JudikaturJustiz5Ob73/93

5Ob73/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Juli 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Ilse Huber als weitere Richter in der Urkundeneinreihungssache wegen der Einreihung der Abschrift des Pfändungsprotokolles vom 1. Juli 1992 in der Exekutionssache der betreibenden Partei Peter S*****, vertreten durch Dr.Michael Gnesda, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Elisabeth R*****, wegen S 430.807,92 sA, AZ E 3547/92 des Bezirksgerichtes Eisenstadt, infolge Revisionsrekurses des Peter S***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 17.November 1992, AZ R 146/92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 6.August 1992, AZ Uh 9/92, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Einreihung der Abschrift des Pfändungsprotokolles des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 1.Juli 1992, AZ E 3547/92, in die Sammlung der gerichtlich hinterlegten und eingereihten Urkunden bewilligt wird.

Das Erstgericht hat die entsprechenden Veranlassungen vorzunehmen.

Text

Begründung:

Die Eigentümer verpachteten ihr Grundstück am 1.Jänner 1966 für 25 Jahre an die Ehegatten Friedrich und Stefanie M*****, die auf dem Pachtgrundstück ein Wohnhaus "in der Rechtsform eines Superädifikates" errichteten. Mit einer Zusatzvereinbarung wurde die Pachtdauer im Jahr 1977 bis zum 31.Dezember 2015 verlängert. Eine bücherliche Eintragung oder die Einreihung einer Urkunde fanden nicht statt.

Am 1.Juli 1991 verkaufte der Rechtsnachfolger der inzwischen verstorbenen Pächter Johann S***** das Bauwerk auf fremdem Grund an Elisabeth R***** und übergab ihr das Bauwerk. Die Hinterlegung der Kaufvertragsurkunde unterblieb.

Johann S***** erwirkte zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Forderung von S 169.464,17 sA wider die Verpflichtete Elisabeth R***** die Bewilligung der Fahrnis- und der Forderungsexekution. Am 29. April 1992 erfolgte zu E 1935/92 des Bezirksgerichtes Neusiedl am See die Pfändung des Bauwerks auf fremdem Grund. Das Erstgericht bewilligte am 8.Mai 1992 zu Uh 6/92 die Einreihung der Abschrift des Pfändungsprotokolles E 1935/92-4 in die Samnmlung der hinterlegten Urkunden.

Dem Rechtsmittelwerber wurde auf Grund des Versäumungsurteiles des Landesgerichtes Eisenstadt vom 2.Oktober 1991, GZ 3 Cg 169/91-4, zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Geldforderung von S 430.807,92 sA die Pfändung des der Verpflichteten Elisabeth R***** gegen den Drittschuldner Johann S***** auf Grund des Kaufvertrages vom 1.Juli 1991 zustehenden Anspruches auf Übereignung des auf dem Grundstück errichteten Bauwerks auf fremdem Grund und Überweisung der gepfändeten Forderung und sodann mit Beschluß vom 26.Mai 1992 die Fahrnispfändung bewilligt. Im Zuge dieses zu E 3547/92 des Bezirksgerichtes Neusiedl am See geführten Exekutionsverfahrens erfolgte am 1.Juli 1992 die Anschlußpfändung des Bauwerks auf fremdem Grund.

Die Exekutionsabteilung übermittelte eine Abschrift des Pfändungsprotokolles vom 1.Juli 1992 der zuständigen Abteilung zur Einreihung in die Sammlung der gerichtlich hinterlegten und eingereihten Urkunden über das auf dem Grundstück errichtete Superädifikat.

Inzwischen hatte die Verpflichtete mit dem Kaufvertrag vom 3.Juli 1991 von der Eigentümerin auch das Grundstück erworben und am 19.Juni 1992 die Vormerkung ihres Eigentumsrechtes im Grundbuch ob der neu zu eröffnenden Einlage beantragt. Ihr Antrag auf Rechtfertigung der Vormerkung und auf Eintragung des lebenslangen unentgeltlichen Fruchtgenußrechtes wie des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten ihrer Mutter vom 7.Juli 1992 wurde vom Bezirksgericht Neusiedl am See zu TZ 4960/92 am 5.August 1992 bewilligt.

