JudikaturJustiz3Ob31/97y

3Ob31/97y – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. November 1997

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Verein, ***** vertreten durch Dr.Christine Riess und Dr.Bruno Bernreiter, Rechtsanwälte in Waidhofen/Ybbs, wider die beklagten Parteien 1.) Margaretha T*****,

2.) Martina T*****, vertreten durch Dr.Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,334.656,-- sA und Feststellung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18.Juni 1996, GZ 11 R 97/96g-37, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24.Juli 1995, GZ 14 Cg 70/94f-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das gesamte Klagebegehren abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien, die mit S 261.122,92 (darin S 35.788,82 Umsatzsteuer und S 46.390,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist ein eingetragener Verein, der in E***** ein Ausbildungszentrum für Reiter und Pferde betreibt. Mit Verträgen vom 19.1.1993 stellten die Beklagten ihre Pferde Perci, Mistral, Balalaica, Rusalka, Titania, Valewska, Samsarah und Pan (Beilage A), Sareena, Riskah und Poli (Beilage B), Mignon (Beilage C) und Romero (Beilage D) bei der klagenden Partei zur Unterbringung, Versorgung, Fütterung und Ausbildung ein, wobei für die in Beilage A genannten Tiere pro Pferd eine monatliche Einstellgebühr von S 3.500,-- zuzüglich USt und für die übrigen Pferde eine solche von jeweils S 5.000,-- zuzüglich USt vereinbart wurde. Mit Ausnahme des den Hengst Romero betreffenden Vertrages wurden die Verträge auf zwei Monate befristet. Der Hengst Romero wurde von der klagenden Partei bis Ende Oktober 1993 auch zu Zuchtzwecken "angepachtet", wobei die Beklagten die Deckgebühren für Vollblutaraber-Stuten zur Gänze und die Deckgebühren für von ihnen gebrachte Shagya-Stuten zur Hälfte bekommen sollten, während die klagende Partei die Deckgebühren für die Stuten anderer Rassen, insbesondere für englisches Vollblut und Warmblut zur Gänze erhalten sollte. Als Deckgebühren waren für Vollblutaraber einschließlich USt S 20.000,-- für englisches Vollblut S 10.000,-- und für Warmblut S 7.000,-- vereinbart. Die Beklagten hatten eine Deckgenehmigung des Hengstes Romero für Warmblut und englisches Vollblut zugesagt.

Die klagende Partei begehrte zuletzt in erster Instanz die Zahlung eines Betrages von S 1,334.656,-- samt gestaffelten 12 % Zinsen und stellte dort ein Begehren auf Feststellung der Haftung der Beklagten für alle infolge Nichtzahlung von fälligen Beträgen über die Verzugszinsen hinaus der klagenden Partei entstehenden zukünftigen Schäden. Sie brachte vor, die Einstellverträge seien befristet abgeschlossen und in der Folge nicht verlängert worden, weshalb vereinbarungsgemäß die Bestimmungen der Stall- und Hausordnung für den vertragslosen Zustand zu gelten hätten. Danach hätte die klagende Partei anstelle der vereinbarten Beträge von S 3.500,-- bzw S 5.000,-- monatlich Anspruch auf Zahlung von S 5.280,-- zuzüglich USt pro Pferd und Monat sowie weiterer Aufwendungen für Hufschmied, für Vitamin- und Moortränke sowie für Wurmkuren. Die Stuten Sareena, Riskah und Poli hätten gefohlt. Auch für die Fohlen würden monatliche Kosten von je S 5.280,-- zuzüglich USt begehrt. Im Juni 1993 seien vier Pferde, im Juli 1993 die Stute Riskah samt Fohlen, im August 1993 die Stute Poli samt Fohlen, im September 1993 Rusalka und im Oktober 1993 Sareena samt Fohlen von den Beklagten abgeholt worden, ohne die in der Stall- und Hausordnung vereinbarte fristgerechte Vorankündigung vorzunehmen. Die klagende Partei habe daher nach Abholung der Pferde Anspruch auf ein Ausfallspauschale jeweils in Höhe eines weiteren Monatsbetrages. Im September 1993 seien zwei weitere Pferde Sadik und Pyrit von den Beklagten in den Stall der klagenden Partei gebracht worden. Seit November 1993 seien insgesamt sieben Pferde der Beklagten im Stall der klagenden Partei verblieben. Für die Zeit vom März bis Dezember 1993 ergebe sich unter Berücksichtigung einer Vorauszahlung von S 300.000,-- eine Forderung der klagenden Partei in Höhe von S 391.076,--. Für die Zeit vom Jänner bis April 1994 und vom November 1994 bis Februar 1995 seien weitere Einstellkosten in Höhe von jeweils S 177.424,-- aufgelaufen. Da entgegen der Zusage der Beklagten der Hengst Romero keine Deckerlaubnis für englische Vollblutstuten und für Warmblutstuten gehabt habe, werde ein Verdienstentgang von S 200.000,-- (für zehn Deckungen a S 20.000,--) geltend gemacht. Für die Zeit vom Mai 1994 bis Oktober 1994 seien Kosten von S 266.136,-- entstanden. Weiters habe der Geschäftsführer des klagenden Vereins zufolge einer durch das Fohlen von Poli verursachten Verletzung Anspruch auf Schmerzengeld von S 100.000,--, ferner hätten die Pferde der beklagten Parteien Sachschäden in Höhe von S 22.596,-- verursacht. Der klagenden Partei stehe ein Zurückbehaltungsrecht zu (siehe dazu auch AS 400).

