JudikaturJustiz4Ob39/17i

4Ob39/17i – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P***** M*****, vertreten durch Melicharek Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei P***** P*****, vertreten durch Dr. Peter Stock, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei J***** H***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Halbreiner, Rechtsanwalt in Graz, wegen zuletzt 120.559,60 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2016, GZ 13 R 72/16b 189, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang, zu den Anträgen, zum Vorbringen der Parteien und zum bisherigen Verfahrensgang wird auf die Entscheidung des Senats zu 4 Ob 117/15g verwiesen. Der Kläger schränkte das im bisherigen Rechtsgang noch nicht erledigte Begehren bezüglich der Positionen 10 und 12 wegen zwischenzeitiger Zahlung des Beklagten ein. Zuletzt dehnte er sein Leistungsbegehren auf 120.559,60 EUR sA aus und brachte dazu vor, dass ihm dieser Betrag bei erfolgreicher Vertragsanpassung wegen Irrtums nach der Formel der subjektiven Berechnungsmethode zustehe. Der Beklagte habe ihn über die Werthaltigkeit seiner Gegenleistung arglistig getäuscht und in die Irre geführt.

Das Berufungsgericht bestätigte im Ergebnis die abweisende Entscheidung des Erstgerichts, wobei es einen beachtlichen Geschäftsirrtum ebenso verneinte wie eine arglistige Täuschung. Im Hinblick auf den nach § 27 MRG bestehenden Rückforderungsanspruch verneinte das Berufungsgericht auch einen inhaltsgleichen Schadenersatzanspruch des Klägers. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger zeigt in seiner außerordentlichen Revision keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne von § 502 Abs 1 ZPO auf.

1.1 Der Kläger weist zutreffend darauf hin, dass der Senat bereits im ersten Rechtsgang bei einer nach § 27 MRG unzulässigen Ablöse einen (identen) Anspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens verneint hat (vgl Punkt I.B.4 der Entscheidung 4 Ob 117/15g). Der dort bejahte Ausschluss der §§ 922 ff ABGB umfasst auch § 933a ABGB, somit eine den Nichterfüllungsschaden betreffende Bestimmung (vgl zB 3 Ob 191/13d).

1.2 An dieser Ansicht ist auch weiterhin festzuhalten, weshalb die vom Kläger gewünschten Ausführungen zum „Schadensbegriff an sich“ entbehrlich sind. Das Rechtsmittel zeigt nämlich für eine abweichende Rechtsansicht keine Gründe auf. Aus der Entscheidung 2 Ob 341/98f ist für den Kläger nichts abzuleiten, weil darin inhaltlich nur der (im Revisionsverfahren nicht mehr relevante) Anspruch nach § 934 ABGB (laesio enormis) behandelt wurde und zu einem allfälligen Nichterfüllungsschaden lediglich obiter ausgesprochen wurde, dass dieser im streitigen Rechtsweg erhoben werden könne. Abgesehen davon, dass ein bloßes obiter dictum noch keine Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO bewirkt (RIS Justiz RS0042672), ist aus der zitierten Entscheidung nur eine prozessuale (nämlich die Verfahrensart betreffende), nicht aber eine materiell rechtliche Aussage zu entnehmen. Auch die Entscheidungen 5 Ob 139/92 und 2 Ob 515/96 betrafen nur die Frage, ob das außerstreitige oder streitige Verfahren zu wählen ist.

2.1 Auch die Ausführung im Rechtsmittel, das Berufungsgericht habe die auf Irrtum gestützte Vertragsanpassung zu Unrecht mit dem Hinweis verneint, dass der vom Kläger behauptete Irrtum nur ein Kalkulationsirrtum gewesen sei, begründet nicht die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Dieser Rechtsfrage kommt im Ergebnis keine entscheidende Bedeutung zu. Das Berufungsgericht hat nämlich im Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung (5 Ob 144/98g; 2 Ob 176/10m; 3 Ob 23/13y; RIS Justiz RS0016262), wonach bei einer auf Irrtum gestützten Vertragsanpassung der Irrende insbesondere behaupten und beweisen muss, dass der Vertrag mit dem Vertragspartner auch bei Kenntnis der wahren Umstände mit einem anderen Inhalt abgeschlossen worden wäre, das Anpassungsrecht auch deshalb verneint, weil der Kläger das dafür erforderliche Vorbringen nicht erstattet habe.

2.2 Diese Rechtsansicht wird im Rechtsmittel nicht bestritten. Der Kläger macht in diesem Zusammenhang aber eine Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit des Berufungsverfahrens geltend und vertritt, dass er ein derartiges Vorbringen erstattet hat. Ob aber im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Auch ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht beziehungsweise wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS Justiz RS0042828).

2.3 Eine grobe Fehlinterpretation des klägerischen Vorbringens durch das Berufungsgericht, die die Zulässigkeit des Rechtsmittels begründen würde (RIS Justiz RS0042828 [T15]), ist jedenfalls zu verneinen. Der Kläger beruft sich auf den Schriftsatz, mit dem er die Klage ausgedehnt und die Vertragsanpassung begehrte. Darin ist nicht ansatzweise zu entnehmen, dass der Beklagte auch eine modifizierte Vereinbarung geschlossen hätte. Auch der Hinweis auf eine Passage im Verhandlungsprotokoll geht fehl, weil es sich dabei um die Aussage des Klägers im Zuge seiner Parteienvernehmung handelt. Angaben in der Parteiaussage können Prozessbehauptungen aber nicht ersetzen (RIS Justiz RS0038037).

3. Schließlich begründet auch die im Zusammenhang mit der behaupteten Arglist gerügte Aktenwidrigkeit des Berufungsverfahrens nicht die Zulässigkeit des Rechtsmittels. Der Kläger rügt, dass er entgegen der Annahme des Berufungsgerichts die vorsätzliche Verletzung der Aufklärungspflicht mehrfach und ausdrücklich behauptet habe. Eine allfällige Aktenwidrigkeit hätte allerdings keine Relevanz, weil auch bei einer auf Arglist gestützten Vertragsanpassung der Kläger behaupten und beweisen muss, dass der Vertrag bei Kenntnis der wahren Umstände mit einem anderen Inhalt abgeschlossen worden wäre (vgl 3 Ob 23/13y).