JudikaturJustiz2Ob503/94

2Ob503/94 – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 1994

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Prof.Dr.Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1.) Franz H*****, 2.) Rosa H*****, beide *****, vertreten durch Dr.Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterzeichnung eines Kaufvertrages, infolge Rekurses sämtlicher Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 29.September 1993, GZ 1 R 81/93-51, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 25.Jänner 1993, GZ 8 Cg 113/91-41, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Den Rekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

In der Sache selbst wird das dem Klagebegehren stattgebende Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 165.178,80 (darin enthalten S 15.529,80 an Umsatzsteuer und S 72.000,-- an Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt, die Beklagten für schuldig zu erkennen, den in das Urteilsbegehren im Wortlaut aufgenommenen Vertrag über den Kauf der den Beklagten je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ ***** Grundbuch S***** zu unterfertigen. Sie brachte vor, am 1.7.1991 mit den Beklagten vorbehaltlich der Zustimmung der Eltern des Erstbeklagten eine Einigung dahin erzielt zu haben, daß sie die genannte Liegenschaft samt Einrichtung und Ausstattung des Gasthaus- und Pensionsbetriebes um S 6,441.300,-- lastenfrei kaufe. Am 3.7.1991 hätten die Eltern des Erstbeklagten die Zustimmung zur Veräußerung gegeben und sich verpflichtet, die Liegenschaft von ihrem Wohnungs- und Ausgedingsrecht freizulassen. Die Beklagten verweigerten die Unterfertigung des Kaufvertrages mit der Begründung, ein besseres Anbot erhalten zu haben. Beim Verkauf handle es sich für die Beklagten um ein Handelsgeschäft.

Die Beklagten wendeten ein, Walter P*****, der Geschäftsführer der klagenden Partei, habe dem Erstbeklagten ein Kaufanbot unterbreitet, doch sei eine Einigung nicht zustande gekommen. Die Zweitbeklagte habe vom Anbot der klagenden Partei nur durch den Erstbeklagten Kenntnis erhalten. Da der Kaufpreis unter der Hälfte des wahren Wertes der Liegenschaft liege, wurde die Einrede der Verletzung über die Hälfte erhoben. Weiters wurde geltend gemacht, der Erstbeklagte sei alkoholkrank und nicht geschäftfähig gewesen. Er sei aufgrund seiner Krankheit nicht in der Lage, mündliche Kaufverträge rechtswirksam abzuschließen. Der Vertrag sei auch deshalb nicht zustandegekommen, weil die Eltern des Erstbeklagten die Freilassungs- und Löschungserklärung nicht unterfertigt hätten und nach dem Vorbringen der klagenden Partei selbst die Einigung vom 1.7.1991 unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der Eltern des Erstbeklagten geschlossen worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Die klagende Partei, deren Geschäftsführer Walter P***** ist, beabsichtigte eine räumliche Ausweitung ihres Betriebes. Walter P***** erfuhr von Überlegungen der Beklagten, wegen finanzieller Schwierigkeiten ihre Liegenschaft mit Pension zu verkaufen. Am 17.6.1991 kam es zum ersten Gespräch mit den Beklagten. In der Folge erstellte Baumeister Ing. S***** über Auftrag der klagenden Partei ein Gutachten, in dem er den Verkehrswert der Liegenschaft mit S 6,450.000,-- schätzte. Zwischen dem 25. und 28.6.1991 bot Walter P***** bei mehreren Zusammentreffen einen Kaufpreis von S 6,000.000,-- an. Am 1.7.1991 kam es im Hause der Beklagten zu einem Gespräch zwischen Walter P***** und dem Erstbeklagten, bei dem die Zweitbeklagte nicht immer anwesend war. P***** äußerte den Wunsch, auch das landwirtschaftlich genützte Grundstück unterhalb der Straße im Ausmaß von 1.471 m2 zu kaufen und bot einen Kaufpreis von insgesamt S 6,441,300,--. Einwänden der Beklagten wegen ihrer Wohnmöglichkeit und wegen verschiedener Verträge mit Reisebüros bis September begegnete P***** damit, daß das Gebäude am 30.9.1991 übergeben werden solle und die Beklagten bis Ende Oktober in ihrer Wohnung bleiben könnten. Einen Verzicht auf das verbücherte Wohnrecht der Eltern des Erstbeklagten sollte wegen der schwierigen Gesprächsbasis zwischen Eltern und Sohn der Steuerberater Horst L***** erreichen. Es war dabei bekannt, daß die Eltern dafür eine Forderung stellen würden. Schließlich kam es zwischen den Beklagten und P***** zu einer mündlichen Einigung über den Kaufpreis der Pension samt Grundstück im Ausmaß von 1.471 m2 zu einem Kaufpreis von insgesamt S 6,441.300,-- vorbehaltlich der Zustimmung der Eltern des Erstbeklagten.

