JudikaturJustiz7Ob553/91

7Ob553/91 – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. September 1991

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich F*****, vertreten durch Dr. Johann Paul Cammerlander und Dr. Harald Vill, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien

1.) R***** Gesellschaft mbH Co KG, und 2.) R***** Gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Dr. Markus Skarics, Rechtsanwalt in Imst, wegen S 128.232,30 s.A. infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 6.März 1991, GZ 3 R 36/91-28, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22.November 1990, GZ 18 Cg 35/90-23, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger fertigte über Bestellung der Beklagten nach ihm vom Architekten der Beklagten übergebenen Mustern 230 Stück Zeigewandtafeln, die in der Folge beidseitig verfliest werden sollten, an. In der Nut der Musterplatten war eine 12 mm Preßspanplatte, vollflächig eingeleimt. Die vom Kläger hergestellten Tafeln unterschieden sich von den Mustertafeln insoweit, als statt der 12 mm starken Spanplatte nur eine 10 mm dicke verwendet wurde und die Rahmengehrungen fix verleimt wurden, während auf den Mustertafeln nur eine gestiftelte Gehrung vorhanden war. Die gelieferten Tafeln wurden in I***** ca. 6 Wochen lang gelagert und erst dann von den Leuten der Erstbeklagten beidseitig verfliest. Kurz vor der Eröffnung des Geschäftes in R***** am 12.5.1988 wurden die Tafeln von Angestellten der beklagten Parteien mittels eines offenen LKWs von I***** nach R***** gebracht. Auf dieser Fahrt regnete es. Die die Tafeln abdeckenden Folien waren zum Teil beschädigt. Bei der Ankunft in R***** stellte sich heraus, daß ein Teil der Tafeln verrutscht war. In weiterer Folge haben sich bis auf 60 Stück alle vom Kläger gelieferten Tafeln gewölbt, und zwar sowohl bereits verflieste als auch nicht verflieste, was dazu führte, daß sie ausgetauscht werden mußten. Am 20.8.1988 trafen die Streitteile folgende Vereinbarung: "1.) Vereinbart wurde, daß die Tafeln bis Ende September 1988 komplett ausgetauscht werden müssen.... 6.) Die Kosten für die Reparaturarbeiten trägt die Firma F***** (Klägerin). 7.) Bei Nichteinhaltung der Vereinbarungen hat die Firma F***** die Schadenersatzforderung der Firma R***** (Beklagte) zu tragen. Sollte die Firma R***** die Vereinbarung nicht einhalten, so sind alle Termine hinfällig und können von der Firma R***** keine Forderungen gegenüber der Firma F***** in Anspruch genommen werden". Mit Ausnahme dieser Vereinbarung haben die Streitteile keine weiteren Absprachen getroffen, insbesondere hat der Kläger gegenüber den Beklagten nie anerkannt, daß die Wölbung der Tafeln auf seine unzureichende Bearbeitung zurückzuführen sei. Insgesamt waren vor Austausch der Zeigewandtafeln bereits 149 Stück mit Fliesen verklebt. Für die neuerliche Verfliesung waren 184,76 m2 Fliesen erforderlich. Für die Neuverfliesung dieser 149 Zeigewandtafeln erwuchsen den Beklagten Kosten in Höhe von S 116.000,-- incl. Umsatzsteuer. Hiezu kommen noch Kosten für Aufräumarbeiten.

Der Kläger begehrt von den Beklagten die Bezahlung eines restlichen Werklohns von S 128.232,30.

Die Beklagten beantragten die Klagsabweisung. Sie wendeten gegenüber der außer Streit stehenden Klagsforderung eine Schadenersatzforderung von S 221.352,29 für die Neuverfliesung aufrechnungsweise ein. Der Kläger habe anstelle einer 12 mm dicken Platte eine solche mit nur 10 mm Dicke verwendet, die eine geringere Festigkeit aufgewiesen habe. Auch darin sei ein Grund für die später aufgetretenen Schäden gelegen. Dazu komme, daß der Kläger seiner Warnpflicht in bezug auf die Lagerung der empfindlichen Platten nicht nachgekommen sei. Er habe sein Verschulden und seine Ersatzpflicht anerkannt.

