JudikaturJustiz3Ob56/13a

3Ob56/13a – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei D*****, vertreten durch Dr. Thomas Bestebner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei J*****, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, aus Anlass des Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 29. Oktober 2012, GZ 21 R 307/12m 15, womit dem Rekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 31. Mai 2012, GZ 4 C 61/11d 11, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht übermittelt.

Text

Begründung:

Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge immer: Klägerin) verband mit ihrer am 11. November 2011 eingebrachten Unterhaltsklage den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach dem Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge immer: Beklagter) aufgetragen werden soll, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Unterhaltsklage vorläufig einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 150 EUR zu bezahlen.

Mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 (ON 6) trug das Erstgericht dem Beklagten auf, binnen 14 Tagen ab Zustellung des Beschlusses einen Zustellbevollmächtigten im Inland namhaft zu machen. Diesen Beschluss, ferner den Auftrag vom 9. Dezember 2011 (ON 4), sich gemäß § 56 EO binnen 14 Tagen zum Antrag auf Bestimmung eines einstweiligen Unterhalts zu äußern sowie die Unterhaltsklage samt dem Sicherungsantrag ließ das Erstgericht ohne Anschluss einer Übersetzung in die bosnische Sprache im Rechtshilfeweg über das Bundesministerium für Justiz zustellen.

Das Justizministerium von Bosnien und Herzegowina in Sarajevo übermittelte unter Bezugnahme auf das Ersuchschreiben des Bundesministeriums für Justiz vom 23. Jänner 2012 die Erledigungsakten zum Zustellersuchen. Es verwies darauf, dass die Zustellung an den Beklagten laut Schreiben der Justizkommission des zuständigen Distrikts deshalb nicht bewirkt wurde, weil die Postsendung nach Zustellversuchen am 1. und 2. März 2012 mit dem Vermerk der Post „Gennanter verständigt Sendung nicht behoben“ rückübermittelt worden sei.

Die nicht zugestellten Schriftstücke schloss das Justizministerium von Bosnien und Herzegowina an.

Mit Beschluss vom 31. Mai 2012 erließ das Erstgericht eine einstweilige Verfügung, womit es dem Beklagten auftrug, der Klägerin von 11. November 2011 bis 31. Dezember 2011 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 54 EUR und ab 1. Jänner 2012 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 41 EUR zu bezahlen. Das Mehrbegehren wies das Erstgericht ab.

Das Erstgericht stellte seine Entscheidung mit internationalem Rückschein zu; die Sendung wurde jedoch vom Beklagten nicht behoben.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin die die erstinstanzliche Entscheidung (lediglich) dahin bekämpfte, dass der Klägerin für den Zeitraum 11. November 2011 bis 31. Dezember 2011 nicht insgesamt 61,80 EUR und ab 1. Jänner 2012 nicht insgesamt 49,20 EUR zugesprochen wurden, nicht Folge. Es sprach über Zulassungsvorstellung der Klägerin nachträglich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Auch die Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts ist nicht aktenkundig; auch hier wurde die Zustellung mittels internationalem Rückschein versucht; die Sendung wurde als nicht behoben rückgemittelt.

Das gilt auch für den Versuch der Zustellung des Revisionsrekurses der Klägerin an den Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorlage des ordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin an den Obersten Gerichtshof erfolgte verfrüht:

Der Vertrag vom 16. Dezember 1954 zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über den wechselseitigen rechtlichen Verkehr samt Schlussprotokoll (Rechtshilfevertrag) wird zwischen Österreich und Bosnien Herzegowina aufgrund des Prinzips der Kontinuität im Rahmen des Völkerrechts weiter angewendet (10 ObS 347/99y; Bajons in Fasching/Konecny ² Anh B §§ 38 bis 40 JN [Stand 30. November 2010] Rz 3). Eine unmittelbare Zustellung durch die Post von Österreich nach Bosnien Herzegowina ist nicht vorgesehen (10 ObS 347/99y).

Nach Art 14 des Rechtshilfevertrags sind die zuzustellenden Schriftstücke in der Sprache des ersuchten Gerichts abzufassen oder mit einer Übersetzung in diese Sprache zu versehen. Ist das Schriftstück weder in der Sprache des ersuchten Gerichts abgefasst noch mit einer Übersetzung in diese Sprache versehen, so hat sich das ersuchte Gericht darauf zu beschränken, die Zustellung durch Übernahme des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, wenn dieser zur Annahme bereit ist. Daraus ist zu folgern, dass bei Zustellungen in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens entgegen der Regelung des § 12 Abs 2 ZustG eine Hinterlegung ebenso wenig ausreicht wie eine Ersatzzustellung (S engstschmid , Handbuch internationale Rechtshilfe in Zivilverfahren, 203).

Der Rechtshilfevertrag sieht (ebenso wie das HPÜ BGBl 1957/91) eine Zustellung ohne Übersetzung nur an den annahmebereiten Empfänger vor (10 ObS 347/99y).

Da hier die Zustellung laut Schreiben des Justizministeriums von Bosnien und Herzegowina nicht bewirkt werden konnte, weil der Beklagte die Sendung nicht behob, bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er über sein Recht zur Annahmeverweigerung belehrt wurde. Das wäre aber Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zustellung eines für den Empfänger fremdsprachigen, nicht übersetzten Schriftstücks (6 Ob 190/05t).

Daraus folgt, dass bisher im Verfahren keine einzige Zustellung an den Beklagten wirksam war.

Das Erstgericht wird daher zunächst eine ordnungsgemäße Zustellung der Rekursentscheidung und des von der Klägerin erhobenen Revisionsrekurses an den Beklagten zu veranlassen haben. Neben einer aus den dargelegten Gründen erforderlichen Übersetzung dieser beiden Schriftstücke wird auch der Anschluss einer ebenfalls übersetzten Rechtsmittelbelehrung unerlässlich sein.

Der Akt wird somit erst nach Einlangen eines allfälligen Rechtsmittels des Beklagten gegen die Rekursentscheidung bzw einer Revisionsrekursbeantwortung oder nach fruchtlosem Ablauf der durch die Zustellung der Rekursentscheidung bzw des Revisionsrekurses ausgelösten Rechtsmittel (beantwortungs )Frist wieder vorzulegen sein.

Rechtssätze
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