JudikaturJustiz8ObA130/01b

8ObA130/01b – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. November 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Dr. Martha Seböck und Mag. Christa Marischka als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1. Herbert O*****, 2. Khalid E*****, 3. Manfred B*****, alle vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei T*****, vertreten durch Prof. DI Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert je S 208.632,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2001, GZ 8 Ra 360/00w-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 31. August 2000, GZ 30 Cga 101/00t-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 24.984,90 (darin S 4.164,15 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Museum - die nunmehrige Beklagte - wurde am 17. Juni 1999 nach mehrjähriger Schließung für die Besucher wieder eröffnet. Mit 1. Jänner 2000 erlangte die Beklagte als wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts des Bundes Rechtspersönlichkeit.

Die drei Kläger schlossen mit der Republik Österreich, Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, gemäß § 4 VBG 1948 Dienstverträge ab. Das Dienstverhältnis des Erstklägers begann auf Grund Vertrages vom 4. November 1999 am 24. September 1999, jenes des Zweitklägers auf Grund Vertrages vom 9. Juli 1999 und jenes des Drittklägers auf Grund Vertrages vom 13. August 1999 je am 15. Juni 1999. Alle drei Dienstverhältnisse waren bis 31. Dezember 1999 befristet. Es wurde Vollbeschäftigung im mittleren Dienst vereinbart.

Alle drei Kläger erhielten Ende November 1999 gleichlautende Schreiben der Beklagten, in denen ihnen mitgeteilt wurde, dass ihre Dienstverhältnisse durch Zeitablauf am 31. 12. 1999 enden. Die Beklagte sei aber grundsätzlich an der Arbeitskraft und -leistung der Kläger interessiert, weshalb das Angebot unterbreitet werde, ab Erreichen der Vollrechtsfähigkeit mit 1. 1. 2000 ein neues Dienstverhältnis nach dem Angestelltengesetz abzuschließen, wobei die bisherige Verwendung als Vordienstzeit angerechnet werde. Alle drei Kläger schlossen mit der Beklagten am 1. 1. 2000 auf die Dauer von sechs Monaten befristete Angestelltendienstverträge. Der erste Monat des Arbeitsverhältnisses sollte als Probemonat gelten, in der Zeit vom 1. 1. bis 31. 1. 2000 könne das Arbeitsverhältnis daher von jeder der vertragschließenden Parteien jederzeit ohne Angabe von Gründen gelöst werden. Das befristete Arbeitsverhältnis ende durch Zeitablauf ohne Kündigung. Während der Befristung könne das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer sechswöchigen Frist von beiden Seiten aufgelöst werden.

Die Beklagte beendete das Dienstverhältnis zum Erstkläger mit Schreiben vom 24. Jänner 2000, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass das Dienstverhältnis gemäß § 19 AngG mit sofortiger Wirksamkeit gelöst sei. Zweit- und Drittkläger erhielten von der Beklagten jeweils am 15. Juni 2000 gleichlautende Schreiben worin darauf hingewiesen wurde, dass ihr befristet abgeschlossener Dienstvertrag am 30. Juni 2000 ende.

Vor Wiedereröffnung des Museums am 17. Juni 1999 wurden Planstellen für den Kassenbereich benötigt. Das zuständige Ministerium gestand lediglich den Abschluss befristeter Dienstverträge zu, da die Erlangung der Vollrechtsfähigkeit der Beklagten ab 1. Jänner 2000 bekannt war und der neuen Geschäftsführung der Beklagten freigestellt werden sollte, entsprechendes Personal nach eigenen Wünschen einzustellen. Den Klägern war bei ihrer Einstellung bewusst, dass bei Zufriedenheit mit ihrer Arbeitsleistung auch nach dem 31. Dezember 1999 eine Beschäftigungsmöglichkeit in Betracht komme.

