JudikaturJustiz2Ob348/97h

2Ob348/97h – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. März 1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien Y***** Werbe GmbH, *****, vertreten durch Fiebinger Polak, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Peter S*****, vertreten durch Frieders, Tassul Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 587.471,39 (Revisionsinteresse S 441,470,83), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 10. September 1997, GZ 4 R 123/97f-11, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 27. März 1997, GZ 18 Cg 13/96f-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, daß sie als Zwischenurteil zu lauten hat:

Der Anspruch der klagenden Partei besteht gegen die beklagte Partei dem Grunde nach zu Recht.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten die Zahlung von S 587.471,39 sA. Sie sei vom Beklagten beauftragt worden, ein Werbekonzept zu erstellen und habe Beratungsleistungen erbracht. Der Beklagte sei während der gesamten Geschäftsbeziehung zur Klägerin als alleiniger Inhaber des Unternehmens "S*****" aufgetreten und der alleinige Ansprechpartner der klagenden Partei gewesen. Sämtliche Fakturen seien auf "Lederwaren S*****-Peter S*****" ausgestellt worden.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die klagende Partei sei zur Geltendmachung des Anspruches aktiv nicht legitimiert, weil er, wenn überhaupt, nur mit "W*****", von der auch die Fakturen stammten, Vereinbarungen geschlossen habe. Der Beklagte sei nur Dienstnehmer des Unternehmens "Lederwaren S*****", das von seinen Eltern betrieben werde. Er habe im geschäftlichen Kontakt weder behauptet, noch den Anschein erweckt, daß er als Unternehmer ein solches Geschäft betreibe. Er sei von den Inhabern des Unternehmens "Lederwaren S*****" bevollmächtigt und beauftragt worden.

Die klagende Partei erwiderte daher darauf, daß ihr erst durch das Verfahren bekannt worden sei, daß das Unternehmen von den Eltern des Beklagten betrieben werde.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruches ein und wies das Klagebegehren ab.

Es ging von nachstehenden Feststellungen aus:

Die klagende Partei betreibt eine Werbeagentur. Eine Abteilung dieser Agentur agiert unter dem Namen "W*****"; eine im Firmenbuch aufscheinende "W***** GmbH" ist eine Gesellschaft ohne aktive Geschäftstätigkeit. Der Beklagte kam mit dem Wunsch zur Erstellung eines Werbekonzeptes zuerst zum Inhaber der Agentur "B*****". Dieser verwies ihn zur Erstellung eines Marketingplanes an die Agentur "W*****" und stellte ihn deren Leiter mit folgenden Worten vor: "Das ist Peter S*****, ihm gehören ein paar Ledergeschäfte". Der Beklagte widersprach dieser Aussage nicht. Er ist nicht Eigentümer der Lederwarengeschäfte sondern Angestellter seiner Eltern Karl und Susanne S*****. Das Unternehmen der Eltern ist nicht im Firmenbuch protokolliert. Der Beklagte hatte Vollmacht und war auch von seinen Eltern beauftragt worden. Er berichtete von seinen Plänen, das Unternehmen zu vergrößern und innerhalb von drei Jahren ein Umsatzplus von 50 % zu erreichen und erzählte auch die Firmengeschichte, wobei er jedoch nie klarstellte, daß er nicht Inhaber des Unternehmens ist. Es wurde vereinbart, daß das strategische Konzept "W*****" gestalten sollte, wobei das kreative Konzept weiterhin vom "B*****" gestaltet werden sollte. Am 28. 10. 1994 wurde der "Action Marketingplan" erstellt, der ein Grundgerüst für die weitere Vorgangsweise bilden sollte. Kontaktpartner war der Beklagte. Anläßlich einer sog Mailingaktion, die zu Weihnachten 1994 stattfand, wurde die Datenbank des Unternehmens "S*****" analysiert. Die diesbezügliche Rechnung wurde an "S*****/Lederwaren S*****/Herrn Peter S*****" adressiert, was widerspruchslos zur Kenntnis genommen wurde. Auch die gesamte restliche Korrespondenz von seiten des Unternehmens "S*****" wurde von Peter S***** unterfertigt. Für die weiteren Aktionen sollte das 30-Jahr-Jubiläum der beklagten "Firma S*****" Anlaß sein. Bei einer Besprechung über das zweite "Mailing" trat auch Susanne S*****, die Mutter des Beklagten auf und brachte Vorschläge ein. Wem das Unternehmen gehört, wurde nicht besprochen. Kathrin E*****, eine Angestellte von "W*****" die ab Jänner 1995 mit dem Auftrag betraut war, kannte die Eigentumsverhältnisse des Unternehmens "S*****". Sie war aber nur mit der Kundenbetreuung betraut und informierte den Leiter der Agentur über ihr Wissen nicht. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, daß der Beklagte irgendwann der klagenden Partei gegenüber erwähnt habe, daß er nur Dienstnehmer seiner Eltern sei.

