JudikaturJustiz7Ob577/85

7Ob577/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl, Dr. Wurz und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B AN C D, Mittergasse 4, vertreten durch Dr. Heinrich Hofrichter und Dr. Erwin Bajc, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei FA.E Inhaber Friedrich F, Eisenerz, Dr. Rennerstraße 11, vertreten durch Dr. Harald W. Jesser, Rechtsanwalt in Leoben, wegen S 105.020,-- s. A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 26.Februar 1985, GZ. 6 R 204/84-57, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 30.September 1984, GZ. 4 Cg 275/81-50, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 7.577,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.920,- Barauslagen und S 514,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte bestellte bei der Firma G H einen Apple Computer. Die genannte Firma bestätigte mit Schreiben vom 14.3.1980 den Auftrag. Mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag bestätigte sie einen anderen Auftrag des Beklagten zur Erstellung eines näher bezeichneten Programmes für den Computer. Im Jänner 1981 trat die Firma G H im Zuge einer Rahmenzession auch ihre Kaufpreisforderungen gegen den Beklagten der Klägerin ab. Mit Schreiben vom 14.1.1981 wurde der Beklagte von dieser Abtretung eingeschrieben verständigt. Diesen Brief holte ein Lehrling des Beklagten am 15.1.1981 von der Post ab. Die Postsendung sortierte, wie üblich der Geschäftsführer der Beklagten, wobei er Werbematerial wegwarf. Hiebei ging die Drittschuldnerverständigung verloren. Am 15.5.1981 und am 15.6.1981 leistete der Beklagte auf den Kaufpreis für den Computer zwei Teilzahlungen im Gesamtbetrag von S 105.020,- an die Firma G H. Im Oktober 1981 wurde über das Vermögen dieser Firma das Konkursverfahren eröffnet. Am 2.4.1981 wurde der Computer ausgeliefert. Ohne die gesondert bestellte Software war er jedoch für den Beklagten nutzlos. Die Software wurde auf Grund von Umständen, die bei der Firma G H lagen, nicht geliefert. Schließlich lehnte der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma eine Lieferung ab.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren auf Zahlung von S 105.020,-- s. A., das auf die Zession gestützt war mit der Begründung abgewiesen, infolge des Verlustes der Drittschuldnerverständigung habe der Beklagte von der Zession keine Kenntnis gehabt, weshalb er mit schuldbefreiender Wirkung dem ursprünglichen Gläubiger habe leisten dürfen. Im übrigen stellte das Erstgericht fest, daß es sich bei dem Kaufvertrag über den Computer einerseits und die Software andererseits um einen einheitlichen Vertrag gehandelt habe, der nicht zur Gänze erfüllt worden sei. Aus diesem Grunde könne die Klägerin nicht einmal einen Teil des Kaufpreises verlangen. Das Berufungsgericht stellte auf Grund einer teilweisen Beweiswiederholung fest, daß es sich bei dem Kaufvertrag bezüglich des Computers einerseits und bezüglich der Software andererseits um zwei getrennte Verträge gehandelt hat, die auch nach dem Willen der Vertragspartner einander nicht bedingten. Auf Grund dieser zusätzlichen Feststellung änderte das Berufungsgericht die erstgerichtliche Entscheidung im Sinne der Klage ab und erklärte die Revision gemäß § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO für zulässig. Es war der Ansicht, der Beklagte hätte im Hinblick darauf, daß ihm die Drittschuldnerverständigung zugegangen sei, nicht mehr mit schuldbefreiender Wirkung an den ursprünglichen Gläubiger leisten dürfen. Die Tatsache, daß der Schuldner eine ihm zugekommene Verständigung nicht zur Kenntnis nimmt, ändere daran nichts. Da zwischen den beiden Kaufverträgen kein Zusammenhang bestanden habe und der Kaufvertrag bezüglich des Computers ordnungsgemäß erfüllt worden sei, müsse der Beklagte den Kaufpreis zahlen. Schadenersatzforderungen wegen Nichtlieferung der Software könne er gegenüber der Klägerin nicht geltend machen, weil derartige Forderungen erst nach seiner Verständigung von der Zession entstanden seien.