Alle drei Kläger waren im Kassenbereich beschäftigt und gab es im Jahr 1999 mit ihnen wegen der Mittagspauseneinteilung und der Dienstplanerstellung Probleme. Auch machten sie zusätzlich von ihnen geforderte Arbeiten, wie das Aufstellen der Prospektständer im Eingangsbereich und den Verkauf von Katalogen, teilweise nur widerwillig. Insgesamt waren jedoch die Beanstandungen nicht gravierend.

Die Initiative zur Weiterbeschäftigung der Kläger ging von der Beklagten aus. Man war zwar mit den Leistungen der Kläger nicht 100 %-ig zufrieden, wollte ihnen aber noch eine Bewährungschance geben. Dies wurden den Klägern allerdings nicht mitgeteilt, sondern erfuhren sie lediglich, dass wegen der Privatisierung neue Verträge abgeschlossen würden. Auch im Jahr 2000 kam es mit den Klägern wiederholt zu Diskussionen über zu verrichtende Zusatzarbeiten. Aus der Sicht der Beklagten hatten die Kläger die ihnen eingeräumte Chance nicht entsprechend wahrgenommen. Den Klägern wurden bei Beendigung der Dienstverhältnisse die Gründe für die vorzeitige Auflösung bzw das Nichterneuern der Dienstverträge nicht bekannt gegeben. Alle drei Kläger wurden nach ihrem jeweiligen Ausscheiden durch andere neu aufgenommene Mitarbeiter der Beklagten ersetzt.

Mit ihren Klagen begehrten die Kläger gegenüber der Beklagten, den weiteren Fortbestand ihrer Dienstverhältnisse festzustellen, und zwar hinsichtlich des Erstklägers über den 24. 1. 2000 und hinsichtlich des Zweit- und Drittklägers über den 30. 6. 2000 hinaus. Der Erstkläger stellte darüber hinaus das Eventualbegehren auf Zahlung von S 43.947,94 brutto sA an Kündigungsentschädigung einschließlich aliquoter Sonderzahlungen vom 25. Jänner bis 31. März 2000. Alle drei Kläger brachten vor, die Auflösung ihrer Dienstverhältnisse sei rechtswidrig gewesen. § 10 Abs 5 Bundesmuseen-Gesetz als zwingende Schutzbestimmung für die Arbeitnehmer könne nicht durch den Abschluss befristeter Dienstverträge umgangen werden. Auf Grund des Abschlusses neuer Dienstverträge ab 1. Jänner 2000 stünden die Kläger weiterhin unter dem Schutz des Vertragsbedienstetengesetzes. Vereinbarungen in den mit ihnen abgeschlossenen Angestelltendienstverträgen könnten nur insoweit Rechtswirksamkeit erlangen, als diese nicht gegen zwingende Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes, insbesondere das Verbot des Abschlusses von Kettenarbeitsverträgen nach § 4 Abs 4 VBG, verstießen. Weder könne eine Probezeit nach einer vorangegangenen Dauer des Dienstverhältnisses von über drei Monaten wirksam vereinbart werden noch dürfe die zweite Befristung drei Monate übersteigen. Mit Ablauf des 31. März 2000 lägen bei allen Klägern unbefristete Dienstverhältnisse vor. Von der Beklagten sei weder eine Kündigung noch eine Entlassung ausgesprochen worden.

