JudikaturJustiz3Ob176/98y

3Ob176/98y – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** reg.Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Dr.Gert Seeber, Rechtsanwalt in Klagenfurt und weiterer betreibender Gläubiger, wider die verpflichtete Partei Constantin D*****, vertreten durch den Masseverwalter Dr.Kurt Hirn, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 30,000.000,- sA infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Dr.Georg G*****, vertreten durch Dr.Birgit Gorton Rechtsanwältin in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 24.April 1998, GZ 1 R 102/98i-204, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der "außerordentliche" Revisionsrekurs des Dr.Georg G***** wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO

und, soweit er sich gegen Punkt 1) der Rekursentscheidung richtet, gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zurückgewiesen, weil gegen Entscheidungen des Rekursgerichtes, womit der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt wurde, ein Rekurs unzulässig ist und der Ausnahmefall der Zurückweisung der Klage nicht vorliegt;

im übrigen aber (betreffend Punkt 2) der Rekursentscheidung) gemäß § 527 Abs 2 ZPO zurückgewiesen, weil gegen einen Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz ohne Zulässigkeitsausspruch ein Rechtsmittel nicht zulässig ist.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 18.10.1996 (ON 123) schob das Erstgericht auf Antrag des Verpflichteten die Exekution hinsichtlich der führenden betreibenden Partei gegen eine Sicherheitsleistung von S 8,000.000,-

auf; mit Beschluß ON 124 vom selben Tag sprach es die Aufschiebung hinsichtlich des ersten beigetretenen betreibenden Gläubigers gegen eine Sicherheitsleistung von S 500.000,- auf. Dr.Georg G***** als Treuhänder einer vom Verpflichteten verschiedenen Person erlegte hierauf die geforderten Sicherheiten. Mit Beschluß vom 21.10.1996 (ON 129) beraumte das Erstgericht den für den nächsten Tag angesetzten Versteigerungstermin ab.

Während der Beschluß ON 124 nur vom Verpflichteten und nur betreffend die Höhe der Sicherheitsleistung (erfolglos) bekämpft wurde, wies das Rekursgericht über Rekurs der führenden Betreibenden den Aufschiebungsantrag ihr gegenüber ab. Den dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs des Verpflichteten wies der Oberste Gerichtshof zurück (3 Ob 26/97p).

Nach Durchführung der Versteigerung und der Meistbotsverteilung beantragte der Erleger die Ausfolgung des Geldbetrages von S 500.000,- samt Erlagszinsen und die Aushändigung der Sparbücher über insgesamt S 8,000.000,-. Unmittelbar danach beantragte die führende betreibende Partei die Ausfolgung der Sicherheitsleistung von S 8,000.000,- samt Erlagszinsen.

Mit seinem Beschluß vom 2.3.1998 (ON 200) wies das Erstgericht die Anträge der [führenden] betreibenden Partei und des Erlegers auf Ausfolgung der Sicherheitsleistung von S 8,000.000,- zurück und verwies die Rechtssache über die Ausfolgung der bezughabenden Sicherheitsleistung auf den Rechtsweg.

Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der führenden betreibenden Partei gab das Rekursgericht nicht Folge, ebensowenig demjenigen des Erlegers, soweit sich dieser auf die Sparbücher mit einem Einlagenstand von ursprünglich insgesamt S 8,000.000,- bezog. Es bestätigte zu Punkt 1) seiner Entscheidung den Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe, daß es beide Anträge auf Ausfolgung der Sicherheitsleistung von S 8,000.000,- samt Erlagszinsen zurückwies.

Dagegen gab es dem Rekurs des Erlegers dahin Folge, daß es dem Erstgericht die Entscheidung über den Antrag des Erlegers auf Ausfolgung des Einzahlungsbetrages (der Sicherstellung) von S 500.000,- samt Erlagszinsen auftrug (Punkt 2).