Das Erstgericht stellte das Zurechtbestehen der Klagsforderung mit S 128.232,30 und das Nichtzurechtbestehen der eingewendeten Gegenforderung fest. Dementsprechend wurden die Beklagten zur Bezahlung von S 128.232,30 verpflichtet. Da die Ursache für die Aufwölbungen nicht feststellbar gewesen sei, bestehe keine Schadenersatzpflicht des Klägers gemäß dem § 932 Abs.1 ABGB hinsichtlich der Kosten der Neuverfliesung. Die Beklagten seien den Beweis schuldig geblieben, daß der eingetretene Schaden auf eine mangelhafte Herstellung der Tafeln durch den Kläger zurückzuführen sei. Es habe sich vielmehr ergeben, daß die Verformung der Tafeln nicht auf die vom Kläger gewählte Konstruktion bzw. Herstellungsweise zurückzuführen sei, sondern eine Reihe anderer, von den beklagten Parteien zu vertretender Umstände die Ursache hiefür gewesen sein könnten. Der Kläger habe weder seine Warnpflicht verletzt noch ein Anerkenntnis abgegeben.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung mit dem angefochtenen Beschluß auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es vertrat die Rechtsansicht, es liege eine Anfertigung nach Muster vor, der die vom Kläger hergestellten Zeigewandtafeln wegen der Verwendung von nur 10 mm dicken Spanplatten nicht entsprochen habe. Die Leistung des Klägers sei objektiv fehlerhaft und daher vertragswidrig gewesen. Nach den Verfahrensergebnissen liege die Vermutung nahe, daß sich 12 mm dicke Spanplatten einer Wölbung, aus welcher Ursache immer, eher widersetzt hätten, als die dünnere Ausführung. Sollte die aufgetragene Ergänzung des Verfahrens ergeben, daß die zu geringe Stärke der Spanplatten zumindestens Mitursache für die Aufwölbung der Tafeln war, so hätte die beklagte Partei der ihr nach den §§ 1167 iVm § 932 Abs.2 ABGB obliegenden Beweislast bereits entsprochen. Es wäre dann Sache des Klägers nachzuweisen, daß die Aufwölbungen auch bei Verwendung von 12 mm dicken Spanplatten aufgetreten wären. Die dazu vom Kläger angebotenen Beweise habe das Erstgericht nicht geprüft. Bei der für die Ersatzpflicht für die erforderliche Annahme eines Verschuldens habe die Beweislastumkehr nach § 1298 AGB Platz zu greifen. Es sei daher Sache des Klägers nachzweisen, daß ihn und diejenigen, deren Verschulden er zu vertreten habe, kein Verschulden treffe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Aufhebungsbeschluß erhobene Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

Bei einem Werkvertrag hat zunächst der Besteller nach § 1296 ABGB dem Unternehmer neben dem Vorliegen eines Mangels nachzuweisen, daß zwischen diesem und dem Schaden, den er erlitten hat, ein Kausalzusammenhang besteht, wobei der Nachweis genügt, daß die Sachlage typisch auf einen solchen Kausalzusammenhang hinweist; allerdings läßt der bloße Verdacht eines bestimmten Ablaufes, der auch eine andere Verursachungsmöglichkeit offenläßt, für den Anscheinsbeweis nach § 1296 ABGB keinen Raum (MGA ABGB33 § 1296/2 ff). Richtig hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß die Lieferung nicht der Bestellung entsprochen hat. Sollte es den Beklagten gelingen, einen, wie im folgenden noch präzisiert wird, möglichen Zusammenhang zwischen den aufgetretenen Aufwölbungen und der nicht vertragsgemäßen Lieferung zu beweisen, hätte der Kläger seinerseits nachzuweisen, daß der von ihm zu vertretende Mangel als Schadensursache ausscheidet. Ist aus dem eingetretenen Schaden und den Umständen seines Entstehens nach Erfahrungssätzen rückschließbar, daß wenigstens ein objektiv fehlerhaftes Verhalten auf seiten des Unternehmers bei der Schadensentstehung mitgewirkt hat, ist also nach der Erfahrung die Schadensursache als in der Sphäre des Unternehmers, in seinem Haftungs-, Verantwortungs- und Interessenbereich lokalisiert anzusehen, so greift sinngemäß die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB hinsichtlich des Verschuldens ein (vgl Bydlinski in Klang2 IV/2, 173, 7 Ob 646/80). Tritt zum Vorliegen eines Gewährleistungsmangels noch hinzu, daß der Kausalzusammenhang mit einer Handlung oder Unterlassung des Unternehmers erwiesen ist oder die Sachlage typisch auf dessen Verschulden hinweist, so hat der Besteller seiner ihm nach § 1296 ABGB obliegenden Beweispflicht genügt und es hat sich der Unternehmer gemäß § 1298 ABGB vom Vorwurf des Verschuldens zu entlasten und die Gefahr des Mißlingens dieses Beweises zu tragen (JBl 1963, 317, zuletzt 7 Ob 595/84, Koziol, Haftpflichtrecht2 I, 268 ff). Zufolge der feststehenden Vertragsverletzung geht es daher dann auch zu Lasten des Unternehmers, wenn die Schadensursache weiterhin ungeklärt bleibt und nicht feststellbar sein sollte, ob die zu geringe Plattenstärke Mitursache für den Schaden war. Der Besteller hätte den Kausalitätsbeweis schon dann erbracht, wenn er beweist, daß die Vertragsverletzung ernstlich mögliche Schadensursache war und daß diese Wahrscheinlichkeit gegenüber anderen Möglichkeiten für die Schadensverursachung so weit in den Hintergrund tritt, daß sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als Schadensursache auszuschließen ist. Der Unternehmer käme bei einer solchen Beweislage dem ihm obliegenden Erschütterungsbeweis (vgl Reischauer in Rummel ABGB2 § 1296 Rz 4) erst durch den Nachweis nach, daß eine andere mögliche Schadensursache nach dem typischen Geschehensablauf die Wahrscheinlichkeit der Vertragsverletzung als Schadensursache in den Hintergrund drängt. Zu diesen Fragen hat das Berufungsgericht das erstgerichtliche Verfahren für ergänzungsbedürftig erachtet. Der Rekurs bringt hier lediglich vor, der Beweis für die mangelnde Kausalität sei nicht erbracht. Geht jedoch das Berufungsgericht von einer richtigen Rechtsansicht aus, und erachtet es das Verfahren für ergänzungsbedürftig, so kann der Oberste Gerichtshof dem nicht entgegentreten. Zu den richtigen Ausführungen des Berufungsgerichtes über die Beweislastverteilung bezüglich des Verschuldens enthält der Rekurs keine Ausführungen, weshalb hier auf die angefochtene Entscheidung zu verweisen ist.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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