Die vom Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt. Eine gesetzliche Bestimmung dahin, daß Kaufverträge über einen Computer einerseits und die dazugehörige Software andererseits grundsätzlich eine Einheit bilden, gibt es nicht. Es ist lediglich davon auszugehen, daß die Software ein unabdingbares Betriebserfordernis für einen Computer darstellt, weshalb im Zweifelsfall eine solche Einheit anzunehmen ist, insbesondere dann, wenn es sich um ein sogenanntes Standardprogramm handelt. Allerdings ist auch die Anschaffung eines Computers ohne Programm ebenso möglich, wie der Erwerb des Programmes unabhängig von der Anschaffung des Gerätes ist. Schließlich können Programme auch von firmeneigenem Personal entwickelt werden (SZ 50/85 ua). Ob aber im Einzelfall der Beweis dafür gelungen ist, daß ein Vertrag über die Anschaffung der Software in keinem Zusammenhang mit dem Vertrag über die Anschaffung des Computers stehen sollte, fällt in das Gebiet der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Tatsachenfeststellungen. Stellt, wie im vorliegenden Fall, die Vorinstanz fest, daß nach dem Parteiwillen ein solcher Zusammenhang nicht bestehen sollte, so ist der Oberste Gerichtshof daran gebunden. In einem solchen Fall besagt die Nichterfüllung des Vertrages über die Lieferung der Software nichts über die Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises für den Computer. Geht man von diesen Erwägungen aus, so sind die Ausführungen der Revision zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht geeignet, eine andere Beurteilung als durch das Berufungsgericht zu erreichen. Diese Ausführungen stellen zum überwiegenden Teil den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der untergerichtlichen Tatsachenfeststellung dar.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 503 Abs.2 ZPO kann im vorliegenden Fall eine einfache Mängelrüge nicht erhoben werden, weil es sich lediglich um eine gemäß § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zugelassene Revision handelt. Nach den getroffenen Feststellungen muß von einer ausreichenden Verständigung des Beklagten von der Zession ausgegangen werden, weil nach der Empfangstheorie eine Erklärung dem Adressaten dann zugekommen ist, wenn sie in eine solche Situation gebracht wurde, daß die Kenntnisnahme durch den Adressaten unter normalen Umständen erwartet werden kann und Störungen, die sich ihr entgegenstellen sollten, nur mehr im Lebensbereich des Adressaten möglich sind (1 Ob 547/81, 7 Ob 41/84 ua). Unerheblich ist, ob der Adressat ein ihm zugekommenes Schriftstück liest oder nicht.

Nach den getroffenen Feststellungen wurde die Drittschuldnererklärung von einem Lehrling des Beklagten behoben und dem Geschäftsführer des Adressaten ausgefolgt. Damit ist diese Erklärung aber dem Beklagten zugekommen, weshalb die Folgen des § 1395 ABGB eingetreten sind.

Auf die richtigen Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes dahin, daß nach Verständigung des Schuldners von der Zession entstandene Gegenforderungen gegen den Zedenten dem Zessionar nicht mehr entgegengehalten werden können (Ertl in Rummel RZ 1 zu § 1396) geht die Revision nicht ein. Somit ist es aber unverständlich, welchem Zweck Erhebungen über die durch die Nichtlieferung der Software dem Beklagten entstandenen Schäden dienen sollten. Daß eine Nichterfüllung des diesbezüglichen Vertrages keinen Einfluß auf die Verpflichtung des Beklagten aus dem von seinem Vertragspartner erfüllten Vertrag über den Ankauf eines Computers haben kann, wurde bereits dargetan. Da es sich bei den angeblichen Schadenersatzforderungen des Beklagten um solche handelt, die erst nach seiner Verständigung von der Zession entstanden sind, können solche Forderungen der Klägerin nicht mit Erfolg entgegengehalten werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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