Die Beklagte wendete dagegen ein, dass sich das Dienstverhältnis der Kläger zur Republik Österreich von Anfang an nicht besonders günstig entwickelt habe, weil die Kläger ihre Aufgaben nicht zur vollen Zufriedenheit der Direktion erfüllt haben. Da die Kläger an einer Fortsetzung der Dienstverhältnisse außerordentlich interessiert gewesen seien, und man gehofft habe, dass die Probleme mit den Klägern Anfangsschwierigkeiten darstellten, sei ihnen der Abschluss neuer Dienstverträge angeboten worden. § 10 Abs 5 Bundesmuseen-Gesetz sei auf Dienstnehmer mit befristetem Dienstverhältnis, das am 31. Dezember 1999 ausgelaufen sei, nicht anzuwenden. Selbst wenn man von der Unzulässigkeit der jeweils zweiten Befristung der Dienstverhältnisse der Kläger ausgehen wollte, liege lediglich eine fristwidrige Kündigung vor, die nur Schadenersatzansprüche nach sich ziehen könne. Das Schreiben der Beklagten vom 24. Jänner 2000 an den Erstkläger und vom 15. Juni 2000 an den Zweit- und Drittkläger stelle eine Auflösungserklärung des Dienstverhältnisses dar.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte fest, dass das Dienstverhältnis des Erstklägers zur Beklagten über den 24. Jänner 2000 und die Dienstverhältnisse des Zweit- und Drittklägers zur Beklagten über den 30. Juni 2000 hinaus aufrecht fortbestehen. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen, welche es rechtlich dahin würdigte, dass die Bestimmung des § 10 Abs 5 Bundesmuseen-Gesetz teleologisch dahin zu reduzieren sei, dass davon nicht Dienstverhältnisse mit Befristungsende 31. Dezember 1999 erfasst würden, weil für diese ein derartiger Schutz weder erforderlich noch sinnvoll sei. Allerdings sehe Art 4 Abs 1 der Betriebsübergangsrichtlinie vor, dass der Übergang eines Unternehmens, Betriebes, Unternehmens- bzw Betriebsteiles als solcher für den Veräußerer oder Erwerber keinen Grund zur Kündigung darstelle. In diesem Sinne bestehe eine ständige Rechtsprechung, dass übergangsbedingte Kündigungen des Veräußerers gemäß § 3 Abs 1 AVRAG unwirksam und nichtig seien. Diese Bestimmung könne nicht dadurch umgangen werden, dass nach Aufkündigung des Dienstverhältnisses mit dem Erwerber ein neues Dienstverhältnis zu schlechteren Bedingungen abgeschlossen werde. Diese Erwägungen müssten auch für zu Umgehungszwecken eingesetzte Befristungs- oder Bedingungsklauseln gelten. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei sachlich nicht gerechtfertigt und daher rechtsunwirksam, wenn sie darauf abziele, den Bestandschutz bei Betriebsübergang zu vereiteln.

Gemäß § 4 Abs 4 VBG dürfe ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Dienstverhältnis nur einmal verlängert werden, wobei diese Verlängerung drei Monate nicht überschreiten dürfe. Werde das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so werde es von da ab als auf unbestimmte Zeit eingegangen angesehen. Für Zweit- und Drittkläger sei daher von einem durchgehend unbefristeten Dienstverhältnis auszugehen. Zwar seien die Schreiben der Beklagten vom 15. Juni 2000 als Kündigung aufzufassen, mangels Angabe eines Kündigungsgrundes sei diese jedoch nicht wirksam geworden. Gehe man im Sinne obiger Überlegungen zur Unwirksamkeit der Befristung zum 31. Dezember 1999 davon aus, dass auch das Dienstverhältnis des Erstklägers ab 1. Jänner 2000 als unbefristetes zu betrachten sei, liege in den unzulässigen Befristungen eine relative Teilnichtigkeit, die der Arbeitnehmer nicht aufgreifen müsse. Keinesfalls dürfe sich der Arbeitgeber darauf berufen, dass in Wahrheit wegen der Umgehung des § 10 Abs 5 Bundesmuseen-Gesetz ein unbefristetes Dienstverhältnis vorliege, welches jederzeit unter Einhaltung von Kündigungsfrist und -termin kündbar sei. Es dürfe nämlich die Berufung auf die Teilnichtigkeit nicht demjenigen zugute kommen, der die Arbeitnehmerrechte umgehen wollte. Das Auflösungsschreiben der Beklagten vom 24. Jänner 2000 an den Erstkläger sei als vorzeitige Auflösung zu beurteilen, der jedoch kein Entlassungsgrund gemäß § 34 Abs 2 VBG zu Grunde liege. Das Dienstverhältnis des Erstklägers sei gemäß § 30 Abs 3 VBG ungeachtet dieser Auflösungserklärung mangels später erfolgter Beendigungserklärung weiterhin aufrecht.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. § 10 Abs 5 Bundesmuseen-Gesetz stelle darauf ab, dass der ehemalige Vertragsbedienstete am 31. Dezember 1999 in einem Dienstverhältnis zur Republik Österreich gestanden sei. Dies sei hier der Fall. Die Kläger haben sich auf die im § 4 Abs 4 VBG normierten Folgen einer die Dauer von drei Monaten überschreitenden Befristung berufen. Ab 31. März 2000 sei daher das Dienstverhältnis von Anfang an als unbefristet zu werten gewesen. Das davor bestehende befristete Dienstverhältnis habe gemäß § 30 VBG durch Kündigung nicht beendet werden können. Nach diesem Zeitpunkt sei es aber zu keiner weiteren Erklärung des Dienstgebers gekommen, die als Ausspruch einer Kündigung hätte verstanden werden können.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Die Beklagte war gemäß § 31 Abs 1 Forschungsorganisationsgesetz (FOG) eine Einrichtung des Bundes, die dem zuständigen Bundesminister unterstand. Sie war gemäß § 31a Abs 1 FOG mit (Teil )Rechtspersönlichkeit für einen vom Gesetzgeber genau umschriebenen Aufgabenkreis ausgestattet. Durch das Bundesmuseen-Gesetz (BGBl I 115/1998) wurde die Beklagte zur wissenschaftlichen Anstalt öffentlichen Rechts des Bundes, die mit Inkrafttreten der Museumsordnung eigene Rechtspersönlichkeit erlangte (§ 2 Abs 1). Die auf Grund § 6 Abs 1 Bundesmuseen-Gesetz erlassene Museumsordnung (BGBl II 507/1999) trat mit 1. Jänner 2000 in Kraft (vgl 2 Ob 348/98k).