Das Erstgericht lehnte am 6.August 1992 die Einreihung des Pfändungsprotokolles zu E 3547/92 vom 1.Juli 1992 in die Sammlung der gerichtlich hinterlegten und eingereihten Urkunden ab, weil die Verpflichtete nun Eigentümerin des Bauwerks und des Grundstückes sei.

Gegen diesen Beschluß erhob der betreibende Gläubiger mit dem Ziel Rekurs, die Einreihung des Pfändungsprotokolles zu erreichen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht sah den Rekurs als nicht berechtigt an, weil eine Urkundenhinterlegung zum Erwerb des Eigentumsrechtes an dem auf dem Grundstück errichteten Bauwerk nie erfolgt sei und daher das Bauwerk rechtlich nicht existiere und nicht Gegenstand einer Pfandrechtsbegründung sein könne. Parteistellung und Rekurslegitimation stehe im Verfahren nach dem UHG neben dem Antragsteller nur Personen zu, deren verbücherungsfähige Rechte bei der Anordnung bücherlicher Eintragungen amtswegig zu berücksichtigen seien oder deren bücherliche Rechte durch die angefochtene Verfügung verletzt werden könnten. Interessen oder Rechte, die noch nicht zum Gegenstand bücherlicher Eintragungen wurden, seien vom Rechtsmittelschutz nicht erfaßt. Dem Rekurswerber komme eine Rechtsmittelbefugnis daher nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der vom betreibenden Gläubiger erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist aus folgenden Erwägungen zulässig und auch berechtigt:

Es bleibt unklar, warum das Rekursgericht, wenn es die Anfechtungsbefugnis des Rechtsmittelwerbers verneinte, den erstgerichtlichen Beschluß bestätigte. Der Rekurs einer Person, der die Rekurslegitimation fehlt, ist nicht sachlich zu behandeln sondern zurückzuweisen. Gleich ob sich das Rekursgericht nur im Ausdruck vergriffen hat oder meinte, das Fehlen der Befugnis zur Bekämpfung des die Einreihung des Pfändungsprotokolls in die Sammlung versagenden Beschlusses des Erstgerichtes führe zur Abweisung des Rekurses, ist in Wahrheit eine sachliche Behandlung des Rekurses unterblieben.

Da die Anfechtung sowohl des bestätigenden wie auch des den Rekurs zurückweisenden Beschlusses jedoch unter denselben Voraussetzungen möglich ist (§ 17 UHG, § 126 Abs 2 GBG und § 14 AußStrG), kann dies auf sich beruhen.

Bauwerke (Superädifikate) sind Gebäude, die auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt sind, daß sie nicht stets darauf bleiben sollen, sofern sie nicht Zugehör eines Baurechts sind (§ 435 ABGB). Sie werden rechtlich als bewegliche körperliche Sachen behandelt und daher auch nach den Vorschriften der §§ 249 bis 289 EO in Exekution gezogen. Die Pfändung eines Superädifikates erfolgt durch Verzeichnung in einem besonderen Pfändungsprotokoll, das in Ur- und Abschrift herzustellen ist. Die Abschrift ist nach Punkt 91 Abs 9 DV zur Urkundeneinreihung dem zuständigen Grundbuch zu übersenden (Petschek-Hämmerle-Ludwig, Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht, 163; Heller-Berger-Stix 1902; Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren**2 Rz 646; SZ 10/94; SZ 55/155; SZ 56/18 ua). Nach § 14 UHG ist eine Abschrift des Protokolls über die Pfändung eines Bauwerks auf fremdem Grund dem Grundbuchsgericht zu übersenden. Die Abschrift ist von Amts wegen in die Sammlung der gerichtlich hinterlegten oder eingereihten Bauwerksurkunden einzureihen. Diese Vorschrift dient nur der Publizität des Pfandrechtes. Auf die Wirksamkeit der Pfandrechtsbegründung hat die Einreihung keinen Einfluß; Begründung und Rang des Pfandrechtes hängen davon nicht ab (Petschek-Hämmere-Ludwig, Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht, 163; SZ 55/155).

