JudikaturJustiz7Ob130/04z

7Ob130/04z – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelm H*****, vertreten durch Dr. Herbert Orlich, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck und Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 12.961,93 sA, über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2004, GZ 3 R 167/03f 13, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 9. Juli 2003, GZ 25 Cg 4/03h 9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit EUR 749,70 (darin enthalten EUR 124,95 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger stürzte am 1. 3. 2000 beim Schifahren und zog sich ein Prellung der linken Schulter zu. Er war bei der Beklagten unfallversichert. Dem betreffenden Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 1994 für den Kompaktunfallschutz (AUVB 1994 K) zugrunde, deren Art 15 lautet:

1. Im Fall von Meinungsverschiedenheiten über Art und Umfang der Unfallfolgen oder darüber, in welchem Umfang die eingetretene Beeinträchtigung auf den Versicherungsfall zurückzuführen ist, ferner über die Beeinflussung der Unfallfolgen durch Krankheiten oder Gebrechen sowie im Falle des Art 7, Pkt. 6, entscheidet die Ärztekommission.

2. In den nach Pkt. 1 der Ärztekommission zur Entscheidung vorbehaltenen Meinungsverschiedenheiten kann der Versicherungsnehmer innerhalb von 6 Monaten nach Zugang der Erklärung des Versicherers gemäß Art 14, Pkt. 1 unter Bekanntgabe seiner Forderung Widerspruch erheben und die Entscheidung der Ärztekommission beantragen.

3. Das Recht, die Entscheidung der Ärztekommission zu beantragen, steht auch dem Versicherer zu.

4. Für die Ärztekommission bestimmen Versicherer und Versicherungsnehmer je einen in der österreichischen Ärzteliste eingetragenen Arzt. Wenn ein Vertragsteil innerhalb zweier Wochen nach schriftlicher Aufforderung keinen Arzt benennt, wird dieser von der für den Wohnsitz des Versicherten zuständigen Ärztekammer bestellt. Die beiden Ärzte bestellen einvernehmlich vor Beginn ihrer Tätigkeit einen weiteren Arzt als Obmann, der für den Fall, dass sie sich nicht oder nur zum Teil einigen sollten, im Rahmen der durch die Gutachten der beiden Ärzte gegebenen Grenzen entscheidet.

Einigen sich die beiden Ärzte über die Person des Obmannes nicht, wird ein für den Versicherungsfall zuständiger medizinischer Sachverständiger durch die für den Wohnsitz des Versicherten zuständige Ärztekammer als Obmann bestellt.

5. Der Versicherer ist verpflichtet, sich von den Ärzten der Kommission untersuchen zu lassen und sich jenen Maßnahmen zu unterziehen, die diese Kommission für notwendig hält.

6. Die Ärztekommission hat über ihre Tätigkeit ein Protokoll zu führen; in diesem ist die Entscheidung schriftlich zu begründen. Bei Nichteinigung hat jeder Arzt seine Auffassung im Protokoll gesondert niederzulegen. Ist eine Enscheidung durch den Obmann erforderlich, legt auch er sie mit Begründung in einem Protokoll nieder. Die Akten des Verfahrens werden vom Versicherer verwahrt.

7. Die Kosten der Ärztekommission werden von ihr festgesetzt und sind im Verhältnis des Obsiegens vom Versicherer und Versicherungsnehmer zu tragen. Im Falle des Art 7, Pkt. 6 trägt die Kosten, wer die Neufeststellung verlangt hat. Der Anteil der Kosten, die der Versicherungsnehmer zu tragen hat, ist mit 10 % der für Tod und Invalidität zusammen versicherten Summe, höchstens jedoch mit 25 % des strittigen Betrages begrenzt.

