JudikaturJustiz3Ob259/01m

3Ob259/01m – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Patei N*****, vertreten durch Hofbauer, Krömer Nusterer, Rechtsanwälte-Partnerschaft in St. Pölten, wider die verpflichtete Partei Richard W*****, wegen Zwangsversteigerung, infolge Revisionsrekurses der Übernehmerin D***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. November 1998, GZ 46 R 1399/98w-184, womit infolge Rekurses der Ingrid W*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 25. Juni 1998, GZ 21 E 25/95x-164, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird dahin Folge gegeben, dass der Punkt III. 2. des erstgerichtlichen Beschlusses mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass die Worte "Einverleibung der" entfallen. Das Bezirksgericht Döbling als Grundbuchsgericht hat die bewilligte Löschung im Grundbuch einzutragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte der Übernehmerin im Zwangsversteigerungsverfahren u.a. zu Punkt III. 2. seines Beschlusses vom 25. 6. 1998 die Einverleibung der Löschung eines (richterlichen) Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbots. Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht, soweit noch von Bedeutung für die zu fällende Entscheidung, dem Rekurs der früheren Ehefrau des Verpflichteten insoweit Folge, als es das genannte Teilbegehren in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung abwies. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands S 260.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Es ging in seiner Begründung davon aus, dass in dem nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe des Verpflichteten durchgeführten Aufteilungsverfahren die geschiedene Ehefrau eine einstweilige Verfügung (EV) zur Sicherung ihres Anspruchs auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse erwirkt habe, welche ein Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbot (betreffend die versteigerte Liegenschaft) umfasst hatte. Dieses Verbot (welches auch im Grundbuch angemerkt wurde) sei der Übernahme nach § 200 Z 1 EO nicht entgegengestanden, weil nach § 384 Abs 3 EO nur freiwillige Verfügungen des Gegners der gefährdeten Partei, die der EV zuwiderlaufen, kein Recht bewirkten, während sie dem Erwerb von Rechten im Weg der Exekution nicht entgegenstehe. Mit Beschluss des Erstgerichts vom 4. 3. 1998 wurde die Vormerkung des Eigentumsrechts der Übernehmerin angeordnet.

Das Rekursgericht bejahte die Beschwer der geschiedenen Ehefrau des Verpflichteten durch die Löschung der genannten Verbote sowie ihre Rekurslegitimation und folgte (soweit noch wesentlich) ihrer Rechtsansicht.

Die Aufhebung der EV obliege gemäß § 399 Abs 2 EO nicht dem Grundbuchsgericht, sondern dem Gericht, bei dem der Antrag auf Bewilligung der EV eingebracht worden sei. Ein solcher Beschluss sei bisher nicht erlassen worden. Ebensowenig lägen einverleibungsfähige Urkunden vor, auf Grund welcher die Löschung des Verbots in die Wege geleitet werden könne. Es bestehe daher keine Handhabe, die Löschung zu bewilligen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Übernehmerin im Verfahren über die EV keine Parteistellung zukomme. Es bleibe ihr unbenommen, sich an den bücherlichen Vormann zwecks Aufhebung der EV zu halten oder ihre Ansprüche zwar nicht im Verfahren über die Aufhebung der EV, aber auf andere geeignete Weise gegenüber der Rekurswerberin geltend zu machen (siehe dazu 5 Ob 260/63). Diese Rechtslage habe auch auf den gegenständlichen Antrag nach § 237 EO Anwendung zu finden.

Gegen den abändernden Teil der Rekursentscheidung richtet sich der (dem Obersten Gerichtshof erst seit 18. 10. 2001 vorliegende) Revisionsrekurs der Übernehmerin, mit dem sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses begehrt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Bei der Beurteilung der folgenden Rechtsfrage ist zunächst davon auszugehen, dass die EV, auf Grund derer die grundbücherliche Anmerkung des Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbots erfolgte, gegen den Verpflichteten erging, der nun zufolge des erstinstanzlichen Beschlusses nicht mehr als Eigentümer der Liegenschaft im Grundbuch eingetragen ist. Allein dieser Umstand rechtfertigt, wie noch darzulegen sein wird, die Löschung der Anmerkung des Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbots, das die geschiedene Ehefrau des Verpflichteten gegen diesen erwirkt hatte.

Nach § 237 Abs 1 EO kann der Ersteher schon vor Erledigung der Meistbotsverteilung beim Exekutionsgericht um die bücherliche Einverleibung seines mit dem Zuschlag erworbenen Eigentumsrechts ansuchen und gleichzeitig um die Löschung der Anmerkung der Versteigerung, der Zuschlagserteilung und aller übrigen auf das Versteigerungsverfahren bezüglichen bücherlichen Anmerkungen. Voraussetzung ist nur der Nachweis der rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Erfüllung aller Versteigerungsbedingungen. Lediglich die Löschung der auf der zu versteigernden Liegenschaft eingetragenen, vom Ersteher nicht übernommenen Lasten und Rechte kann erst nach der Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses bewilligt werden (Abs 3).

Ein gegen den früheren Eigentümer angemerktes Verbot der Veräußerung, Belastung und Verpfändung kann jedoch nicht als Last im Sinne dieser Bestimmung qualifiziert werden, zumal eine Übernahme schon wegen der Personenverschiedenheit gar nicht denkbar ist.