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren, beantragten dessen Abweisung und wandten ein: Die Einstellverträge seien jeweils mündlich erneuert worden. Einstellgebühren nach der Stall- und Hausordnung für einen sogenannten vertragslosen Zustand würden bestritten. Die Stall- und Hausordnung sei nicht Vertragsgegenstand gewesen, darin seien Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes enthalten, die für die Beklagten nachteilig seien und mit denen sie nicht rechnen hätten müssen. Insbesondere sei die darin enthaltene Statuierung eines Zurückbehaltungsrechtes nichtig. Die Beklagten hätten die Einstellgebühren und alle sonstigen vereinbarten Kosten vollständig gezahlt, die klagende Partei habe die in den Einstellverträgen genannten Leistungen nur zum Teil erbracht. Im übrigen wendeten die Beklagten Gegenforderungen in einer zuletzt das Klagebegehren übersteigenden Höhe ein.

Die klagende Partei bestritt die Gegenforderungen unter Hinweis auf ihr Zurückbehaltungsrecht (AS 247).

Das Erstgericht sprach aus, die Klagsforderung bestehe mit S 699.250,-- zu Recht (Punkt 1), die Gegenforderung der erstbeklagten Partei bestehe mit S 305.000 zu Recht (Punkt 2), die beklagten Parteien seien daher zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei S 394.250,-- samt 4 % stufenweiser Zinsen zu bezahlen (Punkt 3), wies das Feststellungsbegehren sowie das Zahlungs- und das Zinsenmehrbegehren ab (Punkt 4) und verurteilte die klagende Partei zum Kostenersatz (Punkt 5). Es ging dabei noch von folgenden weiteren Feststellungen aus:

