JudikaturJustiz7Ob533/92

7Ob533/92 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 1992

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Dr. Peter B*****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St.Pölten, wider die Antragsgegnerin Josefa B*****, vertreten durch Dr. Eduard Pranz ua Rechtsanwälte in St.Pölten, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgericht vom 8.Jänner 1992, GZ R 35/91-61, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 3.Dezember 1990, GZ 1 F 17/87-57, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien, 2 R 143/86-44, am 12.Oktober 1987 aus dem überwiegenden Verschulden des Antragstellers geschieden.

Beide Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 326 KG H*****. Diese Liegenschaft wurde während der Ehe angeschafft. Auf ihr haben die Streitteile ein Haus errichtet, das zum Teil vom Antragsteller als Ordination benützt wird. Der Rest des Hauses diente den Streitteilen als Ehewohnung.

Der Antragsteller begehrt die Zuweisung der ehemaligen Ehewohnung an ihn, wobei ihm der der Antragsgegnerin gehörige Hälfteanteil an der Liegenschaft zu übertragen sei. Dafür habe er sämtliche aushaftenden Kredite zur Alleinrückzahlung zu übernehmen und die Antragsgegnerin diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Antrages und stellte ihrerseits den Antrag, ihr die eheliche Wohnung zuzuweisen und dem Antragsteller die Rückzahlung der gesamten Schulden aufzuerlegen. In eventu beantragte sie die Zuweisung der Ehewohnung an den Antragsteller bei gleichzeitiger Einräumung seines Alleineigentums gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von S 2,3 Mill.

Das Erstgericht wies im vierten Rechtsgang die Ehewohnung dem Antragsteller zu und übertrug ihm gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von S 500.000,-- auch das Hälfteeigentum der Antragsgegnerin an der Liegenschaft. Diese wurde zur Räumung der Liegenschaft binnen 14 Tagen verpflichtet. Das Erstgericht stellte fest, daß die Antragsgegnerin nicht nur während des Ehescheidungsverfahrens, sondern auch nach dessen Beendigung den Ordinationsbetrieb des Antragstellers störte. Die gemeinsame Tochter der Streitteile, die am 24.11.1972 geborene Katharina B*****, studiert derzeit in Wien, wo sie in einem Heim wohnt und nur zu den Wochenenden und während der Ferien bei ihrer Mutter lebt. Haus und Liegenschaft sind ohne Berücksichtigung der Schulden S 3,772.000,-- wert, davon der "Wohnbereich" S 1,760.000,--. Die dem Wohnbereich zuzuordnenden Schulden belaufen sich auf S 860.000,--.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß die weitere Anwesenheit der Antragsgegnerin im Haus für den Antragsteller nicht zumutbar sei, weil zu befürchten sei, daß sie den Ordinationsbetrieb weiterhin stören werde. Zufolge der studienbedingten Abwesenheit der gemeinsamen Tochter falle deren Wohnbedarf als für den Standpunkt der Antragsgegnerin sprechendes Argument weg. Vom nach Abzug der Schulden ermittelten Nettowert des Wohnanteils der Liegenschaft von S 900.000 stehe der Antragsgegnerin die Hälfte, sowie ein zusätzlicher Betrag von S 50.000 als Abgeltung für das Unbill, das sie durch das Verlassen der Wohnung erleiden wird, zu. Der von der Antragsgegnerin auch beanspruchte betriebliche Anteil des Hauses sei nicht in das Aufteilungsverfahren miteinzubeziehen gewesen. Diese Ansprüche könne die Antragsgegnerin nur auf dem streitigen Weg verfolgen.

Das Rekursgericht gab dem von der Antragsgegnerin erhobenen Rekurs mit der angefochtenen Entscheidung Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem eine neue Entscheidung auf. Es erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Obwohl die Liegenschaft im Hälfteeigentum der Streitteile stehe, könne es im Außerstreitverfahren nach den §§ 81 ff EheG nur zu einer Entscheidung über die Ehewohnung, nicht aber über jenen Teil der Liegenschaft, der als Ordination benützt werde, kommen. Gemäß § 82 Abs.1 Z 3 EheG seien die als Unternehmen benützten Teile ausdrücklich vom Aufteilungsverfahren ausgenommen. Ein Ordinationsbetrieb sei beim festgestellten und auch für die Zukunft zu erwartenden Verhalten der Antragsgegnerin nicht zu führen. Deshalb sei die Ehewohnung dem Antragsteller samt dem mit der Antragsgegnerin gehörenden Anteil am Wohnungsteil zuzusprechen gewesen. Eine Übereignung der gesamten Liegenschaftshälfte der Antragsgegnerin an den Antragsteller unter gleichzeitiger Verweisung der Antragsgegnerin mit ihren Ausgleichsansprüchen hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Teils der Liegenschaft auf den Rechtsweg, sei aber nicht mit dem Gesetz in Einklang zu bringen. Da die Erwägungen des Erstgerichtes bei der Ausmittlung der Größe des Wohnanteils an der Liegenschaft nicht nachvollziehbar seien und die Beweisgrundlage dafür, was von den aufgenommenen Krediten zum Bau oder für den Aufbau der Ordination aufgewendet wurde, zu dürftig seien, müsse der erstgerichtliche Beschluß aufgehoben werden.

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Antragstellers ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Geht man davon aus, daß auch in Zukunft mit den Ordinationsbetrieb störenden Bosheitsakten der Antragsgegnerin zu rechnen ist, ist ihr weiterer Verbleib in dem die Ordination und Ehewohnung umfassenden Haus nicht zumutbar. Dementsprechend ist die Antragsgegnerin zum Verlassen der Ehewohnung aufzufordern und zur Übertragung jenes Anteiles an ihren Miteigentumsrechten an der Gesamtliegenschaft zu verpflichten, die ihrem Hälfteeigentum am Wohnteil des Hauses entspricht.

Gemäß § 82 Abs.1 Z 3 EheG unterliegen Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, nicht der Aufteilung nach § 81 EheG. Auch eine Arztpraxis stellt ein Unternehmen im Sinne der erstzitierten Norm dar (vgl. Edlbacher in FS für Wagner, 104, Bernat in Schwimann, Praxiskommentar § 82 EheG Rz 10). Verbindet ein gemeinsam erworbener Liegenschaftsbesitz die Ehewohnung mit einem eindeutig abgegrenzten Teil des Hauses, der zum Unternehmen eines Ehegatten gehört oder seiner Berufsausübung dient, so ist eben dieser Teil der Liegenschaft von der Aufteilung ausgenommen (vgl. JBl.1985, 365, Bernat aaO mwN). Diese Regelung ist zwar in der Lehre auf Kritik gestoßen (vgl. Wilhelm in RdW 1983, Gimpel-Hinteregger, JBl.1986, 557 und Nowotny, ÖJZ 1988, 609), die jedoch den Obersten Gerichtshof nicht veranlaßte, von seiner Rechtsprechung abzugehen. Allerdings wurde schon vor Ergehen der zitierten Kritik vom Obersten Gerichtshof ausgesprochen, daß dann, wenn die eheliche Errungenschaft eines Ehegatten weitgehend in Unternehmensanteilen angelegt wurde, die als solche der Aufteilung entzogen sind, es der Billigkeit entsprechen kann, dem anderen Ehegatten einen größeren Anteil an den der Aufteilung unterliegenden Ersparnissen zuzuerkennen (SZ 55/163, GesRZ 1983, 91 = JBl.1983, 316 u.a.). Dabei darf aber nicht auf das Unternehmen selbst gegriffen werden (vgl. EFSlg.54.567 ff = MietSlg.39.671, 6 Ob 644/88 = EFSlg.57.356, 5 Ob 569/89 = EFSlg.61.699). Das von der Aufteilung ausgenommene Vermögen darf nicht schlechthin so behandelt werden, als unterläge es der Aufteilung (2 Ob 533/91 und 4 Ob 552/91). Haben Ehegatten gemeinsam an einer Liegenschaft Eigentum erworben, in der sich sowohl die Ehewohnung als auch das Unternehmen eines der Ehegatten befindet, unterliegt daher nur der Teil der Eigentumsrechte der Aufteilung, der der Ehewohnung entspricht. Wird dem Ehegatten, der das Unternehmen führt, auch der Liegenschaftsanteil seines früheren Partners am Wohnteil zugesprochen, so verbleibt dennoch der unternehmerisch genützte Anteil an der gemeinsamen Liegenschaft im gemeinsamen Eigentum, das im Zweifel so, wie es vor der Aufteilung bestanden hat, anzunehmen ist, im vorliegenden Fall sohin 1 : 1. Sollte nicht eine besondere Vereinbarung zwischen den Ehegatten getroffen worden sein, kann die Auflösung dieses Miteigentums nur durch Teilungsklage erwirkt werden. Eine andere Auslegung läßt der Gesetzeswortlaut nicht zu. Diese Erwägungen werden auch durch die Materialien bestätigt (BlgNR XIV GP, 14). Im vorliegenden Fall kann auch nicht die Regelung des § 91 Abs.2 EheG Platz greifen, weil der Antragsgegnerin nie ein Gebrauchsrecht an der Ordination, sohin dem Unternehmen des Antragstellers, zustand. Nach den Materialien ist diese Regelung nur auf solche Sachen anzuwenden, die zwar ausschließlich zum Unternehmen gehörten, aber von beiden Ehegatten privat benützt wurden (vgl. BlgNR XIV GP, 19, Pichler in Rummel, ABGB zu § 91 EheG Rz 4 sowie Bernat in Schwimann, Praxiskommentar zu § 91 EheG Rz 8).

Das Rekursgericht hat die Aufteilungsgrundsätze der §§ 81 ff EheG zutreffend ausgeführt. Soweit das Rekursgericht eine weitere Klärung über die Anteile des unternehmerisch genutzten Teils der Liegenschaft in Beziehung zu dem zu Wohnzwecken genutzten Anteil für notwendig erachtet und eine weitere Beweisaufnahme, wie weit die aufgenommenen Kredite, für die eine beidseitige Haftung eingegangen wurde, auch für die Ordination verwendet wurden, erforderlich findet, handelt es sich um Tatfragen, deren Beurteilung dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist.

Soweit der Antragsteller bemängelt, daß ihm auch noch für die Unbill, die die Antragsgegnerin durch den Auszug aus der Ehewohnung erleiden wird, eine zusätzliche Zahlung von S 50.000,-- auferlegt wurde, ist er darauf zu verweisen, daß im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung durchaus für Übersiedlung und gesonderte Wohnungsnahme entsprechende Kostenbeträge dem weichenden Ehegatten zuerkannt werden können. Der Bestimmung der Höhe eines derartigen Betrages kommt aber keine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Dem Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
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