JudikaturJustiz3Ob151/06m

3Ob151/06m – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. September 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibende Partei "J*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Prof. Haslinger Partner, Rechtsanwälte in Linz, wider die verpflichteten Parteien 1) P*****gesellschaft mbH Co KG und 2) P*****gesellschaft mbH, *****, beide vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 65.000 EUR), infolge Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 21. April 2006, GZ 37 R 313/05z-238, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Traun vom 14. November 2005, GZ 7 E 3949/04g-230, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen schoben das Exekutionsverfahren betreffend die bereits über die verpflichteten Parteien nach § 355 EO wegen von der betreibenden Partei behaupteter mehrfacher Titelverstöße verhängten Geldstrafen bis zur rechtskräftigen Erledigung der von den verpflichteten Parteien gegen die Exekutionsbewilligung und die nachfolgenden Strafbeschlüsse erhobenen Impugnationsklagen gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von je 65.000 EUR je verpflichteter Partei auf.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands bei jedem einzelnen Strafbeschluss 20.000 EUR übersteige, und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil Rsp des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle.

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Rekursgerichts (§§ 78 EO, 526 Abs 2 zweiter Satz ZPO) sind die von beiden Parteien erhobenen Revisionsrekurse unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die betreibende Partei strebt mit ihrem Rechtsmittel primär die Abweisung des Aufschiebungsantrags der verpflichteten Parteien, hilfsweise die Anhebung der aufgetragenen Sicherheitsleistung und die Begrenzung der Aufschiebung auf die Dauer der jeweils bezughabenden Impugnationsklagen an.

Voraussetzung für die Aufschiebung einer Unterlassungsexekution ist, dass die Weiterführung der Exekution trotz Möglichkeit der Rückzahlung der Strafen mit Nachteilen verbunden wäre, deren Ersatz die verpflichtete Partei von der betreibenden Partei nicht erlangen könnte, falls die Exekutionsführung zu Unrecht erfolgt. Solche Umstände können etwa darin gelegen sein, dass die verpflichtete Partei geschäftliche Nachteile erleiden würde, deren Ersatz sie von der betreibenden Partei nicht erlangen kann (3 Ob 22/05i; RIS-Justiz RS0114378). Bei Erledigung eines Aufschiebungsantrags ist im allgemeinen der Entscheidung in der Sache selbst nicht vorzugreifen. Nur wenn eine auf einen Fall der §§ 35 - 37 EO gestützte Klage offenbar aussichtslos erscheint, ist die Aufschiebung der Exekution zu verweigern. Da der Betreibende als Impugnationsbeklagter das im Exekutionsantrag und in den maßgebenden Strafanträgen behauptete Zuwiderhandeln zu beweisen hat, muss der Verpflichtete als Impugnationskläger und Aufschiebungswerber eine Klagebehauptung, nicht zuwider gehandelt zu haben, mangels Beweislast im Impugnationsprozess auch nicht durch "unbedenkliche Urkunden" dartun, um eine Exekutionsaufschiebung ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung zu erwirken (3 Ob 5/04p = SZ 2004/14). Bei der Entscheidung über die Exekutionsaufschiebung sind namentlich auch die berechtigten Interessen der betreibenden Partei an einer Weiterführung der Exekution zu berücksichtigen (stRsp, RIS-Justiz RS0001426).

Wie von der betreibenden Partei selbst zutreffend dargelegt, ist die Entscheidung über einen Aufschiebungsantrag eine Ermessensentscheidung, welche alle Umstände des Einzelfalls zu erwägen hat. Eine solche wirft regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf. Dass das Rekursgericht den bestehenden Ermessensspielraum überschritten und damit eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung vorgenommen hätte, vermag die betreibende Partei nicht aufzuzeigen. Es liegt vielmehr nahe, dass die betreibende Partei die im Fall letztlich als unberechtigt erkannter, aber bereits geleisteter oder eingetriebener Geldstrafen den verpflichteten Parteien entstandenen Schäden nicht oder nicht vollständig ersetzen können werde.

Da letztlich nicht feststeht, in welcher Reihenfolge die erhobenen Impugnationsklagen erledigt werden - Verfahrensunterbrechungen können aufgehoben werden und stehen der Verfahrensbeendigung durch Parteiendisposition nicht entgegen -, ist die generelle Aufschiebung bis zur Erledigung sämtlicher Impugnationsklagen infolge möglicher Wechselwirkungen auf die Strafbeschlüsse (Strafhöhen) nicht zu beanstanden.

Die Sicherheit nach § 44 Abs 2 EO soll den Schaden decken, der dem betreibenden Gläubiger infolge Verzögerung seiner Befriedigung entstehen könnte (stRsp, RIS-Justiz RS0001909). Bei der Unterlassungsexekution ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte für die Bewertung des Vollstreckungsinteresses des betreibenden Gläubigers seine Bewertung des Unterlassungsanspruchs heranzuziehen (3 Ob 342/99m mwN). Das Vollstreckungsinteresse kann nicht mit der Höhe bereits verhängter Geldstrafen gleichgesetzt werden, fließen diese doch dem Bund und nicht dem betreibenden Gläubiger zu. Der Wettbewerbsnachteil der betreibenden Partei durch die infolge Exekutionsaufschiebung verzögerte Einbringung von bereits verhängten Geldstrafen läßt sich auch nicht mit allfällig in der Vergangenheit rechtswidrig erlangten Mieterlösen zu Gunsten der verpflichteten Parteien gleichsetzen. Der Umstand, dass hier titelwidriges Verhalten in der Vergangenheit bestraft wurde, in anderen (bereits entschiedenen) Fällen die Erzwingung zukünftigen Verhaltens Gegenstand der aufzuschiebenden Exekution war, bedeutet für die Bemessung der Höhe der aufzuerlegenden Sicherheit - was regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage bildet (RIS-Justiz RS0001795) - keinen wesentlichen Unterschied.

Die verpflichteten Parteien streben mit ihrem Primärantrag den gänzlichen Entfall der Sicherheitsleistung an.

Das Argument des Rekursgerichts, mit dem es den verpflichteten Parteien entgegentritt, die ein fortdauerndes Vollstreckungsinteresse der betreibenden Partei infolge mittlerweile rechtskräftig bewilligter Betriebsanlage und damit Wegfall der Möglichkeit, weitere Titelverstöße zu begehen, leugnen, stützt sich auf Rsp des Obersten Gerichtshofs. Der erkennende Senat hielt zu 3 Ob 5/04t fest, das Vollstreckungsinteresse der betreibenden Partei bestehe darin, dass sich das willensbeugende und das repressive Element der nach § 355 Abs 1 EO rechtskräftig verhängten Geldstrafe(n) einerseits zur Erzwingung künftigen titelgemäßen Verhaltens, andererseits zur Bestrafung begangenen Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel rasch entfalten kann, um so weitere Eingriffe in die durch den Exekutionstitel gesicherte Rechtsposition hintanzuhalten. Dass im vorliegenden Fall auch das repressive Element verhängter Geldstrafen "verschwunden" wäre, sodass das Vollstreckungsinteresse der betreibenden Partei zur Gänze weggefallen sei, ist nicht zu erkennen. Somit vermögen auch die verpflichteten Parteien keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Beide Revisionsrekurse sind daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
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