JudikaturJustiz7Ob89/00i

7Ob89/00i – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Mai 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingrid S*****, vertreten durch Mag. Dr. Franz Hafner und Dr. Karl Bergthaler, Rechtsanwälte in Altmünster, gegen die beklagte Partei Edith H*****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Kündigung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 24. Jänner 2000, GZ 22 R 478/99x-18, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Gmunden vom 7. Oktober 1999, GZ 2 C 1488/98x-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.248,64 (darin enthalten S 541,44 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin kündigte den zwischen den Streitteilen hinsichtlich einer Wohnung in ihrem Haus in A***** bestehenden Bestandvertrag gemäß § 30 Abs 2 Z 1 MRG auf, weil die Beklagte als Mieterin der Wohnung, die in die Ausstattungskategorie "D - in brauchbarem Zustand" falle, mit der Bezahlung des gemäß § 45 MRG vorgeschriebenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages (EVB) seit Jänner 1998 in qualifiziertem Zahlungsrückstand sei.

Die Beklagte wendete ein, die Vorschreibung eines EVB sei zu Unrecht erfolgt, weil die Wohnung zum Zeitpunkt der Übernahme über keine Wasserentnahmestelle, keine Abwasserleitung, kein Spülbecken, kein Waschbecken und keine Heizmöglichkeit verfügt habe und demnach unter die Kategorie "D - in nicht brauchbarem Zustand" einzuordnen sei.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das damit verbundene Räumungsbegehren ab. Es stellte hinsichtlich der Ausstattung der Wohnung bei Übernahme durch die Beklagte fest, dass damals im Wohnungsverband kein Bad und kein Klosett vorhanden waren; weiters, dass ein für die Zufuhr von Kaltwasser bestimmter, zugepfropfter Anschluss ohne Wasserhahn vorhanden war, ferner dass das vorgesehene Spül- bzw Auffangbecken fehlte und das von der Spüle wegführende Abflussrohr mit Papier zugestopft war; schließlich dass keine Zentralheizung und keine Öfen, sondern nur (betriebstüchtige) Kaminöffnungen bzw Anschlüsse vorhanden waren. Aus diesen Feststellungen folgerte das Erstgericht rechtlich, dass die Wohnung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Übernahme iSd § 45 MRG nach Kategorie "D - unbrauchbar" einzustufen sei. Da im Hinblick auf die Höhe des von der Beklagten tatsächlich bezahlten Mietzinses von S 8,20/m2 bis 30. 4. 1998 und danach von S 8,60/m2 kein Unterschiedsbetrag iSd § 45 Abs 1 MRG bestehe, befinde sich die Beklagte nicht im Zahlungsrückstand, sodass der behauptete Kündigungsgrund nicht vorliege.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die nach den Verhältnissen bei Vertragsabschluss zu messende Brauchbarkeit sei nach der zu § 15a MRG ergangenen Judikatur schon dann gegeben, wenn die Wohnung an sich zum sofortigen Bewohnen geeignet sei, also keine gröberen, die Benutzung hindernden Mängel aufweise, bzw die Benützung behindernde Mängeln jederzeit ohne größere Aufwendungen beseitigt werden könnten. Bezogen auf den lange nach den Nachkriegsjahren liegenden Vertragsabschluss im Jahr 1983 hänge die Brauchbarkeit einer nach Kategorie D einzustufenden Wohnung davon ab, ob sie nach der Verkehrsauffassung einer zum Zeitpunkt der Vermietung zeitgemäßen Substandardwohnung entsprochen habe. Im Hinblick auf den vorhandenen Wasseranschluss und -abfluss erscheine im vorliegenden Fall das bloße Fehlen des Wasserhahnes und des darunter anzubringenden Waschbeckens für sich allein nicht dermaßen gravierend, um der Wohnung die Brauchbarkeit iSd § 45 Abs 1 MRG abzusprechen, könnten doch diese Gegenstände mit geringem finanziellem Aufwand beschafft und angebracht werden. Was allerdings das Fehlen der vormals vorhandenen Kaminöfen anlange, so erscheine dieser Umstand insbesondere iVm dem nicht sofort benützbaren Wasseranschluss doch so gravierend, dass die mangelnde Brauchbarkeit iSd § 45 Abs 1 MRG zu bejahen sei, bedürfe es doch zur Installation einer funktionsfähigen und den feuerpolizeilichen Vorschriften entsprechenden Ofenanlage eines viel höheren Aufwandes. Die Beseitigung der festgestellten Mängel durch Anschaffung und Montage der fehlenden Einrichtungen sei daher nicht mehr "jederzeit ohne größere Aufwendungen" vorzunehmen gewesen, sodass insgesamt zu Recht von einem "nicht brauchbarem Zustand" der unstrittig der Ausstattungskategorie D angehörenden Wohnung auszugehen sei.

