JudikaturJustiz1Ob15/13g

1Ob15/13g – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. März 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Thomas B*****, vertreten durch Dr. Peter Paul Wolf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Andrea B*****, vertreten durch Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH in Gänserndorf, wegen 305.419,12 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. Oktober 2012, GZ 12 R 126/12f 87, womit aus Anlass der Berufung der klagenden Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichts Korneuburg vom 20. Mai 2012, GZ 2 Cg 174/06y 82, der Zwischenantrag der beklagten Partei auf Feststellung zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.578,32 EUR (darin 429,72 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies einen von der Beklagten primär gestellten Zwischenfeststellungsantrag zurück (was nicht bekämpft wurde) und stellte mit Zwischenurteil über den Eventualantrag der Beklagten fest, dass die [von ihr] „eingewendeten Schadenersatzforderungen von 264.738,49 EUR (dem Grunde nach) durch die Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht im Verfahren zu hg ***** nicht untergegangen sind und in ihrer Durchsetzbarkeit und sei es als eingewendete Gegenforderung nicht beeinträchtigt wurden“.

Das Berufungsgericht hob über Berufung des Klägers das erstgerichtliche Zwischenurteil auf und wies den (Eventual )Zwischenantrag der Beklagten auf Feststellung zurück. Der Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten sei unzulässig. Dahingestellt könne bleiben, ob die Beklagte überhaupt die den Gegenstand des Zwischenfeststellungsantrags bildende Gegenforderung von 264.738,49 EUR hinreichend konkret und substantiiert und damit wirksam erhoben habe. Sie habe nicht die Feststellung beantragt, dass ein Rechtsverhältnis bestehe, welches ganz oder zum Teil Voraussetzung ihres Anspruchs wäre, sondern die Feststellung, dass auf eine ihrer Gegenforderungen kein Verzicht geleistet worden sei. Ob auf eine Forderung verzichtet worden sei oder nicht, sei zunächst eine Beweisfrage und kein selbständiges Recht oder Rechtsverhältnis. Jedenfalls seien aber von der Feststellung Rechte oder Rechtsverhältnisse ausgeschlossen, die wie hier selbst durch den Anspruch bedingt seien, insbesondere auch diejenigen, aus denen das (Nicht )Erlöschen des Anspruchs oder Rechts nach seiner Entstehung abgeleitet werde. Dem allein strittigen (Eventual )Zwischenfeststellungsantrag mangle es somit an der Präjudizialität.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit einem Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig. Wird der Zwischenantrag auf Feststellung wie hier erstmals vom Berufungsgericht zurückgewiesen, dann ist dieser Beschluss jedenfalls anfechtbar (RIS Justiz RS0039705; vgl RS0043894). Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 259 Abs 2 ZPO kann die Beklagte, ohne der Zustimmung des Klägers zu bedürfen, in der mündlichen Streitverhandlung einen Antrag auf Feststellung im Sinn des § 236 ZPO stellen.

Unabhängig von der strittigen Frage, ob ein Zwischenantrag auf Feststellung auch in Bezug auf eine zur Aufrechnung eingewendete Gegenforderung gestellt werden kann (zum Antrag des Beklagten GlUNF 6356; 5 Ob 210, 211/60 = RZ 1961, 26; 4 Ob 574/72; 7 Ob 37/74 = EvBl 1974/223; 6 Ob 521/92; 10 Ob 86/07f; Deixler Hübner in Fasching/Konecny ² § 236 ZPO Rz 4 und § 391 RZ 28; vgl zu Zwischenanträgen des Klägers auf Feststellung des Nichtbestands der vom Beklagen eingewendeten Gegenforderung: 2 Ob 260/58 = JBl 1959, 157; 4 Ob 87/07h = SZ 2007/177, dazu Koller , Eine Forderung zwei Chancen?!, JAP 2008/2009/9, 53 [55]; allgemein zum bedingten Zwischenantrag auf Feststellung Fasching in Fasching/Konecny 2 II/1 Einl Rz 99), dient der Zwischenfeststellungsantrag nicht dem Zweck, einzelne Rechtsfragen für sich herauszuheben und zum Gegenstand eines Urteils zu machen (RIS Justiz RS0039615). Dies ist hier jedoch der Fall. Die Beklagte gesteht im Rekurs selbst zu, dass mit ihrem Zwischenfeststellungsantrag nicht die Feststellung eines Rechtsverhältnisses begehrt wird. Der Antrag ist aber entgegen ihrer Ansicht auch nicht auf die Feststellung eines Rechts gerichtet. Sie begehrt nämlich die Feststellung, dass ihre Gegenforderung(en) nur aus einem bestimmten Grund der Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht in einem Parallelverfahren der Parteien „nicht untergegangen“ und deren „Durchsetzbarkeit nicht beeinträchtigt“ worden sei(en). Allein mit dieser begehrten Feststellung wäre aber über das Bestehen oder Nichtbestehen ihres (nicht substanziiert) als Gegenforderung eingewendeten Schadenersatzanspruchs noch nichts Abschließendes gesagt. Damit zielt der Zwischenfeststellungsantrag nur auf die Lösung einer einzelnen Rechtsfrage und nicht auf die Feststellung eines Rechts ab.

Der Zwischenantrag auf Feststellung ist daher zu Recht mangels Vorliegens der formellen Voraussetzungen als unzulässig zurückgewiesen worden.

Die Kostenentscheidung in diesem Zwischenstreit gründet sich auf §§ 52 Abs 1, 50 und 41 ZPO.

Rechtssätze
3