Angst (in Angst, EO § 237 Rz 5) vertritt nun die Auffassung, zugleich mit den Anmerkungen, die im Zug des Zwangsversteigerungsverfahrens eingetragen worden seien, könnten auch Anmerkungen betreffend die persönlichen Verhältnisse des Verpflichteten ebenso gelöscht werden, wie eine Streitanmerkung; ferner könne auch die Einverleibung der Löschung eines Vorkaufs- oder Wiederkaufsrechts oder eines Veräußerungs- oder Belastungsverbots beantragt werden, weil diese mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Zuschlagserteilung und Erfüllung der Versteigerungsbedingungen, die eine Wiederversteigerung ausschließe, gegenstandslos geworden seien. Angst ist darin zuzustimmen, dass § 237 Abs 1 EO auf weitere, durch den Stand des Verfahrens gegenstandslos gewordene bücherliche Eintragungen analog anzuwenden ist. Da sich Angsts Stellungnahme offensichtlich auf ein Veräußerungs- oder Belastungsverbot nach § 364c ABGB bezieht, was sich schon aus dem Ausdruck "Einverleibung der Löschung" ergibt, weil ein gerichtliches Verbot dieser Art nur zu einer Anmerkung im Grundbuch führt (§ 384 Abs 2 EO), kann seinen Ausführungen für das vorliegende Problem direkt nichts entnommen werden. Es kann jedoch nicht außer Acht bleiben, dass, wie bereits einleitend dargestellt wurde, die gegenständliche Anmerkung völlig gegenstandslos wurde.

Im Grundbuchsverfahren vertrat der Oberste Gerichtshof früher die Auffassung, die Anmerkung eines einstweiligen Veräußerungs- und Belastungsverbots habe bis zur Aufhebung der EV durch das sie erlassende Gericht im Grundbuch zu bleiben. In jüngerer Zeit hat sich jedoch eine Judikaturwende ergeben. In den Entscheidungen 5 Ob 102/95

= ecolex 1996, 248 = NZ 1996/361 = WoBl 1996/59 (161) (Kletecka) und

5 Ob 177/01t = AnwBl 2002/7790 (Giesinger) hält zwar der für

Grundbuchssachen zuständige Senat des Obersten Gerichtshofs daran fest, dass einstweilige Verfügungen solange aufrecht bleiben, bis sie vom erlassenden Gericht aufgehoben werden oder aus anderen Gründen außer Kraft treten. Richte sich jedoch das einstweilige Veräußerungs- und Belastungsverbot zufolge einer unbedingt wirksamen Übereignung der verbotsbetroffenen Liegenschaft nicht mehr gegen den Liegenschaftseigentümer, sondern ausschließlich gegen dessen Vormann, stehe der dem Grundbuchsstand berichtigenden Löschung der Verbotsanmerkung nichts im Weg. Während in der erstgenannten Entscheidung als Grundlage für die Löschung § 57 Abs 1 GBG angeführt wurde, weil es sich bei der Anmerkung um eine Zwischeneintragung iS dieser Gesetzesstelle handelte, die nach der Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung im Grundbuch eingetragen wurde, betrifft die jüngste Entscheidung 5 Ob 177/01t den Fall einer unmittelbaren Eintragung eines Eigentumsrechts, die auf einem Rechtsgeschäft beruhte, das bereits vor der Anmerkung in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen wurde. Darin findet sich kein Hinweis mehr auf § 57 Abs 1 GBG. Als Grundlage kommt aber auch § 131 iVm § 133 GBG in Betracht. Demnach sind (von Amts wegen) gegenstandslose Eintragungen u.a. dann zu löschen, wenn die Gegenstandslosigkeit offenkundig ist. Ein derartiger Fall liegt hier aber jedenfalls vor, da eben der Gegner der gefährdeten Partei ohnehin nicht mehr Eigentümer der Liegenschaft ist, ob der das Verbot angemerkt ist.

Im Hinblick auf diese neuere Rsp im Grundbuchsverfahren besteht kein Anlass, dem Übernehmer im Zwangsversteigerungsverfahren die Löschung der vorliegenden Anmerkung des Veräußerungs-, Belastungs- und Verpfändungsverbots zu verwehren. Wenn nach der durchaus zu befürworteten Ansicht von Angst (oben) selbst ein rechtsgeschäftliches Belastungs- und/oder Veräußerungsverbot nach § 237 Abs 1 EO aus dem Grundbuch (in Form der Einverleibung der Löschung) entfernt werden kann, kann für ein richterliches Verbot dieser Art nichts anderes gelten. Am Bestehen des mit EV erlassenen Verbots ändert diese Entscheidung nichts, lediglich die Anmerkung im Grundbuch entfällt.

Dem Revisionsrekurs ist daher dahin Folge zu geben, dass der erstgerichtliche Beschluss mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass es statt Einverleibung der Löschung nur Löschung zu lauten hat, weil es sich dabei um die gemäß § 131 GBG zutreffende Eintragungsform handelt, nicht aber um den Verlust eines dinglichen Rechts. Damit wird der Übernehmerin nicht entgegen § 96 Abs 1 GBG etwas anderes bewilligt als beantragt, weil von einem Vergreifen in der Form der begehrten Eintragung auszugehen ist (SZ 51/147).