JudikaturJustiz4Ob105/17w

4Ob105/17w – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Juli 2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei M***** P*****, vertreten durch Dr. Robert Fuchs, Rechtsanwalt in St. Valentin, gegen die beklagte und widerklagende Partei G***** SpA, *****, vertreten durch Dr. Josef Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen I. 15.300 EUR sA (21 C 727/15m) und II. Vertragsaufhebung (Streitwert 10.000 EUR), Zustimmung zur Auszahlung (79.407,60 EUR) und 83.171,52 EUR sA (21 C 154/16y), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 21. März 2017, GZ 1 R 35/17s 45, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Verbindung der Verfahren AZ 21 C 727/15m und AZ 21 C 154/16y, je des Bezirksgerichts Steyr, wird aufgehoben.

2. Die außerordentliche Revision der widerbeklagten Partei wird im Verfahren AZ 21 C 154/16y des Bezirksgerichts Steyr gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die widerklagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Im Übrigen werden die Akten dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen entschieden nach erstinstanzlicher Verbindung von Klage und Widerklage. Sie wiesen das Klagebegehren ab und gaben dem Widerklagebegehren auf Aufhebung des Bestandvertrags, der Zustimmung zur Ausfolgung der bei einem Treuhänder hinterlegten Kaution sowie auf Zahlung bestimmter weiterer Beträge (insoweit unter Abweisung eines Mehrbegehrens aber nur teilweise) statt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiter verfolgt und überdies die Abweisung sämtlicher Widerklagebegehren anstrebt, ist in Ansehung der Widerklagebegehren mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig; über die Zulässigkeit der Revision in Ansehung des Klagebegehrens hat der Oberste Gerichtshof im Hinblick auf den zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigenden Streitwert (derzeit) nicht zu entscheiden.

Die Verbindung zweier Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat nicht zur Folge, dass deren Streitwerte zusammenzurechnen wären (RIS Justiz RS0037271). Die Verbindung ist für die jeweils getrennt zu beurteilende Rechtsmittelzulässigkeit vielmehr ohne Belang.

Im Hinblick auf die unterschiedliche funktionelle Zuständigkeit zur Entscheidung über die Zulässigkeit der von der Klägerin und Widerbeklagten in beiden Verfahren erhobenen Revision ist die Aufhebung der Verbindung beider Rechtssachen zweckmäßig.

Nach § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508a Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Urteils des Berufungsgerichts den beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO). Das Rechtsmittel wäre daher, soweit es sich gegen die Abweisung des Klagebegehrens im Verfahren AZ 21 C 727/15m richtet, dem Berufungsgericht und nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen (§ 508 ZPO). Dieser darf über das Rechtsmittel nur entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS Justiz RS0109623). Ob aufgrund des fehlenden ausdrücklichen Antrags (an das Berufungsgericht) auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens erforderlich ist, ist von den Vorinstanzen zu beurteilen.

Mangels Zustellung der Mitteilung nach § 508a Abs 2 erster Satz ZPO ist die dessen ungeachtet erstattete Revisionsbeantwortung der Beklagten und Widerklägerin als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig nicht zu honorieren (RIS Justiz RS0043690 [T6, T7]).