Gemäß § 10 Abs 1 Bundesmuseen-Gesetz ist die Beklagte Arbeitgeber ihres Personals. Gemäß Abs 5 der genannten Gesetzesstelle werden Vertragsbedienstete des Bundes, die am Tag vor der Erlangung der Rechtspersönlichkeit einer Einrichtung gemäß § 1 angehören, ab dem Zeitpunkt der Erlangung der Rechtspersönlichkeit Arbeitnehmer jener Anstalt, deren Aufgaben sie überwiegend besorgen. Die Anstalt setzt die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber den Vertragsbediensteten fort. Den Vertragsbediensteten bleiben die am Tag vor Erlangung der Rechtspersönlichkeit zustehenden Rechte, insbesondere hinsichtlich Vorrückungen, Beförderungen und Einbeziehung in die allgemeinen Bezugserhöhungen gewahrt. Mit dieser Bestimmung wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass das AVRAG auf Grund der in seinem § 1 Abs 2 enthaltenen Ausschlussbestimmungen die Betriebsübergangsrichtlinie 77/187/EWG nur unzureichend umgesetzt hat, weil nach den europarechtlichen Vorgaben unter anderem auch Vertragsbedienstete des Bundes in den persönlichen Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, wenn - wie hier - nicht die Übertragung von Verwaltungsaufgaben im Zug einer strukturellen Neuordnung der öffentlichen Verwaltung oder von einer öffentlichen Verwaltung auf eine andere zu beurteilen ist (SZ 71/216; 9 ObA 84/99i; 8 ObA 221/98b = ZAS 2000/11 [mit zustimmender Glosse Jöst] = DRdA 2000/12 [mit zustimmender Glosse Wachter]; Kiendl, Jüngste Entwicklungen in der Rechtsprechung des EuGH zur Betriebsübergangs-Richtlinie, WBl 1997, 57; Reissner, Privatisierung staatlicher Einrichtungen und Betriebsübergangs-Richtlinie, RdW 2000/658). Es ist daher zulässig und erforderlich, § 10 Abs 5 Bundesmuseen-Gesetz im Sinn der Betriebsübergangsrichtlinie und der dazu ergangenen nationalen Vorschriften des AVRAG auszulegen.