Nach einem diesbezüglichen Gespräch am folgenden Tag zwischen Horst L***** und dem Vater des Erstbeklagten verständigte L***** Walter P***** fernmündlich davon, daß von den Eltern das Einverständnis da sei und sie auf das Wohnungsrecht verzichteten, dafür aber einen Geldbetrag haben wollten.

Am 4.7.1991 fuhr Notar Mag. M*****, der im Auftrag P*****s den schriftlichen Kaufvertrag errichten sollte, mit diesem zu den Beklagten, um von den Beklagten ein Gesuch um Anerkennung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung unterfertigen zu lassen. Vor Unterfertigung des Rangordnungsgesuches meinte der Erstbeklagte, daß ihm der Kaufpreis doch niedrig erscheine, weil seine Eltern die Lastenfreistellung nur unter der Bedingung erteilten, daß er das Ausgedings- und Wohnungsrecht um S 370.000,-- ablöse und dies seine finanzielle Leistungsfähigkeit übersteige. P***** antwortete, daß er dabei bleibe, was ausgemacht worden sei. Der Erstbeklagte überlegte dann noch einige Zeit und meinte dann, daß er mit dem Kaufvertrag bzw dem Kaufpreis einverstanden sei, aber den Gewerbebetrieb noch bis Ende September weiterführen möchte. Dazu gab Walter P***** sein Einverständnis. Dann unterfertigte der Erstbeklagte das Rangordnungsgesuch. Anschließend unterfertigte auch die Zweitbeklagte, welche sich in der Zwischenzeit um die Gäste gekümmert hatte, das Rangordnungsgesuch, nachdem sie vom Notar über dessen Zweck belehrt worden war.

Am 8.7.1991 fuhren Walter P*****, Horst L***** und die Notariatssubstitutin Dr.Ingrid M***** zu den Beklagten, um den schriftlichen Kaufvertrag zu errichten. Der Erstbeklagte meinte jedoch, daß er die Möglichkeit habe, die Liegenschaft um S 10,000.000,-- zu verkaufen, daß er diesem Bieter bis Samstag im Wort sei und sich die klagende Partei schnell entscheiden müsse, ob sie um diesen Preis kaufe. Das Gespräch verlief ergebnislos.

Am 17.7.1991 sprach Franz H***** sen. bei Notar Mag. M***** vor und meinte, er und seine Gattin würden die ihnen vom Klagevertreter übersandte Löschungs- und Freilassungserklärung unterschreiben, wenn sie S 370.000,-- bekämen.

Beim Erstbekagten entwickelte sich etwa ab dem 20. Lebensjahr ein Delta-Alkoholismus. Dabei handelte es sich um einen sozial angepaßten rauscharmen Gewohnheits- bzw Spiegeltrinker. Die Fähigkeit, sich kritisch mit Überlegungen eines Kaufvertrages auseinanderzusetzen, hängt einerseits vom Zustand der Alkoholisierung, anderseits vom jeweiligen Zustand der Entzugssituation ab. In welchem Zustand in bezug auf die Alkoholsituation sich der Erstbeklagte zum Zeitpunkt des behaupteten mündlichen Vertragsabschlusses befand, konnte nicht festgestellt werden.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, es sei ein mündlicher Kaufvertrag wirksam zustande gekommen. Auch die Eltern des Erstbeklagten hätten die Zustimmung zum Vertrag gegeben und den Verzicht auf das Wohnungs- und Ausgedingsrecht gegen Bezahlung von S 370.000,-- erklärt. Da der Erstbeklagte seine Geschäftsunfähigkeit nicht bewiesen habe, sei davon auszugehen, daß er handlungsfähig gewesen sei. Der Einwand der laesio enormis sei nicht berechtigt, weil die Beklagten Kaufleute iSd § 1 HGB seien (§ 351 a HGB).