Rechtlich erörtert das Erstgericht, daß der Beklagte Vollmacht gehabt, diese aber der klagenden Partei nicht offengelegt habe. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Stellvertretungsrechtes hätte es zu einem Eigengeschäft des Stellvertreters kommen müssen. Im vorliegenden Fall handle es sich um ein unternehmensbezogenes Geschäft, das den jeweiligen Unternehmensträger berechtige und verpflichte. Die Rechnungen seien an "Lederwaren S***** - Peter S*****" adressiert worden. Es sei für die klagende Partei offenkundig gewesen, daß der Abschluß des Geschäftes für und im Rahmen des Unternehmens erfolgt sei. Es sei irrelevant, ob die klagende Partei das Geschäft auch bei Kenntnis der waren Verhältnisse geschlossen hätte, weil dies nur für Schadenersatzansprüche eine Rolle spiele. Daraus folge, daß Vertragspartner der klagenden Partei nicht der Beklagte, sondern die Unternehmensträger, die Eltern des Beklagten seien. Daß der Unternehmensträger hier keine Kapitalgesellschaft sei, sei ohne Bedeutung. Für den Vertragspartner sei es sogar besser, wenn ihm anstelle einer beschränkt haftenden Kapitalgesellschaft eine Person gegenüberstehe, die unbeschränkt hafte. Dies gelte auch für ein mögliches Teilanerkenntnis des Beklagten, weil dieses als eine unternehmensbezogene Erklärung anzusehen sei.

Die beklagte Partei schränkte das Klagebegehren in ihrer Berufung infolge Zahlung von S 146.053,56 auf S 441.417,3 ein.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte die Rechtsmeinung des Erstgerichtes. Der Oberste Gerichtshof schränke den grundsätzlich in Österreich bestehenden Offenlegungsgrundsatz dahingehend ein, daß unternehmensbezogene Rechtsgeschäfte nur den jeweiligen Unternehmensträger berechtigten und verpflichteten, und daß bei Mängeln in der Offenlegung der Vertretung eine Rechtsscheinhaftung des Vertreters dann ausgeschlossen sei, wenn der Vertragspartner die Haftungsbeschränkung gekannt habe oder kennen habe müssen, oder sie ihm gleichgültig gewesen sei. Der Beklagte habe berechtigterweise die korrekte Firmenbezeichnung, nämlich "S*****" bzw Lederwaren S*****" verwendet. Auch die klagende Partei habe diese Bezeichnung in ihrer Korrespondenz verwendet. Der Name Peter S***** sei in Rechnungen und in der Korrespondenz der klagenden Partei lediglich nachstehend angeführt worden. Der klagenden Partei sei bekannt gewesen, daß das Werbekonzept für das Unternehmen "S*****, "Lederwaren S*****" erstellt werden solle. Zur Durchführung dieses Vertrages sei der klagenden Partei die gesamte Firmengeschichte bekanntgegeben worden. Die Mutter des Beklagten habe an den Beratungen einmal teilgenommen. Alleine daraus und aus dem Alter der Mutter könne keineswegs von vornherein ohne Nachfrage angenommen werden, daß das Unternehmen bereits übergeben worden sei. Es wäre für die klagende Partei problemlos möglich und auch zumutbar gewesen, die konkreten Eigentumsverhältnisse in Erfahrung zu bringen. Da die klagende Partei dies trotz entsprechender Anhaltspunkte unterlassen habe, sei es ihr offenbar egal gewesen, wer der Vertragspartner sei. Da sie somit gar nicht auf einen vom Beklagten erweckten Rechtschein vertraut habe, könne sie ihn weder als Vertragspartner noch als Haftenden in Anspruch nehmen.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidungen dahingehend abzuändern, daß dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, zumal im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.

