JudikaturJustiz4Ob511/96

4Ob511/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Ehmayr und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Ldt, vertreten durch Mag.Dr.Erhard Buder und Dr.Gabriele Buder-Steinhoff, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei W***** AG, ***** vertreten durch Dr.Norbert Kohler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen S 3,617.033 sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 20.Dezember 1995, GZ 4 R 1085/95f-23, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 14.November 1995, GZ 8 Cg 86/95i-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 6.10.1995 trug das Rekursgericht - in teilweiser Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 30.6.1995 -, der Klägerin auf, binnen 14 Tagen den Betrag von S 300.000 als Sicherheit für die Prozeßkosten zu erlegen, widrigens die Klage auf Antrag der Beklagten für zurückgenommen erklärt werde; diesem Auftrag könne auch durch fristgerechte Vorlage einer unbefristeten und unbedingten Bankgarantie eines inländischen Bankinstitutes entsprochen werden.

Innerhalb der Frist von 14 Tagen legte daraufhin die Klägerin eine Bankgarantie der Bank A***** vor, in welcher die Bank gegenüber dem Erstgericht unter der Überschrift "Garantie" folgende Erklärung abgab:

"Wir haben davon Kenntnis, daß unser Kunde, die Rechtsanwaltskanzlei Dr.Erhard Buder/DDr.Gabriele Buder-Steinhoff, 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 94, im Zusammenhang mit der Rechtssache 8 Cg ***** - P*****.ltdl, *****/W***** AG, *****/Sicherheit für Prozesskosten betreffend Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 06.10.1995 eine Garantie eines Kreditinstitutes zu erbringen hat.

Im Auftrag des vorgenannten Kunden übernehmen wir hiemit die Garantie für einen Betrag von

S 300.000,-- (Schilling dreihunderttausend)

und verpflichten uns, innerhalb von vierzehn Tagen nach Zustellung Ihrer Aufforderung ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf jedwede Einwendungen bis zur Höhe des oben bezeichneten Betrages an Sie Zahlung zu leisten.

Ansprüche aus der gegenständlichen Garantie können nur mit unserer ausdrücklichen Zustimmung zugunsten Dritter abgetreten, verpfändet bzw. vinkuliert werden.

Die gegenständliche Garantie erlischt durch die Rückstellung dieses Originalschreibens an uns, falls wir nicht mittels eingeschriebenen Briefes in Anspruch genommen werden. Wir sind jedoch berechtigt, unsere Haftung mit dreimonatiger Wirkung zu kündigen."

Auf Antrag der Beklagten erklärte hierauf das Erstgericht die Klage gemäß § 60 Abs 3 ZPO für zurückgenommen. Im Hinblick auf die in der Bankgarantie bedungene Kündigungsmöglichkeit bestehe für die Beklagte die Gefahr, daß sie schon vor dem rechtskräftigen Kostenzuspruch keinen Deckungsfonds zur Befriedigung ihrer Kostenersatzforderung zur Verfügung habe. Die vorgelegte Bankgarantie sei daher keine geeignete Prozeßkostensicherheit.

Das Rekursgericht wies den Antrag der Beklagten, die Klage für zurückgenommen zu erklären, ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe schon mehrmals eine befristete Bankgarantie als zur Prozeßkostensicherheitsleistung ungeeignet beurteilt. Der vorliegende Fall sei aber mit den vom Obersten Gerichtshof entschiedenen Fällen nicht zu vergleichen. Die Bankgarantie sei hier nicht befristet, sondern enthalte nur die einseitige Möglichkeit, daß die Bank die Garantie unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist kündige. Im Fall einer solchen Kündigung könnte das Erstgericht sofort, jedenfalls aber innerhalb der dreimonatigen Kündigungsfrist, die Garantiesumme abrufen; die Bank habe dann trotz der ausgesprochenen Kündigung zweifellos zu zahlen. Selbst wenn in der Abruferklärung ein anfechtbarer Beschluß gesehen werde, hätte die Bank sofort auf Aufforderung zu zahlen. Einem allfälligen Rekurs komme nach § 524 Abs 1 ZPO keine aufschiebende Wirkung zu; außerdem habe sich die Bank nicht nur verpflichtet, auf einen rechtskräftigen Aufforderungsbeschluß hin zu zahlen. Die ausreichende Sicherung der Rechte der Beklagten hänge daher lediglich vom Tätigwerden des Erstgerichtes im Fall der Kündigung ab; das sei aber zumutbar.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Beklagten ist nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre kommen neben den in § 56 ZPO Abs 1 und 2 ZPO aufgezählten Vermögenswerten grundsätzlich auch Bankgarantien als Sicherheitsleistung in Frage (SZ 32/46; SZ 56/55 ua; Fasching II 386; derselbe, LB2 Rz 474; Heller/Berger/Stix 2839 f; Fucik in Rechberger, ZPO, Rz 2 zu § 56). Auf die gegenteilige, von König (Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren Rz 161) vertretene Auffassung braucht hier nicht näher eingegangen zu werden, weil im vorliegenden Fall schon in dem - rechtskräftigen - Beschluß gemäß § 60 ZPO ausgesprochen wurde, daß die Sicherheit auch durch Vorlage einer (unbefristeten und unbedingten) Bankgarantie geschehen könne. Zu beachten ist freilich, daß - worauf König aaO seine Argumentation stützt - ein gesetzliches Pfandrecht des Gegners der erlegenden Partei, hier also der Beklagten, im Fall der Vorlage einer Bankgarantie erst dann entstehen kann, wenn und soweit das Gericht die Bankgarantie tatsächlich abruft (SZ 56/55), wogegen nach § 56 Abs 3 ZPO mit dem gerichtlichen Erlage an dessen Gegenstand ein Pfandrecht für den Anspruch begründet wird, in Ansehung dessen die Sicherheitsleistung erfolgt.