Mit Schreiben vom 24. 7. 2000 erstattete der Kläger der Beklagten über seinen Sturz am 1. 3. 2000 eine Schadensmeldung. Die Beklagte holte daraufhin ein unfallchirurgisch fachärztliches Gutachten ein. Der Gutachter Univ. Doz. Dr. Ernst S***** kam in diesem Gutachten vom 7. 1. 2002 zum Schluss, dass sich "eine Verletzungsfolge nicht objektivieren" lasse und "sämtliche Problemstellungen ausschließlich auf degenerativ bedingte Veränderungen zurückzuführen" seien. Unter Hinweis auf dieses, in Kopie beigelegte Gutachten lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 23. 1. 2002 daher eine Zahlung aus dem Schadensfall vom 1. 3. 2000 ab. Hierauf begehrte der Kläger mit Schreiben vom 13. 6. 2002 eine Entscheidung der Ärztekommission im Sinne des Art 15 der Versicherungsbedingungen. Gemäß Z 4 dieses Artikels nominierte er am 26. 6. 2002 den ihn behandelnden Arzt Dr. Bernhard G*****, während die Beklagte ihrerseits Univ. Doz. Dr. S***** in die Ärztekommission bestellte. Unstrittig ist, dass das Gutachten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz nicht erstattet worden ist.

Am 21. 1. 2003 brachte der Kläger die gegenständliche Klage beim Erstgericht ein, mit der er von der Beklagten auf Grund des Vorfalles vom 1. 3. 2000 eine Versicherungsleistung von EUR 12.961,93 (sA) begehrt. Der Betrag sei spätestens am 1. 2. 2001 fällig gewesen. Mehr als ein halbes Jahr nachdem er gemäß Art 15 AUVB 1994 K die Entscheidung der Ärztekommission begehrt habe, sei noch "überhaupt nichts geschehen", sodass nun das Gericht über seine Ansprüche zu entscheiden habe.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der Anspruch des Klägers sei im Hinblick auf das Nichtvorliegen einer gutachterlichen Stellungnahme der Ärztekommission nicht fällig. Der Kläger habe die Verzögerung bei der Schadensfeststellung selbst zu vertreten, weil der von ihm in die Ärztekommission gewählte Facharzt für Orthopädie Dr. Bernhard G***** eine zweckdienliche Mitarbeit verweigere. In Absprache mit Univ. Doz. Dr. S***** hätte der Genannte ein schriftliches Vorgutachten erstellen sollen, aber trotz mehrmaliger Urgenz nicht erstattet.

Die Parteien stellten außer Streit, dass die Ärztekommission bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz am 6. 6. 2003 nicht entschieden hatte.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte noch fest:

Univ. Doz. Dr. Ernst S***** urgierte bei Dr. Bernhard G***** die Erstellung eines schriftlichen Gutachtens mit Schreiben vom 16. 8. 2002, vom 9. 11. 2002 und 17. 2. 2003. Dr. G***** erstattete am 3. 3. 2003 ein Gutachten und übermittelte dieses an Univ. Doz. Dr. S*****. Es kann nicht festgestellt werden, dass die beklagte Partei in irgendeiner Art und Weise das Verfahren nach Art 15 der AUVB 1994 K behindert.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, wenn Umfang und Art einer behaupteten Unfallfolge strittig seien, so sei zwingend die Ärztekommission anzurufen, deren Zweck es sei, unter vorläufiger Vermeidung eines Prozesses kostensparend Klarheit auf medizinischer Seite herbeizuführen. Vor dem Abschluss oder dem endgültigen Scheitern des Ärztekommissionsverfahrens seien daher Ansprüche des Versicherungsnehmers nicht fällig. Selbst wenn die Rechtsansicht des Klägers, der Ärztekommission sei zuzumuten, binnen 6 Monaten zu entscheiden, richtig sein sollte, wäre für den Kläger nichts gewonnen. Entgegen dessen Ansicht wäre eine Säumnis der Ärztekommission nämlich nicht der Beklagten zuzurechnen, die auf den Gang des Verfahrens der Ärztekommission ebenso wenig oder viel Einfluss habe wie der Kläger. Dass die Beklagte den Gang dieses Verfahrens verzögere, habe nicht festgestellt werden können. Der Kläger sei ein Vorbringen darüber schuldig geblieben, welches konkrete Tun und/oder Unterlassen er der Beklagten überhaupt vorwerfe.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz, wobei es aussprach, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht führte im Wesentlichen aus, die Parteien hätten - was nun nicht mehr obligatorisch, sondern fakultativ möglich sei - über rechtzeitigen Antrag des Klägers ein Ärztekommissionsverfahren vereinbart. Sie hätten sich also in das Schiedsgutachterverfahren eingelassen, von dem der Kläger nun, ohne dass das Verfahren endgültig gescheitert wäre, nicht einseitig abgehen könne. Das Argument des Klägers, es könne dem Versicherungsnehmer nicht zugemutet werden, endlos auf eine Entscheidung der Ärztekommission zu warten, sei zutreffend und verständlich. Nach den §§ 64, 184 VersVG erfolge die Feststellung ua dann durch Urteil, wenn die Sachverständigen die Feststellung nicht treffen könnten oder wollten oder sie verzögerten. In der Lehre werde vertreten, dass jeder Vertragsteil, der selbst diese Umstände zu vertreten habe bzw herbeiführe (etwa durch mangelnde Mitwirkung), mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfolgreich den Rechtsweg beschreiten könne. Für das Ausbleiben oder die Verzögerung sei derjenige beweispflichtig, der vor Beendigung des Schiedsgutachterverfahrens den Rechtsweg beschreite. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass der vom Kläger benannte Facharzt Dr. G***** sein Gutachten bis 3. 3. 2003 nicht erstattet habe. Ob die Gründe dafür in der Sphäre des Genannten lägen oder dem Kläger (etwa mangels Mitwirkung) anzulasten seien, könne mangels darauf abzielender Behauptungen nicht beurteilt werden. Der Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, am Verfahren nicht mitzuwirken bzw dessen Beendigung zu verhindern. Nach dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen erscheine es nicht ausgeschlossen, bei Säumnis eines Mitgliedes der Ärztekommission mit Umbestellung bzw Neubestellung durch die Ärztekammer vorzugehen. Beide Parteien hätten vorgebracht, dass sie mit einer Umbestellung einverstanden gewesen wären. Diese Möglichkeit habe der Kläger nicht in Anspruch genommen, es sei auch keine Frist vereinbart oder nachträglich gesetzt worden, deren Überschreitung eine verlässliche Beurteilung der "Verzögerung" ermöglichen würde. Bedenke man, dass auch in Gerichtsverfahren die Einholung von Sachverständigengutachten je nach Lage des Einzelfalles unterschiedlich lange und längere Zeiträume in Anspruch nehme und bei Entscheidungen der Ärztekommission mehrere Personen an der Entscheidungsfindung bzw Gutachtenerstattung mitwirkten, erscheine die Festsetzung einer starren Grenze von 6 Monaten, wie sie der Kläger anstrebe, nicht entsprechend. Lege man keine starre Frist fest und sei auch keine vereinbart worden, verbleibe es dabei, dass der ordentliche Rechtsweg nur dann beschritten werden könne, wenn das Schiedsgutachterverfahren beendet wurde, endgültig scheitere oder eine ungebührliche Verzögerung eintrete, die dem Scheitern gleichgestellt werden könne. Eine maßgebliche Verzögerung liege nur bei einer über den normalen Zeitraum weit hinausgehenden Verschleppung der Gutachtenserstattung vor, wobei ein Jahr die äußerste Grenze sei. Davon könne hier keine Rede sein, weil Dr. G***** am 3. 3. 2003 ein Gutachten an Univ. Doz. Dr. S***** übermittelt habe. Da auch diesem und dem Obmann ein gewisser Zeitraum für die Ausarbeitung dieser Stellungnahmen einzuräumen sei, der bis zum Schluss der Streitverhandlung am 6. 6. 2003 keinesfalls überschritten worden sei, könne von einem Scheitern bzw einer einem solchen gleichzusetzenden Verzögerung der Tätigkeit der Ärztekommission nicht ausgegangen werden.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen gewesen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Einbringung einer Leistungsklage bei Säumigkeit eines Schiedsgutachters im Anwendungsbereich des § 184 VersVG zulässig sei, nicht vorliege.