Das von den Beklagten angerufene Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zu fortgesetzter Verhandlung und neuerlicher Entscheidung an dieses zurück; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht vertrat in rechtlicher Hinsicht die Meinung, zum Zustandekommen eines Kaufvertrages genüge grundsätzlich die Einigung der Vertragsteile über Kaufpreis und Kaufgegenstand. Fehlende Vertragspunkte seien aus dem Willen der Parteien zu erschließen oder aus dem Gesetz zu ergänzen. Voraussetzung für die Annahme des Zustandekommens eines Kaufvertrages sei aber, daß die Nebenpunkte nicht erörtert, also nicht zum Gegenstand von Vertragsverhandlungen gemacht wurden. Sei hingegen eine Vereinbarung über offen gebliebene Punkte vorbehalten, komme der Vertrag erst zustande, wenn sich die Parteien auch darüber geeinigt hätten. In einem derartigen Fall sei nämlich davon auszugehen, daß die Parteien den Vertrag ohne die Einigung über die Nebenpunkte nicht schließen wollten. Im vorliegenden Fall enthalte die Einigung der Streitteile vom 1. und 4.7.1991 alle wesentlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Kaufvertrages. Es bestünden auch keine Zweifel über den Kaufgegenstand. Ursprünglich hätten sich die Vertragsgespräche nur auf die Liegenschaft der Beklagten EZ ***** ohne das Grunstück Nr ***** im Ausmaß von 1.471 m2 bezogen. Schließlich hätten sich die Streitteile jedoch auf den Kauf der Pension samt den dazugehörigen Grundstücken, darunter auch das unterhalb der Straße liegende Grundstück Nr *****, geeinigt. Nur so seien die Feststellungen des Erstgerichtes zu verstehen, weil ansonsten auch der Kaufpreis von S 6,441,300,-- nicht verständlich wäre. Auch aus den Aussagen der an den Gesprächen Beteiligten gehe eindeutig hervor, daß die ganze EZ ***** Kaufgegenstand sein sollte.

Der vereinbarte Kaufpreis enthalte im Zweifel auch die Umsatzsteuer, daß die Parteien über Steuern und Gebühren nichts vereinbart hätten, stehe der Annahme eines gültigen Vertrages nichts entgegen; gleiches gelte auch für die Treuhandabwicklung; Schriftform sei für den Liegenschaftkauf nicht erforderlich.

Der Abschlußwille sei nach dem festgestellten Sachverhalt erwiesen, was sich insbesondere aus den Gesprächen anläßlich der Unterfertigung des Rangordnungsgesuches durch die Beklagten ergebe. Wenn auch die Gespräche mit Walter P***** in erster Linie der Erstbeklagte führte, sei nach den Feststellungen auch die Zweitbeklagte immer wieder anwesend gewesen und sei es schließlich zwischen beiden Beklagten und Walter P***** für die klagende Partei zu einer Einigung gekommen.

Die zur Bedinung gemachte Zustimmung der Eltern des Erstbeklagten sei sowohl gegenüber Horst L***** als auch gegenüber dem Notar erteilt worden. Daß der von den Eltern verlangte Betrag von S 370.000,-- aus dem Kaufpreis zu bezahlen sei, habe der Erstbeklagte akzeptiert. Der Erlag des Geldbetrages und die Unterfertigung der Freilassungs- und Löschungserklärung durch die Eltern des Erstbeklagten würden lediglich die Durchführung der getroffenen Vereinbarungen betreffen.

Mangelhaft sei allerdings das erstgerichtliche Verfahren, weil der Einwand der Beklagten der Verkürzung über die Hälfte nicht geprüft worden sei. Die Beklagten seien zwar als Betreiber einer Pension und einer Gastwirtschaft Kaufleute iSd § 1 Abs 2 Z 1 HGB, die Geschäfte des Kaufmannes müßten jedoch, um Handelsgeschäfte zu sein, zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. Wenngleich auch Abwicklungsgeschäfte, wie die Veräußerung des gesamten Unternehmens, grundsätzlich Handelsgeschäfte seien, hätten im vorliegenden Fall die Beklagten ihren Gastgewerbe- und Pensionsbetrieb nicht als lebendes Unternehmen verkauft, weil die klagende Partei den Betrieb jedenfalls nicht in der Form, wie die Beklagten, weiterführen wollte. Darüber hinaus seien auch landwirtschaftlich genutzte Grundstücke Gegenstand des Kaufvertrages gewesen. Insgesamt sei der Kaufvertrag daher nicht als Veräußerung des Unternehmens als letzter Akt der gewerblichen Tätigkeit der Beklagten und damit als Handelsgeschäft, sondern als Verkauf ihres Liegenschaftsvermögens als Privatgeschäft anzusehen. Daraus folge, daß eine Anfechtung des Vertrages wegen Verkürzung über die Hälfte nicht ausgeschlossen sei. Da das Erstgericht keine Feststellungen über den gemeinen Wert der Liegenschaft zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses getroffen habe, sei das Verfahren mangelhaft iSd § 496 Abs 1 Z 3 ZPO geblieben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, weil der Beurteilung der hier behandelten Rechtsfragen zumindest zum Teil eine über den Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung zukomme.

