JudikaturJustiz3Ob50/80

3Ob50/80 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. September 1980

Kopf

SZ 53/111

Spruch

Der auf Grund einer einstweiligen Vorkehrung nach § 458 ZPO erwirkten Exekution kann das im Besitzstörungsprozeß eingetretene Ruhen des Verfahrens mit Klage nach § 35 EO entgegengesetzt werden

Der Oppositionsklage ist auch dann stattzugeben, wenn der vollstreckbare Anspruch erst während des Oppositionsprozesses erlischt

OGH 10. September 1980, 3 Ob 50/80 (LG Feldkirch R 144/80; BG Feldkirch C 2341/78)

Text

Mit der im Besitzstörungsverfahren C 1800/78 des Erstgerichtes gemäß § 458 ZPO erlassenen einstweiligen Vorkehrung wurde den Klägern die sofortige Schließung der Tankstelle auf der GP 4940/1 in EZ 459 KG A und die Einstellung jeglichen Betriebes auf dem Tankstellenbereich aufgetragen sowie der Betrieb der Tankstelle und das Betreten des Tankstellenbereiches verboten. Auf Grund dieser einstweiligen Vorkehrung bewilligte das Erstgericht der Beklagten mit Beschluß vom 19. Oktober 1978, E 8019/78, antragsgemäß die Exekution durch Androhung einer Geldstrafe von je 15 000 S für den Fall der Nichteinhaltung des darin erteilten Auftrages und ausgesprochenen Verbotes.

In der vorliegenden, am 7. Dezember 1978 eingebrachten Klage stellen die Kläger das Begehren, den Anspruch aus der vorgenannten einstweiligen Vorkehrung für erloschen oder die Exekution für unwirksam zu erklären. Bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 9. Juli 1979 stützten die Kläger ihre ursprünglich aus einem anderen Gründe erhobene Klage auch darauf, daß im Besitzstörungsverfahren am 12. Jänner 1979 Ruhen des Verfahrens eingetreten sei.

Das Erstgericht erklärte die Exekution für unwirksam, weil wegen des Ruhens des Besitzstörungsverfahrens eine Exekutionsführung nicht mehr gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteige.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Einwendungen, deren Tatbestand erst während des Prozesses eingetreten ist, können, wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargetan hat, trotz der Eventualmaxime im anhängigen Verfahren vorgebracht werden. Das Ruhen des Verfahrens im Besitzstörungsprozeß ist erst am 19. Jänner 1979, also nach Erhebung der vorliegenden Einwendungen, eingetreten und ist daher von der Eventualmaxime nicht betroffen (vgl. SZ 43/124 u. a.).

Den Revisionsausführungen, daß das Besitzstörungsverfahren im Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung noch nicht geruht habe, ist entgegenzuhalten, daß der Oppositionsklage auch dann stattzugeben ist, wenn der vollstreckbare Anspruch erst während des Oppositionsprozesses erlischt, weil gemäß § 406 ZPO der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz maßgebend ist (Heller - Berger - Stix I, 399 f. u. a.).

Das Rechtsschutzinteresse der klagenden Parteien ist nicht nur wegen des von der Revisionswerberin im Verfahren erster Instanz eingenommenen Standpunktes, daß der Exekutionstitel trotz des ruhenden Verfahrens "zu Recht bestehe", sondern vor allem wegen der Aufrechterhaltung der Exekution zu bejahen.

Der auf Grund einer einstweiligen Vorkehrung nach § 458 ZPO erwirkten Exekution kann das Ruhen des Verfahrens - im Besitzstörungsprozeß - mit Klage nach § 35 EO entgegengesetzt werden (Heller - Berger - Stix I, 377; SZ 8/141). Läßt der Besitzstörungskläger wie hier das Verfahren ruhen und beantragt er in der Folge überdies mit der Begründung, daß die Vereinbarung des Ruhens des Verfahrens einer Aufhebung der einstweiligen Vorkehrung gleichkomme, die Ausfolgung der von ihm erlegten Sicherheit, so verzichtet er - schlüssig - auf den ihm durch die einstweilige Vorkehrung eingeräumten Anspruch (vgl. SZ 8/141). Dieser Verzicht kann nur mit Oppositionsklage und nicht mittels eines Aufhebungsantrages nach § 399 Abs. 1 Z. 4 EO geltend gemacht werden. Nach dieser Bestimmung ist die einstweilige Verfügung aufzuheben, wenn der Anspruch berichtigt, rechtskräftig aberkannt oder sein Erlöschen rechtskräftig festgestellt worden ist. Das Erlöschen des Anspruches aus anderen Gründen als durch Erfüllung fällt nicht unter § 399 Abs. 1 Z. 4 EO und kann daher nach Bewilligung der Exekution nur mit Klage nach § 35 EO geltend gemacht werden (Heller - Berger - Stix III, 2884 f.; EvBl. 1962/459). Im übrigen ist unter dem "Anspruch" im Sinne des § 399 Abs. 1 Z. 4 EO nicht der Gegenstand der einstweiligen Vorkehrung, sondern jener der Entscheidung im Hauptprozeß zu verstehen. Es wäre daher auch ein Streit darüber, ob eine durch einstweilige Vorkehrung aufgetragene Verbindlichkeit erfüllt ("berichtigt") worden ist, mangels Verweisung in eine besondere Verfahrensart im Rechtsweg auszutragen. Die von der Revisionswerberin erhobene Einwendung der Unzulässigkeit des Rechtsweges erweist sich daher als unbegrundet.

Rechtssätze
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