Gegen das Urteil der zweiten Instanz richtet sich die Revision des Klägers, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die bekämpfte Entscheidung, allenfalls auch das Ersturteil, aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht bzw das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, das Rechtsmittel des Klägers zurückzuweisen, in eventu ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Die im Falle von zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer bestehenden Meinungsverschiedenheiten ua - wie hier - über die Kausalität des Unfalles für die eingetretenen Beschwerden von Art 15 AUVB 1994 K fakultativ zu Gunsten beider Parteien vorgesehene Einrichtung einer Ärztekommission (vgl 7 Ob 56/02i zur wortgleichen Bestimmung des Art 15 AUVB 1989/SS 300) stellt einen Schiedsgutachtervertrag iSd § 184 Abs 1 VersVG (vgl § 64 Abs 1 VersVG) dar, dem zwar keine prozesshindernde Wirkung zukommt, der aber bewirkt, dass der Anspruch des Versicherungsnehmers in materiellrechtlicher Hinsicht grundsätzlich nicht fällig ist, solange das Ärztekommissionsverfahren nicht durchgeführt wurde (SZ 62/167; VR 1993/317; 7 Ob 164/98p, VersR 2000, 82 ua; RIS Justiz RS0081371 und RS0082250). Nach § 11 VersVG sind Geldleistungen des Versicherers erst mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles nötigen Erhebungen fällig, wozu auch die Entscheidung im Ärztekommissionsverfahren gehört, sodass erst nach Vorlage des Gutachtens der Anspruch fällig wird (Römer in Römer/Landheid, VVG2 § 64 Rn 27 mwN). Bestreitet der Versicherer den Anspruch dem Grunde nach, ist allerdings, so lange ein Sachverständigenverfahren (hier ein Ärztekommissionsverfahren) noch nicht stattgefunden hat, eine Feststellungsklage zulässig (7 Ob 40, 41/89; 7 Ob 163/03a; RIS Justiz RS0038854).

§ 184 Abs 1 VersVG bestimmt, dass eine von der Ärztekommission getroffene Feststellung nicht verbindlich ist, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. In diesem Fall erfolgt die Feststellung durch Urteil. Eine Ausnahme hievon gilt nach § 184 Abs 1 letzter Satz VersVG nur dann, wenn die Sachverständigen das Gutachten nicht erstatten können oder wollen oder es verzögern. Im Falle der Verzögerung ist demnach - so wie bei Abschluss des Ärztekommissionsverfahrens - Fälligkeit der Versicherungsleistung gegeben.

Entsprechend der Grundregel, dass jeder, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die rechtsbegründenden Tatsachen beweisen muss (Fasching, LB2 Rz 882), hat ein Versicherungsnehmer, der eine Versicherungsleistung trotz noch nicht abgeschlossenem Sachverständigenverfahren mit der Behauptung beansprucht, zufolge Verzögerung sei der Anspruch fällig, eine Verzögerung iSd § 184 Abs 1 letzter Satz VersVG zu beweisen.

Von Voit (in Prölss/Martin VVG26 § 64 Rn 65) und Beckmann (in BK § 64 VVG Rn 49) wird zur - wie bereits betont - ganz vergleichbaren Bestimmung des § 64 Abs 1 VVG die Ansicht vertreten, eine Verzögerung sei erst dann anzunehmen, wenn der für die Feststellung normalerweise erforderliche Zeitraum deutlich überschritten werde und eine Abmahnung des Sachverständigen erfolgt sei. Dieser Rechtsmeinung ist beizutreten. An das Vorliegen einer Verzögerung im Sinne der genannten Bestimmungen sind strenge Voraussetzungen zu stellen, da andernfalls der mit der Bestellung der Ärztekommission verfolgte Zweck, hinsichtlich der betreffenden Tatsachenfeststellungen ein Gerichtsverfahren zu vermeiden, in Frage gestellt würde (vgl BGH NJW 1990, 1231 [1232] zur ähnlichen Bestimmung des § 319 dBGB).

