JudikaturJustiz2Ob2145/96x

2Ob2145/96x – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Februar 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl H*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Heinz Z*****, Kraftfahrer,***** vertreten durch Dr. Franz Kriftner und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Anfechtung (Streitwert S 905.414,84, Revisionsinteresse S 849.130,47), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 28. Februar 1996, GZ 2 R 194/95-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 24. Mai 1995, GZ 3 Cg 187/95w-30, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 22.317,65 (darin S 3.719,60 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat Emma Z*****, der Mutter des Beklagten, mehrere Darlehen gewährt, für die deren Tochter Andrea Z***** als Bürgin die Haftung übernahm. Andrea Z***** war neben ihrem Vater Anton Z***** Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ *****, welches ihr einziges nennenswertes Vermögen bildete. Mit Kaufvertrag vom 18. 7. 1991 erwarb der Beklagte diese Liegenschaft von seinem Vater und seiner Schwester um den Kaufpreis von S 920.000.-, den er durch Übernahme grundbücherlich eingetragener Darlehensverpflichtungen in derselben Höhe entrichtete. Darüber hinaus räumte der Beklagte seinem Vater ein unentgeltliches lebenslanges Wohnrecht an einem Zimmer des auf der Liegenschaft befindlichen Wohnhauses ein. Mit Klage vom 5. 9. 1991 nahm der Kläger Emma und Andrea Z***** auf Rückzahlung der gewährten Darlehen in Anspruch und erwirkte gegen beide ein Versäumungsurteil über S 849.130,47 samt 9 % Zinsen seit 7. 8. 1991 sowie S 37.178,16 Prozeßkostenersatz. Die zwangsweise Vollstreckung dieses Titels erwies sich mit Ausnahme der Hereinbringung eines Zinsenteilbetrages von S 9.775, 40 als erfolglos.

Mit der gegen den Beklagten am 28. 4. 1993 eingebrachten Anfechtungsklage begehrt der Kläger

1.) die Feststellung, daß der zwischen dem Beklagten und Anton sowie Andrea Z***** am 18. 7. 1991 abgeschlossene Kaufvertrag gegenüber dem Kläger insoweit rechtsunwirksam sei, als er den Hälfteanteil von Andrea Z***** betreffe;

2.) der Beklagte habe die Exekution in die Liegenschaft EZ ***** zur Hereinbringung der dem Kläger gegenüber Andrea Z***** zustehenden Forderung von S 849.130,47 samt 9 % Zinsen seit 7. 8. 1991 und Kosten von S 56.284,37 zu dulden, wobei die Exekution mit der Hälfte des Wertes der Liegenschaft beschränkt sei.

Gestützt auf die Bestimmungen der Anfechtungsordnung bringt er dazu vor, der Verkauf des Hälfteanteiles der Liegenschaft durch Andrea Z***** sei in Benachteiligungsabsicht erfolgt, die dem Beklagten als Käufer auch bekannt gewesen sei. Der vereinbarte Kaufpreis habe bei weitem nicht dem tatsächlichen Wert der Liegenschaft entsprochen, die Anfechtung sei deshalb auch befriedigungstauglich.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestreitet die Benachteiligungsabsicht der Verkäuferin; eine solche sei ihm auch nicht bekannt gewesen. Hinsichtlich der von seinem Vater erworbenen Liegenschaftshälfte habe es sich um eine Schenkung gehandelt; hinsichtlich der von seiner Schwester erworbenen Liegenschaftshälfte errechne sich ein Kaufpreis von S 1,220.000.- (S 920.000.- in Form einer Pfandrechtsübernahme, weitere S 300.000.- in Form einer Bargeldzuwendung). Da dem übernommenen Pfandrecht eine private Verbindlichkeit seiner Schwester zugrundeliege, sei dieser Betrag zur Gänze auf den Kaufpreis für seine Schwester anzurechnen. Die Anfechtung erweise sich damit als nicht befriedigungstauglich. In der mündlichen Streitverhandlungverhandlung am 14. 7. 1993 wendete der Beklagte ein, der Verkehrswert der Liegenschaft betrage S 1,700.000.-. In der Tagsatzung vom 14. 2. 1995 beantragte der Beklagte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, daß der von ihm entrichtete Kaufpreis (unter Berücksichtigung der nicht vorliegenden Kollaudierung und eines Benützungsverbotes) selbst für die ganze Liegenschaft angemessen gewesen sei (AS 125). In der Tagsatzung am 7. 4. 1995 wendete er schließlich ein, daß der Wert einer Liegenschaftshälfte nur mit 42,5 % des Wertes der Gesamtliegenschaft zu veranschlagen sei, und beantragt zu diesem Beweisthema neuerlich die Einholung eines Gutachtens (AS 151). Hinsichtlich eines Betrages von S 56.284,37 an Kosten fehle dem Kläger die Legitimation, da diese Forderung infolge Zahlung gemäß § 67 VersVG auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen sei.

