JudikaturJustiz1Ob164/02b

1Ob164/02b – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. August 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingrid U*****, vertreten durch Dr. Gustav Dirnberger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17 19, wegen 1.055,21 EUR und Feststellung (Streitwert 27.097,46 EUR) sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. April 2002, GZ 14 R 164/01t 11, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 12. Juni 2001, GZ 33 Cg 33/00s 7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.440,72 EUR (darin 240,12 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 19. 4. 1995 beantragte die Klägerin beim Landesgericht Salzburg die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Führung eines Schadenersatzprozesses. Im Vermögensbekenntnis vom 31. 3. 1995 finden sich zum Liegenschaftsvermögen der Klägerin ua folgende Angaben:

"N***** weder bewohnt noch finanziell genutzt, Erbschaft noch nicht abgehandelt, 3/4 Besitz/1/4 Dr. Josef H***** im Besitz".

Das Landesgericht Salzburg bewilligte der Klägerin mit Beschluss vom 4. 5. 1995 die Verfahrenshilfe im vollen Umfang. Der daraufhin eingeleitete Zivilprozess ist noch immer anhängig.

Am 28. 3. 1997 trug das Landesgericht Salzburg der Klägerin die Vorlage eines neuen Vermögensbekenntnisses zur Überprüfung ihrer aktuellen Einkommens und Vermögensverhältnisse auf. In dem daraufhin vorgelegten Vermögensbekenntnis vom 15. 4. 1997 schien die zuvor genannte Liegenschaft nicht mehr auf. Die Klägerin erklärte hiezu im Verlauf einer Verhandlungstagsatzung, dass sie nur auf Grund eines Fehlers eines Notars als Eigentümerin dieser Liegenschaft im Grundbuch aufscheine und verpflichtet sei, sie ins Eigentum ihres Bruders zu übertragen. In einem weiteren Vermögensbekenntnis vom 25. 11. 1998 wurde diese Liegenschaft abermals nicht erwähnt, doch teilte der Verfahrenshelfer der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. 1. 1999 mit, dass diese derzeit zu drei Vierteln Miteigentümerin der Liegenschaft sei, das restliche Viertel gehöre ihrem Bruder, der das Haus seit etwa 20 Jahren mit seiner Familie bewohne. Der krankheitshalber nur mehr zeitweise als selbstständiger Zahnarzt tätige Bruder sei finanziell nicht in der Lage, ihre Miteigentumsanteile zu erwerben. Benützungsentgelt habe die Klägerin von ihrem Bruder angesichts dessen Gesamtsituation nie verlangt, die Liegenschaft sei derzeit nicht verwertbar und könnten auch keine Einkünfte aus ihr erzielt werden.

Auf Grund dieser Angaben entzog das Landesgericht Salzburg der Klägerin gemäß § 68 Abs 2 ZPO rückwirkend die Verfahrenshilfe. Die Klägerin habe in den Vermögensbekenntnissen vom 15. 4. 1997 und 25. 11. 1998 ihre drei Viertelanteile an der Liegenschaft verschwiegen; ihre Behauptung, sie scheine nur irrtümlich als Eigentümerin im Grundbuch auf, habe sich als unrichtig herausgestellt. Tatsächlich hätte sie von ihrem Bruder Entgelt für die Benützung der Liegenschaft verlangen müssen, was sie in die Lage versetzt hätte, die Prozesskosten aus eigenen Mitteln aufzubringen.

In dem von der Klägerin dagegen erhobenen Rekurs verwies sie darauf, dass sie bereits im Vermögensbekenntnis vom 31. 3. 1995 Angaben über diese Liegenschaft gemacht habe. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe seien weiterhin gegeben, weil sie nur eine geringe monatliche Pension beziehe, ihr Bruder kein Benützungsentgelt zu leisten gedenke, zumal er auf dem Standpunkt stehe, vor etwa 20 Jahren ihre Miteigentumsanteile erworben zu haben, und ihr ein gerichtliches Vorgehen gegen den Bruder nicht zumutbar sei. Die Belehnung ihres Liegenschaftseigentums zur Finanzierung der Prozesskosten sei ihr auf Grund des geringen Pensionseinkommens nicht zumutbar.