Gegen diesen Beschluß erhoben alle Parteien Rekurs und erstatteten auch Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind zulässig, jener der klagenden Partei im Sinne einer klagsstattgebenden Entscheidung, auch berechtigt.

Die Beklagten machen in ihrem Rechtsmittel geltend, die Eltern des Erstbeklagten hätten ihre Zustimmung zum Liegenschaftsverkauf von der Barzahlung eines Betrages von S 370.000,-- abhängig gemacht. Diese Zahlung sei nie geleistet worden. Eine rechtswirksame Zustimmung der Eltern des Erstbeklagten liege daher nicht vor, sodaß die aufschiebende Vertragsbedingung nicht eingetreten sei.

Mit diesen Ausführungen wird gegen das auch für das Revisionsverfahren grundsätzlich geltende Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO) verstoßen, sodaß darauf nicht einzugehen ist (zum diesbezüglichen Vorbringen der beklagten Parteien siehe AS 139).

Weiters meinen die Beklagten, es sei davon auszugehen, daß die Eltern des Erstbeklagten auf ihr Wohnrecht nur entgeltlich verzichten wollten. Das für die Freilassung des Wohnrechtes begehrte Entgelt hätte aus dem Kauferlös, sohin zu Lasten der beklagten Parteien, bezahlt werden sollen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages sei noch nicht bekannt gewesen, daß die Eltern des Erstbeklagten die Freilassung des Wohnrechtes an die Bezahlung eines Ablösebetrages knüpfen würden. Dies habe sich erst einen Tag später herausgestellt. Da die Ablösezahlung aus dem Kaufpreis erfolgen hätte sollen, hätte es einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Beklagten und den Eltern des Erstbeklagten bedurft. Nach den Feststellungen habe aber lediglich der Erstbeklagte den Abzug der Ablösezahlung aus dem Kaufpreis akzeptiert, die Zweitbeklagte habe ihre Zustimmung dazu nie erteilt.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß nach den Feststellungen die Verhandlungen überwiegend vom Erstbeklagten geführt wurden. Die Zweitbeklagte war dabei nicht immer anwesend, es war ihr aber auch beim Abschluß des Kaufvertrages bekannt, daß die Eltern des Erstbeklagten für den Verzicht auf das Wohnrecht eine Forderung stellen werden. Wenn nun die Zweitbeklagte beim folgenden Gespräch anläßlich der Unterfertigung des Rangordnungsgesuches, bei dem der Erstbeklagte akzeptierte, daß seine Eltern S 370.000,-- aus dem Kaufpreis erhalten, nicht anwesend war, weil sie sich um die Gäste kümmerte, und damit einverstanden war, daß der Erstbeklagte diese Gespräche führe, so liegt darin die Einräumung einer Anscheinsvollmacht, weil der Vertreter der klagenden Partei aufgrund des Verhaltens der Zweitbeklagten schließen mußte, daß die Zweitbeklagte den Erstbeklagten zur Erledigung dieses Geschäftes ermächtigt habe (siehe Kastner-Doral-Nowotny, Grundriß des österr Gesellschaftsrecht5, 66 mwN):

Letztlich vertreten die Beklagten die Ansicht, es sei nach den Feststellungen des Ersturteiles über das Grundstück Nr ***** im Ausmaß von 207 m2 überhaupt nicht gesprochen worden, es sei eine Einigung lediglich über den Verkauf einer Liegenschaft im Ausmaß von 1471 m2 erfolgt. Schon das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, wie die diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes zu verstehen sind, auf seine Ausführungen kann gemäß § 500 a ZPO verwiesen werden.