Das Erstgericht gab dem zu 1.) erhobenen Feststellungsbegehren zur Gänze und dem zu 2.) erhobenen Begehren teilweise dahin Folge, daß es aussprach, der Beklagte habe die Exekution in die ihm gehörende Liegenschaft EZ ***** zur Hereinbringung der dem Kläger gegen Andrea Z***** zustehenden Forderung von S 849.130,47 samt 9 % Zinsen seit 7. 8. 1991 zu dulden, wobei die Exekution mit der Hälfte des Wertes der Liegenschaft beschränkt und bei der aufgelaufenen Zinsenforderung ein im Wege der Exekution bereits geleisteter Betrag von S 9.775,40 in Abzug zu bringen sei; das Mehrbegehren hinsichtlich der Prozeßkostenforderung von S 56.284,37 wies es ab. Es stellte fest, daß der Beklagte bereits ein Jahr vor dem Liegenschaftserwerb von den Schulden seiner Schwester beim Kläger erfahren habe und beiden bewußt gewesen sei, daß der Kläger durch den Kaufvertrag benachteiligt werden könnte. Der Verkehrswert der Liegenschaft betrage S 2,000.000.-. Der Beklagte habe als Kaufpreis anteilig aushaftende Darlehensschulden seiner Schwester von S 460.000.- übernommen; eine Barzahlung von S 300.000.- sei hingegen nicht erwiesen. Die Rechtsschutzversicherung des Klägers habe diesem S 56.284,37 an Prozeß- und Exekutionskosten bezahlt. Das Erstgericht hielt daher den Anfechtungsanspruch im zugesprochenen Ausmaß für berechtigt.

Das Berufungsgericht änderte das (in seinem abweisenden Ausspruch unbekämpft gebliebene) Ersturteil dahin ab, daß es aussprach, der Beklagte habe zur Hereinbringung der dem Kläger gegen Andrea Z***** zustehenden (näher bezeichneten) Forderung abzüglich eines näher bezeichneten Zinsenbetrages die Exekution in die ehemals der Andrea Z***** gehörende Hälfte der Liegenschaft EZ ***** zu dulden; die Mehrbegehren wies es ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, da oberstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob ein Klagebegehren auf Duldung der Exekution in eine Liegenschaftshälfte gegenüber einem Begehren auf Duldung der Exekution in die gesamte Liegenschaft, beschränkt mit der Hälfte des Wertes der Liegenschaft, ein minus sei, nicht aufzufinden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den stattgebenden Teil dieses Urteils gerichtete Revision des Beklagten ist zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Nach § 12 AnfO hat das Klagebegehren einer Anfechtungsklage, die sich auf eine behauptete anfechtbare Veräußerung von Sachen oder Rechten gründet, auf Duldung der Exekution in das Objekt der anfechtbaren Handlung, allenfalls auf Zahlung bei Exekution in dieses Objekt zu lauten (ÖBA 1987, 838 mwN; JBl 1954, 231; 6 Ob 551/91). Da Objekt der anfechtbaren Handlung hier nur die vormals im Eigentum der Andrea Z***** gestandene Liegenschaftshälfte ist, hat das Berufungsgericht zutreffend im klagestattgebenden Ausspruch seiner Entscheidung zum Ausdruck gebracht, daß der Beklagte nur hinsichtlich dieses ideellen Teils seiner Liegenschaft die Exekution des Klägers zu dulden hat.