Das Oberlandesgericht Linz gab dem Rekurs der Klägerin im Anlassverfahren mit Beschluss vom 20. 4. 1999 keine Folge. Es warf ihr vor, sie habe durch den unrichtigen Hinweis auf die angeblich noch nicht erfolgte bzw abgeschlossene Abhandlung der Erbschaft das Gericht darüber getäuscht, dass sie schon endgültig über ihren Miteigentumsanteil disponieren könne. Wäre zum Zeitpunkt der Bewilligung der Verfahrenshilfe bereits bekannt gewesen, dass sie zu drei Vierteln Miteigentümerin einer Liegenschaft in bester Salzburger Wohnlage gewesen sei, dann wäre dieser Umstand einer Bewilligung der Verfahrenshilfe entgegengestanden, zumal ihr die Verwertung dieses Liegenschaftsvermögens möglich und zumutbar gewesen wäre.

Auf Grund dieser Rekursentscheidung verhängte das Landesgericht Salzburg mit Beschluss vom 18. 5. 1999 gemäß § 69 ZPO eine Mutwillensstrafe von S 1.000 und verpflichtete die Klägerin mit Beschluss vom 2. 7. 1999 zur Zahlung der bisher aufgelaufenen Sachverständigengebühren, der Kosten ihres Verfahrenshelfers sowie der doppelten Pauschalgebühr in Höhe von S 27.040. Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Linz mit Beschluss vom 9. 8. 1999 nicht Folge.

Die Klägerin begehrte die Zahlung von S 14.520 (1.055,21 EUR), nämlich den im Verdoppelungsbetrag der Pauschalgebühr (S 13.520) und in der Mutwillensstrafe begründeten Schaden sowie die Feststellung, dass ihr die beklagte Partei allen künftig aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 20. 4. 1999, 3 R 84/99i, entstehenden Schaden zu ersetzen habe. Dieser Entscheidung liege eine rechtlich unrichtige und unvertretbare Rechtsansicht zu Grunde. Sie sei mit der Rechtsansicht, dass das Erschleichen der Verfahrenshilfe beabsichtigt gewesen sei, überrascht und ihr rechtliches Gehör sei verletzt worden. Neben dem bereits feststehenden Schaden von S 14.520 drohe ihr im Falle des Verlustes des von ihr 1995 angestrengten Schadenersatzprozesses ein weiterer Schaden im Ausmaß der bereits aufgelaufenen und weiter entstehenden Sachverständigengebühren und Rechtsanwaltskosten sowie der Kosten eines allfälligen Exekutionsverfahrens.

