JudikaturJustiz5Ob159/11k

5Ob159/11k – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. August 2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen 1. N*****, und 2. L*****, beide vertreten durch ihre Mutter B*****, vertreten durch Dr. Peter Kaliwoda, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen den Antragsgegner Ing. J*****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen Unterhalt, aus Anlass des Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 13. April 2011, GZ 23 R 138/11h 10, womit über Rekurs der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 24. Februar 2011, GZ 1 P 14/11d 6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Minderjährigen beantragten, den Vater zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 1.000 EUR für N***** und von 850 EUR für L*****, beginnend mit 1. 2. 2011, zu verpflichten (sowie weiters zur Zahlung eines Restbetrags von 380,43 EUR bzw 319,57 EUR für die Zeit vom 18. bis 31. 1. 2011).

Das Erstgericht wies den Unterhaltsfestsetzungsantrag mit der Begründung ab, dass ausgehend von dem Einkommen des Vaters ein Unterhalt für N***** von 840 EUR und für L***** von 710 EUR monatlich zu leisten wäre. Unter Berücksichtigung, dass der Vater ohnedies monatlich 1.545 EUR Geldunterhalt leiste und den Kindern überdies eine Wohngelegenheit zur Verfügung stelle, sei offensichtlich, dass der Vater seine Unterhaltspflicht nicht verletzt habe. Die Schaffung eines Exekutionstitels sei daher entbehrlich.

In ihrem dagegen erhobenen Rekurs beantragen die Minderjährigen die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung dahin, dass für N***** ein monatlicher Unterhalt von 1.000 EUR abzüglich der derzeit vom Antragsgegner geleisteten 839,67 EUR und für L***** ein Unterhalt von 850 EUR abzüglich der derzeit vom Vater geleisteten 705,33 EUR beginnend mit 1. 2. 2011 festzusetzen sei.

Erstmals im Rekurs machten die Minderjährigen geltend, dass der Antragsgegner ab 1. 1. 2012 jedenfalls die beantragten 1.000 EUR bzw 850 EUR monatlich zu leisten hätte, weil die Mutter mit den Kindern voraussichtlich bereits im September 2011, spätestens am 31. 12. 2011, die vom Antragsgegner zur Verfügung gestellte Wohnmöglichkeit verlassen werde. Im Rekurs wird daher der Eventualantrag erhoben, den Vater ab Auszug aus der näher bezeichneten, vom Vater zur Verfügung gestellten Wohngelegenheit, spätestens jedoch ab 1. 1. 2012 hinsichtlich N***** zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 1.000 EUR und hinsichtlich L***** zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 850 EUR zu verpflichten.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Minderjährigen nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen wendet sich die Zulassungsvorstellung der Minderjährigen, verbunden mit der Ausführung des fälschlich als „ordentliche Revision“ bezeichneten ordentlichen Revisionsrekurses.

Im Revisionsrekurs wiederholen die Minderjährigen ihre bereits im Rekursverfahren gestellten Anträge.

Das Erstgericht legte das Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Aktenvorlage ist verfrüht.

Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann aber eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch abzuändern und den ordentlichen Revisionsrekurs doch für zulässig zu erklären (Zulassungsvorstellung). Einen solchen, mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbindenden Antrag haben die Minderjährigen ohnedies gestellt.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichts, das von einem Wert des Entscheidungsgegenstands bei beiden Kindern von über 30.000 EUR ausging (vgl ON 12), übersteigt der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschied, bei keinem der getrennt zu beurteilenden Unterhaltsbegehren (RIS Justiz RS0112656) diese Wertgrenze:

Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands, über den das Rekursgericht im Unterhaltsverfahren entschied, kommt es nur auf den 36 fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war. Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren, haben hingegen unberücksichtigt zu bleiben (RIS Justiz RS0122735).

Hier war zwischen den Parteien nicht strittig, dass der Antragsgegner jedenfalls die von ihm geleisteten Beträge für N***** in Höhe von 839,67 EUR monatlich und für L***** in Höhe von 705,33 EUR monatlich schuldet (Schriftsatz des Vaters ON 5). Davon sind auch die Minderjährigen in ihrem Rekurs ausdrücklich ausgegangen und haben ihren Rekursantrag entsprechend formuliert. Strittig war im Rekursverfahren ebenso wie jetzt im Revisionsrekursverfahren hinsichtlich N***** nur die Differenz zwischen den begehrten 1.000 EUR und dem unstrittig geschuldeten und geleisteten Betrag von 839,67 EUR monatlich und hinsichtlich L***** die Differenz von 850 EUR zu 705,33 EUR. Das 36 fache jedes dieser Differenzbeträge übersteigt aber nicht die maßgebliche Grenze von 30.000 EUR.

Der erstmals im Rekurs gestellte und im Revisionsrekurs wiederholte Eventualantrag, basierend darauf, dass die Minderjährigen „voraussichtlich bereits im September 2011, spätestens aber zum 1. 1. 2012“ die vom Vater zur Verfügung gestellte Wohngelegenheit verlassen werden, bezieht sich auf ein bereits in erster Instanz erstattetes Vorbringen der Antragsteller (S 15 f in ON 1), wonach im Zuge des zwischen den Eltern geführten Aufteilungsverfahrens die Mutter ihren Hälfteanteil an jenem Einfamilienhaus, das die Familie gemeinsam bewohnte, an den Antragsgegner übertrug, der der Mutter das Recht einräumte, das Haus mit den Kindern bis 31. 12. 2011 unentgeltlich zu benützen. Dieses Vorbringen machten die Antragsteller in erster Instanz nicht zum Gegenstand eines (geänderten) Unterhaltsfestsetzungsantrags ab Auszug aus dem Einfamilienhaus. Schon aus diesem Grund hat der Eventualantrag für die Ermittlung der Höhe des Entscheidungsgegenstands, über den das Rekursgericht entschied, unberücksichtigt zu bleiben. Davon bleibt das Recht der Antragsteller unberührt, bei tatsächlich geänderten Verhältnissen eine Abänderung der festgesetzten Unterhaltspflicht des Antragsgegners zu beantragen (RIS Justiz RS0107666; s auch RS0105944).

Der Akt wird somit zunächst dem Rekursgericht vorzulegen sein, das gemäß § 63 AußStrG über die von den Antragstellern bereits erhobene Zulassungsvorstellung zu entscheiden haben wird.

Rechtssätze
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