Die Zweitbeklagte füllte die Formularverträge der klagenden Partei, die als Förderungs-, Ausbildungs-, Vermittlungsvertrag (Förderungs-, Ausbildungs-, Vermittlungs-, Aufnahmevereinbarung) bezeichnet wurden, bezüglich der Namen der Pferde, ihres Alters, ihrer Abstammung, der monatlichen Einstellgebühr sowie der Einstelldauer aus. Helmut L*****, der Geschäftsführer der klagenden Partei, wies bei der Besprechung anläßlich der Unterfertigung der Verträge nicht auf die in § 7 der Musterverträge genannte Stall- und Hausordnung besonders hin. Die Beklagten hatten Kenntnis von einer Stall- und Hausordnung, nahmen jedoch an, daß darin etwa Besuchs- und Fütterungszeiten sowie Rauchverbot geregelt seien. Den Beklagten wurde eine Stall- und Hausordnung der klagenden Partei nicht ausgefolgt, eine Ausfertigung einer solchen war jedoch bei der Einfahrt zum Gelände der klagenden Partei aufgehängt. Helmut L***** hatte die Absicht, vom Hengst Romero englische Vollblut- und Warmblutstuten decken zu lassen, wobei das Entgelt der klagenden Partei zugeflossen wäre. Die Beklagten zahlten bei Vertragsabschluß einen Betrag von S 85.800,-- sowie weiters am5.2.1993 einen Betrag von S 180.000,--, sowie im März und April 1993 weitere S 120.000,--. Vor Ablauf der mit 31.3.1993 befristeten Verträge (Beilagen A bis C) wurde zwischen den Streitteilen über eine Verlängerung oder Abänderung der Verträge nicht gesprochen. Die Beklagten wurden nicht auf die in § 7 der Verträge vorgesehene Anwendung der Stall- und Hausordnung für den "vertragslosen Zustand" hingewiesen, wonach Einstellgebühren von S 5.280,-- zuzüglich USt pro Pferd und Monat vorgesehen sind. Die Streitteile gingen davon aus, daß die befristet abgeschlossenen Verträge auf unbestimmte Zeit verlängert und durch das Abholen der Pferde seitens der Beklagten beendet werden sollten. Dies war bereits bei Vertragsabschluß in diesem Sinn besprochen worden. Die Streitteile einigten sich bei den Zahlungen im April 1993 auf eine Verlängerung der Verträge auf unbestimmte Zeit zu den ursprünglichen Bedingungen.

Die Erstbeklagte hatte am 3.9.1992 mit der klagenden Partei eine Beteiligungsvereinbarung gegen Gewinnbeteiligung und unter Gewährung eines Darlehens von S 270.000,-- unterfertigt, wobei nach einem Jahr ein Betrag von S 305.000,-- zurückzuzahlen gewesen wäre. Vereinbarungsgemäß wäre die Forderung der Erstbeklagten gegen die klagende Partei daher am 3.9.1993 fällig gewesen. Da der Hengst Romero allerdings keine Deckgenehmigung für Stuten der Rassen englisches Vollblut und Warmblut hatte, konnte die klagende Partei die geplanten Deckungen, für die sie bereits Werbung betrieben hatte, nicht durchführen. In der Zeit vom Februar 1993 bis inklusive Oktober 1993 hätten zehn Deckungen von Stuten der Rasse englisches Vollblut gegen eine Decktaxe von je S 10.000,-- durchgeführt werden können. Der klagenden Partei ist hiedurch ein Betrag von S 100.000,-- entgangen.

Die mit den Verträgen vom 19.1.1993 eingestellten Pferde blieben auch nach dem 31.3.1993 im Stall der klagenden Partei, wobei die Stute Sareena im April 1993, die Stuten Riskah und Poli jeweils im Mai 1993 fohlten. Die Beklagten holten im Mai 1993 die Pferde Titania, Balalaica, Mignon und Pan ab, im Juli 1993 wurden Riskah und Poli jeweils samt Fohlen, im September 1993 Rusalka und im Oktober 1993 Sareena samt Fohlen abgeholt. Im September 1993 wurden von den Beklagten die Pferde Sadik und Pyrit bei der klagenden Partei ohne konkrete Absprache über die Kosten und die Dauer eingestellt. Im Oktober 1993 fand eine Besprechung der Streitteile über eine allfällige Verlängerung des Beteiligungsvertrages (mit der Erstbeklagten) und wegen der fehlenden Deckerlaubnis für den Hengst Romero statt. Die Beklagten forderten eine Abrechnung für die Einstellverträge mit ausgewiesener Umsatzsteuer, die allerdings von der klagenden Partei nicht gelegt wurde. Eine konkrete Einigung wurde bei dieser Besprechung nicht erzielt. Erstmals mit Schreiben vom 18.11.1993 (Beilage H) verwies der Geschäftsführer der klagenden Partei auf den Passus "vertragsloser Zustand" in der Stall- und Hausordnung und auf die Einstellgebühr von S 5.280,-- pro Pferd und Monat hin. Er schlug ein Treffen für den 23.11.1993 zur Herbeiführung einer beidseitig zufriedenstellenden Lösung und für die Durchführung der jeweiligen Quartalsabrechnungen vor. Zu diesem Treffen kam es allerdings nicht.

