JudikaturJustiz5Ob47/17y

5Ob47/17y – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. August 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitssache der Antragstellerin V***** K***** D*****, vertreten durch Mag. Klemens Mayer, Mag. Stefan Herrmann, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegner 1. D***** P*****, 2. Mag. F***** P*****, 3. Dr. R***** F*****, 4. B***** F*****, alle vertreten durch Dr. Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 6 MRG iVm § 9 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Jänner 2017, GZ 39 R 299/16h 21, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. (Auch) Im Verfahren außer Streitsachen kommt materiell rechtskräftigen Entscheidungen Ein-maligkeitswirkung zu (§ 43 AußStrG; RIS Justiz RS0007171 [T13]). Diese schließt zwischen gleichen Parteien die neuerliche Anhängigmachung eines gleichen Begehrens, das auf den gleichen rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt ist, aus und verwehrt die Sachverhandlung und Entscheidung über dieses idente Rechtsschutzbegehren (RIS Justiz RS0041115 [T4], RS0007477 [T3]).

2. Die Identität des Anspruchs, bei der eine neue Verhandlung und Entscheidung ausgeschlossen ist, liegt dann vor, wenn sowohl der Entscheidungsantrag (Sachantrag) als auch die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen ident sind (RIS Justiz RS0039347, vgl auch RS0041340). Die Antragstellerin bestreitet zwar nicht, dass die von der Zurückweisung betroffenen Veränderungen bereits Gegenstand des Vorverfahrens waren. Der Sachantrag im jetzigen Verfahren sei aber deshalb nicht mit jenem des Vorverfahrens ident, weil im Vorverfahren – mangels entsprechenden Vorbringens – über die Frage der Verkehrsüblichkeit an der Durchführung der Arbeiten nicht abgesprochen worden sei. Nunmehr habe sie ein konkretes Vorbringen dazu erstattet.

3. Dem hier im Vorverfahren ergangenen abweisenden Sachbeschluss kommt grundsätzlich die gleiche Rechtskraftwirkung wie einem nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung ergangenen Urteil oder Beschluss (§ 411 ZPO) zu. Die materielle Rechtskraft hält lediglich nachträglichen Änderungen des rechtserzeugenden Sachverhalts nicht stand (RIS Justiz RS0007140 [T1, T10], RS0007148 [T6], RS0007201 [T4]). Tatsachen hingegen, die in dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt bereits entstanden waren, aber nicht ausgeführt wurden, durchbrechen die Rechtskraft nicht (5 Ob 17/10a = RIS Justiz RS0007140 [T11], RS0007201 [T5]). Das bedeutet, dass durch die Rechtskraft einer Entscheidung die Partei mit allem vor dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt entstandenen Tatsachenvorbringen präkludiert ist (5 Ob 17/10a = RIS Justiz RS0041311 [T2], RS0041321 [T3], RS0041582 [T12], RS0106966 [T5]). Im Außerstreitverfahren ist dieser maßgebliche Beurteilungszeitpunkt jener der Beschlussfassung durch das Gericht. Ein förmlicher Schluss des Verfahrens ist im Gegensatz zum Streitverfahren ja nicht vorgesehen.

4. Abgesehen davon, dass das Rekursgericht das von der Antragstellerin im nunmehrigen Verfahren erstattete Vorbringen seiner Substanz nach jedenfalls vertretbar als bloße Wiederholung ihres Standpunkts aus dem Vorverfahren qualifiziert hat, enthält dieses jedenfalls keine Behauptung einer nachträglichen Änderung des rechtserzeugenden Sachverhalts. Diese Erwägungen führen zu dem Ergebnis, dass dem Sachantrag aufgrund des im Vorverfahren ergangenen Sachbeschlusses das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen steht.

5. Mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG ist der

Revisionsrekurs daher unzulässig und zurückzuweisen.

Rechtssätze
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