JudikaturJustiz4Ob69/21g

4Ob69/21g – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juli 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon. Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätin Dr. Kodek sowie den Hofrat MMag. Matzka, als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin Stadt *****, vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beklagten Ing. E***** H*****, vertreten durch Greiml Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, wegen Unwirksamkeit und Löschung der Urkundenhinterlegung (Streitwert 15.000 EUR), über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 25. November 2020, GZ 36 R 239/20v 35, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom 6. August 2020, GZ 2 C 523/19k 30, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin schloss mit dem Verband der Österreichischen Arbeiterfischereivereine (VÖAFV) im Jahr 1956 einen Grundüberlassungsvertrag, wonach sie dem VÖAFV die für den Bestand der bereits errichteten Fischerhütten sowie für die bereits bestehenden anschließenden abgefriedeten Gärten erforderlichen Grundflächen überließ. Zuletzt wurde im Jahr 1996 ein derartiger Vertrag geschlossen, in dem die Klägerin dem VÖAFV für seine Mitglieder die für den Bestand der Fischerhütten und Daubelanlagen samt Gärten erforderlichen Grundflächen gegen jederzeitigen Widerruf überließ. Im Jahr 2006 stellte der VÖAFV Antrag auf Zwangsversteigerung einer (1961 errichteten) Fischerhütte gegen ein Mitglied. Der Beklagte erhielt im nachfolgenden Verfahren 2007 den Zuschlag betreffend dieses Bauwerk.

[2] Die Klägerin begehrte die Unwirksamerklärung der Urkundenhinterlegung in der Liegenschafts- und Bauwerkskartei betreffend die Fischerhütte des Beklagten, in eventu die Feststellung, dass die Fischerhütte unselbstständiger Bestandteil der Liegenschaft und kein Superädifikat sei und das Eigentum daran bei der Klägerin liege.

[3] Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, dass es sich bei der Fischerhütte aufgrund der labilen Bauweise und der mangelnden Belassungsabsicht um ein Superädifikat handle und er daran durch den Zuschlag in der Versteigerung originär Eigentum erworben habe.

[4] Die Vorinstanzen schlossen sich der Rechtsansicht des Beklagten an und wiesen die Klage ab. Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich zu, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, „ob in dem Fall, dass das Grundbenützungsübereinkommen mit dem ursprünglichen Errichter des Superädifikats, für welches keine Urkundenhinterlegung existiert, beendet wurde, es ebenfalls einer Aufforderung durch den Grundeigentümer bedarf, ihm das Superädifikat rückzuübertragen, oder ob es in einem solchen Fall ohne weiteres zur Verschmelzung des Eigentums am Superädifikat mit jenem an der Liegenschaft kommt“.

[5] Die Klägerin beantragt mit ihrer Revision , der Klage stattzugeben, in eventu die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben.

[6] Der Beklagte beantragt mit seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[7] Die Revision ist, ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen nicht zulässig und somit zurückzuweisen.

[8] 1.1. Die Klägerin argumentiert, dass die Fischerhütte aufgrund der Beendigung des Bestandverhältnisses mit dem Errichter des Bauwerks (hiezu wurde kein konkretes Tatsachenvorbringen erstattet) auf den Grundeigentümer (Klägerin) übergegangen sei.

[9] 1.2. Dazu haben aber schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, dass die Übertragung des Eigentumsrechts an einem Überbau nur durch Urkundenhinterlegung erfolgen kann (vgl RIS Justiz RS0011244; RS0010982; RS0011241; RS0011102). Dies gilt auch, wenn das Eigentum am Superädifikat auf den Eigentümer des Grundes übergehen soll, auf dem der Überbau errichtet wurde (3 Ob 125/84; 1 Ob 513/93). Von einer Verschmelzung des Eigentums am Superädifikat mit jenem an der Liegenschaft „ohne weiteres“ kann daher nach der Rechtsprechung nicht die Rede sein. Die Auffassung der Vorinstanzen, dass die Klägerin mangels (auch nicht behaupteter) Urkundenhinterlegung nicht Eigentümerin des Superädifikats geworden ist, findet in der angeführten Rechtsprechung Deckung.

[10] 1.3. Im Übrigen bleibt nach der Rechtsprechung das Eigentum am Superädifikat von der Beendigung oder dem Wegfall des Grundbenützungsverhältnisses unberührt (RS0009887).

[11] 2.1. Der Beklagte beruft sich aber gar nicht auf einen derivativen Eigentumserwerb vom Errichter oder einem Rechtsnachfolger des Errichters, sondern auf einen originären Eigentumserwerb durch Zuschlag in einem Versteigerungsverfahren.

[12] 2.2. Der Zuschlag in der Zwangsversteigerung bewirkt keine (Einzel- oder Gesamt )Rechtsnachfolge, sondern einen originären Eigentumserwerb des Erstehers (RS0002863 [T5], RS0003375 [T4]). Bei Gutgläubigkeit des Erstehers – die Gutgläubigkeit des Beklagten ergibt sich hier aus den Feststellungen – hängt der Eigentumserwerb auch nicht davon ab, ob der Verpflichtete Eigentümer war (RS0002863; RS0003354).

[13] 3.1. Die Klägerin bestreitet schließlich das Vorliegen eines Superädifikats, weil eine Belassungsabsicht hinsichtlich der Fischerhütte bestanden habe.

[14] 3.2. Dazu hat aber schon das Berufungsgericht ausgeführt, dass sich das Fehlen der Absicht dauernder Belassung entweder aus dem äußeren Erscheinungsbild des Bauwerks oder aus den zwischen dem Grundeigentümer und dem Errichter des Bauwerks bestehenden Rechtsverhältnissen ergebe (RS0015107), wobei das gegenständliche Bauwerk in seiner Gesamtheit eine einfache Holzhütte mit einer Bodenfläche von 25 m² sei, welche Bauweise nach dem äußeren Erscheinungsbild ein Indiz für das Vorliegen eines Superädifikats sei. Dazu kommt die jederzeitige Widerrufbarkeit der jeweiligen Grundüberlassungsverträge mit der Klägerin.

[15] 3.3. Die Vorinstanzen sind daher nicht von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen, wenn sie die Fischerhütte als Superädifikat qualifiziert haben. Folglich ist auch ihre Beurteilung, wonach der Beklagte durch den Zuschlag in der Versteigerung originär Eigentum daran erworben habe, nicht zu beanstanden.

[16] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Für die Revisionsbeantwortung steht kein Kostenersatz zu, weil vom Beklagten keine Unzulässigkeit des Rechtsmittels geltend gemacht wurde (vgl RS0035979).