Mit Schreiben vom 4.12.1993 (Beilage I) übersandte der klagende Verein Abrechnungen für die Monate April 1993 bis Dezember 1993, ausgehend von monatlichen Einstellkosten von S 5.280,-- pro Pferd (für Romero von S 5.000,-- von April bis Oktober 1993) ohne gesonderte Ausweisung der Umsatzsteuer. Darin erklärte der klagende Verein weiter, daß er die Moorbeteiligung der Erstbeklagten weiterhin "in Aufrechnung für die weiteren Forderungen, über die sie mein Anwalt beraten wird", behalten werde und daß er bis vollständiger Bezahlung der Abrechnung "das Zurückbehaltungsrecht der Pferde ausspreche". Im Schreiben vom 14.12.1993, Beilage U wurde vom seinerzeitigen Rechtsvertreter des klagenden Vereins folgende Erklärung abgegeben: "Die Ansprüche meiner Mandanten ergeben sich daher wie folgt: 1. Club zur Förderung und Ausbildung von Reiter und Pferd:

restliche Einstellgebühren S 391.076,--

Schadenersatz für nicht mögliche Deckung S 200.000,--

diverse Beschädigungen S 22.000,--

Gesamtbetrag S 613.076,--.

Wie mir meine Mandantschaft weiters berichtet, haben Sie im Rahmen einer beabsichtigten Zusammenarbeit eine Akontoleistung von S 305.000,-- erbracht. Da diese Zusammenarbeit jedoch infolge der zwischenzeitigen Zerwürfnisse nicht möglich sein wird, rechnet meine Mandantschaft hiemit mit ihren Rückforderungsansprüchen in Bezug auf den Betrag von S 305.000,-- auf, sodaß sich ein Restanspruch von S 308.076,-- ergibt."

Mit Schreiben vom 9.12.1993 (Beilage J) erklärte die Zweitbeklagte gegenüber der klagenden Partei die Kündigung aller Einstellverträge per 31.12.1993. Versuche der Beklagten, die Pferde aus dem Stall des Klägers zu nehmen, scheiterten, weil die klagende Partei die Zahlung des offenen Rückstandes, berechnet nach der in der Stall- und Hausordnung festgehaltenen Art mit S 5.280,-- zuzüglich USt pro Pferd und Monat, verlangte und auf das vereinbarte Retentionsrecht verwies.

Für den Zeitraum vom Februar bis Dezember 1993 hielt das Erstgericht - näher aufgeschlüsselt - Einstellkosten von S 489.500,-- zuzüglich 10 % USt, somit von S 538.450,-- für berechtigt. Dabei wurden für die drei Fohlen jeweils S 3.500,-- und für die Pferde Romero, Sadik und Pyrit jeweils S 5.000,-- pro Monat berücksichtigt.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, mit Rücksicht darauf, daß die abgeschlossenen Verträge jeweils verlängert worden seien, fehle es an dem vertragslosen Zustand, sodaß der klagenden Partei kein Anspruch auf Zahlung von S 5.280,-- pro Pferd und Monat ab April 1993 zuzüglich USt und Nebenkosten zustehe. Es sei von der Verlängerung der Verträge auszugehen, nach denen Nebenkosten für Hufschmied, Vitamintränke usw nicht gesondert vereinbart worden seien. Gemäß § 471 ABGB stehe der klagenden Partei ab 1994 für den für die Pferde getätigten Aufwand ein Zurückbehaltungsrecht zu. Eine Prüfung, ob das in der Stall- und Hausordnung statuierte Zurückbehaltungsrecht wirksam vereinbart worden sei, sei deshalb entbehrlich. Die Einschränkung des § 1440 ABGB für den entgeltlichen Verwahrungsvertrag gelte im vorliegenden Fall nicht, weil die klagende Partei nicht nur zur Verwahrung, sondern auch zur Fütterung, zum Training und zur Ausbildung der ihr übergebenen Pferde verpflichtet gewesen sei. Die klagende Partei habe zu Recht ihr Zurückbehaltungsrecht ausgeübt und die Pferde nicht nur zu füttern, sondern auch zu trainieren und weiter auszubilden gehabt. Da die Beklagten eine Sicherheitsleistung nicht angeboten hätten, seien die für Jänner 1994 bis Februar 1995 begehrten Beträge berechtigt. Die Kosten der Aufwendungen für die zurückgehaltenen Pferde seien gemäß § 273 ZPO ohne Beiziehung eines Sachverständigen zu ermitteln gewesen.

