JudikaturJustiz6Ob316/04w

6Ob316/04w – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Februar 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Farrokh S*****, vertreten durch Gheneff Rami, Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. Peter K*****, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia, Rechtsanwalt in Kitzbühel, und 2. Dr. Horst W*****, vertreten durch Dillersberger Atzl, Rechtsanwaltsgemeinschaft in Kufstein, wegen EUR 2,239.471,50 sA über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 7. Oktober 2004, GZ 2 R 177/04b 54, womit über die Berufungen aller Parteien das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 3. Mai 2004, GZ 15 Cg 70/02z 39, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die außerordentlichen Revisionen des Klägers und des Zweitbeklagten sind mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur außerordentlichen Revision des Klägers:

Bei der Rückabwicklung eines nichtigen oder aus anderen Gründen aufgehobenen Rechtsgeschäfts sind unter der Annahme einer beiderseitigen Äquivalenz der Leistungen und redlicher Vertragspartner nur die Hauptleistungen zurückzustellen, nicht aber die daraus gezogenen Früchte und Nutzungen. Dies gilt auch bei beiderseitiger Unredlichkeit, wie im Fall eines zur Umgehung eines gesetzlichen Verbots geschlossenen Rechtsgeschäfts (6 Ob 265/01s mwN). Nach der zitierten Entscheidung wird die Äquivalenz der Leistungen bei entgeltlichen Rechtsgeschäften vermutet. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass hier wegen der dem Kläger als Käufer bereits eingeräumten Verfügungsmacht über die Liegenschaft die erforderliche Äquivalenz zu bejahen und daher kein Teil vom anderen die Früchte bzw Zinsen verlangen kann, ist keine rechtliche Fehlbeurteilung. Darauf, ob der Käufer von der ihm eingeräumten Verwendungsmöglichkeit nützlichen Gebrauch gemacht hat, kommt es bei der Rückabwicklung nicht an.

Das Berufungsgericht hat trotz der vom Erstbeklagten unterschriebenen Bestätigung über den Erhalt von 7,000.000 S die Negativfeststellung des Erstgerichts bestätigt, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Kläger einen Kaufpreisteil in dieser Höhe dem Erstbeklagten bezahlt hat. Die Rechtsausführungen des Berufungsgerichts zur Bedenklichkeit der Urkunde (§ 296 ZPO) und die dann gebotene freie Beweiswürdigung der Urkunde ohne Bindung an die Beweisregel des § 294 ZPO sind zu billigen. Dass das gegen den Kläger wegen Herstellung einer falschen Urkunde (§ 223 StGB) geführte Strafverfahren eingestellt wurde, hat im Zivilprozess keine Bindungswirkung und ist höchstens auf die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen von Einfluss. Vor dem Obersten Gerichtshof, der nur Rechtsinstanz ist, kann die Beweiswürdigung nicht weiter angefochten werden.

II. Zur außerordentlichen Revision des Zweitbeklagten:

Der Zweitbeklagte wurde im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur zur Rückzahlung des vom Kläger bezahlten Anwaltshonorars verpflichtet. Rechtsanwälte, die ihre Klienten in Ansehung des österreichischen Grundverkehrsrechts zum Abschluss von unerlaubten Umgehungsgeschäften raten oder an deren Zustandekommen, etwa durch Verfassung von Verträgen, Vertragsentwürfen, sonstigen Urkunden ua teilnehmen, wirken am Umgehungsgeschäft mit und haben keinen Entgeltanspruch für die dabei erbrachten Leistungen, da ein verbotenes, weil gesetzwidriges Geschäft nicht Inhalt eines gültigen Bevollmächtigungsvertrages sein kann (SZ 64/56; RIS Justiz RS0038780). Ob der Klageanspruch ausschließlich auf Schadenersatzrecht oder aber auch auf Bereicherungsrecht gestützt wurde, ist nach dem gesamten Klagevorbringen, also nach den Umständen des Einzelfalls, zu beurteilen. Wenn das Berufungsgericht hier das Parteivorbringen des Klägers dahin bewertet, dass er einen Sachverhalt so ausreichend dargestellt hat, dass darin auch die Geltendmachung von bereicherungsrechtlichen Ansprüchen liegt, ist dies im Rahmen der Beurteilung eines außerordentlichen Rechtsmittels nicht zu beanstanden.