Zu Punkt 1) sprach das Rekursgericht aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Dr.Georg G*****, mit dem er die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin begehrt, daß seinem Ausfolgungsantrag zur Gänze Folge gegeben werde, in eventu, daß die Sache auch hinsichtlich des vom Rekursgericht bestätigten Teiles an das Erstgericht zurückverwiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO iVm § 78 EO) Ausspruches des Rekursgerichtes zur Gänze jedenfalls unzulässig.

Der Rechtsmittelwerber und das Rekursgericht stimmen zu Recht darin überein, daß in Punkt 1) der angefochtenen Entscheidung der erstinstanzliche Beschluß bestätigt wurde. Daran kann das Entfallen der ausdrücklichen Verweisung auf den Rechtsweg nichts ändern, folgt doch auch das Rekursgericht in seiner Begründung ausdrücklich der ständigen Rechtsprechung, wonach über die Ausfolgung von Sicherheitsleistungen (auch nach § 44 EO) im streitigen Rechtsweg zu befinden ist.

Daran, daß eine voll bestätigende Entscheidung im Sinne des (durch die WGN 1997 nicht veränderten) § 528 Abs 2 Z 2 ZPO vorliegt vermag auch der Entscheidungsauftrag in Punkt 2) der Rekursentscheidung nichts zu ändern, betrifft dieser doch einen vom Erstgericht übergangenen Teil des Antrages des Revisionsrekurswerbers. Darüber hinaus wäre es nicht anders, wenn man dem nicht folgen wollte. Mit der WGN 1989 sollte wieder zu den Grundsätzen des Judikates 56 zurückgekehrt werden. Demnach ist aber eine teilweise bestätigende Entscheidung nur dann zur Gänze anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil in einem derart engen Zusammenhang stehen, daß sie voneinander nicht gesondert werden können und deshalb die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann. Stehen mehrere Anträge hingegen nicht in einem derartigen Zusammenhang, sondern kann jeder für sich ein eigenes Schicksal haben, dann ist die Anfechtbarkeit der rekursgerichtlichen Entscheidung für jeden Antrag gesondert zu beurteilen (MR 1991, 204; RZ 1993/69; JBl 1993, 459 uva; zuletzt 1 Ob 65/97h und 9 Ob 176/97s). Dies muß zweifellos auch für die Anträge auf Ausfolgung von Sicherheiten gelten, die zwecks Aufschiebung der (bloß verbundenen) Zwangsversteigerungsverfahren zweier betreibender Gläubiger zur Sicherstellung beider (in unterschiedlicher Höhe, zum Teil, und zwar hinsichtlich der beigetretenen Betreibenden, in bar, zum Teil in Form von Sparbüchern) erlegt wurden.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes besteht jedoch kein Anlaß auf das vorliegende Rechtsmittelverfahren die Bestimmungen des AußStrG anzuwenden, wozu es möglicherweise durch eine Formulierung in JBl 1967, 41 verleitet wurde. In dieser Entscheidung wurde aber der Begriff "außerstreitiges Verfahren" offenbar bloß als Gegensatz zum "Rechtsweg" gebraucht.

Bereits in der Entscheidung 3 Ob 219/50 hatte der erkennende Senat ausgesprochen, daß im Besitzstörungsverfahren (nunmehr gemäß § 528 Abs 2 Z 6 ZPO) auch im Hinblick auf die Ausfolgung einer Sicherheit der Revisionsrekurs unter allen Umständen unzulässig ist. In einem die Ausfolgung einer Sicherheitsleistung (von der die Aufschiebung einer Räumungsexekution abhängig gemacht worden war) betreffenden Verfahren hatte dieser Senat zu 3 Ob 93/91 (LS in Jus Z 970; mit dieser E wurde im übrigen der Ausfolgungsantrag ab- und nicht zurückgewiesen) die Kostenentscheidung auf § 74 EO gestützt. Mit der Entscheidung EvBl 1997/164 wurde schließlich in einem ebenfalls die Ausfolgung einer gemäß § 44 EO auferlegten Sicherheit betreffenden Verfahren der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO iVm § 78 EO zurückgewiesen. Abgesehen von diesen Entscheidungen besteht auch sachlich kein Anlaß auf das Verfahren betreffend solche Ausfolgungsanträge das AußStrG anzuwenden.