Die beklagte Partei wendete ein, der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz sei richtig, zumindest aber vertretbar. Prozessparteien hätten zur Finanzierung eines Rechtsstreits Vermögensgegenstände zu verwerten bzw zu belasten, sofern dies nicht auf Grund besonderer Umstände unzumutbar erscheine. Die Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Linz, dass die Verfahrenshilfe nicht bewilligt worden wäre, sofern bekannt gewesen wäre, dass die Klägerin schon seit 1980 zu drei Vierteln Miteigentümerin einer Liegenschaft gewesen sei, stimme mit der ständigen Rechtsprechung überein. Die zweifach unrichtigen Angaben der Klägerin in ihrem Vermögensbekenntnis vom 31. 3. 1995 machten die Entziehung der Verfahrenshilfe nicht nur vertretbar, sondern sogar rechtsrichtig.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Entziehung der Verfahrenshilfe käme nur in Frage, wenn die Klägerin 1995 Angaben gemacht hätte, die bei objektiver Betrachtung unrichtig waren, und wenn sich diese Unrichtigkeit bei objektiver Betrachtung als für die Entscheidung des Gerichts wesentlich erwiesen hätte. Dem Landesgericht Salzburg sei aber von Anfang an bekannt gewesen, dass die Klägerin zu drei Vierteln Eigentümerin einer Liegenschaft in bester Salzburger Wohnlage gewesen sei. Der Hinweis "Erbschaft noch nicht abgehandelt" enthalte keine Information darüber, dass die Klägerin rechtlich in der Verfügung über die Liegenschaftsanteile gebunden gewesen sei. Es sei unerheblich, ob das Haus bewohnt gewesen sei. Die Klägerin habe die Gerichte im Anlassverfahren nicht über die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen in Irrtum geführt. Der Entzug der Verfahrenshilfe beruhe auf einer anderen Bewertung des Liegenschaftsbesitzes der Klägerin im Jahr 1999 zu der im Jahr 1995. Die geänderte Würdigung von im Wesentlichen bereits ursprünglich bekannten Tatsachen rechtfertige die Entziehung der Verfahrenshilfe aber nicht. Die Fragen nach einer praktischen Verwertbarkeit und nach der konkreten Nutzung der Liegenschaft hätten schon im Zuge der Bewilligung der Verfahrenshilfe aufgeworfen werden können. Es verstoße gegen Art 6 EMRK, wenn erst nachträglich Fragen aufgeworfen würden, die schon zum Zeitpunkt der ursprünglichen Entscheidung hätten gestellt werden müssen. Die Entscheidungen des Landesgerichts Salzburg und des Oberlandesgerichts Linz seien demnach unvertretbar.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige; die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt. Die Entziehung der Verfahrenshilfe gemäß § 68 Abs 2 ZPO solle eine auf Grund falsch angenommener Tatsachen zu Unrecht bewilligte Verfahrenshilfe rückwirkend beseitigen. Dies käme nur dort in Frage, wo das Gericht im Zuge der Bewilligung einem Irrtum über wesentliche Tatsachen unterlegen sei; ein Rechtsirrtum rechtfertige keine Entziehung. Die Angaben der Klägerin im Vermögensbekenntnis vom 31. 3. 