JudikaturJustiz7Ob213/98v

7Ob213/98v – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. August 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** Ltd., ***** vertreten durch Dr.Christine Seltmann, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei F***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, und der der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenientin Chr. C***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Borth Müller, Rechtsanwälte in Wien, wegen US $ 115.180,-- sA (ÖS 1,485.822,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 3.Juni 1998, GZ 15 R 68/98z-12, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 16.April 1998, GZ 13 Cg 126/97z-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von US $ 115.180,--. Sie habe der Beklagten den Auftrag erteilt, elektronische Geräte von Hamburg nach Moskau zu transportieren. Die Beklagte habe den Frachtauftrag der Chr. C***** GmbH Co KG weitergegeben, welche ihrerseits die Trans-D*****, Polen, mit der Durchführung des Frachtauftrages beauftragt habe. Beim Transport durch Polen sei das gesamte Frachtgut abhandengekommen. Die Beklagte treffe dafür die Haftung gemäß Art 17 CMR.

Die Chr. C***** GmbH Co KG trat der Beklagten am 6.2.1998 als Nebenintervenientin bei. Über den Antrag der Klägerin, diese Nebenintervention zurückzuweisen, hat das Erstgericht noch nicht entschieden.

Mit Schriftsatz vom 9.4.1998 verkündete die Nebenintervenientin dem ausführenden Frachtführer den Streit und forderte ihn auf, an "unserer Seite" dem Verfahren beizutreten. Sollte die Klägerin in diesem Verfahren obsiegen und sich die Beklagte gegen die Nebenintervenientin erfolgreich regressieren, würde der ausführende Frachtführer der Nebenintervenientin haften.

Das Erstgericht wies den Antrag der Nebenintervenientin auf Streitverkündung zurück. Gemäß § 21 ZPO könne nur eine Prozeßpartei einem Dritten den Streit mit dem Zweck verkünden, daß der Dritte dem Prozeß als Nebenintervenient zur Unterstützung einer Partei beitrete. Der Dritte könne gemäß § 17 Abs 1 ZPO nur einer Prozeßpartei als Nebenintervenient beitreten. Der Beitritt als Nebenintervenient sei demnach an die Streitverkündung durch eine der Parteien des Verfahrens gebunden.

Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichts im Sinne des Ausspruchs ab, daß die Streitverkündung der Nebenintervenientin zulässig sei und das Erstgericht diesen Schriftsatz zuzustellen habe. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Nebenintervenientin sei gemäß § 19 Abs 1 ZPO berechtigt, zur Unterstützung der Hauptpartei Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen, Beweise anzubieten und alle sonstigen Prozeßhandlungen vorzunehmen. Prozeßhandlungen der Nebenintervenientin seien insoweit für die Hauptpartei rechtlich wirksam, als sie nicht mit deren eigenen Prozeßhandlungen in Widerspruch stünden. Die Nebenintervenientin als "Streithelferin" könne demnach Prozeßhandlungen nur namens der Partei setzen, auf deren Seite sie beigetreten sei, nicht aber im eigenen Namen. Ihre Prozeßhandlungen dürften auch nicht im Widerspruch zu den Prozeßhandlungen der Hauptpartei stehen.

Die Nebenintervenientin habe dem polnischen Frachtführer den Streit mit der Aufforderung verkündet, auf "unserer Seite" den Prozeß beizutreten. Damit könne nur die Aufforderung zum Beitritt als Nebenintervenient auf Seite der Beklagten als Hauptpartei gemeint sein, weil eine Nebenintervention für einen Nebenintervenienten im Gesetz nicht vorgesehen sei. Nach dem Wortlaut und dem Sinn der Bestimmungen der §§ 17 und 21 ZPO sei die Streitverkündung, also die Benachrichtigung eines Dritten von einem anhängigen Prozeß, durch den Nebenintervenienten, verbunden mit der Aufforderung, der Hauptpartei als (weiterer) Nebenintervenient beizutreten, jedenfalls nicht unzulässig.

Der dagegen von der Klägerin erhobene Revisionsrekurs ist, soweit er sich gegen den Ausspruch richtet, daß die Streitverkündung der Nebenintervenientin für zulässig erklärt wird, nicht berechtigt, im übrigen unzulässig gemäß § 87 Abs 2 ZPO.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 18 Abs 3 ZPO muß der Intervenient dem Hauptverfahren zugezogen werden und können seine Prozeßhandlungen nicht ausgeschlossen werden, solange dem Zurückweisungsantrag nicht rechtskräftig stattgegeben ist. Daß das Gesetz die Nebenintervention nur auf seiten einer Prozeßpartei zuläßt, hat das Rekursgericht zutreffend erkannt. Auch seine Auffassung, daß in der Streitverkündigung der Nebenintervenientin (auch) die Aufforderung an den Streitverkündeten enthalten ist, der Beklagten als Nebenintervenientin beizutreten, ist nicht zu beanstanden. Die Berechtigung des Nebenintervenienten zur Unterstützung der Partei, der er beigetreten ist, einem Dritten den Streit zu verkünden, ergibt sich aus § 19 Abs 1 ZPO, wonach der Nebenintervenient - neben bestimmten aufgezählten Prozeßhandlungen - "alle sonstigen Prozeßhandlungen" vornehmen kann. Die Streitverkündung aber ist als förmliche Benachrichtigung eines Dritten von einem Rechtsstreit eine Prozeßhandlung. Berechtigt dazu ist nicht nur eine Partei des Rechtsstreites, sondern auch eine andere Person, die ein rechtliches Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreites hat (Fasching II 238f). Das Gericht hat dem die Streitverkündigung enthaltenden Schriftsatz zwar nur auf Einhaltung der Formvorschriften zu prüfen, im übrigen aber den Schriftsatz ohne weiteren Beschluß dem Adressaten zuzustellen (§ 25 ZPO; Fasching aaO 235; SZ 37/130; JBl 1984, 265). Die in SZ 37/130 ausgesprochenen Ansicht, wonach der Revisionsrekurs (absolut) unzulässig ist, wenn das Erstgericht den Antrag auf Zustellung der Streitverkündigung zurückgewiesen, das Rekursgericht aber die Zustellung aufgetragen hat, entspricht nicht mehr der geltenden Rechtslage. Die Anfechtung einer solchen Zustellung ist seit der Neufassung des § 87 ZPO durch das ZustRÄG nur mit abgesondertem Rekurs unzulässig (§ 87 Abs 2 ZPO). In dem hier besprochenen Umfang geht es jedoch nicht um die Anordnung der Zustellung der Streitverkündigung, sondern um die Entscheidung, ob der Nebenintervenient berechtigt ist, zur Unterstützung der Hauptpartei einem Dritten den Streit zu verkünden.

Zufolge der Verbindung zweier unterschiedlich anfechtbarer Entscheidungen durch das Rekursgericht kann auch das Rechtsmittel gegen den bloß abgesondert anfechtbaren Teil, nämlich die Anordnung der Zustellung der Streitverkündung ausgeführt werden (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 515). Der Revisionsrekurs ist aber auch in diesem Umfang nicht berechtigt, weil sich das Verfahren über eine Streitverkündung in der ungeprüften Zustellung derselben an den Adressaten erschöpft (Kodek aaO Rz 2 zu § 21 ZPO). Ob der Streitverkündete ein rechtliches Interesse für einen Beitritt als Nebenintervenient hat, ist erst nach erfolgtem Beitritt auf Grund eines Zurückweisungsantrages zu beurteilen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.