JudikaturJustiz1Ob93/20p

1Ob93/20p – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Kodek, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** D*****, vertreten durch Dr. Otto Urban und andere Rechtsanwälte in Gmunden, gegen den Beklagten G***** B*****, vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, wegen 200.000 EUR sA, über die (richtig:) außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. April 2020, GZ 4 R 40/20k 24, mit dem das Urteil des Landesgerichts Linz vom 27. November 2019, GZ 4 Cg 26/19i 20, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger hat sich im erstinstanzlichen Verfahren darauf berufen, der Beklagte habe (in der von diesem am 30. 11. 2017 unterfertigten „Vereinbarung“) die ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten deklarativ bestätigt. Entgegen der Ansicht des (anwaltlich vertretenen) Beklagten musste das Berufungsgericht daher mit ihm weder das „Rechtsinstitut des deklarativen Anerkenntnisses“ erörtern, noch liegt eine „Überraschungsentscheidung“ vor.

Die weiteren behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft; sie liegen nicht vor, was gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung bedarf.

2. Durch Vergleichsverhandlungen tritt nach der Rechtsprechung eine Ablaufhemmung der Verjährung der Ansprüche des Gläubigers ein (RIS Justiz RS0034518). Für die Annahme von Vergleichsverhandlungen reicht es aus, dass der Gläubiger seine Ansprüche anmeldet und der Schuldner eine Stellungnahme abgibt, in der er den Anspruch nicht vollständig ablehnt (RS0034518 [T5]). Wie lange Vergleichsgespräche gedauert haben, ist eine einzelfallbezogene Rechtsfrage (RS0020748 [T11]; RS0032508 [T1]), die nur bei einer klaren Fehlbeurteilung aufzugreifen ist (vgl 3 Ob 110/11i).

Ob eine Erklärung ein (deklaratives) Anerkenntnis bildet, das für die Unterbrechung, also den Neubeginn der Verjährungsfrist genügt (RS0033015), hängt ebenfalls von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und wirft daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0044468).

Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klage sei im Hinblick auf die zwischen den Parteien bereits vor 2015 begonnenen Vergleichsverhandlungen und das deklarative Anerkenntnis des Beklagten (am 26. 2. 2019) rechtzeitig eingebracht worden, ist nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen übergab der Kläger dem Beklagten in der Zeit vom 30. 6. 2012 bis 6. 5. 2015 größere Goldmengen, wobei der Beklagte nach dem Einschmelzen den Gegenwert unter Abzug seiner 2%igen Provision an den Kläger auszahlen sollte. Der Beklagte hätte dem Kläger unter Berücksichtigung von Schmelzverlusten und seiner Provision zumindest einen Betrag von 200.000 EUR ausfolgen müssen. Bereits vor 2015 versuchten die Parteien immer wieder, Lösungen hinsichtlich der Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten zu finden. Entgegen der Behauptung des Beklagten liegen völlig ausreichende Feststellungen zur Aktivlegitimation des Klägers vor. Nicht nachvollziehbar sind seine Ausführungen, „dass bereits vollständig verjährte Forderungen wieder aufleben würden“, war doch – wovon das Berufungsgericht ausging – durch die Vergleichsverhandlungen der Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist für Forderungen aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Rechtsverhältnis („Goldgeschäft“) gehemmt. Ohne Fehlbeurteilung ging es davon aus, dass durch ein deklaratives Anerkenntnis des Beklagten die bisher durch Vergleichsverhandlungen gehemmte Verjährungsfrist unterbrochen wurde. In einem Schreiben vom 30. 11. 2017 erklärte der Beklagte, vom Kläger Goldlieferungen erhalten zu haben, woraus ein bestimmter Betrag unberichtigt aushafte; aus dieser Geschäftsbeziehung schulde er dem Kläger 200.000 EUR. Am 11. 11. 2018 bot er die Zahlung dieses Betrags in Raten an. Dass das Berufungsgericht von einem deklarativen Anerkenntnis des Beklagten ausging, ist nicht korrekturbedürftig.

3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).