1995 seien nicht eindeutig gewesen, und das Erstgericht hätte im Anlassverfahren daher schon vor Bewilligung der Verfahrenshilfe auf Aufklärung dringen müssen. Durch die Bewilligung der Verfahrenshilfe ohne weitere Erhebungen habe es seine Rechtsansicht zum Ausdruck gebracht, dass das Vorhandensein von Liegenschaftsanteilen "in bester Salzburger Wohngegend" jedenfalls bis zur "Abhandlung der Erbschaft" kein Hindernis für die Bewilligung sei. Der Bewilligung der Verfahrenshilfe seien somit im Tatsachenbereich nur die aus dem genannten Vermögensbekenntnis zweifelsfrei und ohne weitere Erhebungen ableitbaren Annahmen - "¾ Mitbesitz" an einer nicht selbst bewohnten Liegenschaft in bester Lage, ungeklärte Eigentumsverhältnisse, keine aktuelle finanzielle Nutzung zu Grunde gelegen. Der Klägerin hätte die Verfahrenshilfe nur dann entzogen werden dürfen, wenn sich gerade diese Annahmen nachträglich als unrichtig herausgestellt hätten. Die Verfahrenshilfe sei aber mit der unhaltbaren und nicht dem Gesetz entsprechenden Begründung entzogen worden, dass die Klägerin in späteren Vermögensbekenntnissen unvollständige Angaben gemacht habe. Das Rekursgericht im Anlassverfahren habe auf eine andere Begründung "zurückgegriffen" und ausgeführt, die Angaben der Klägerin über die Abhandlung ihrer Erbschaft und die Bewohnung der Liegenschaft hätten sich als unrichtig herausgestellt. Dieser Vorwurf sei aber das Ergebnis einer unvertretbaren Rechtsanwendung. Das Rekursgericht im Anlassverfahren habe nämlich nicht nur den Liegenschaftsbesitz der Klägerin rechtlich anders beurteilt als das Erstgericht des Anlassverfahrens, sondern habe darüber hinaus die im Vermögensbekenntnis des Jahres 1995 enthaltenen Unklarheiten über seiner Rechtsansicht nach wesentliche Tatsachen, die das Erstgericht des Anlassverfahrens im Jahre 1995 offen gelassen habe, einseitig zu Lasten der Klägerin als falsche Angaben ausgelegt, ohne ihr Gelegenheit zur Äußerung zu geben, was einen Verfahrensmangel darstelle und gegen den aus Art 6 EMRK abzuleitenden Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoße. Auch die rechtliche Relevanz des Liegenschaftsbesitzes der Klägerin für die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Jahre 1995 habe das Rekursgericht des Anlassverfahrens unvertretbar unrichtig beurteilt, zumal der Klägerin in jedem Fall die Belehnung oder Verwertung der Liegenschaft zugemutet worden sei. Gewiss sei das Vermögen einer Partei bei der Beurteilung deren Bedürftigkeit im Sinne des § 63 Abs 1 ZPO zu berücksichtigen, doch müsse eine Belehnung oder Verwertung dieses Vermögens zumutbar sein. Eine entsprechende Prüfung der Zumutbarkeit habe aber nicht stattgefunden. Ebensowenig hätte der Entscheidung ohne ergänzende Erhebungen die Annahme zu Grunde gelegt werden dürfen, dass der Bruder der Klägerin wegen der Benützung der Liegenschaft zu monatlichen Zahlungen hätte verhalten werden können. Das Rekursgericht des Anlassverfahrens habe dort, wo eine Ergänzung der unzureichenden Sachverhaltsgrundlage hätte stattfinden müssen, im Akteninhalt nicht gedeckte und daher spekulative Annahmen zu Grunde gelegt. Diese Vorgangsweise sei insgesamt unvertretbar und ziehe die Haftung der beklagten Partei für die dadurch verursachten Schäden nach sich. Der Klägerin sei durch die ihr auferlegte Mutwillensstrafe und die Verdoppelung der Pauschalgebühr bereits ein Schaden entstanden; für den Fall des Prozessverlustes in dem von ihr im Jahre 1995 angestrengten Zivilrechtsstreit drohten weitere Schäden. Demnach seien sowohl dem Zahlungs- wie auch dem Feststellungsbegehren stattzugeben.

