JudikaturJustiz3Ob302/98b

3Ob302/98b – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. März 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Margarethe L*****, vertreten durch Dr. Gerald Gärtner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die Gegnerin der gefährdeten Partei Christina L*****, vertreten durch Dr. Angela Lenzi und Dr. Dirk Just, Rechtsanwälte in Wien, wegen einstweiliger Verfügung (Streitwert S 490.000), infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 22. September 1998, GZ 1 R 412/98i-6, berichtigt mit Beschluß vom 20. Oktober 1998, GZ 1 R 412/98i-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 16. Juni 1998, GZ 12 C 896/98h-2, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die gefährdete Partei ist schuldig, ihrer Gegnerin die mit S 21.375 (darin enthalten S 3.562,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Gegnerin der gefährdeten Partei ist Alleineigentümerin einer Liegenschaft, auf der ein Wohnhaus errichtet ist. Unter TZ 7119/1997 war die Rangordnung für die Veräußerung bis 13. 6. 1998 angemerkt.

Die gefährdete Partei brachte am 15. 6. 1998 den Antrag ein, der Gegnerin mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, diese Liegenschaft samt dem darauf errichteten Wohnhaus zu veräußern und zu belasten; das Erstgericht wolle als Grundbuchsgericht dieses Verbot anmerken und die Beteiligten davon verständigen; die einstweilige Verfügung wolle für die Zeit bewilligt werden, bis die gefährdete Partei ihren Anspruch durch ein rechtskräftiges Urteil sichern kann.

Zur Begründung brachte die gefährdete Partei vor, sie habe der Gegnerin, ihrer Enkelin, erhebliche Geldmittel für den Kauf der Liegenschaft und die Errichtung des Rohbaus zur Verfügung gestellt (S 1,530.000). Sie habe mit ihrer Enkelin vereinbart, daß sie als Gegenleistung Eigentümerin der Erdgeschoßwohnung in dem neu entstehenden Haus sein werde. Nun müsse sie feststellen, daß ihre Enkelin den Verkauf des Hauses beabsichtige und sogar schon mehrmals inseriert habe. Sie sei sogar anwaltlich zur Räumung der von ihr seit Jahren bewohnten Erdgeschoßwohnung aufgefordert worden. Da dies auch mit einer Rangordnung im Grundbuch angemerkt worden sei, sehe sie sich sowohl um ihr Geld geprellt als auch ihr Wohnbedürfnis aufs äußerste gefährdert. Pfandrechte belasteten die Liegenschaft weit über ihren Verkehrswert; daher liege eine Gefährdung ihres außerbücherlichen Eigentumsrechtes vor. Sie sehe sich daher gezwungen, eine Klage auf Einräumung von Mit- bzw Wohnungseigentum einzubringen.

Das Erstgericht erließ ohne vorherige Anhörung der Gegnerin der gefährdeten Partei die einstweilige Verfügung mit dem beantragten Veräußerungs- und Belastungsverbot, setzte zur Einbringung der Klage hinsichtlich der Ansprüche auf Miteigentum bzw Wohnungseigentum eine Frist bis 1. 9. 1998 und verfügte die Anmerkung des einstweiligen Belastungs- und Veräußerungsverbotes im Grundbuch.

Es nahm als bescheinigt an, daß die Gegnerin der gefährdeten Partei dieser das Eigentum an der Erdgeschoßwohnung zugesichert habe; die Gegnerin der gefährdeten Partei habe die Absicht, die Liegenschaft samt Wohnhaus zu verkaufen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, aufgrund des bescheinigten Sachverhaltes sei eine Gefährdung des Anspruchs der Antragstellerin im Sinn des § 381 EO gegeben, weil sie bei einem gutgläubigen Erwerb durch einen Dritten ihre Ansprüche hinsichtlich des Eigentums an der Liegenschaft womöglich nicht mehr durchsetzen könnte. Zur Verhinderung der Gefährdung des Anspruchs der Antragstellerin sei daher das beantragte Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 382 Z 6 EO zu erlassen und gemäß § 384 Abs 2 EO die bücherliche Anmerkung des Verbots anzuordnen.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß infolge Rekurses der Gegnerin der gefährdeten Partei dahin ab, daß der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abgewiesen wurde; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage, ob die Sicherungsfähigkeit des Begehrens des Wohnungseigentumsbewerbers auf Feststellung des Übereignungsanspruches (vor Nutzwertfestsetzung) auch auf Konstellationen außerhalb des § 23 WEG ausgedehnt werden kann, bislang keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege.

