JudikaturJustiz4Ob100/94

4Ob100/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. September 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Jörg Haider, Bundesparteiobmann der Freiheitlichen Partei Österreichs und Abgeordneter zum Nationalrat, Wien 1, Parlament, vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer und Dr.Wolfram Themmer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, Wien 1, Wipplingerstraße 8, 2. Franz Deuticke Verlagsgesellschaft mbH, Wien 1, Schwarzenbergstraße 5, beide vertreten durch Dr.Heinrich Keller, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Veröffentlichung, Beseitigung und Zahlung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--), infolge außerordenlichen Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 25. März 1994, GZ 3 R 2/94-15, womit infolge Rekurses der beklagten Parteien der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9.November 1993, GZ 37 Cg 453/93h-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die beklagten Parteien haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens hingegen endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Erstbeklagte ist Herausgeberin, die Zweitbeklagte Verlegerin des im November 1993 der Öffentlichkeit vorgestellten Sammelwerkes "Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus". Auf dem Buchumschlag befinden sich - in Form einer Fotomontage - der Buchtitel und ein Lichtbild des Klägers sowie die Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches in folgender

Aufmachung:

Die Rückseite des Umschlages enthält folgende kurze Inhaltsangabe:

"Dieses Handbuch enthält eine umfassende Analyse des Rechtsextremismus in Österreich sowie seiner Vorfeldphänomene. Die Autoren beschreiben ausführlich alle rechtsextremen Organisationen, Zeitschriften und Publikationen und decken die zahlreichen Querverbindungen zu Jörg Haiders FPÖ auf."

In der Einleitung wird auf eine "Rechtsentwicklung" der Freiheitlichen Partei Österreichs seit 1986 verwiesen und ausgeführt, daß der Umstand, daß die FPÖ - entgegen einem Vorgängerwerk - nicht mehr am Rande in die Darstellung einbezogen werde, sondern im Zentrum eines Rechtsextremismus - Buches stehe, mit der Entwicklung dieser Partei unter ihrem Obmann Jörg Haider zusammenhänge. Den Herausgebern und Autoren der einzelnen Beiträge lägen jegliche Diffamierungen oder Beleidigungen von Personen fern, insbesondere werde gegen niemanden der Vorwurf einer strafbaren Handlung oder verächtlichen Gesinnung erhoben. Sie setzten den Rechtsextremismus nicht mit Nationalsozialismus, Neonazismus oder Neofaschismus gleich.

Das Buch enthält ua auf den Seiten 11 bis 96 einen Beitrag über den Begriff des Rechtsextremismus. In dem weiteren Beitrag "Die FPÖ: Vom Liberalismus zum Rechtsextremismus" folgern die Autoren, daß der Kläger nach den im Buch über den Begriff des Rechtsextremismus entwickelten Kriterien als rechtsextrem einzustufen sei; ob der Kläger auch ein Neonazi sei, werde jedoch offengelassen. Nicht die FPÖ insgesamt, sondern die sie dominierende Hauptströmung sei als rechtsextrem einzustufen.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt der Kläger, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, die Veröffentlichung seiner Personenbildnisse ohne seine Zustimmung in einer seine Interessen beeinträchtigenden Art und Weise zu unterlassen, insbesondere wenn der Kläger in einer Form wie auf dem Buchumschlag des Handbuches des österreichischen Rechtsextremismus abgebildet wird, also im Zusammenhang mit der Reichskriegsflagge des Dritten Reiches und/oder der Überschrift "Handbuch des Rechtsextremismus in Österreich". Die Fotomontage zeige den Kläger, wie er bewundernd auf die Reichskriegsflagge des Dritten Reiches blicke, also auf ein Symbol für nationalsozialistische Gewaltherrschaft, Völkermord und Kriegsverbrechen. Damit, aber auch mit dem Buchtitel selbst, werde beim Betrachter des Bildes ein Zusammenhang zwischen dem Kläger und dem Gedankengut des Nationalsozialismus hergestellt. Daran könnten auch relativierende Ausführungen im Buchinneren nichts ändern, weil die Titelseite eines Buches eine weitaus größere Publizität erlange als dessen Inhalt. Durch diese Art der Bildnisveröffentlichung würden im Hinblick darauf, daß sich der Kläger auf dem Boden des Programmes der von ihm vertretenen politischen Partei uneingeschränkt zu den Grundsätzen parlamentarischer Demokratie bekenne und jede Form nationalsozialistischer (Wieder ) Betätigung zutiefst ablehne, berechtigte Interessen des Klägers verletzt. Darauf, daß der Kläger einer breiten Öffentlichkeit bekannt sei, komme es bei dieser Beurteilung nicht an. Ein Interesse der Beklagten an der Veröffentlichung derartiger Bildmontagen, die nur der Befriedigung der Neugier und Sensationslust einer breiten Öffentlichkeit sowie den geschäftlichen Interessen der Herausgeber diene, bestehe nicht.