Zweck der aktorischen Kaution ist der Schutz des Beklagten vor kostenverursachender Rechtsanmaßung durch (nicht privilegierte) Ausländer; sie dient als Deckungsfonds zur Realisiserung der Prozeßkostenersatzansprüche gegen den sachfälligen Kläger (Fucik aaO Rz 1 zu § 57 mwN; RZ 1983/69).

Im Hinblick auf diesen Zweck der aktorischen Kaution hat der Oberste Gerichtshof die Eignung einer Bankgarantie als Prozeßkostensicherheit in verschiedenen Fällen verneint: In MietSlg 33.726 beanstandete der Oberste Gerichtshof, abgesehen vom dort in der Garantie gebrauchten Einleitungssatz, vor allem den Umstand, daß die haftende Bank den Garantiebetrag erst nach Erhalt einer "gemeinsamen" schriftlichen Aufforderung der drei Beklagten unter gleichzeitiger Vorlage eines rechtskräftigen Gerichtsbeschlusses zu leisten versprach, und daß die Garantie außerdem mit einem bestimmten Tag erlöschen sollte. Eine Bankgarantie mit einer Befristung sei nicht geeignet, den Sicherungszweck voll zu erfüllen. Empfohlen werde die Abfassung der Bankgarantie entsprechend dem Wortlaut des Beispieles Nr.32 b bei Schinnerer/Avancini, Bankverträge3 II 382, wonach sich die Bank "uneingeschränkt und unwiderruflich" zu einer bestimmten Zahlung verpflichtet.

Im Fall der Entscheidung RZ 1983/69 hatte sich die Bank verpflichtet, binnen 14 Tagen nach Rechtskraft eines dahingehenden gerichtlichen Beschlusses den durch diesen Beschluß festgelegten Betrag bis zur Höhe von S 300.000 an die Beklagte zu überweisen oder zu ihren Gunsten bei Gericht zu erlegen; überdies erlosch die Bankgarantie spätestens zu einem bestimmten Tag. Nach Meinung des Obersten Gerichtshofes drohte bei dieser Sachlage die Gefahr, daß die Bankgarantie vor Rechtskraft eines entsprechenden Beschlusses abgelaufen sei.

Auch nach dem der Entscheidung WBl 1987, 277 zugrundeliegenden Sachverhalt hatte die Bank die Vorlage einer rechtskräftigen und vollstreckbaren Gerichtsentscheidung über die Prozeßkosten zur Voraussetzung für ihre Zahlung gemacht und außerdem ihre Garantie zeitlich begrenzt. Die Gefahr, daß die Beklagte nach Ablauf der Garantiefrist vor rechtskräftigem Kostenzuspruch keinen Deckungsfonds zur Befriedigung ihrer Kostenersatzforderung vorfinde, sei nur dann nicht gegeben, wenn das Gericht die Möglichkeit habe, noch vor rechtskräftiger Kostenentscheidung die Garantiesumme vor dem drohenden Ablauf der Frist abzurufen. Eine - wenn auch mit rund fünf Jahren befristete - Bankgarantie, bei der die Zahlung der Garantiesumme vom Vorliegen einer rechtskräftigen und vollstreckbaren Gerichtsentscheidung über die Prozeßkosten abhängig gemacht wird, sei daher keine geeignete Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten.

Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß sich die hier von der Klägerin vorgelegte Bankgarantie in ihrer Formulierung ganz wesentlich von den Bankgarantien unterscheidet, denen der Oberste Gerichtshof die Eignung als Sicherheitsleistung aberkannt hat. Hier hat die Bank eine Garantie für den Prozeßkostenanspruch der Beklagten in der Höhe von S 300.000 übernommen und sich verpflichtet, innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der gerichtlichen Aufforderung ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und unter Verzicht auf Einwendungen bis zur Höhe dieses Betrages Zahlung zu leisten. Das Erstgericht könnte daher jederzeit - also auch dann, wenn eine Kostenersatzforderung der Beklagten noch nicht entstanden ist - die Bank mit Erfolg zur Zahlung auffordern.

Sollte die Bank noch vor einer rechtskräftigen Entscheidung über den Kostenersatzanspruch der Beklagten ihre Garantieerklärung gegenüber dem Erstgericht aufkündigen, dann hätte dieses Gericht Zeit, innerhalb von drei Monaten den Geldbetrag abzurufen. Selbstverständlich wäre es im Fall der Kündigung zu einer solchen Maßnahme auch verpflichtet, war doch der Zweck seines eigenen Beschlusses gemäß § 60 ZPO, der Beklagten eine Sicherheit für ihre Prozeßkosten zu verschaffen. Das Erstgericht dürfte daher nicht sehenden Auges den ersatzlosen Verlust dieser Sicherheit hinnehmen.

Die von der Beklagten aufgezeigte Möglichkeit, daß der Abruf des Gerichtes bei der garantierenden Bank nicht eingeht, liegt außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Wollte man diese Gefahr ernst nehmen, dann dürfte man eine Bankgarantie überhaupt nicht als Sicherheitsleistung zulassen, weil mit ihrer Vorlage - wie schon ausgeführt - noch kein Pfandrecht begründet wird und daher dessen Entstehung noch von weiteren Schritten abhängig ist, die, weil in der Zukunft gelegen, naturgemäß mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind. Die Beklagte hat aber den Beschluß der Vorinstanzen, wonach die Sicherheit auch in der Form einer Bankgarantie erbracht werden könne, nicht einmal bekämpft.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO.

Rechtssätze
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