Zur Begründung der Abweisung des Sicherungsantrags führte das Rekursgericht aus, der Anspruch auf Verschaffung des Wohnungseigentumsrechtes, nur um ein solches könne es sich nach dem Vorbringen der gefährdeten Partei im Zusammenhalt mit der schriftlichen "Versicherung" vom 6. 7. 1987 handeln, stelle einen sicherungsfähigen Anspruch im Sinn des § 381 EO dar, zu dessen Sicherung auch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot erlassen werden könne. Die (grundbücherliche) Anmerkung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes (§ 382 Abs 1 Z 6 EO) habe sich jedoch auf die auf die jeweilige Wohnung bezüglichen Mit- bzw Mindestanteile zu beschränken; eine Ausdehnung auch auf die anderen im Eigentum des Gegners stehenden Liegenschaftsanteile sei unzulässig. Bei Fehlen einer Nutzwertfestsetzung im Sinn der §§ 3 ff, § 26 Abs 1 Z 1 und Abs 3 WEG werde von der Rechtsprechung sogar die ungefähre Bescheinigung der auf die bestimmt bezeichnete Wohnung bezüglich Miteigentumsanteile als ausreichend angesehen, weil die mangelnde volle Bescheinigung durch Sicherheitsleistung ausgeglichen und es dem Antragsgegner überlassen werden könne, geeignete Anträge nach § 399 EO zu stellen. Hier habe aber die gefährdete Partei ihren behaupteten Übereignungsanspruch weder durch Anführung bestimmter Kriterien zur Bestimmung des Nutzwertes der von ihr beanspruchten Erdgeschoßwohnung und darauf beruhende Schätzungen zu erläutern noch durch irgendwelche Bescheinigungsmittel glaubhaft zu machen versucht. Auch aus der anspruchsbegründenden "Versicherung" ergäben sich keinerlei diesbezügliche Hinweise. Die gefährdete Partei habe es daher unterlassen, durch Bescheinigung des ungefähren Ausmaßes ihres Anspruchs auf Überlassung bestimmter Miteigentumsanteile an der Liegenschaft dem Bestimmtheitserfordernis Rechnung zu tragen. Die bücherliche Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes komme jedenfalls nicht in Frage.

Zu prüfen bleibe, inwiefern die Erlassung eines nicht verbücherbaren Verfügungs- oder Veräußerungsverbots (§ 382 Z 5 EO) möglich erscheine. In der Entscheidung Miet 33.754/28 habe der Oberste Gerichtshof eine solche Möglichkeit bejaht; in diesem Fall sei es um die Sicherung des klagsweise geltend gemachten Anspruchs auf Unterfertigung eines inhaltlich bestimmt angeführten, verbücherungsfähigen Kaufvertrags gegangen. Hier sei aber zu beachten, daß - jedenfalls derzeit - eine Leistungsklage (auf Unterfertigung eines verbücherungsfähigen Vertrags) seitens der gefährdeten Partei mangels Parifizierung und Nutzwertfestsetzung nicht möglich sein werde, sondern nur eine Feststellungsklage, daß der gefährdeten Partei das Wohnungseigentum ob der Erdgeschoßwohnung auf dieser Liegenschaft zukomme. Die Rechtsprechung habe nun verschiedentlich ausnahmsweise auch im Zusammenhang mit einem Begehren auf Feststellung des Übereignungsanspruchs die Sicherung eines solchen Feststellungsbegehrens durch einstweilige Verfügung zugelassen, dies jedoch stets mit dem besonderen gesetzlichen Schutz des Anwartschaftsrechtes des Wohnungseigentumsbewerbers begründet. Der gefährdeten Partei komme dieser besondere Schutz jedoch nicht zu, weil sie weder Wohnungseigentumsbewerberin noch ihre Gegnerin Wohnungseigentumsorganisatorin (§ 23 WEG) sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei ist nicht berechtigt.

Die gefährdete Partei stützt ihren Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit dem Verbot der Veräußerung und Belastung einer Liegenschaft (§ 382 Abs 1 Z 6 EO) auf die Zusage ihrer Gegnerin, ihrer Enkelin, ihr das Eigentum an der Erdgeschoßwohnung einzuräumen; sie habe ihrer Enkelin erhebliche Mittel (S 1,530.000) für den Erwerb der Liegenschaft und für die Errichtung des Rohbaus zur Verfügung gestellt; sie sehe sich um ihr Geld geprellt und ihr Wohnbedürfnis aufs äußerste gefährdet, weil ihre Enkelin beabsichtige, das Haus zu verkaufen und sie schon anwaltlich zur Räumung der Erdgeschoßwohnung aufgefordert habe.