Das Erstgericht verbot den Beklagten, das Bild des Klägers, wie es auf dem Buchtitel des Sammelwerkes "Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus" veröffentlicht wurde, oder Bildnisse des Klägers mit inhaltsgleichen bildlichen und/oder wörtlichen Angaben über seine Einstellung/Beziehung zum oder seine Bewertung des Nationalsozialismus zu veröffentlichen, wenn diese Angaben wahrheitswidrig sind; das auf Unterlassung der Veröffentlichung von Bildern des Klägers in einer seine Interessen beeinträchtigenden Art schlechthin gerichtete Mehrbegehren wies es hingegen ab. Bei objektiver Beurteilung würden durch die Art der Bildnisveröffentlichung berechtigte Interessen des Klägers verletzt, weil in der politisch interessierten Öffentlichkeit durch die Berichterstattung in den Medien bekannt geworden sei, daß die auf dem Buchumschlag mit dem Lichtbild des Klägers abgebildete Reichskriegsflagge in jüngster Zeit von Neonazis in der Bundesrepublik Deutschland bei öffentlichen Auftritten verwendet worden sei. Damit werde daher der Eindruck erweckt, daß der Kläger Neonazi sei oder den Nationalsozialismus positiv bewerte. Das Verbot sei allerdings auf den konkreten Verstoß und auf gleichartige Verstöße zu beschränken gewesen.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der außerordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Da der Kläger als Politiker im öffentlichen Leben stehe und einer breiten Öffentlichkeit bekannt sei, könne er einer Veröffentlichung seines Bildnisses grundsätzlich nicht entgegentreten. Allerdings könnten bei Personen des öffentlichen Lebens durch andere Elemente der Bildgestaltung oder durch den Begleittext berechtigte Interessen verletzt werden. Der Kläger wende sich in seiner Klage zwar nur gegen die konkrete Gestaltung des Bildes, nicht aber auch gegen den im Begleittext verwendeten Begriff "österreichischer Rechtsextremismus". Durch diesen Ausdruck würden berechtigte Interessen des Klägers ohnehin nicht verletzt, weil das Buch eine Aufklärung enthalte, was die Autoren unter dem Begriff Rechtsextremismus verstehen und auch ausführten, daß dieser Begriff nicht mit den Begriffen "Nationalsozialismus" und "Neonazismus" gleichgesetzt werden könne.

Aber auch die auf dem Lichtbild wiedergegebene Flagge führe zu keiner Verletzung berechtigter Interessen des Klägers. Diese sei die Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes und die Reichskriegsflagge des Deutschen Reiches gewesen. Zwischen dieser Flagge und der Staatsflagge des Dritten Reiches bestehe keinerlei Zusammenhang. Damit könne auch kein Konnex zum Nationalsozialismus hergestellt werden, insbesondere auch deshalb nicht, weil diese Flagge keinerlei "NS-Symbole" enthalte. Das auf der Flagge enthaltene Kreuz habe nur Ähnlichkeit mit dem von Friedrich Wilhelm III. am 10.3.1813 gestifteten Kriegsorden "Eisernes Kreuz", einer preußischen Kriegsauszeichnung. Der von den Nationalsozialisten im Dritten Reich verwendete Orden "Eisernes Kreuz" hingegen habe in der Mitte deutlich das Hakenkreuz enthalten. Daß die Reichskriegsflagge in jüngster Zeit von Neonazis in Deutschland bei öffentlichen Auftritten verwendet werde, könne trotz der Berichterstattung der Medien darüber keine gedankliche Verbindung zum Nationalsozialismus oder Neonazitum herstellen. Der auf dem Buch enthaltenen Bildmontage könne aber auch eine Gleichsetzung des Begriffes Rechtsextremismus mit den Begriffen "Neonazitum" oder "Nationalsozialismus" nicht entnommen werden. Somit würden durch die Bildnisveröffentlichung insgesamt keine berechtigten Interessen des Klägers verletzt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Kläger erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig: Entgegen der Zulassungsbeschwerde bedarf es zwar keiner ausdrücklichen Rechtsprechung über den Bildnisschutz bei Fotomontagen; nach der Rechtsprechung ist die Verletzung berechtigter Interessen durch Bildnisveröffentlichungen immer aufgrund objektiver Prüfung zu beurteilen (MR 1990, 226 ua), wobei immer der Gesamtzusammenhang der Darstellung maßgebend ist (SZ 28/205; SZ 44/104; SZ 48/73; SZ 60/188). Dem Rekursgericht ist aber bei dieser Würdigung eine erhebliche Fehlbeurteilung unterlaufen. Das Rechtsmittel ist daher auch berechtigt.

