JudikaturJustiz3Ob308/99m

3Ob308/99m – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei I*****, vertreten durch Dr. Ernst Gruber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Schneider Schneider, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Erwirkung einer unvertretbaren Handlung (§ 354 EO), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. August 1999, GZ 46 R 1360/99m-9, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Dem Rekurs der verpflichteten Partei Folge gebend wies das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag der betreibenden Partei, ihr zur Erwirkung der Erstellung des Lageberichtes zum Jahresabschluss 1996 und der Übersendung einer Abschrift davon die Exekution zu bewilligen, ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Dies begründete es im Wesentlichen damit, dass nach dem den Exekutionstitel bildenden Titel eines Firmenbuchgerichtes der Geschäftsführer und nicht die verpflichtete GmbH selbst zu bestimmten Leistungen verpflichtet sei. Gegen letztere könne somit nicht die Exekution bewilligt werden. Zudem fehle es dem Exekutionsantrag an der erforderlichen Bestimmtheit.

Noch vor Fällung der Rekursentscheidung hatte die verpflichtete Partei die Einstellung der Exekution nach § 40 EO mit der Begründung begehrt, dass sie der betreibenden Partei einen von ihrem Geschäftsführer unterfertigten Jahresabschluss übersendet habe. Diesen Antrag stellte das Erstgericht der betreibenden Partei mit dem JUTEXT-Formblatt E Auff 1 zur Äußerung binnen 14 Tagen zu. Darin wird darauf hingewiesen, dass mangels Äußerung angenommen werde, dass der Aufgeforderte dem Antrag zustimme. Die Äußerungsfrist verstrich ungenutzt (noch vor Ergehen der Rekursentscheidung). Noch vor Zustellung des Äußerungsantrages stellte die betreibende Partei selbst einen Einstellungsantrag "nach § 200 EO". Über diese Anträge wurde bisher nicht entschieden.

Der von der betreibenden Partei gegen die angeführte Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer voraus, die noch zur Zeit der Rechtsmittelentscheidung vorliegen muss, widrigenfalls das Rechtsmittel zurückzuweisen ist (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 9 vor § 461 mN). Im Fall der Einstellung der Exekution ist die Frage, ob diese richtigerweise zu bewilligen gewesen wäre, nur noch von theoretischer Bedeutung. Schon mehrmals wurde ausgesprochen, dass in den Fällen, in denen eine andere Entscheidung als die Bewilligung denkunmöglich ist (so etwa im Fall eines von beiden Parteien gemeinsam gestellten Einstellungsantrages), ein Antrag, dessen Bewilligung bei einem Rechtsmittel zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses führt, dasselbe schon vor dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag bewirkt (3 Ob 119/92; 3 Ob 100/92; 3 Ob 125, 1123-1126/93; 3 Ob 254/97t). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil die betreibende Partei wegen ihrer Nichtäußerung zum Einstellungsantrag nach § 40 EO als diesem zustimmend zu behandeln ist (§ 56 Abs 3 EO), zumal sie selbst die Einstellung der Exekution beantragt hat. Es ist somit von einem gemeinsamen Antrag der Parteien auszugehen, der denknotwendig zur Einstellung durch das Erstgericht führen muss. Der betreibenden Partei fehlt daher die Beschwer zur Bekämpfung der ihren Exekutionsantrag abweisenden Rekursentscheidung.

Daran vermögen auch die im außerordentlichen Revisionsrekurs vorgebrachten Argument nichts zu ändern. Eine Bindungswirkung der angefochtenen Entscheidung ist zu verneinen. Da sich der Titel nur auf einen konkreten Jahresabschluss samt Lagebericht bezieht und die betreibende Partei selbst zugibt, die verpflichtete Partei sei ihrer angeblichen, nur einmal zu erfüllenden Leistungspflicht nachgekommen, kommt eine neuerliche Exekutionsführung daraus nicht mehr in Betracht. Ob die verpflichtete Partei nach dem Titel zur Leistung verpflichtet war oder nicht, wurde entgegen der Ansicht der betreibenden Partei nur für das vorliegende Exekutionsverfahren als Vorfrage beurteilt und keineswegs mit Bindungswirkung für einen allfälligen Schadenersatzprozess entschieden, setzt doch auch der bindungsfreundlichere Teil der Judikatur in so einem Fall einen im Gesetz begründeten so nahen Sachzusammenhang voraus, dass die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie einer widersprechende Beantwortung derselben Rechtsfrage entgegenstehen (vgl etwa SZ 68/103 mwN). Davon kann aber hier keine Rede sein. Dass die Verpflichtung an sich nicht die verpflichtete Partei treffe, sondern deren Geschäftsführer, ist dem angefochtenen Beschluss ohnehin nicht zu entnehmen und es hätte im Übrigen auch eine solche Rechtsansicht keine Bindungswirkung.

Rechtssätze
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