JudikaturJustiz2Ob102/89

2Ob102/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. August 1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Melber, Dr.Kropfitsch und Dr.Warta als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich Z***, Kaufmann, Altbachgasse 3, 2700 Wiener Neustadt, vertreten durch Dr.Anton Aigner, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei VERBAND DER V*** Ö***, Schwarzenbergplatz 7, 1030 Wien, vertreten durch Dr.Oswald Karminski-Pielsticker, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 35.124,48 s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 27.April 1989, GZ 16 R 278/88-31, womit der Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 23.Dezember 1988, GZ 16 R 278/88-18, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall vom 4.10.1986 auf der Westautobahn. Über den Unfallshergang wurden von den Parteien widerstreitende Behauptungen aufgestellt. Die Beklagte beantragte zum Beweis ihrer Behauptungen die Einvernahme der in Rumänien wohnhaften Zeugen Mircea B*** und Adam R***. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 31.8.1987 bestimmte das Erstgericht über Antrag des Klägers eine Frist für diese Beweisaufnahme in der Weise, daß es anordnete, daß vom Zeugenbeweis durch Einvernahme dieser beiden Personen Abstand genommen wird, wenn binnen einem Jahr nach Abfertigung der Rechtshilfeersuchen die Protokolle über ihre Vernehmung nicht eingelangt sind. Die Rechtshilfeersuchen vom 1.9.1987 wurden vom Erstgericht am 5.10.1987 an das Bundesministerium für Justiz abgefertigt. Am 11.4.1988 teilte das Bundesministerium für Justiz mit, daß die rumänischen Rechtshilfebehörden die Rechtshilfeersuchen offenbar mißverstanden hätten. Es stellte dem Erstgericht anheim, Gleichschriften der Rechtshilfeersuchen vorzulegen, um sich sodann um eine richtige und möglichst rasche Erledigung der Rechtshilfeersuchen zu bemühen. Am 21.4.1988 verfügte das Erstgericht die Übermittlung von Gleichschriften der Rechtshilfeersuchen an das Bundesministerium für Justiz; die Abfertigung erfolgte am 16.5.1988.

Nachdem bis dahin eine Erledigung der Rechtshilfeersuchen nicht eingelangt war, stellte der Kläger mit einem am 18.11.1988 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz den Antrag auf Fortsetzung der Verhandlung ohne Rücksicht auf die ausstehende Beweisaufnahme bezüglich der beantragten Zeugen Mircea B*** und Adam R*** durch Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung. Das Erstgericht wies diesen Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die am 5.10.1987 abgefertigten Rechtshilfeersuchen auf Vorschlag des Bundesministeriums für Justiz wiederholt hätten werden müssen, weil sie von den rumänischen Behörden mißverstanden und als Zustellersuchen behandelt worden seien. Dafür könne der Beweisführer nichts. Diese Ersuchen seien nicht als wirksam anzusehen. Die Neuabfertigung sei aber erst am 16.5.1988 erfolgt.

Dem gegen diese Entscheidung des Erstgerichts gerichteten Rekurs des Klägers gab das Rekursgericht Folge. Es änderte sie dahin ab, daß es dem Erstgericht gemäß dem Antrag des Klägers die Fortsetzung des Verfahrens durch Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung ohne Rücksicht auf die ausstehende Beweisaufnahme (bezüglich der Zeugen Mircea B*** und Adam R***) auftrug. Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, eine im Sinne des § 279 Abs 1 ZPO bestimmte Frist sei eine richterliche, deren fruchtloser Ablauf zwar nicht den Verlust des Beweismittels nach sich ziehe, wohl aber die Gegenpartei berechtige, ohne Rücksicht auf noch ausstehende Beweise die Fortsetzung des Verfahrens zu beantragen. Die zur Aufnahme des Zeugenbeweises im Ausland bestimmte Jahresfrist habe mit der Abfertigung der Rechtshilfeersuchen vom 1.9.1987 am 5.10.1987 zu laufen begonnen. Es bestehe kein Grund, diese Rechtshilfeersuchen vom 1.9.1987, die in der Folge nicht neu gefaßt, sondern von denen lediglich Gleichschriften nochmals übermittelt worden seien, oder die ordnungsgemäße Abfertigung dieser Ersuchen am 5.10.1987 für nicht wirksam anzusehen. Ein allfälliges Mißverständnis der ausländischen Rechtshilfebehörde sei ein vom Beweisführer - unbeschadet seines mangelnden Verschuldens - im Sinne des § 279 ZPO zu vertretender Umstand. Eine Fristverlängerung sei nicht beantragt worden.