Nach § 78 Abs 1 UrhG dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Durch § 78 UrhG soll jedermann gegen einen Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also namentlich dagegen, daß er durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, daß dadurch sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (EBzUrhG, abgedruckt bei Peter, Urheberrecht 617). Das Gesetz legt den Begriff der "berechtigten Interessen" nicht näher fest, weil es bewußt einen weiten Spielraum offen lassen wollte, um den Verhältnissen des Einzelfalles gerecht zu werden (SZ 60/188; MR 1989, 54; MR 1990, 141; MR 1990, 226; ÖBl 1992, 87; ÖBl 1993, 39 uva). Die Beurteilung, ob berechtigte Interessen verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind (SZ 60/188; MR 1990, 226; ÖBl 1992, 87; ÖBl 1993, 39 ua).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Veröffentlichung eines Bildnisses nach objektiven Grundsätzen berechtigte Interessen verletzt, kann der Bekanntheitsgrad der abgebildeten Person nicht außer Betracht bleiben (ÖBl 1992, 87; ÖBl 1993, 39; 4 Ob 75/94; Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 104). Steht der Abgebildete nicht im öffentlichen Leben, dann wird durch die Bildveröffentlichung die Identifikationsmöglichkeit erst geschaffen (Korn/Neumayer aaO). Durch die Beigabe eines Bildes kann ein für den Abgebildeten abträglicher Text noch verschärft und eine "Prangerwirkung" erzielt werden, weil eben die Person des Angegriffenen damit erst einer breiten Öffentlichkeit auch optisch kenntlich gemacht wird (vgl ÖBl 1961, 36; ÖBl 1992, 87; 4 Ob 75/94; Bydlinski, Ersatz ideellen Schadens als sachliches und methodisches Problem, JBl 1975, 173 ff [185]; Korn/Neumayer aaO 111 Rz 7. 2). Ist jedoch die abgebildete Person - wie der Kläger - allgemein bekannt, dann werden ihre Interessen durch die Bildveröffentlichung selbst in aller Regel - von Ausnahmefällen abgesehen - nicht beeinträchtigt. Unter Verweisung auf die in der Bundesrepublik Deutschland zum Begriff eines "Bildnisses aus dem Bereich der Zeitgeschichte" gemäß § 23 KUG entwickelte Lehre und Rechtsprechung gelangte jedoch der Senat in der Entscheidung 4 Ob 75/94 vom 28.6.1994 zur Ansicht, daß die Verbreitung eines Bildes eines Politikers oder einer sonst allgemein bekannten Person dennoch nicht schrankenlos zulässig ist. Auch solche Personen haben Anspruch darauf, daß die Allgemeinheit Rücksicht auf ihre Persönlichkeit nimmt. Daher ist auch die Intimsphäre dieser Personen geschützt und die Verbreitung von Bildern, die entstellend wirken oder die den Abgebildeten im Zusammenhang mit der Bildunterschrift oder dem Begleittext der Neugierde und Sensationslust der Öffentlichkeit preisgeben, oder ihn mit Vorgängen in Verbindung bringen, mit denen er nichts zu tun hat, unzulässig. Auch die unautorisierte Verwendung ihrer Bilder zu Werbezwecken verstößt gegen berechtigte Interessen. Eine Verletzung berechtigter Interessen kann aber in einem solchen Fall auch dann vorliegen, wenn ein Bild in einem derartigen Zusammenhang veröffentlicht wird, daß damit dem Abgebildeten eine politische Auffassung unterstellt wird, die er in Wahrheit nicht teilt oder sogar ausdrücklich ablehnt und bekämpft.

Aber auch durch den mit einer Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang stehenden Vorwurf, strafbare Handlungen begangen zu haben, können berechtigte Interessen einer im öffentlichen Leben stehenden, allgemein bekannten Person verletzt werden.