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist dem Kläger zu entgegnen, dass zwar der Revisionsrekurs "über die Verfahrenshilfe" gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig ist, dass dieser Rechtsmittelausschluss aber kein Hindernis dafür ist, eine Schadenersatz anstrebende Amtshaftungsklage unter den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO vor den Obersten Gerichtshof zu bringen, wenngleich "lediglich" Fragen der Verfahrenshilfe zu klären sind. Eine solche Verkürzung des Instanzenzugs ist vom Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 4 ZPO nicht umfasst.

In der Sache selbst ist auszuführen:

Über einen Verfahrenshilfeantrag ist gemäß § 66 Abs 2 ZPO auf der Grundlage des Vermögensbekenntnisses zu entscheiden. Hat das Gericht gegen dessen Richtigkeit oder Vollständigkeit Bedenken, so hat es das Vermögensbekenntnis zu überprüfen, allenfalls zur Beibringung weiterer Belege aufzufordern (Fasching, LB2 Rz 497).

Das Erstgericht des Anlassverfahrens hat der Klägerin auf Grund deren Vermögensbekenntnisses vom 31. 3. 1995 Verfahrenshilfe bewilligt. Gewiss waren die Angaben der Klägerin wie schon das Berufungsgericht ausführte nicht eindeutig, doch wurde keine Aufklärung veranlasst. Daraus ist zu schließen, dass das Erstgericht des Anlassverfahrens der Bewilligung der Verfahrenshilfe die Annahme zu Grunde legte, die Klägerin habe "¾ Mitbesitz" an einer zumindest von ihr nicht selbst bewohnten Liegenschaft in bester Lage, es bestünden ungeklärte Eigentumsverhältnisse, und die Liegenschaft werde derzeit nicht finanziell genutzt. Der Entzug der Verfahrenshilfe gemäß § 68 Abs 2 ZPO hätte nur dann stattfinden dürfen, wenn sich gerade diese Annahmen nachträglich als unrichtig herausgestellt hätten. Die für den Entzug der Verfahrenshilfe vom Erstgericht des Anlassverfahrens gewählte Begründung, die Klägerin habe in späteren Vermögensbekenntnissen unvollständige Angaben gemacht, ist daher jedenfalls unhaltbar und unvertretbar, weil die späteren Angaben nicht Grundlage für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gewesen waren.

Auch die Bestätigung dieser unvertretbaren Entscheidung durch das Rekursgericht des Anlassverfahrens ist wie die Vorinstanzen zutreffend ausführten Ergebnis einer unvertretbaren Rechtsanwendung. Dieses Rekursgericht hätte zur Beseitigung von Unklarheiten auf der Tatsachenebene die erstinstanzliche Entscheidung aufheben und dem Erstgericht entsprechende Aufträge erteilen müssen. Keinesfalls war es befugt, die Angaben der Klägerin im Vermögensbekenntnis zu deren Lasten auszulegen, ohne ihr Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Diese Vorgangsweise stellt einen gravierenden Verstoß gegen Art 6 EMRK dar, weil das rechtliche Gehör nicht gewahrt wurde.

Beruhte die Bewilligung der Verfahrenshilfe auf einem von der Klägerin nicht veranlassten Rechtsirrtum der darin liegt, die Verfahrenshilfe ohne jede Aufklärung auf Grund der Angaben der Klägerin bewilligt wurde , so durfte die Verfahrenshilfe nicht unter Berufung auf den bei der Bewilligung unterlaufenen Rechtsirrtum wieder entzogen werden (EFSlg 57.737; SZ 13/132). Es geht nicht an, die Begünstigungen der Verfahrenshilfe rückwirkend zu beseitigen (vgl dazu Fasching aaO Rz 502), indem das Antragsvorbringen eines Verfahrenshilfewerbers erstmals vom Rekursgericht in bestimmter Weise ausgelegt wird, ohne hiezu die antragstellende Partei zu hören.

Das Berufungsgericht führte auch zu Recht aus, dass die vom Rekursgericht des Anlassverfahrens gewählte Begründung, die darauf hinausläuft, dass der Klägerin in jedem Fall die Belehnung oder Verwertung ihrer Liegenschaftsanteile zugemutet wurde, unvertretbar ist. Liegenschaftsvermögen ist gewiss bei der Frage der Bewilligung der Verfahrenshilfe zu berücksichtigen, doch kann eine Verwertung bzw Belastung von Liegenschaften nur dann gefordert werden, wenn dies der Verfahrenshilfe werbenden Partei zumutbar ist (vgl HG Wien AnwBl 1996, 702; LGZ Wien in EFSlg 79.162). Hiezu hat das Rekursgericht des Anlassverfahrens jedwede Prüfung unterlassen. Gleiches gilt für die Frage, ob der Bruder der Klägerin zu Zahlungen als Entgelt für die Benützung der Liegenschaftsanteile seiner Schwester hätte verhalten werden können, ob also Erträgnisse aus dem Liegenschaftsvermögen erzielbar gewesen wären.

Die Entscheidung des Rekursgerichts im Anlassverfahren erweist sich demnach in der Tat als rechtlich unvertretbar, weshalb der Revision ein Erfolg zu versagen ist.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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