Im Zeitpunkt des Fortsetzungsantrags des Klägers vom 17.11.1988 sei demnach die zur Beweisaufnahme bestimmte Jahresfrist bereits abgelaufen gewesen. Der Fortsetzungsantrag sei daher berechtigt. Den gegen diese Entscheidung gerichteten Revisionsrekurs der Beklagten wies das Rekursgericht mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß mit der Begründung zurück, daß gegen Beschlüsse, durch welche die Benützung eines Beweises nach § 279 Abs 2 ZPO ausgeschlossen werde, gemäß § 291 Abs 1 ZPO ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß zu beheben und dem Erstgericht die Vorlage des Revisionsrekurses aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist ohne die im § 528 Abs 2 ZPO angeordnete Rechtsmittelbeschränkung zulässig (SZ 58/186 ua), sachlich aber nicht berechtigt.

Es ist richtig, daß der im § 291 Abs 1 ZPO normierte Ausschluß eines abgesonderten Rechtsmittels nach dem Wortlaut des Gesetzes Beschlüsse betrifft, durch welche die Benützung eines Beweises nach § 279 Abs 2 ZPO bewilligt oder ausgeschlossen wird. Die abändernde Entscheidung des Rekursgerichts betraf die Anordnung der Fortsetzung der Verhandlung ohne Rücksicht auf ausstehende Beweisaufnahmen im Sinne des § 279 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO. Der daraus vom Rekurswerber gezogenen Schlußfolgerung, der im § 291 Abs 1 ZPO normierte Ausschluß eines abgesonderten Rechtsmittels könne sich auf diese Anordnung nicht beziehen, ist aber nicht beizutreten. Die im § 291 ZPO normierten Rechtsmittelbeschränkungen für die Bekämpfung von Entscheidungen anläßlich der Beweisaufnahme wurden aus prozeßökonomischen Erwägungen verfügt, da es sich hier vornehmlich um vorbereitende und prozeßleitende Verfügungen handelt, deren provisorischer Charakter die Tragweite der Entscheidung in diesem Stadium überhaupt nicht erkennen läßt (Fasching, Kommentar III 357). Zieht man in Betracht, daß mit der Anordnung der Fortsetzung der Verhandlung ohne Rücksicht auf ausstehende Beweisaufnahmen im Sinne des § 279 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO keinesfalls über einen endgültigen Ausschluß dieser Beweise entschieden wird (vgl § 279 Abs 2 ZPO) und daß selbst dann, wenn in der fortgesetzten Verhandlung im Sinne des § 279 Abs 2 ZPO die Benützung eines präkludierten Beweises bewilligt oder abgelehnt wird, gegen einen derartigen Beschluß ein abgesondertes Rechtsmittel nach § 292 Abs 1 ZPO nicht zugelassen wird, dann ist der auch in der Lehre (Fasching aaO 308 Anm 8) vertretene Standpunkt zu billigen, daß der Beschluß auf Fortsetzung des Verfahrens im Sinne des § 279 Abs 1 letzter Halbsatz ZPO zufolge § 291 Abs 1 ZPO nicht selbständig anfechtbar ist.

Dem Rekurs der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kosten ihres erfolglosen Rekurses hat die Beklagte selbst zu tragen (§§ 41, 50 ZPO).