Zu prüfen ist zunächst die vom Beklagten bestrittene Aktivlegitimation der klagenden Partei. Der Beklagte hat dazu ausgeführt, lediglich mit der Agentur "W*****" Vereinbarungen geschlossen zu haben. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt sich aber, daß diese Agentur nur eine Abteilung der klagenden Partei ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist, weshalb an der Legitimation der klagenden Partei zur Geltendmachung des Anspruches keine Bedenken bestehen.

Im übrigen vermag sich der erkennende Senat der Rechtsmeinung der Vorinstanzen, im vorliegenden Fall habe es sich um ein unternehmensbezogenes Geschäft gehandelt, wodurch allein der Inhaber des Unternehmens berechtigt und verpflichtet worden sei, nicht anzuschließen.

Grundsätzlich muß der, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen oder als Organ einer juristischen Person rechtsgeschäftlich handeln will, dies eindeutig zum Ausdruck bringen (Offenlegungsgrundsatz; JBl 1983, 97; SZ 53/35 = JBl 1983, 485; EvBl 1987/202; SZ 67/124; SZ 67/130; RIS-Justiz RS0088884; Hügel, Probleme des Offenlegungsgrundsatzes bei Rechtsgeschäften im Unternehmensbereich, JBl 1983, 454 f, FN 31). Legt dies der Stellvertreter (das Organ) nicht offen, gilt das Geschäft als im eigenen Namen geschlossen (SZ 57/198; RIS-Justiz RS0019540). Dabei fordern die Grundsätze von Treu und Glauben, daß derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen Verträge abschließt, dies eindeutig zum Ausdruck bringt, wenn es den Vertragsteilen nicht ohne weiteres erkennbar ist. Für die Offenlegung reicht es daher auch nicht ohne weiteres aus, daß dem Dritten erkennbar ist, der Handelnde wolle im Interesse eines anderen tätig werden, weil dies ebensogut im Wege der indirekten Stellvertretung geschehen kann. Im Zweifel ist ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen (EvBl 1987, 202; RIS-Justiz RS0019558). Einer Offenlegung bedarf es jedoch dann nicht, wenn dem anderen Teil ohne weiteres oder aus den Umständen erkennbar ist, daß nicht im eigenen Namen gehandelt wird (SZ 53/138; SZ 51/102) oder der andere Teil erkennbar auf eine Offenlegung verzichtet (SZ 54/11). So wurde bereits wiederholt ausgeprochen, daß auf eine Offenlegung der Person des Vertretenen erkennbar bei Abschluß eines Geschäftes unter Vorbehalt der Person des Vertretenen beim (echten) Geschäft, für den es angeht und beim "unternehmensbezogenen" Geschäft verzichtet wird. Wer offenkundig "im Namen eines bestimmten Unternehmens" handelt, berechtigt und verpflichtet den jeweiligen Unternehmensträger (SZ 57/198), wenn dem anderen Teil das Handeln in fremdem Namen aus den Umständen erkennbar ist (SZ 67/124; vgl RIS-Justiz RS0019357). In dem in SZ 57/198 entschiedenen Fall war es dem Vertragspartner offenkundig, daß der Abschluß des Geschäftes im Rahmen des Unternehmens (einer GmbH) erfolgte und daher nur diese, nicht aber auch der Vertreter Vertragspartner wurde.

