JudikaturJustiz3Ob256/07d

3Ob256/07d – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** AG, *****, vertreten durch Mag. Gregor Olivier Rathkolb, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. L***** GmbH Co KG, 2. L***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen (eingeschränkt) 229.498,60 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. September 2007, GZ 13 R 59/07b-98, womit das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 4. Dezember 2006, GZ 4 Cg 33/06m-88, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Erfüllungsgehilfen des erstbeklagten Bauunternehmens hatten bei der über Auftrag der Versicherungsnehmer erfolgten Herstellung eines Kamineinsatzes keine Wärmedämmung angebracht (nicht isoliertes, in den Kamin führendes Rauchrohr) und über die Brandgefahr nicht aufgeklärt. Der klagende Feuerversicherer ersetzte die dann eingetretenen Brandschäden und verlangte Regress gemäß § 67 Abs 1 VersVG. Die Klage gegen den drittbeklagten Rauchfangkehrer wurde rechtskräftig wegen dessen Organeigenschaft nach dem AHG zurückgewiesen. Die gegen das das klagestattgebende Ersturteil bestätigende Berufungsurteil erhobene außerordentliche Revision der erstbeklagten Werkunternehmerin und ihrer Komplementärgesellschaft ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerber rügen die Nichtbehandlung ihrer Beweisrüge und der Mängelrüge zum behaupteten Sachverhalt, der Rauchfangkehrer hätte eine Heizerlaubnis erteilt. Dadurch sei es zu einer haftungsbefreienden Unterbrechung des Kausalzusammenhangs gekommen. Nur kursorisch wird als erhebliche Rechtsfrage in den Raum gestellt, ob nicht das Verschulden des Organs (des Rauchfangkehrers) zu prüfen gewesen wäre, auch wenn andere Schädiger (die beklagten Parteien) nach § 1302 ABGB haften (S 3 der Revision). Dazu ist Folgendes auszuführen:

1. Die angefochtene Entscheidung steht mit der oberstgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang, wonach der Umstand, dass einer von mehreren Beteiligten aus persönlichen Gründen nicht haftbar ist, die übrigen Beteiligten nicht von ihrer Solidarhaftung nach § 1302 ABGB befreit (RIS-Justiz RS0026653; RS0017556). Dass die Anteile an der Schadenszufügung bestimmbar wären, § 1302 ABGB aus diesem Grund also nicht anwendbar sei, führt die Revision nicht aus. Bei der Solidarhaftung nach § 1302 ABGB kommt es auf die Schadenszufügung und nicht auf den Grad des Verschuldens an (RIS-Justiz RS0026597). Die Gesetzesstelle umfasst nicht nur die Haftung von Mittätern, sondern auch diejenige von (fahrlässigen) Nebentätern. Es genügt die Beteiligung an der Kausalkette (RIS-Justiz RS0026610).

2. Selbst ein (im Übrigen nicht festgestelltes) rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Rauchfangkehrers könnte an der Solidarhaftung der beiden Revisionswerber nichts ändern. Die kontrovers beurteilte Haftungsbegrenzung nach dem Kriterium der „Unterbrechung" des Kausalzusammenhangs (dazu Harrer in Schwimann3, § 1295 ABGB Rz 11 mwN) könnte nur im Fall eines nicht adäquaten Kausalablaufs zu einer Entlastung des Erstschädigers führen. Hier könnte aber höchstens (schadenskausales Verhalten des Rauchfangkehrers vorausgesetzt) der Fall einer kumulativen Kausalität mehrerer Schädiger vorliegen, die an der Solidarhaftung der beklagten Parteien nichts änderte (vgl die Rechtsprechung zur Solidarhaftung eines Rechtsanwalts wegen Beratungsfehlers trotz eines nachfolgenden weiteren Beratungsfehlers eines anderen Rechtsanwalts: RIS-Justiz RS0107081).

3. Zum nicht näher ausgeführten Revisionsgrund des Einflusses des Haftungsprivilegs des Organs nach dem AHG:

Möglicherweise haben die Revisionswerber dabei eine analoge Anwendung des § 67 Abs 2 VersVG im Auge. Danach findet kein Rechtsübergang auf den Versicherer (nach Abs 1 leg cit) statt, wenn sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Familienangehörigen richtet. Im Anschluss an den Aufsatz von Kletecka (Solidarhaftung und Haftungsprivileg, ÖJZ 1993, 785 ff und 833 ff) judiziert der Oberste Gerichtshof beim Regress eines Feuerversicherers, dass die Solidarhaftung des nicht privilegierten Schädigers nach dem im Innenverhältnis der Schädiger (also zwischen privilegiertem und nicht privilegiertem Schädiger) bestehenden Haftungsverhältnis zu reduzieren sei, weil der Versicherungsnehmer jedenfalls die ganze Leistung des Versicherers erhalten solle (7 Ob 5/95 = SZ 68/107 ua; RIS-Justiz RS0048311). Diese Rechtsansicht kann auf den vorliegenden Fall aber nicht (analog) angewendet werden, weil hier die Nichthaftung des Organs bei gleichzeitiger Haftung seines Rechtsträgers nicht zu einer Schlechterstellung des Versicherungsnehmers führt. Der Versicherer kann also durchaus den gesamten Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers übernehmen und § 1302 ABGB volle Anwendung finden. Die beklagten Schädiger sind auf ihre Regressansprüche gegen den Mitschädiger (Rechtsträger des Rauchfangkehrers) zu verweisen (§ 896 ABGB).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).