§ 3 AVRAG enthält zwar nicht eine ausdrückliche Bestimmung über das Kündigungsverbot wie Art 4 der Richtlinie (erster Unterabsatz: "Der Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteiles stellt als solcher für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung dar. Diese Bestimmung steht etwaigen Kündigungen aus wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Gründen, die Änderungen im Bereich der Beschäftigung mit sich bringen, nicht entgegen"; ähnlich § 613a Abs 4 BGB). Lehre und Rechtsprechung in Österreich gehen aber unter Bedachtnahme auf den Vorrang des EU-Rechts von der Ansicht aus, dass ein Kündigungsverbot über ein Verschlechterungsverbot hinausgehend zur Erreichung des Schutzzieles der Richtlinie geboten ist. Der Schutzzweck des § 3 Abs 1 AVRAG mit der Anordnung der Vertragsübernahme-Automatik schließt von vorneherein aus, dass der Betriebsübergang das ausschlaggebende Motiv für die ausgesprochene Kündigung bildet. Eine derartige Gesetzesumgehung durch Arbeitgeberkündigung (und allfällige Wiedereinstellung zu schlechteren Arbeitsbedingungen beim Erwerber) ist daher auch auf der Grundlage des AVRAG von Nichtigkeit bedroht. Es gilt hier genauso wie in den sonstigen Fällen des besonderen Bestandschutzes das "Unwirksamkeitsprinzip", weil die Schadenersatzlösung dem Arbeitnehmer zu wenig Schutz bieten würde. Die Rechtsprechung sieht daher den Arbeitnehmer, dessen Arbeitsvertrag vor dem Übergang unter Verstoß gegen das Kündigungsverbot der Richtlinie beendet worden ist, als noch bei dem Unternehmen beschäftigt an, was zur Folge hat, dass ihm gegenüber bestehende Arbeitgeberpflichten kraft Gesetzes vom Veräußerer auf den Erwerber übergehen (ArbSlg 11.483; RIS-Justiz RS0108456; RS0108457).

Nach Ansicht des erkennenden Senats kann aber die Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags durch Zeitablauf nicht mit einer Kündigung gleichgesetzt werden. Dies selbst dann, wenn - ohne Hinzutreten weiterer Sittenwidrigkeitselemente - die Befristung in Anbetracht des bevorstehenden Betriebsübergangs vereinbart wurde. Dies ergibt sich aus der Systematik und Zielsetzung der Richtlinie, die soweit wie möglich nur die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in seiner ursprünglichen Form mit dem Erwerber sicherstellen soll, insbesondere indem sie ihn verpflichtet, die in einem Kollektivvertrag vereinbarten Arbeitsbedingungen aufrecht zu erhalten und indem sie die Arbeitnehmer vor Kündigungen schützt, die nur mit dem Übergang begründet werden (EuGHSlg 1985, 0457). Auch hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zu dem hinsichtlich des Kündigungsschutzes vergleichbaren Art 10 der Richtlinie 92/85/EWG über den Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen ausgesprochen, es liege auf der Hand, dass die Nichterneuerung eines befristeten Arbeitsvertrags zum Zeitpunkt seiner regulären Beendigung nicht einer Kündigung gleichgestellt werden könne, und als solche nicht gegen Art 10 der Richtlinie 92/85 verstoße. Die Nichterneuerung eines befristeten Vertrages könne nur unter bestimmten Umständen als Einstellungsverweigerung und damit als Diskriminierung auf Grund des Geschlechts angesehen werden (Rs C-438/99 - Maria Luisa Jimenez Melgar gegen Ayuntamiento de Los Barrios). Dass die Befristung eines Dienstverhältnisses durch einen Betriebsübergang nicht als nichtig wegfallen kann, ergibt sich schließlich auch aus der Überlegung, dass es dann nicht nur zu keiner Verschlechterung, sondern vielmehr zu einer nicht unbeachtlichen Verbesserung der Position des Arbeitnehmers käme, welches Ergebnis vom Schutzzweck der Richtlinie nicht umfasst ist. § 10 Abs 5 Bundesmuseen-Gesetz kann daher nicht dahin ausgelegt werden, dass am Stichtag durch Zeitablauf beendete befristete Dienstverhältnisse insoweit auf die Anstalt übergingen, dass das Dienstverhältnis mit dieser als unbefristetes fortgesetzt würde. Auch die vom Erstgericht zitierte Belegstelle in Holzer/Reissner, AVRAG, 110, vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen, stellt doch die sonst an sich zulässige Kettendienstverträge ausschließende Bestimmung des § 4 Abs 4 VBG (RIS-Justiz RS0031374; RS0081784) nicht auf die sachliche Rechtfertigung der kalendermäßigen Befristung des Dienstverhältnisses ab. Demgegenüber wird in der deutschen Lehre und Rechtsprechung die - erforderliche - sachliche Begründetheit (wiederholter) Befristung im Fall der Umgehung des Bestandschutzes des § 613a BGB verneint (BAG NZA 1995, 987; Dörner in RGRK 12. Aufl. § 620 Rdnr 75).

