JudikaturJustiz6Ob219/14w

6Ob219/14w – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Januar 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. G. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der T*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Hans-Peter Pflügl, Rechtsanwalt in Herzogenburg, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der bestellten neuen Sachwalterin Mag. Dr. S*****, vertreten durch Urbanek Rudolph, Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 3. Juli 2014, GZ 23 R 243/14 66, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ob die im Einzelfall vorgetragenen Argumente eines Rechtsanwalts, die seiner Ansicht nach die Übernahme der konkreten Sachwalterschaft unzumutbar machen, gerechtfertigt sind, wirft grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage nach § 62 Abs 1 AußStrG auf (RIS Justiz RS0123440 [T9]).

Nur eine konkrete individuelle und extreme berufliche Belastung führt zur Unzumutbarkeit iSd § 274 Abs 2 ABGB (RIS Justiz RS0123440 [T6]).

Der Oberste Gerichtshof sieht keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität von § 274 Abs 2 und § 279 Abs 3 ABGB (RIS Justiz RS0123296). Die Rechtsprechung hat bereits die Vorgängerbestimmungen des § 274 ABGB idF SWRÄG 2006 für verfassungskonform erachtet. Die besonderen Vorschriften für die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Sachwalter verstoßen weder gegen Art 4 MRK noch gegen den Gleichheitssatz (RIS Justiz RS0048950 [T3]).

Nach § 274 Abs 2 ABGB sind im Rahmen der familiären Verhältnisse eigene minderjährige Kinder des Rechtsanwalts für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Übertragung einer Sachwalterschaft zu berücksichtigen. Eine (numerische) „Anrechnung“ von Obsorgepflichten für eigene minderjährige Kinder für die Zahl der zumutbaren Sachwalterschaften nach dem letzten Satz der zitierten Bestimmung ist dem Gesetz aber fremd.

In der jüngst ergangenen Entscheidung 10 Ob 72/14g schloss sich der Oberste Gerichtshof der in der Lehre ( Weitzenböck in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 282 Rz 5; Barth/Granner , Handbuch des Sachwalterrechts 2 87;

Hopf in KBB 4 § 282 Rz 1) vertretenen Auffassung an, dass der in § 282 ABGB vorgesehene monatliche persönliche Kontakt des Sachwalters eine Richtschnur darstellt und der Sachwalter im Einzelfall die Erledigung einzelner Aufgaben an Mitarbeiter delegieren kann.

Im Licht dieser Rechtsprechung ist die Beurteilung des Rekursgerichts, der (nicht allein erziehenden) Revisionsrekurswerberin (Rechtsanwältin) sei bei der Obsorge für drei eigene unmündige Kinder und bei bisher zwei Sachwalterschaften die gegenständliche dritte zumutbar, noch keine Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.

Rechtssätze
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