Das in § 382 Abs 1 Z 6 EO vorgesehene Sicherungsmittel des Verbots der Veräußerung und Belastung einer unbeweglichen Sache an Dritte dient ua der Sicherung des Anspruchs auf Einräumung des Eigentums. Da die gefährdete Partei einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der ganzen Liegenschaft nicht behauptet, kann ein Veräußerungs- und Belastungsverbot nicht bezüglich der ganzen Liegenschaft angeordnet werden (Miet 33.755; EvBl 1964/431 ua).

Die gefährdete Partei hält zwar auch im Revisionsrekursverfahren ihren darauf gerichteten Antrag aufrecht, meint jedoch, die beantragte einstweilige Verfügung müsse jedenfalls im eingeschränkten Umfang erlassen werden. Dem ist vor allem entgegenzuhalten, daß nach § 389 Abs 1 EO die gefährdete Partei im Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung unter anderem den von ihr behaupteten Anspruch genau bezeichnen muß. Bezieht sich dieser Anspruch nur auf einen Miteigentumsanteil an einer Liegenschaft, erfordert diese Regelung aber, daß die Größe des Miteigentumsanteils im Antrag angegeben wird. Das Fehlen dieser Angabe kann entgegen der von der gefährdeten Partei vertretenen Meinung nicht gemäß § 390 Abs 1 EO durch die Anordnung einer Sicherheitsleistung ausgeglichen werden, weil dadurch nur eine ausreichende Bescheinigung, nicht aber auch ein ausreichendes Vorbringen (vgl die Worte: "des von der antragstellenden Partei behaupteten Anspruches") ersetzt werden kann. Es kann daher die Sicherheitsleistung nur bewirken, daß die gefährdete Partei nicht bescheinigen muß, daß sie Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem von ihr bezeichneten Liegenschaftsanteil genau in der angeführten Größe hat (zumal ihr die Bestimmung dieser Größe oft noch nicht möglich sein wird), sie erlaubt es aber nicht, daß ein solcher Anteil im Sicherungsantrag überhaupt nicht angegeben und vom Gericht bestimmt wird.

Hier ist von der vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Zusicherung im Schreiben vom 6. 7. 1987 auszugehen, wonach die Gegnerin der gefährdeten Partei dieser das "Eigentum an der Erdgeschoßwohnung" zugesichert hat. Die gefährdete Partei kündigt zwar im Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung an, sie sehe sich gezwungen, eine "Klage auf Einräumung von Mit- bzw Wohnungseigentum" einzubringen; aus ihrem Vorbringen in erster Instanz ergibt sich jedoch kein konkreter Anhaltspunkt, daß die Begründung von Wohnungseigentum beabsichtigt wäre; dies betont die gefährdete Partei auch im Revisionsrekurs: Das Haus bestehe (erkenntlich aus der Annonce) aus Erdgeschoß und einem Stock, es sei, da es sich ja um Familienmitglieder handle, durchaus üblich, nicht Wohnungseigentum zu begründen, sondern schlichtweg ideelles Miteigentum zu bilden. Die gefährdete Partei hält somit nicht mehr aufrecht, daß ihr ein Anspruch auf Einräumung von Wohnungseigentum zustünde. Es muß daher nicht erörtert werden, ob es andernfalls ausreicht, daß statt des Miteigentums die Wohnung, die den Gegenstand des behaupteten Anspruchs auf Einräumung des Wohnungseigentums bildet, im Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung genau bezeichnet wird (vgl Miet Bd 45/30), und ob die gefährdete Partei hier einer solchen Forderung entsprochen hätte.

Damit hat die gefährdete Partei den Umfang des von ihr behaupteten Übereignungsanspruchs in keiner Weise ausreichend genau bezeichnet und im übrigen auch nicht bescheinigt. Es kommt daher die bücherliche Anmerkung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes, aber auch die Erlassung eines bloß obligatorischen, nicht verbücherbaren Veräußerungs- und Belastungsverbotes nicht in Betracht (vgl Miet 33.754/28; Miet 33.755 ua).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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