JudikaturJustiz8Ob61/12x

8Ob61/12x – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon. Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** KG, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Kettl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Paul Kreuzberger ua, Rechtsanwälte in Bischofshofen, wegen 33.581,42 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 30. März 2012, GZ 4 R 47/12b 24, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 17. Februar 2012, GZ 5 Cg 19/10f 20 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Hat das Rekursgericht in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung eine Prozesseinrede verworfen, liegt eine in der Sache abändernde Entscheidung vor, die unter den Bedingungen des § 528 Abs 1 ZPO anfechtbar ist (RIS Justiz RS0121604; RS0120715 [T2]; RS0044033 [T6]). Die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO liegen aber im gegenständlichen Verfahren nicht vor, weil die Entscheidung im Ergebnis nicht von der Lösung der im Revisionsrekurs aufgezeigten Rechtsfragen abhängt.

2. Richtig ist, dass die vom Rekursgericht für seine Begründung herangezogene Bestimmung des § 234 ZPO nur den Fall eines Wechsels der Sachlegitimation während eines laufenden Verfahrens regelt. Ohne diese Bestimmung wäre das Begehren eines Klägers, der seine Forderung während des Verfahrens zediert hat, mangels Sachlegitimation mit Urteil abzuweisen (vgl Klicka in Fasching/Konecny 2 § 234 ZPO Rz 1, ua). Die Frage der nach § 234 ZPO unberührt bleibenden Aktivlegitimation einer klagenden Zedentin ist aber von jener der Parteifähigkeit des klagenden Rechtsgebilds zu trennen, einer absoluten Prozessvoraussetzung von Beginn des Rechtsstreits an bis zu seinem Ende. Der schon von Amts wegen zu beachtende Verlust der Parteifähigkeit führt zur Nichtigkeit des Verfahrens ab dem Eintreten der Parteiunfähigkeit und zur Zurückweisung der Klage.

3. Die von der Beklagten zitierte Lehre und Rechtsprechung, derzufolge die Auflösung und Löschung einer Personenhandelsgesellschaft ihre Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit (nur) so lange nicht beeinträchtigt, als ihre Rechtsverhältnisse gegenüber Dritten noch nicht zur Gänze abgewickelt sind (RIS Justiz RS0035195; Fink in Fasching/Konecny 2 II/2 § 155 Rz 18; Mahr GesRZ 1995, 170; Gitschthaler in Rechberger ZPO 3 § 155 Rz 7), ist für das vorliegende Verfahren aber nicht einschlägig, weil die Klägerin nach dem Stand des offenen Firmenbuchs noch gar nicht gelöscht ist (die offenkundig versehentliche Auslassung des Wortes „nicht“ in der Rekursentscheidung ist einer berichtigenden Auslegung zugänglich).

Der Verlust der Rechts und Parteifähigkeit einer Gesellschaft tritt aber erst dann ein, wenn beide Voraussetzungen, nämlich Vermögenslosigkeit und Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch kumulativ verwirklicht sind, wobei die Voraussetzung der Vermögenslosigkeit einer bereits amtswegig gelöschten Gesellschaft im Firmenbuch bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird (vgl zur GmbH 8 ObA 46/06g; 8 ObA 47/04a; 9 ObA 95/02i mwN). Eine eingetragene Gesellschaft bleibt aber auch im Auflösungsstadium jedenfalls bis zu ihrer Löschung parteifähig. Dieser im Schrifttum soweit überblickbar unwidersprochen gebliebenen, auch auf die Kommanditgesellschaft übertragbaren Rechtsprechung entspricht die Rekursentscheidung zumindest im Ergebnis.

Bei der vorliegenden Verfahrenslage wäre eine Prüfung, ob die Geltendmachung einer Forderung aufgrund einer Prozessstandschaft nach § 234 ZPO als Handlung zur Abwicklung von Rechtsverhältnissen gegenüber Dritten die Vollbeendigung einer gelöschten Gesellschaft hinausschieben könnte, nur von theoretischem Interesse, sodass der Revisionsrekurs keine Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufwirft.