JudikaturJustiz7Ob274/07f

7Ob274/07f – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Kläger und Antragsteller 1. Ö*****, 2. A*****, beide vertreten durch Dr. Ulrich Schwab und Dr. Georg Schwab, Rechtsanwälte in Wels, gegen den Beklagten und Antragsgegner ÖTTV Österreichischer Tischtennisverband, 1040 Wien, Prinz Eugen-Straße 12, vertreten durch Dr. Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in Baden, wegen Zulassung zur Teilnahme an einem Bundesligabewerb (hier: Einstweilige Verfügung), über den Revisionsrekurs der Kläger und Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. Oktober 2007, GZ 37 R 424/07p-10, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 4. September 2007, GZ 40 C 1371/07a-6, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger und Antragsteller sind schuldig, dem Beklagten und Antragsgegner die mit 549,34 EUR (darin enthalten 91,56 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die klagenden Vereine und Antragsteller (im Folgenden: Kläger) gehören dem Oberösterreichischen Landestischtennisverband (OÖTTV) an. Der Beklagte und Antragsgegner (im Folgenden: Beklagter) ist der Dachverband der Landestischtennisverbände. Die Kläger haben eine Spielgemeinschaft im Sinn des § 20 der „Bestimmungen für Tischtennis-Wettbewerbe in Österreich" (im Folgenden: Regulativ) gegründet. Diese hat an den vom Beklagten veranstalteten Qualifikationsturnier zum Aufstieg in die 2. Tischtennis-Bundesliga der Herren für die Spielsaison 2007/2008 teilgenommen und den vierten Rang belegt. Wäre der Kärntner Spielgemeinschaft D*****/S***** die Teilnahme an diesem Qualifikationsturnier verweigert worden, hätte die Spielgemeinschaft der Kläger den dritten Platz erreicht, der sie zum Aufstieg in die 2. Bundesliga berechtigt hätte. Von den Klägern nach Abschluss der Qualifikationsspiele bei den nach dem Regulativ des Beklagten dafür zuständigen Gremien gegen die Teilnahme der Kärntner Spielgemeinschaft eingebrachte Rechtsmittel (Proteste und Berufung) blieben letztlich erfolglos.

Die Kläger vertreten die Ansicht, der Beklagte hätte der Kärntner Spielgemeinschaft nach § 20 seines Regulativs die Teilnahme am Qualifikationsturnier verweigern müssen, weil die beiden Kärntner Vereine zuvor an den Spielen der Kärntner Tischtennislandesliga nicht als Spielgemeinschaft, sondern mit zwei getrennten Mannschaften teilgenommen haben. Zur Sicherung des mit der am 27. 8. 2007 beim Erstgericht eingebrachten Klage geltend gemachten, wortgleichen Anspruches beantragten sie, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, sie (gemeint wohl ihre Spielgemeinschaft) an den vom Beklagten veranstalteten Bewerb „2. Bundesliga Herren" im Tischtennissport in der Saison Herbst 2007/Frühjahr 2008 als reguläre Mannschaft teilnehmen zu lassen. Der Meisterschaftsbetrieb beginne am 8. 9. 2007. Es liege auf der Hand, dass ein späterer Einstieg der Spielgemeinschaft der Kläger in den Meisterschaftsbetrieb unlösbare organisatorische, spielerische und wohl auch wirtschaftliche Probleme schaffe. Es sei nicht auszuschließen, dass die Kläger im Fall eines verspäteten Einstiegs unwiederbringlichen wirtschaftlichen Schaden durch Entfall von Förderungen und Sponsoren sowie Zuschauereinnahmen erleiden könnten.

Der Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung aus. Die Teilnahme der Kärntner Spielgemeinschaft habe seinem Regulativ nicht widersprochen. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Der Anspruch der Kläger sei nicht bescheinigt, weil die Kärntner Spielgemeinschaft nach § 20 des Regulativs des Beklagten berechtigt am Qualifikationsturnier teilgenommen habe.

Das Rekursgericht teilte diese Auffassung des Erstgerichts und bestätigte daher dessen Entscheidung. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Voraussetzungen für die Spielberechtigung von Mannschaften einer Spielgemeinschaft höchstgerichtliche Judikatur fehle. Dieser Frage komme im Hinblick darauf, dass das Regulativ des Beklagten alle österreichischen Tischtennisvereine betreffe, eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Kläger mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die beantragte einstweilige Verfügung erlassen werde.

Der Beklagte beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel seiner Verfahrensgegner entweder zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Verfahrensentscheidend ist die Auslegung des § 20 des Regulativs des Beklagten, der wie folgt lautet:

„1. Eine Spielgemeinschaft ist ein vertraglich geregelter, loser Zusammenschluss von zwei Tischtennisvereinen und/oder -sektionen zum Zweck der gemeinsamen Bildung von Mannschaften, die sich an den Mannschaftsmeisterschaften beteiligen. Sie ist unter Beachtung nachstehender Punkte zulässig, wobei ansonsten alle Bestimmungen wie für einen Verein anzuwenden sind.

2. Der LTTV [Landestischtennisverband] hat zu entscheiden, ob er Spielgemeinschaften grundsätzlich zulässt und hat diese Entscheidung dem ÖTTV zur Kenntnis zu bringen.

3. Eine Spielgemeinschaft kann nur zwischen zwei Vereinen und/oder Sektionen desselben LTTV gebildet werden.

4. Die Bildung einer Spielgemeinschaft hat durch rechtsverbindliche Vereinbarung mit Wirksamkeit ab Beginn der folgenden Abmeldezeit, unter Verwendung eines vom LTTV aufgelegten Vordrucks, zu erfolgen. Die Vereinbarung hält die einem Verein entsprechende Vertretung gegenüber dem LTTV sowie die Abgrenzung bei einer Auflösung fest.

5. Spielgemeinschaften haben eine Laufzeit von mindestens drei Jahren. Eine allfällige Auflösung der Spielgemeinschaft darf nur in der Sommerübertrittszeit erfolgen. Letzteres gilt nicht, wenn die Auflösung der Spielgemeinschaft durch Auflösung eines der beiden Partnervereine oder -sektionen erfolgt.

6. Der LTTV legt allgemeine Durchführungsbestimmungen sowie Richtlinien zur „Spielerbindung", zur „Spielberechtigung von mehr als einer Mannschaft eines Vereins in der obersten Spielklasse des LTTV" und zur „Namensgebung", jeweils in Bezug auf Spielgemeinschaften, fest. Dabei sollen die Namen beider Vereine im Namen der Spielgemeinschaft aufscheinen. Ebenso bestimmt er die an ihn für die Bildung einer Spielgemeinschaft zu leistende Verwaltungsabgabe.

7. Spielgemeinschaften dürfen an überregionalen Bewerben nur mit einer Mannschaft je Klasse teilnehmen.

8. Bei Bildung der Spielgemeinschaft behalten die Mannschaften der beteiligten Vereine ihre bisherige Klassenzugehörigkeit."

Unbekämpft steht fest, dass der Kärntner Landestischtennisverband keine Durchführungsbestimmungen (im Sinn des Punktes 6. des § 20 des Regulativs) erlassen hat, dass Mannschaften einer Spielgemeinschaft nicht unter unterschiedlichen Namen an der Mannschaftsmeisterschaft teilnehmen dürfen und dass die Mannschaften einer Spielgemeinschaft, die unter verschiedenen Namen in derselben Spielklasse starten, auch gegeneinander antreten können.

Vereinsstatuten sind nach ständiger Rechtsprechung nach den §§ 6 und 7 ABGB auszulegen (RIS-Justiz RS0008813, RS0008834 und RS0108891). Maßgebend ist der objektive Sinn statutarischer Bestimmungen. Die Auslegung hat sich am Vereinszweck und den berechtigten Interessen der Mitglieder zu orientieren. Unklare oder eine mehrfache Deutung zulassende Bestimmungen sind in vernünftiger und billiger Weise so auszulegen, dass ihre Anwendung im Einzelfall brauchbare und vernünftige Ergebnisse zeitigt (RIS-Justiz RS0008813; RS0008816). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Ansicht der Vorinstanzen, § 20 des Regulativs des Beklagten habe die Teilnahme der erwähnten Kärntner Spielgemeinschaft am Qualifikationsturnier für die zweite Tischtennisbundesliga gestattet, zu billigen. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung können sowohl Tischtennisvereine verschiedener Leistungsklassen desselben Landesverbandes (lt. Punkt 4. des § 20 mit Wirksamkeit ab Beginn der folgenden Abmeldezeit) eine Spielgemeinschaft gründen, als auch zwei Tischtennisvereine, die sich mit zwei Mannschaften in derselben Liga an der Meisterschaft beteiligt haben. § 20 des Regulativs enthält auch keine Bestimmung, wonach sich eine Spielgemeinschaft nicht sogleich an einem Qualifikationsturnier für den Aufstieg in die nächsthöhere Klasse beteiligen können sollte, falls sich die Vereinsmannschaft, an deren Stelle die Mannschaft der Spielgemeinschaft tritt, für dieses Turnier qualifiziert hat. Ebenso wie es jeder Vereinsmannschaft, die in die nächsthöhere Liga aufsteigen will, freisteht, sich mit neuen Spielern zu verstärken, ist es zwei Vereinen nach dem Regulativ des Beklagten nicht verwehrt, durch Bildung einer Spielgemeinschaft zu versuchen, ein höheres Leistungsniveau zu erreichen, um zunächst ein Qualifikationsturnier zu bestehen und in der (womöglich nächsthöheren) Liga erfolgreich zu sein. Eine Bestimmung des Regulativs, wonach sich nur eine Spielgemeinschaft, die zuvor bereits Meisterschaft gespielt habe, an einem Aufstiegsturnier beteiligen dürfe, vermögen die Revisionsrekurswerber nicht zu nennen. Da sich die Interpretation der maßgeblichen Bestimmungen des Regulativs der Beklagten durch die Vorinstanzen demnach frei von Rechtsirrtum erweist, muss der Revisionsrekurs erfolglos bleiben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41 und 50 ZPO.