Berechtigt sei das Verdienstentgangsbegehren der klagenden Partei wegen des Fehlens der zugesagten Eigenschaft des Hengstes Romero für die Deckung von englischen Vollblut- und Warmblutstuten. Die Beklagten hätten ein fehlendes Verschulden nach § 1298 ABGB gar nicht nachgewiesen. Der Verdienstentgang aus zumindest zehn vornehmbar gewesenen Deckungen stelle einen positiven Schaden dar. Die klagende Partei hätte unter Berücksichtigung der Decktaxe von S 10.000,-- einen Verdienst von S 100.000,-- erzielt.

Von den Gegenforderungen der beklagten Partei sei lediglich die unbestrittene Forderung der Erstbeklagten von S 305.000,-- aus dem Beteiligungsvertrag berechtigt. Eine von der klagenden Partei behauptete außergerichtliche Aufrechnung mit anderen als im Prozeß geltend gemachten Forderungen der klagenden Partei habe nicht festgestellt werden können. Mit Rücksicht auf die berechtigte Ausübung des Retentionsrechtes durch die klagende Partei seien die übrigen Gegenforderungen der Beklagten, welche auf die Nichtherausgabe ihrer Pferde gestützt worden seien, nicht berechtigt.

Die klagende Partei habe demnach für das Jahr 1993 Anspruch auf Zahlung eines Betrages von S 152.650,-- (S 538.450,-- abzüglich geleisteter Zahlungen von S 385.800,--), für den Zeitraum von Jänner bis April 1994 auf S 227.600,-- (Einstellkosten für sieben Pferde zuzüglich Verdienstentgang von S 100.000,--) und von Mai 1994 bis Februar 1995 auf weitere S 390.000,-- (Einstellkosten für sieben Pferde), somit einen Anspruch auf insgesamt S 699.250,--. Die Gegenforderung der Erstbeklagten von S 305.000,-- vermindere den Anspruch der klagenden Partei um diesen Betrag.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte infolge von Berufungen beider Parteien - die klagende Partei bekämpfte nur die Abweisung eines Betrages von S 500.000,-- - das erstgerichtliche Urteil und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig. Es befand das erstinstanzliche Verfahren als mängelfrei, übernahm auch die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte im wesentlichen auch dessen rechtliche Beurteilung. Entgegen den Berufungsausführungen der Beklagten habe der klagende Verein in erster Instanz ein Zurückbehaltungsrecht vorgebracht, dieses sei auch mit den Parteien vom Erstgericht erörtert worden, sodaß insoweit von überschießenden Feststellungen des Erstgerichtes nicht die Rede sein könne. Hier liege kein reiner Verwahrungsvertrag vor, vielmehr liege das Schwergewicht der Einstellverträge in der Versorgung, Fütterung und Ausbildung der Pferde. Der Auffassung des Erstgerichtes und der von diesem zitierten Judikatur sei beizupflichten, daß die klagende Partei für ihre getätigten Aufwendungen vom Zurückbehaltungsrecht des § 471 ABGB Gebrauch machen konnte. Demnach sei von einer berechtigten Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes durch die klagende Partei jedenfalls nach § 471 ABGB, auszugehen. Nach den Feststellungen habe die klagende Partei den Hengst Romero zu Zuchtzwecken angepachtet, wobei im Zeitraum vom Februar bis Oktober 1993 zehn Deckungen von Stuten der Rasse englisches Vollblut durchgeführt hätten werden können. Da entgegen der Zusage der Beklagten der Hengst Romero die erforderliche Deckgenehmigung nicht gehabt habe, bestünden gegen den Zuspruch an Verdienstentgang von S 100.000,-- keine rechtlichen Bedenken.