Während der ursprüngliche Erwerb durch Errichtung des Bauwerks auch ohne Urkundenhinterlegung eintritt, ist zur Übertragung des Eigentums am Superädifikat die Urkundenhinterlegung erforderlich (Bydlinski,

Das Recht der Superädifikate, 24; Spielbüchler in Rummel, ABGB**2 Rz 1 zu § 435; SZ 17/2; SZ 26/83; MietSlg 38.030/29 ua). Ob die Pfändung des Superädifikates im Zuge des vom Rechtsmittelwerber betriebenen Exekutionsverfahrens wirksam erfolgte, ist völlig unabhängig davon zu beurteilen, ob es zur Urkundeneinreihung kommt oder nicht.

Da eine Antragstellung der betreibenden Partei auf Einreihung des Pfändungsprotokolles nicht vorgesehen ist, sind ihre Rechte amtswegig zu wahren. Das Argument des Rekursgerichtes, dem Rechtsmittelwerber stehe keine Rekurslegitimation zu, weil er in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des GBG (§ 17 UHG) weder Antragsteller noch in bücherlichen Rechten verletzt sei, versagt, weil bei der amtswegigen Anordnung bücherlicher Eintragungen auch die Rechte der Personen zu berücksichtigen sind, die dadurch berührt werden. Da der Einreihung nicht die Bedeutung zukommt, daß erst durch sie das Pfandrecht am Bauwerk auf fremdem Grund erworben würde, vielmehr allein entscheidend ist, ob die Fahrnispfändung rechtmäßig erfolgte, kommt der Einreihung der Abschrift des Pfändungsprotokolles nur die Publizitätswirkung zu. Ordnet das Gesetz ausdrücklich die amtswegige Einreihung an, so hat die betreibende Partei Anspruch darauf, daß ihr Recht auf Verschaffung der Publizität vom Gericht auch gewahrt wird. Es ist daher das als Voraussetzung jeder Anfechtungsbefugnis zu fordernde Rechtsschutzbedürfnis des betreibenden Gläubigers gegeben.

Im Urkundenhinterlegungsverfahren bleibt unerörtert, ob das Bauwerk überhaupt rechtlich existent ist, auf das in der zu hinterlegenden (einzureihenden) Urkunde Bezug genommen wird (NZ 1986, 93; NZ 1988, 47 ua). Besteht auch für den originären Eigentumserwerb am Superädifikat das Formerfordernis der Urkundenhinterlegung nicht (so auch 5 Ob 116/91), so kann andererseits das Eigentumsrecht nach dem klaren Wortlaut des § 435 ABGB nur durch Hinterlegung einer Urkunde übertragen werden. Die "Vereinigung" von Bauwerk und Grundeigentum setzt voraus, daß das Eigentumsrecht vom früheren Eigentümer des Überbaues auf den Grundeigentümer übergegangen ist (Bydlinski, Das Recht der Superädifikate, 37 ff; SZ 17/2; RZ 1960, 14 ua, ausführlich SZ 58/23 mwH). Schon deshalb ist die Ablehnung der Einreihung der Abschrift des Pfändungsprotokolles vom 1.Juli 1992 nicht berechtigt, weil kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß der derivative Eigentumserwerb durch die Verpflichtete mit Hinterlegung einer Urkunde erfolgte.

Die Pfändung des Bauwerkes wird selbst dadurch nicht gehindert, daß eine Urkundenhinterlegung nach § 435 ABGB und § 1 Abs 1 Z 1 lit a UHG aussteht. Da die im § 14 UHG (vgl. Punkt 91 Abs 9 DV) vorgesehene Einreihung der Pfändungsprotokollsabschrift nur der Publizität dient, hat die Einreihung ohne weitere Prüfung der Wirksamkeit der Pfändung zu erfolgen. Der (wahre) Eigentümer des Superädifikates hat mit Beschwerde nach § 68 EO Abhilfe zu suchen oder mit der Widerspruchsklage nach § 37 EO vorzugehen (SZ 55/155). Im Verfahren über die Einreihung der von der Exekutionsabteilung übermittelten Abschrift des Pfändungsprotokolles kann daher nicht untersucht werden, ob es sich bei dem wie eine bewegliche Sache gepfändeten Gegenstand um ein Bauwerk iSd § 435 ABGB handelt und ob es im Eigentum der Verpflichteten stand. Die Einreihung hat jedenfalls stattzufinden.

Rechtssätze
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