Zur Begründung seines Zulassungsausspruches führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus, es habe eine auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbare höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorgefunden; im Sinne der Rechtssicherheit wäre eine bestimmte Aussage darüber wünschenswert, nach welchen ganz konkreten Kriterien - entweder relativ im Verhältnis zum Mietzins, oder absolut in betraglicher Hinsicht - die hier relevante Grenze zu ziehen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin erhobene Revision ist entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Nach stRsp des Obersten Gerichtshofes stehen Mängel, die jederzeit ohne größere Aufwendungen beseitigt werden können, der Annahme der Brauchbarkeit eines Bestandobjektes nicht entgegen (RIS-Justiz RS0070135). In Fällen von mangelhaften Elektroinstallationen wurden zuletzt Kosten von S 20.000,-- (5 Ob 401/97z), von S 21.000,-- (5 Ob 279/98k) und S 14.000,-- (5 Ob 71/99y) als "größerer Aufwand" angesehen.

Wiederholt hat der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen, dass die Beurteilung der Erheblichkeit eines Aufwandes zur Beseitigung der Unbrauchbarkeit einer Wohnung regelmäßig von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängt (5 Ob 279/98k; 5 Ob 71/99y). Eine für jede Fallgestaltung passende betragliche Grenze kann daher nicht vorgegeben werden (vgl 5 Ob 71/99y). Hier haben die Vorinstanzen in einer Gesamtbetrachtung insbesondere wegen des Fehlens jedweder Heizmöglichkeit (bei vorhandenen Kaminöffnungen) in Verbindung mit einem mangels eines Wasserhahnes und eines Wasch- bzw Abflussbeckens nicht sofort benützbaren Wasseranschluss die Brauchbarkeit des Bestandobjektes iSd § 45 Abs 1 MRG verneint. Darin liegt jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrnehmen müsste, zumal die Klägerin nicht einmal behauptet, geschweige denn bewiesen hat, dass nach Maßgabe der obzitierten Entscheidungen keine größeren Aufwendungen notwendig waren.

Eine erhebliche Rechtsfrage wird von der Klägerin noch darin erblickt, dass keine höchstgerichtliche Definition des Begriffs "Wasserentnahmestelle" in § 15a Abs 1 Z 4 MRG vorgefunden habe werden können. Eine klärende Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes dazu bedarf es im vorliegenden Rechtsstreit aber nicht, da darüber, dass die gegenständliche Wohnung, wie in der betreffenden Gesetzesstelle statuiert, der Kategorie D unterliegt, kein Streit besteht. Mangels des Erfordernisses der Präjudizialität der angeschnittenen Rechtsfrage (vgl 1 Ob 535/95; 3 Ob 214/97k; 7 Ob 255/99x uva) wird von der Klägerin daher auch damit kein tauglicher Revisionsgrund aufgezeigt.

Ihr Rechtsmittel war daher zurückzuweisen. Dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO ausdrücklich hingewiesen.

Rechtssätze
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