Nach den Feststellungen haben die Parteien der Kläger an einer nichtigen Gesamtkonstruktion zur Umgehung grundverkehrsrechtlicher Bestimmungen mitgewirkt. Die Verschaffung einer eigentümerähnlichen Position sollte durch Aufspaltung der 30.048 m2 großen Grundfläche in einen kleineren Teil, der in Bauland umgewidmet werden sollte und in einen größeren Teil, den der Kläger pachten sollte, erreicht werden, um so den einem Eigentumserwerb entgegenstehenden Umständen (der Kläger ist Ausländer und Nichtlandwirt) zu begegnen. Bei den in der Praxis häufig vorkommenden Umgehungsmodellen von Miet , Pacht- und Leasingverträgen oder Gesellschaftskonstruktionen werden in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung Vertragsketten als Einheit aufgefasst, die in ihrer Gesamtheit als nichtig beurteilt werden (3 Ob 253/99y; 6 Ob 39/03h), sodass es entgegen den Revisionsausführungen hier nicht entscheidend darauf ankommt, dass der festgestellte Pachtvertrag, über den Willenseinigung herrschte, vom Kläger nicht mehr gefertigt worden war und dass gegen den Kläger kein Verwaltungsstrafbescheid wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tiroler Grundverkehrsrecht erlassen wurde. Von der Bindung des Zivilgerichts an einen Verwaltungsbescheid kann hier keine Rede sein.

Die Vorinstanzen sind vielmehr zutreffend von Umgehungsgeschäften ausgegangen, die der Rechtsnorm unterliegen, die auf das Rechtsgeschäft anzuwenden sind, das die Parteien wirklich beabsichtigten (1 Ob 84/97b mwN). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, basierend auf Feststellung, dass die Parteien hier den Kauf der Gesamtliegenschaft mit einer sofortigen Einräumung der vollen Verfügungsmöglichkeiten beabsichtigten und dass eine solche Einräumung auch erfolgte, stellt keine aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung dar.

Mit den Revisionsausführungen, dass hier nicht die Bestimmungen des TGVG 1996 oder des TGVG 1993 sondern diejenigen des TGVG 1983 anzuwenden seien, ist für den Standpunkt des Zweitbeklagten nichts zu gewinnen, weil auch nach dem TGVG 1983 in Tirol der Grunderwerb von Ausländern nur in Ausnahmefällen erlaubt und der Grunderwerb landwirtschaftlich genutzter Flächen durch Nichtlandwirte nicht genehmigungsfähig war. Da dies einem Eigentumserwerb des Klägers jedenfalls entgegenstand kommt es auf die vom Revisionswerber auch für Drittstaatsangehörige behauptete Freiheit des Kapitalverkehrs nicht an.

Der Rückforderung des bezahlten Anwaltshonorars steht hier die Bestimmung des § 1432 ABGB nicht entgegen. Nach dieser Gesetzesstelle ist nur die wissentliche Zahlung einer Nichtschuld ausgeschlossen. Ein solches Wissen des Klägers wurde nicht festgestellt, sondern höchstens sein Bewusstsein, dass der geplante Eigentumserwerb mit den vom Zweitbeklagten angeregten Umgehungsgeschäften nicht realisiert werden könne. Von einem Anerkenntnis im Sinne der wissentlichen Zahlung einer Nichtschuld könnte nur dann ausgegangen werden, wenn dem Kläger die Nichtigkeit der Umgehungsgeschäfte und der aus diesem Grund fehlende Honoraranspruch des Rechtsanwalts im Sinne der Entscheidung SZ 64/56 bewusst gewesen wäre und er dennoch einen Honorarvergleich abgeschlossen und bezahlt hätte. Ein solcher Sachverhalt wurde aber nicht festgestellt.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtssätze
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