Weder die klagende Partei, noch die Beklagten hätten im erstinstanzlichen Verfahren ein Vorbringen bezüglich einer außergerichtlichen Aufrechnung der Forderungen aus der Einstellung der Pferde mit den Forderungen der Erstbeklagten auf S 305.000,-- erstattet. Auch bei der Besprechung der Streitteile im Oktober 1993 sei eine Einigung nicht erzielt worden. Daß hiebei von den Beklagten eine außergerichtliche Aufrechnungserklärung erhoben worden sei, sei nicht behauptet worden. Ein Vorbringen dahin, daß die Ausübung des Retentionsrechtes durch die klagende Partei deshalb zu Unrecht erfolgt sei, weil deren Forderungen aufgrund der Einstellung der Pferde durch die Gegenforderung der Erstbeklagten von S 305.000,-- erloschen sei, sei nicht erstattet worden. Da eine Aufrechnung nur durch Erklärung und nicht ipso iure eintrete, komme den Berufungsausführungen, es sei ein außergerichtliche Aufrechnung der Forderungen der klagenden Partei mit jener der Erstbeklagten von S 305.000,-- erfolgt, keine Berechtigung zu. Eine prozessuale Aufrechnung der in der Tagsatzung vom 8.2.1995 (ON 12 S 39) geltend gemachten Gegenforderung von S 305.000,-- aus dem Beteiligungsvertrag habe das Erstgericht ohnedies im Urteilsspruch vorgenommen. Das Vorbringen in der Berufung, daß die Aufrechnung der Gegenforderung von S 305.000,-- zu einer Tilgung von noch offenen Einstellungskosten der klagenden Partei geführt hätte, sodaß die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes rechtswidrig gewesen sei, stelle eine im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung dar. Auf allfällige überschießende Feststellungen, die nicht im Parteivorbringen Deckung fänden, sei nicht Bedacht zu nehmen.

Rechtliche Beurteilung

Nur die Beklagten bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision. Diese ist schon deshalb zulässig, weil das Berufungsgericht einen vom Erstgericht festgestellten, unbekämpft gebliebenen Sachverhalt unberücksichtigt ließ.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 8.2.1995 wurde nicht nur außer Streit gestellt, daß die klagende Partei der Erstbeklagten aus einer Beteiligungsvereinbarung S 305.000 schulde, es wurde von der klagenden Partei auch vorgebracht, sie habe diese Forderung der Erstbeklagten zur Aufrechnung herangezogen, dies allerdings mit nicht näher bezeichneten Forderungen ihrerseits, die nicht Gegestand des Verfahrens seien. Das Erstgericht hat darüber hinaus aber festgestellt, der Vertreter der klagenden Partei habe mit Schreiben vom 14.12.1993 eben diese Gegenforderung bei Errechnung der dem klagenden Verein zustehenden Einstellgebühren (nach seiner Berechnung S 391.076) und der bereits fälligen Schadenersatzforderung (von S 200.000) aufgerechnet und damit in Abzug gebracht. Diese (überschießende) Feststellung hielt sich aber durchaus im Rahmen des beiderseitigen Vorbringens, sodaß sie bei der rechtlichen Beurteilung nicht unberücksichtigt bleiben durfte. Dazu kommt, daß die Beklagten ohnedies eine (allerdings bereits durch Aufrechnung getilgte) Gegenforderung von S 305.000 in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 8.2.1995 aufrechnungsweise einwendeten. Wäre die Aufrechnung nicht bereits durch die klagende Partei erfolgt gewesen, hätte die Aufrechnung auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage, das ist jener, in dem sich die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstanden, zurückgewirkt (Rummel in Rummel**2 Rz 14 zu § 1438 ABGB mwN).