Im vorliegenden Fall ist von Bedeutung, daß der Beklagte dem Anschein, er sei Inhaber des nichtprotokollierten Unternehmens "S*****" bzw "Lederwaren S*****" nicht entgegentrat, Geschäftspapier dieses Unternehmens verwendete, das den äußeren Anschein nach seinen Namen trug, und auch seine Vorstellungen über die beabsichtigte Werbekampagne bekanntgab. Er hat daher den Eindruck erweckt, selbst Eigentümer des nichtprotokollierten Unternehmens zu sein. In einem vergleichbaren Sachverhalt hat aber der Oberste Gerichtshof bereits entschieden, daß der Vertrag zwischen dem Dritten und demjenigen, der sich als Inhaber des Unternehmens ausgab, abgeschlossen wurde (Arb

9.374 = ZAS 1976/21 mit krit Anm von Welser). Hügel (Probleme des Offenlegungsgrundsatzes bei Rechtsgeschäften im Unternehmensbereich JBl 1983, 449 f [529 f]) hat dieser Entscheidung zugestimmt und darauf verwiesen, daß die Offenlegung des Vertreterhandelns nicht nur der Vermeidung von Täuschungen über geschäftswesentliche Eigenschaften des Vertragspartners diene, sondern daß der Dritte auch vielmehr daran interessiert sei, darüber Bescheid zu wissen, wer sein Vertragspartner ist; zumindest aber, daß dies nicht der Erklärungsgegner ist. Dazu komme weiters, daß der Dritte daran interessiert sei, zu erfahren, daß das geschlossene Rechtsgeschäft im Wege eines Stellvertretungsaktes zustandegekommen ist. In den Fällen, in denen sich jemand als Inhaber eines Unternehmens ausgegeben habe, spreche einiges für die Annahme einer solidarischen Haftung des Handelnden und des Betriebsinhabers (sofern der Handelnde Vertretungsmacht besitze).

Auch im vorliegenden Fall ist ein Eigengeschäft des Beklagten anzunehmen. Der Beklagte ist dem Anschein, Inhaber des Unternehmens "S*****" bzw "Lederwaren S*****" nicht entgegengetreten und hat nie darauf verwiesen, lediglich Angestellter zu sein und daher nur Vertretungshandlungen für den Geschäftsinhaber zu setzen. Er hat mit einem Geschäftsführer der klagenden Partei Verhandlungen über die Durchführung eines Werbekonzeptes gepflogen und dabei seine Vorstellung eingebracht, den Umsatz innerhalb von drei Jahren um 50 % zu steigern. Daß das Unternehmen von den Eltern des Beklagten in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes betrieben wird, wurde der klagenden Partei erst durch die Prozeßführung bekannt. Es fehlen hier daher jegliche Hinweise, daß der Beklagte nur als Vertreter des Unternehmens "S*****" auftreten wollte, vielmehr mußte die klagende Partei der Meinung sein, daß er tatsächlich Eigentümer des Unternehmens war. Unter diesen Umständen liegt kein unternehmensbezogenes Rechtsgeschäft im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung vor. Einer weiteren Nachforschung, wer tatsächlich Eigentümer des Unternehmens war bedurfte es daher nicht. Der Beklagte haftet somit - dem Grunde nach - als Auftraggeber für die Kosten der Werbekampagne.

Da das Erstgericht das Verfahren auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt und keine Feststellungen über die Höhe des Werklohnes getroffen hat, war in Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen ein Zwischenurteil zu fällen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 393 Abs 4, 52 Abs 2 ZPO.

Rechtssätze
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