Allerdings ist es keineswegs bedeutungslos, dass das Gesetz den Übergang der Arbeitsverhältnisse sowie aller sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten mit dem Tag vor der Erlangung der Rechtspersönlichkeit der Beklagten normiert hat, sodass auf diesen Stichtag der letzte Tag des befristeten Arbeitsverhältnisses fiel. Zweifellos waren an dem für die Vertragsübernahme-Automatik maßgeblichen Tag die Kläger noch Arbeitnehmer der Beklagten und hatten die ihnen aus dem Arbeitsvertrag obliegenden Pflichten zu befolgen. Es können ihnen somit auch nicht die sich daraus im Zusammenhalt mit dem Gesetz ergebenden Rechte vorenthalten werden. Die Kläger sind somit vom Schutzzweck der Bestimmung des § 10 Abs 5 Bundesmuseen-Gesetz erfasst, und zwar - wie bereits dargestellt - insoweit, als eine Verschlechterung ihrer Rechtsposition nicht eintreten darf. Es kommt somit zwar zu keiner Verschiebung des Beendigungszeitpunkts, wohl aber behalten die Kläger die ihnen am Tag vor Erlangung der Rechtspersönlichkeit der Beklagten zustehenden Rechte nach dem VBG (in diesem Sinne auch: DRdA 1994/40).

Zu diesen den Klägern gewahrten Rechten zählen auch die Bestimmungen des VBG über die Fortsetzung befristeter Dienstverhältnisse. Gemäß § 4 ABs 4 VBG kann ein Dienstverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen worden ist, einmal auf bestimmte Zeit verlängert werden. Die Verlängerung darf drei Monate nicht überschreiten. Wird das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so wird es von da ab so angesehen, wie wenn es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre. Einer der Ausnahmefälle des § 4a Abs 2 VBG liegt nicht vor, wurde doch im Verfahren nicht behauptet und kam auch sonst nicht hervor, dass die Kläger nur zur Vertretung aufgenommen worden wären oder dass auf sie die Bestimmungen des Ausschreibungsgesetzes zur Anwendung kämen. Mit den Klägern hätten daher auch nach dem 1. Jänner 2000 nur Dienstverträge nach den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes abgeschlossen werden dürfen und somit im Falle der Befristung nur innerhalb der Höchstgrenze von drei Monaten. Die Vereinbarung einer Probezeit war zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschlossen, wie sich nicht nur aus den Gesetzen der Logik, sondern auch daraus ergibt, dass das Dienstverhältnis auf Probe im § 4 Abs 3 VBG und somit im Zusammenhang mit dem erstmaligen Abschluss eines befristeten Dienstverhältnisses geregelt wird. Auch stellt die Vereinbarung einer Probezeit nach Betriebsübergang eine unzulässige Verschlechterung der Rechtsposition der Kläger dar (vgl DRdA 1996/52). Zudem lässt § 30 Abs 1 Z 9 VBG die Kündigung nur bei auf unbestimmte Zeit eingegangenen Dienstverhältnissen zu, während Dienstverhältnisse auf bestimmte Zeit gemäß Z 8 dieser Gesetzesstelle mit Ablauf der Zeit, für die sie eingegangen wurden, oder mit dem Abschluss der Arbeit, auf die sie abgestellt waren, enden (4 Ob 12/84). Durch Vereinbarung einer Probezeit zu Beginn des zweiten befristeten Dienstverhältnisses würde somit diese Gesetzeslage zumindest teilweise umgangen werden.