Nun wäre ohne Aufrechnung, wie bereits rechtskräftig fest steht, per 31.12.1993 dem klagenden Verein der Betrag von S 152.650 an Einstellgebühren und eine Schadenersatzforderung von S 100.000 insgesamt also S 252.650 zugestanden. Infolge der von der klagenden Partei am 14.12.1993 vorgenommenen - in der Klage allerdings unberücksichtigt gebliebenen - Aufrechnung schuldeten die Beklagten, wie sie im Laufe des Verfahrens wiederholt vorbrachten, mit Vertragsende 31.12.1993 der klagenden Partei nichts.

Schon aus diesem Grund stand der klagenden Partei ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu. Die klagende Partei wäre daher verpflichtet gewesen, den Beklagten, wie sie dies wiederholt zu erreichen versuchten, die Pferde herauszugeben. Die klagende Partei kann daher hinsichtlich ihres Aufwandersatzes ab 1.1.1994 nicht für sich in Anspruch nehmen, wie ein Verwahrer behandelt zu werden (vgl Soergel/Manfred Wolf Rz 67 zu § 273 BGB). Diese ihre Verwahrerstellung ergäbe sich im übrigen auch aus einer analogen Anwendung von § 451 Abs 1 ABGB ("in Verwahrung nehmen" und § 459 ABGB genau bewahren"; siehe dazu Binder in Schwimmann**2 Rz 22 zu § 957 ABGB) und den Umfang des Ersatzanspruches bei Vornahme einer Privatpfändung nach § 1321 ABGB (Wolff in Klang**2 VI 118; Ehrenzweig I/2**2 420 und Stubenrauch8 II 684). Hätte die klagende Partei zu Recht ihr Retentionsrecht ausgeübt, wären die Beklagten in sinngemäßer Anwendung des § 967 ABGB verpflichtet gewesen, die zur Erhaltung aufgewendeten Kosten und eine Abgeltung für ihre Mühewaltung zu ersetzen. Die Höhe dieses Ersatzes hätte sich mangels vertraglicher Regelung nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt (Binder aaO Rz 1 zu § 967 ABGB; Gschnitzer in Klang**2 IV/1 653). Nun stellte sich aber heraus, daß der klagenden Partei ein Retentionsrecht nicht zustand und sie somit rechtswidrig die Herausgabe der Pferde an die darauf drängenden Beklagten ablehnte. Damit war aber die klagende Partei zu einem Geschäftsführer gegen den Willen der Beklagten (§ 1040 ABGB) geworden. Einen Aufwandersatz kann sie daher nicht geltend machen.

Es erweist sich demnach auch die restliche Klagsforderung als nicht berechtigt, sodaß ohne daß auf die Gegenforderungen eingegangen werden mußte, in Stattgebung der außerordentlichen Revision auch das restliche Klagebegehren abzuweisen ist.

Der Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO. Dabei konnte von den zum Teil unter den berechtigten Ansätzen liegenden Kostenverzeichnissen der Beklagten ausgegangen werden: Dies ergab für das erstinstanzliche Verfahren Kosten von S 129.634,50 (einschließlich S 21.605,75 Umsatzsteuer), für das Berufungsverfahren Kosten von S 80.871,92 (einschließlich S 10.165,32 Umsatzsteuer und S 19.880,-- Barauslagen) und für das Revisionsverfahren Kosten von S 50.616,50 (einschließlich S 4.017,75 Umsatzsteuer und S 26.510,-- Barauslagen), insgesamt daher den im Spruch ersichtlichen Kostenzuspruch.