Da die Beurteilung, ob eine Bildnisveröffentlichung berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt wurden, nach objektiven Kriterien und unter Würdigung des Gesamtzusammenhanges erfolgt, kommt es nicht darauf an, was mit der Bildnisveröffentlichung beabsichtigt war oder wie sie vom Betroffenen subjektiv aufgefaßt wurde. Maßgebend ist vielmehr, wie die Art der Veröffentlichung vom Publikum verstanden wird. Dabei ist nur die konkrete Bildgestaltung und der damit im Zusammenhang stehende Text zu berücksichtigen (SZ 60/188 mwN). Wird ein Bild - wie hier - auf der Titelseite eines Buches veröffentlicht, dann ist auch nur die Gestaltung dieser Titelseite maßgebend, nicht aber der sonstige Inhalt des Buches, der in aller Regel nicht die gleiche Publizität wie der zumeist öffentlich ausgestellte, Buchumschlag erreicht. Damit kommt auch dem flüchtigen Betrachter einer Buchpräsentation (Auslage) zugängliche es aber auf die im Vorwort oder in den einzelnen Beiträgen enthaltenen Klarstellungen oder Relativierungen über Zusammenhänge zwischen dem Kläger und dem österreichischen Rechtsextremismus nicht an.

Die vorliegende Fotomontage ist dadurch gekennzeichnet, daß der Kläger gleichsam bewundernd zu der über ihm hängenden, (nur teilweise abgebildeten) Flagge aufblickt. Diese Flagge war zwar kein offizielles Symbol des dritten Reiches, sondern die Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches. Diese Flagge wird aber von einer breiten Öffentlichkeit mit dem Nationalsozialismus und den Neonazis in Verbindung gebracht. In diesem Zusammenhang dürfen die Berichterstattung in den Medien über die deutschen Neonazis, die Verwendung der Reichskriegsflagge bei offiziellen Auftritten durch diese Gruppen, sowie die Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die Verwendung der - keinem Verbot unterliegenden - Reichkriegsflagge unter dem Gesichtspunkt der Störung der öffentlichen Ordnung zu ahnden, nicht außer Acht gelassen werden. Mit einer derartigen Fotomontage wird daher eine Assoziation zu nationalsozialistischem Gedankengut hergestellt und der Eindruck einer Nähe des Abgebildeten zu den Neonazis erweckt. Die dargestellte Art des Aufblickens zu diesem Symbol läßt beim Betrachter die Vermutung aufkommen, daß der abgebildete Kläger unterstellt wird, das hinter diesem Symbol stehende Gedankengut billigt, oder sogar bewundert.

Aber auch durch den Zusammenhang mit dem Buchtitel "Handbuch des Österreichischen Rechtsextremismus" wird derselbe Eindruck über den Kläger erweckt, weil in der breiten Öffentlichkeit zwischen den Begriffen "Rechtsextremismus" und "Nationalsozialismus" und "Neonazitum" (als besondere Erscheinungsformen des Rechtsextremismus) nicht unterschieden wird, wenngleich diese Gleichsetzung objektiv unrichtig ist.

Mit dieser Bildgestaltung bringen die Beklagten zwar ihre politische Meinung über den Kläger zum Ausdruck. Das durch Art 10 Abs 1 MRK verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gilt insbesondere für die politische Debatte. Die Grenzen einer vertretbaren Kritik in bezug auf einen Politiker sind dabei weiter zu ziehen als in bezug auf Privatpersonen; jeder Politiker setzt sich selbst unvermeidlich und willentlich einer genauen Beurteilung jeder seiner Worte und Taten durch Journalisten und das breite Publikum (EGMR 23.5.1991 - Oberschlich, MR 1991, 171), aber auch durch den politischen Gegner (4 Ob 75/94) aus. Die Ausübung dieses Grundrechts kann vom Gesetzgeber gewissen Einschränkungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse bestimmter in Art 10 Abs 2 MRK näher aufgezählter Ziele und Werte unentbehrlich sind. Dazu gehört auch der Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, welcher durch den Schutz der Persönlichkeitsrechte in § 78 UrhG verfolgt wird.

Bildveröffentlichungen von Politikern ehrenrühriger Art, über ihre Privat- oder Intimssphäre, oder solche, mit denen unrichtige Hinweise über ihre politische Ansichten oder der Vorwurf strafbarer Handlungen verbunden werden, können aber nicht durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sein.

Daß der Kläger nationalsozialistisches Gedankengut oder die Machenschaften der Neonazis verherrliche, behaupten die Beklagten weder in dem Sammelwerk noch im Prozeß. Ungeachtet dessen vermittelt aber die beanstandete Lichtbildveröffentlichung diesen Eindruck. Der damit erhobene Vorwurf umfaßt jedoch ein Verhalten, das gegen das Verbotsgesetz verstößt und somit strafbar ist. Eine Bildnisveröffentlichung, welche durch ihre Gestaltung und den beigegebenen Text solche Vorstellungen erweckt, verletzt berechtigte Interessen des Klägers.

Daher war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich in Ansehung des Klägers auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung der Beklagten auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50 ZPO.

Rechtssätze
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