Es erweist sich somit, dass die Auflösung des Dienstverhältnisses des Erstklägers während des ersten Monats des zweiten befristeten Dienstvertrags in den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes nicht gedeckt war. Ebensowenig konnten die Vertragsverhältnisse zum Zweit- und Drittkläger ohne Vorliegen von Kündigungs- oder Entlassungsgründen nach einer Dauer von insgesamt einem Jahr gelöst werden. Eine Umdeutung der jeweiligen an die Kläger ergangenen Schreiben in eine Kündigung ist schon deshalb nicht möglich, weil die Kündigung gemäß § 32 Abs 1 VBG nur schriftlich und mit Angabe des Kündigungsgrundes erfolgen kann (RIS-Justiz RS0082181; 8 ObA 188/00f). Es bedarf daher auch keiner weiteren Erörterung mehr, dass ein Vorbringen, die Kläger hätten über bloß geringfügige Ordnungswidrigkeiten hinaus ihre Dienstpflichten gröblich verletzt (vgl 8 ObA 2152/96w; 9 ObA 238/98k ua), im Verfahren nicht erstattet wurde. Eine fehlerhafte oder grundlose Kündigung nach dem VBG vermag das Dienstverhältnis nicht aufzulösen, sie ist vielmehr in ihren Auswirkungen so zu betrachten, als ob sie überhaupt nicht erfolgt wäre (ArbSlg 6328; ArbSlg 7813; ArbSlg 10.949).

Da somit sämtliche Dienstverhältnisse nicht wirksam aufgelöst wurden und gemäß § 4 Abs 4 VBG infolge Fristüberschreitung auf solche auf unbestimmte Zeit umgewandelt wurden, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

Rechtssätze
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  • RS0102122OGH Rechtssatz

    01. Februar 2007·3 Entscheidungen

    § 3 AVRAG enthält zwar keine ausdrückliche Bestimmung über ein Kündigungsverbot; dennoch ist ein Kündigungsverbot über ein Verschlechterungsverbot hinausgehend zur Erreichung des Schutzzieles der Richtlinie geboten. Die nur wegen des Betriebsüberganges erfolgte Kündigung widerstreitet dem Grundsatz des ex lege-Überganges des Arbeitsverhältnisses. Für die Annahme einer wegen des Betriebsüberganges erfolgten Kündigung ist es erforderlich, daß sie zum Betriebsübergang in einem zeitlichen Zusammenhang steht. Hat nun der frühere Betriebsinhaber den Dienstnehmer wegen der Betriebsübergabe vorsorglich gekündigt und der Dienstnehmer ein Anbot auf Abschluß eines neuen Dienstverhältnisses mit dem Übernehmer angenommen, könnte darin zwar ein Verzicht auf die Geltendmachung der Rechte aus § 3 Abs 1 AVRAG erblickt werden. Ein solcher wäre allerdings nur dann anzunehmen, wenn das Gesamtergebnis des Kündigungsvorganges und Neuanstellungsvorganges für den Arbeitnehmer im Sinne von § 11 AVRAG günstiger als die gesetzliche Regelung des ex-lege-Überganges wäre. Eine Neueinstellung durch den Übernehmer zu schlechteren Bedingungen hat die Nichtigkeit der vorsorglichen Kündigung zur Folge. Auf eine subjektive Umgehungsabsicht des Veräußeres kommt es nicht an. Hier: Die Neueinstellung erfolgte mit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses - ungünstiger als das bisher vorgelegene unbefristete Arbeitsverhältnis.