zulassungsvorstellung des Vaters änderte es diesen Ausspruch dahin ab, dass es den Revisionsrekurs doch für zulässig erklärte. Man könnte die Meinung vertreten, dass der Wiedereinsetzungantrag einem Verbesserungsverfahren gemäß § 10 Abs 4 AußStrG dahin zu unterziehen gewesen wäre, ob dieser nicht als Zulassungsvorstellung oder als Berichtigungsantrag gegen die Zurückweisungsentscheidung aufzufassen sei. Zu diesem Thema fehle es noch an höchstgerichtlicher Rechtsprechung.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch (§ 71 Abs 1 AußStrG) ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

Dass der Wiedereinsetzungsantrag nicht nur als solcher bezeichnet, sondern auch gemeint war, ergibt sich eindeutig aus dem Schriftsatz ON U-44. Abgesehen davon, dass die Voraussetzungen für eine Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG dem Schriftsatz nicht einmal andeutungsweise entnommen werden können, fehlt es neben der Geltendmachung von Revisionsgründen auch an einem Rechtsmittelantrag. Im Übrigen verweist das Rekursgericht selbst zutreffend auf die Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0041597), nach der dann, wenn bereits eine Vorinstanz die Verspätung eines Rechtsmittels angenommen hat, dies nur mit einem Rechtsmittel und nicht mit einem Berichtigungsantrag bekämpft werden kann.

§ 21 AußStrG verweist hinsichtlich einer Wiedereinsetzung auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 144 ff ZPO setzt eine Säumnis voraus, nämlich eine Versäumung, die auf Zufall oder Parteifehler, nicht jedoch auf einem Gerichtsfehler basiert (Gitschthaler in Rechberger ZPO3 Vor § 146 Rz 9). Wie vom Rekursgericht bereits zutreffend dargelegt, lag im vorliegenden Fall überhaupt keine Säumnis vor, weil der Vater im Zeitpunkt der Ersatzzustellung an seinen Hausgenossen ortsabwesend gewesen und eine Heilung erst mit dem auf seine Rückkehr folgenden Tag, nämlich 22. 7. 2007, eingetreten war (§ 16 Abs 5 ZustG). Damit wäre es dem Kläger aber offengestanden, in einer Bekämpfung der Zurückweisung seines Rekurses geltend zu machen, dass seine Rekursfrist erst am 6. 8. 2007 abgelaufen wäre. Dies ist aber unterblieben.