Der Revisionsrekurs ist somit im Hinblick auf Punkt 1) der Rekursentscheidung jedenfalls unzulässig. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes kann die Zurückweisung des Antrages keinesfalls der Zurückweisung der Klage gleichgehalten werden. Daß keine Klage betroffen ist, ist ohnehin evident, für eine analoge Anwendung dieser Ausnahmeregel besteht kein Anlaß, zumal hier ja nach (zutreffender) Ansicht der Vorinstanzen der streitige Rechtsweg ohnehin offen steht. (So wurde auch weder die Zurückweisung eines Erlagsantrages nach § 307 EO in RZ 1994/63 noch die eines Wechselzahlungsauftrages in ZfRV 1994, 211 der Klagszurückweisung gleichgestellt.)

Der Punkt 2) der Rekursentscheidung gab dem Rekurs des nunmehrigen Revisionsrekurswerbers, insoweit er auf unvollständige Erledigung der Sachanträge (§ 496 Abs 1 Z 1 ZPO) gegründet ist, im Sinne des Eventual- aufhebungsantrages Folge. Einen Ausspruch nach § 527 Abs 2 ZPO unterließ es. Damit ist aber dieser Teil der Rekursentscheidung nach dieser (zumindest analog anzuwendenden) Gesetzesstelle unanfechtbar.

Nach einhRsp (SZ 23/398; EvBl 1969/310 und zahlreiche E zu RIS-Justiz RS0002344) sind im Exekutionsverfahren Aufhebungsbeschlüsse ohne Ausspruch der Zulässigkeit des ordentlichen Rekurses auch dann unanfechtbar, wenn sie keinen Auftrag zur Verfahrensergänzung enthalten, ausgenommen sind nur solche Beschlüsse, die in Wahrheit eine Abänderung bedeuten. Ein solcher Fall (vgl die E zu RS0044035 und Kodek in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 527) liegt aber hier keinesfalls vor, hat doch das Rekursgericht gerade nicht selbst die abschließende Entscheidung gefällt. Darüber hinaus wird schon zur Wahrung des rechtlichen Gehörs (vgl Heller/Berger/Stix 555) aber auch zur Prüfung, ob im Sinne der Entscheidung 3 Ob 93/91 (= Jus Z 970) - die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung MietSlg 30.819 ist eine des KG St.Pölten - Übereinstimmung besteht, die Einvernahme des ersten beigetretenen Gläubigers erforderlich sein.

Im vorliegenden Fall liegt nun zwar keine Aufhebung vor, weil das Erstgericht über den fraglichen Teil des Antrages des (Revisions)Rekurswerbers noch gar nicht entschieden hat, der vorliegende Auftrag des Rekursgerichtes zur ergänzenden Entscheidung kann aber richtigerweise nicht anders beurteilt werden. Ebenso wie bei der Aufhebung erachtet die zweite Instanz eine Entscheidung der ersten Instanz für erforderlich, nicht aber vorerst eine Beurteilung der maßgeblichen Rechtsfragen durch den Obersten Gerichtshof. Daß im Fall des § 527 Abs 2 ZPO bereits ein mit der Rekursentscheidung aufgehobener Beschluß vorliegt, macht gegenüber dem Fehlen eines solchen von vornherein keinen wesentlichen Unterschied. Auch im letzteren Fall erachtet sich der Oberste Gerichtshof an das Fehlen eines Zulässigkeitsausspruches gebunden.

Demnach war der "außerordentliche Revisionsrekurs" des Erlegers zur Gänze zurückzuweisen.