Welcher Zeitraum für eine Gutachtenserstellung normalerweise erforderlich ist, hängt selbstverständlich von den Umständen des Einzelfalles ab, weshalb allgemein gültige ziffernmäßige Aussagen über die objektiv vertretbare Dauer der Gutachtenserstellung nicht getroffen werden können. Ein Verschulden des oder der betreffenden Sachverständigen ist nicht erforderlich (Voit aaO). Es genügt objektiver Verzug, worunter eine über den für eine entsprechende Gutachtenserstattung normalerweise benötigten Zeitraum weit hinausgehende Verspätung der Gutachtenserstattung zu verstehen ist (vgl Garger, Das Sachverständigenverfahren im Versicherungsvertragsrecht, 31). Entgegen der vom Kläger in der Revision vertretenen Auffassung ist nicht entscheidend, welche der Parteien den säumigen Sachverständigen nominiert hat. Allerdings wird sich ein Versicherungsnehmer oder Versicherer nicht auf eine Verzögerung berufen können, die er selbst bewirkt und daher zu vertreten hat. Ein Versicherungsnehmer, der etwa selbst seiner Mitwirkungspflicht bei der Gutachtenserstattung nicht nachgekommen ist, könnte daher nicht Verzögerung im Sinne der §§ 184 und 64 VersVG reklamieren, da er es sonst in der Hand hätte, ein von den Parteien vereinbartes Ärztekommisionsverfahren zu hintertreiben (vgl Garger, Das Schiedsgutachtenrecht, 242, der zutreffend meint, falls die Vorlage des Schiedsgutachtens an Umständen in der Sphäre des Klägers scheitere, etwa weil dieser den Schiedsgutachtenvertrag mit oder ohne Verschulden missachte, Unterlagen nicht zur Verfügung stelle oder sonst die notwendige Unterstützung verweigere, lägen die Voraussetzungen der §§ 64 Abs 2 und 184 Abs 1 VersVG gerade nicht vor und eine Klage sei verfrüht).

Es erscheint auch aus ökonomischen Gründen (um frustrierte Aufwendungen zu vermeiden) - sachgemäß, von einem Versicherungsnehmer oder Versicherer, der eine Verzögerung des Ärztekommissionsverfahrens geltend machen will, eine vorhergehende Mahnung des oder der säumigen Sachverständigen zu verlangen (sofern nicht eine solche bereits durch den anderen Vertragsteil erfolgt ist). Schon deshalb kann sich aber ein Versicherungsnehmer nicht - wie dies der Revisionswerber aber für sich in Anspruch nehmen will - einfach passiv verhalten, sondern hat sich entsprechend über den Fortgang des Verfahrens zu informieren.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger (der gar nicht behauptet hat, die Sachverständigen wollten oder könnten die Feststellung über die Unfallskausalität nicht treffen) zur behaupteten Verzögerung lediglich vorgebracht, er habe schon am 13. 6. 2002 die Entscheidung der Ärztekommission begehrt, diese habe aber - nach mehr als 10 Monaten - noch nicht entschieden. Umstände, welche die Beurteilung erlaubten, dass der für eine entsprechende Gutachtenserstattung normalerweise erforderliche Zeitraum damit erheblich überschritten wäre, hat der Kläger ebensowenig behauptet, geschweige denn unter Beweis gestellt, wie den Umstand, dass er ein entsprechendes Gutachten von einem der beiden von den Parteien nominierten Sachverständigen oder auch vom (nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes offenbar schon bestellten) Obmann eingemahnt hätte.

Demnach hat das Berufungsgericht den vom Kläger zu fordernden Beweis einer Verzögerung des gegenständlichen Ärztekommissionsverfahrens iSd § 184 Abs 1 letzter Satz VersVG ohne Rechtsirrtum als nicht erbracht erachtet und ebenso rechtsrichtig daher die Fälligkeit des klagsgegenständlichen Anspruches verneint. Die Revision muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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