Die klagende Partei vertritt in ihrem Rekurs die Ansicht, gemäß § 351 a HGB sei es den Beklagten verwehrt, den mit ihr abgeschlossenen Vertrag wegen Verkürzung über die Hälfte anzufechten. Diese Ansicht ist aus folgenden Erwägungen zutreffend:

Gemäß § 351 a HGB kann derjenige, für den der Vertrag ein Handelsgeschäft ist, ihn nicht nach § 934 ABGB wegen Verkürzung über die Hälfte anfechten. § 343 Abs 1 HGB bestimmt, daß alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören, Handelsgeschäfte sind; die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte gelten im Zweifel als zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehörig (§ 344 Abs 1 HGB). Auszugehen ist davon, daß die Beklagten eine Gastwirtschaft betrieben. In dieser Eigenschaft sind sie Kaufleute gemäß § 1 Abs 2 Z 1 HGB (HS 12.016; EvBl 1993/190 uva). Sämtliche von ihnen vorgenommenen Geschäfte sind daher im Zweifel Handelsgeschäfte, also auch vorbereitende Geschäfte, Hilfs- und Nebengeschäfte und auch Abwicklungsgeschäfte; auch ungewöhnliche Geschäfte können Handelsgeschäfte sein, soferne sie dem kaufmännischen Unternehmen nur dienen (Heymann/Horn, HGB, § 344 Rz 11 f; Kramer in Straube, HGB, §§ 343, 344, Rz 15 f). Die Vermutung des § 344 Abs 1 HGB wird nur dadurch widerlegt, daß nachgewiesen wird, daß das Geschäft nach objektiven Kriterien (Verkehrsauffassung) ein Privatgeschäft war, und daß dieser private Charakter dem Kontrahenten auch erkennbar war. Einer Widerlegung der Vermutung des § 344 Abs 1 HGB bedarf es nur dann nicht, wenn die Sachlage keinen Zweifel darüber zuläßt, daß das Geschäft nicht zum Handelsgewerbe gehört (Kramer aaO, Rz 21 mwN). Daß den Beklagten dieser Nachweis der Entkräftung der Vermutung des § 344 Abs 1 HGB gelungen sei, kann nicht gesagt werden. Vielmehr haben die Beklagten genau jenes Geschäft abgeschlossen, das typisch für die Liquitation eines Unternehmens ist, nämlich die Veräußerung der Betriebsliegenschaft. Die Abwicklung eines Unternehmens kann ja - entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht - nicht nur durch Veräußerung des lebenden Unternehmens geschehen, sondern auch dadurch, daß das Unternehmen zerschlagen und die Vermögenswerte einzeln veräußert werden. Wie die klagende Partei in ihrem Rekurs zutreffend geltend macht, wird die Vermutung des § 344 Abs 1 HGB auch nicht dadurch widerlegt, daß auch ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück Gegenstand des Kaufvertrages war. Lassen sich nämlich der betriebszugehörige und der private Teil eines zum Teil für Zwecke des Handelsbetriebes, zum Teil für private Zwecke, abgeschlossenen Geschäftes im Einzelfall nicht genau trennen, so ist das Rechtsgeschäft als eine rechtliche Einheit zu behandeln. Die Vorschriften über Handelsgeschäfte finden dann auf das gesamte Geschäft Anwendung, der betriebszugehörige Charakter des Geschäftes hat im Interesse einer einheitlichen Behandlung den Vorrang (Schlegelberger-Hefermehl5, Rz 22 zu § 343).

Es trifft auch nicht zu, daß - wie die Beklagten in ihrer Rekursbeantwortung meinen - es an Feststellungen über die Kaufmannseigenschaft der Zweitbeklagten fehle. Vielmehr hat das Erstgericht - wenngleich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (siehe S 30 der Urteilsausfertigung) - festgestellt, daß "die Beklagten" eine Gastwirtschaft mit Ausschank von Getränken und Speisen betrieben.

Da somit den Beklagten gemäß § 351 a HGB die Anfechtung des mit der klagenden Partei abgeschlossenen Vertrages wegen Verkürzung über die Hälfte verwehrt ist, ist die Rechtssache im Sinne einer Klagsstattgebung spruchreif, wobei auf die im übrigen zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen wird (§§ 528 a, 510 Abs 3 ZPO). Gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO konnte der Oberste Gerichtshof in der Sache selbst durch Urteil im klagsstattgebenden Sinn erkennen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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