JudikaturJustiz7Ob120/12s

7Ob120/12s – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. Dezember 2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. G***** W*****, vertreten durch Mag a . Alexandra Ehrenhöfer, Rechtsanwältin in Wiener Neustadt, gegen die beklagten Parteien 1. B***** W*****, vertreten durch Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwältin in Salzburg, 2. E***** H*****, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 33.068,24 EUR und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Jänner 2012, GZ 16 R 229/11f 57, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Im Zulassungsantrag der gegen die Bestätigung der Abweisung des Leistungs- und Feststellungsbegehrens hinsichtlich der Erstbeklagten erhobenen außerordentlichen Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsgericht sei von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach eine Leistungsklage „auch immer implizit“ das Begehren auf Feststellung enthalte, dass die Beklagte zur Erbringung der betreffenden Leistung verpflichtet sei, abgewichen; die Bindungswirkung sei hinsichtlich der von den Beklagten vorgelegten Vergleichsschriften [zum gefälschten Testament] zu Recht verneint worden und könne nach der zitierten Rechtsprechung nicht davon abhängig sein, ob auf Leistung oder auf Feststellung [der Haftung der Beklagten für die näher bezeichneten Schäden] geklagt werde.

Rechtliche Beurteilung

Ein Abgehen von der ständigen Rechtsprechung, wonach ein Leistungsbegehren regelmäßig auch das Begehren auf Feststellung der zugrunde liegenden Leistungspflicht beinhaltet (RIS-Justiz RS0039172 [T1]), ist jedoch nicht zu erkennen. Da eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) auch sonst nicht aufgezeigt wird, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Soweit der Kläger seinen Schadenersatzanspruch auf die Vorlage des gefälschten Testaments stützte, zieht das Rechtsmittel zu Recht nicht mehr in Zweifel, dass sich die Bindungswirkung der im Vorprozess zwischen den Streitteilen rechtskräftig entschiedenen Frage der Echtheit des Testaments auch auf das vorliegende Verfahren erstreckt und ein Schadenersatzanspruch nicht erfolgreich aus der Vorlage des somit als echt zu behandelnden Testaments abzuleiten ist.

Der Kläger hat sowohl das Leistungs- als auch das Feststellungsbegehren jeweils nicht nur auf die Vorlage des gefälschten Testaments, sondern auch auf die Vorlage gefälschter Vergleichsschriften gestützt. Das Berufungsgericht hat die vom Erstgericht angenommene Bindungswirkung der festgestellten Echtheit des Testaments auch für die Frage der Echtheit der Vergleichsschriften ohnehin verneint und ist damit der Rechtsprechung gefolgt:

Nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und nach der Lehre sind nämlich materiell rechtliche Nahebeziehungen über die echte Präjudizialität hinaus allein kein hinreichender Grund für eine Erweiterung der Rechtskraftwirkungen; weshalb die Bindungswirkung der Rechtskraft nicht auf „bestimmte Sinnzusammenhänge zwischen den Feststellungen zum Gegenstand des Vorprozesses“ oder auf „im Sinnzusammenhang stehende Rechtsverhältnisse“ zu erstrecken ist; auch „das Gebot der Entscheidungsharmonie“ oder „das Bedürfnis der Rechtssicherheit“ sind keine Argumente dafür, die Rechtskraft eines Urteils „als Sonderfall der Präjudizialität“ über den entschiedenen Anspruch hinaus auf Vorfragen desselben zu erweitern (RIS-Justiz RS0041572 [T24] = 8 ObA 19/11v mwN).

Entgegen dem Standpunkt des Klägers wurden ihm durch das Urteil seiner Meinung nach verursachte „Schäden“ (wie etwa der Verlust des Erbes) jedenfalls nicht „rechtswidrig“ zugefügt, weil ihnen eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, mit der seine Erbenstellung implizit verneint, und die Echtheit des Testaments bejaht wurde, zugrunde lag. Wenn diese Entscheidung mit gefälschten Beweismitteln erwirkt wurde, blieb dem Kläger nur die von ihm ohnehin bereits genutzte Möglichkeit der Wiederaufnahmsklage.

Was die Kosten des Verlassenschaftskurators betrifft, fehlt dem Rechtsmittelwerber die Aktivlegitimation: Soweit sich der Kläger darauf beruft, durch Verringerung des Nachlasses sei ihm als gesetzlichem Alleinerben ein solcher Schaden entstanden, entgeht ihm nämlich zum einen, dass infolge bindend festgestellter Echtheit des Testaments nicht er gesetzlicher Alleinerbe ist, sondern die Erstbeklagte alleinige Erbin kraft Testaments; zum anderen wird übersehen, dass er sich auf seine Stellung als Pflichtteilsberechtigter gar nicht berufen hat, und dass ein allfälliger Schaden durch Kosten des Verlassenschaftskurators bis zur Einantwortung noch im ruhenden Nachlass eintrat.

Hinsichtlich des Schadenersatzanspruchs für die Kosten im Verfahren gegen den Sachverständigen des Strafverfahrens (F***** N*****) fehlen außerdem der Rechtswidrigkeitszusammenhang und die Adäquanz, weil diese Prozessführung auf dem freiem Willen des Klägers beruhte (vgl RIS-Justiz RS0029751). Im dortigen Verfahren war im Übrigen nur von Bedeutung, ob der Sachverständige die notwendige Sorgfalt bei der Gutachtenserstellung walten ließ.

Davon abgesehen fehlt dem Kläger auch das Feststellungsinteresse, weil er für sein diesbezügliches Begehren ein rechtliches Interesse hätte darlegen müssen, also einen konkreten, aktuellen Anlass, der zur Hintanhaltung einer nicht bloß vermeintlichen, sondern tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine ehebaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht (jüngst: 10 Ob 62/11g; RIS-Justiz RS0039215). Er hat hingegen sämtliche aus dem Klagevorbringen abgeleiteten Ansprüche beziffert und bereits mit Leistungsklage geltend gemacht; weitere, erst entstehende „Schäden“ aufgrund der Vorlage gefälschter Vergleichsschriften sind gar nicht denkbar, weil sie durch das (seinerzeitige) Feststellungsurteil verursacht würden, sodass ihnen wie bereits dargelegt die Rechtswidrigkeit fehlt. Auch das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung ist somit zu verneinen.

Die Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit, die im außerordentlichen Rechtsmittel geltend gemacht werden, liegen ebenfalls nicht vor.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 vorletzter Satz ZPO).

Rechtssätze
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