Obwohl der Kläger sein Duldungsbegehren in der Klage auf die gesamte Liegenschaft des Beklagten, eingeschränkt auf die Hälfte ihres Wertes, bezogen hat, bildet die klarstellende Umformulierung durch das Berufungsgericht - entgegen der Meinung des Revisionswerbers - keinen Verstoß gegen § 405 ZPO. Der geltend gemachte Anspruch wird nämlich durch die Ableitung des Begehrens aus dem vorgetragenen Sachverhalt charakterisiert. Ein dabei umfänglich zu weit gefaßtes Begehren, sei es in Ansehung des Leistungsumfanges, der Haftung mehrerer Schuldner zur gesamten Hand anstatt nur nach Anteilen oder auch der unbeschränkten Haftung mit dem gesamten Vermögen an Stelle der Haftung bloß mit bestimmten Vermögensteilen, ändert daran nichts. Die Haftung bloß mit bestimmten Vermögensteilen ist gegenüber der in Anspruch genommenen Haftung mit dem gesamten Vermögen kein anspruchsänderndes aliud, sondern bloß ein minus (EvBl 1985/112 mwN; ÖBA 1987, 38; 4 Ob 546/87; 9 Ob 509/94; ebenso im Hinblick auf die Einschränkung eines Begehrens nach § 951 ABGB auf bestimmte Exekutionsgegenstände: JBl 1954, 256; SZ 68/198). Daß diese Grundsätze auch dann zu gelten haben, wenn bei einer Anfechtungsklage im Duldungsbegehren unrichtig die ganze Liegenschaft angeführt wird, obwohl nur ein ideeller Anteil der Liegenschaft vom Anfechtungstatbestand betroffen ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner unveröffentlichten Entscheidung vom 7. 3. 1979, 6 Ob 509/79, erkannt. Das Berufungsgericht war deshalb nicht gehindert, die Verurteilung zur Duldung der Exekution nur hinsichtlich des von der Anfechtung betroffenen Liegenschaftsanteiles auszusprechen und das Mehrbegehren abzuweisen.

Die weiteren Revisionsausführungen versuchen eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes in der Frage des Wertes der von der Anfechtung betroffenen Liegenschaftshälfte und damit der Befriedigungstauglichkeit aufzuzeigen. Die Behauptung der Befriedigungsuntauglichkeit ist ein Teil der Behauptung des Fehlens einer Benachteiligung; da es sich hiebei um eine rechtsvernichtende Einrede handelt, treffen Behauptungs- und Beweislast in diesem Punkt den Anfechtungsgegner (Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 305; ÖBA 1987, 838). Der Beklagte hat dazu im Verfahren erster Instanz vorgebracht, der von ihm entrichtete Kaufpreis für die Liegenschaftshälfte seiner Schwester errechne sich mit S 1,220.000.- (Klagebeantwortung ON 3 S. 3) und sei selbst für die gesamte Liegenschaft angemessen (Verhandlungsprotokoll vom 14. 2. 1995 S. 12); zu berücksichtigen sei aber, daß der Wert einer Liegenschaftshälfte nur mit 42,5 % des Wertes der gesamten Liegenschaft zu veranschlagen sei (Verhandlungsprotokoll 7. 4. 1995 S. 1). Auf Grund dieses Vorbringens ist ein Wert der Gesamtliegenschaft von S 1,220.000.- als zugestanden anzusehen (§ 267 Abs 1 ZPO), sodaß es darüber einer Beweisaufnahme nicht mehr bedurfte. Selbst bei Unterstellung der Richtigkeit der Berechnungen des Beklagten ergäbe sich daraus der Wert der Liegenschaftshälfte seiner Schwester mit 42,5% hievon, also S 518.000.-; nach Abzug des vom Beklagten in Form einer Darlehensübernahme in Höhe von S 460.000.- Geleisteten verbliebe auch nach der Rechnung des Beklagten noch ein Überschuß von S 58.500.-, sodaß an der Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung kein Zweifel besteht. Keinesfalls erforderlich ist es nämlich, daß die Verwertung der Liegenschaftshälfte zu einer Befriedigung der gesamten Forderung des Klägers führen müßte: Für die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung genügt nämlich die Eignung, auch nur teilweise Befriedigung des Gläubigers herbeizuführen (EvBl 1966/285; SZ 53/31; ÖBA 1990/139 mwN). Ob das Berufungsgericht im Berufungsverfahren aktenwidrig einen Verwertungserlös für die Liegenschaftshälfte von S 740.000.- angenommen hat, muß damit keiner weiteren Prüfung unterzogen werden.

Der Revision konnte damit insgesamt kein Erfolg beschieden sein.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
6