JudikaturJustiz3Ob20/21v

3Ob20/21v – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. März 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon. Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Hon. Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A*****, 2. E*****, beide vertreten durch Mag. Sebastian Klackl, Rechtsanwalt in Perchtoldsdorf, gegen die beklagte Partei M*****, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 23. Dezember 2020, GZ 19 R 34/20s 20, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird, soweit sie sich (inhaltlich als Revisionsrekurs) gegen den in die Berufungsentscheidung aufgenommenen Beschluss richtet, womit der erstgerichtliche Beschluss auf Zurückweisung des Streitwertfestsetzungsantrags der beklagten Partei bestätigt wurde, als absolut unzulässig und im Übrigen gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Das Erstgericht wies den Antrag des Beklagten, den Streitwert mit einem fiktiven Jahresmietzins von 20.000 EUR festzusetzen, zurück, und gab dem auf titellose Benützung gestützten Räumungsbegehren statt.

[2] Das Berufungsgericht bestätigte sowohl den Zurückweisungsbeschluss als auch das Räumungsurteil. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands hinsichtlich des Räumungsbegehrens 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.

[3] Soweit sich das Rechtsmittel des Beklagten gegen den bestätigenden Beschluss des Berufungsgerichts (insofern als Rekursgericht) richtet, ist es gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO absolut unzulässig.

[4] Im Übrigen zeigt die außerordentliche Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf, was wie folgt kurz zu begründen ist:

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Die behaupteten Verfahrensmängel wurden geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[6] 2. Fragen der Vertragsauslegung kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, sofern keine auffallende Fehlbeurteilung, also eine krasse Verkennung der Auslegungsgrundsätze vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss (RIS Justiz RS0112106 [T1]). Die Auslegung des Berufungsgerichts, wonach sich das im Schenkungsvertrag über die Liegenschaft samt dem darauf errichteten Haus geregelte Wohnrecht der Kläger auf die gesamte Liegenschaft (insbesondere einschließlich der Kellerräumlichkeiten) und nicht nur auf die beiden Eigentumswohnungen bezieht, ist schon angesichts des klaren Vertragswortlauts weder aktenwidrig noch „in sich total widersprüchlich“.

[7] 3. Dass die Parteien bei Vertragsschluss eine vom schriftlichen Vertragstext abweichende Vereinbarung beabsichtigt hätten, hat der Revisionswerber in erster Instanz nicht behauptet. Sein bloßes (von den Klägern als richtig zugestandenes) Vorbringen, wonach die Streitteile damals davon ausgegangen seien, dass der Beklagte (der mittlerweile 47 Jahre alte Sohn der Kläger, der aus dem ihm nunmehr geschenkten Haus seiner Eltern nie ausgezogen ist) auch nach der Eigentumsübertragung weiterhin in den Kellerräumlichkeiten wohnen und Teile der Räumlichkeiten im Erdgeschoß und im ersten Stock, insbesondere Küche, Bad und WC gemeinsam mit den Klägern nutzen werde, reichte dafür nicht aus. Aus dieser Behauptung allein lässt sich nämlich nicht ableiten, dass die Kläger beabsichtigt hätten, dem Beklagten nicht etwa bloß das „nackte“ (durch ihr umfassendes Wohnungsgebrauchsrecht beschränkte) Eigentum an der Liegenschaft zu übertragen, sondern dass er nach der übereinstimmenden Absicht der Streitteile das Haus künftig aufgrund seines Eigentumsrechts (gemeinsam mit den Wohnberechtigten) und nicht mehr nur aufgrund der bisher gelebten, aus dem natürlichen Zusammengehörigkeitsgefühl unter nahen Familienangehörigen entspringenden tatsächlichen Benützungsgewährung, die rechtlich nicht geregelt, gegen den Willen des Gewährenden nicht durchsetzbar und jederzeit widerrufbar ist (4 Ob 222/98w und 3 Ob 71/01i je mwN; RS0019062 [T4]), (mit )bewohnen hätte sollen (zu der in einer solchen Konstellation bestehenden Behauptungs- und Beweislast des Benützers für das Vorliegen eines Rechtstitels vgl RS0020500). Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang vermissten zusätzlichen Feststellungen, wonach (zusammengefasst) auch nach der Schenkung „alles beim Alten bleiben“ sollte, bedurfte es daher nicht.