JudikaturJustiz17Os36/14v

17Os36/14v – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. August 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. August 2014 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zillinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian B***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. April 2014, GZ 51 Hv 20/14d 11, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian B***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 17. Oktober 2013 in Wien als Exekutivbeamter mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an seinem Recht auf Einhebung von Verwaltungsstrafen (hier wegen Telefonierens während des Fahrens ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung) zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er „die Ausstellung eines Organstrafmandates in der Höhe von € 50,-- an Wilhelm H***** vortäuschte, jedoch kein Organstrafmandat erließ und die eingehobenen € 50,-- nicht abführte“.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Die missverständliche Formulierung des Referats der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) gibt Anlass zu folgender Klarstellung:

Nach den Urteilsfeststellungen (US 3 f) habe der Beschwerdeführer dem Wilhelm H***** mitgeteilt, dass dieser für eine (tatsächlich begangene) dienstlich wahrgenommene Verwaltungsübertretung eine Verwaltungsstrafe von 50 Euro zu bezahlen habe (vgl § 50 Abs 1 VStG). Wilhelm H***** sei damit einverstanden gewesen und habe den Betrag (nach Abhebung bei einem Bankomaten) bezahlt.

Demnach hat der Beschwerdeführer ungeachtet der (unter anderem) in der unterlassenen Übergabe der Urschrift (der Organstrafverfügung) bestehenden Verletzung von Formvorschriften (§ 50 Abs 5 VStG iVm §§ 1 f Organstrafverfügungenverordnung [OrgStVfgV]) eine Organstrafverfügung (mündlich) erlassen. Hebt ein dazu ermächtigtes Organ der öffentlichen Aufsicht (mit Blick auf die vorherige Verwaltungsübertretung materiell) korrekt und ohne Verstoß gegen § 50 Abs 5a VStG eine Geldstrafe mit Organstrafverfügung ein, kommt Missbrauch der Amtsgewalt (nur) durch Unterlassen der Abführung der Strafbeträge an die Behörde in Betracht (17 Os 2/13t, EvBl 2013/70, 470 = JBl 2014, 275 [ Huber ]).

Der von der Mängelrüge ins Treffen geführte Amtsvermerk der Landespolizeidirektion Wien (ON 2 S 25), steht den tatrichterlichen Feststellungen nicht entgegen und musste daher unter dem angesprochenen Aspekt der Urteilsvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht gesondert erörtert werden (RIS-Justiz RS0098495). In dem genannten Beweismittel wurde nämlich (lediglich) mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer (in etwa) im (konstatierten) Tatzeitraum zwar einen Einsatz im zwölften Wiener Gemeindebezirk gehabt habe, jedoch aufgrund der räumlichen Nähe die Möglichkeit bestehe, dass er die inkriminierte Amtshandlung gegen Wilhelm H***** durchgeführt habe.

Mit den Angaben des Zeugen Wilhelm H***** hat sich das Erstgericht ohnehin ausführlich auseinandergesetzt und sie seinen Feststellungen zugrunde gelegt. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erneut die (zeitliche) Vereinbarkeit des konstatierten Tatgeschehens mit seinem (im zuvor erwähnten Amtsvermerk festgehaltenen) Einsatz in Zweifel zieht, argumentiert er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Da das Schöffengericht die Verantwortung des Beschwerdeführers mängelfrei als unglaubwürdig verworfen hat (US 5 f), war es dem weiteren Vorwurf der Unvollständigkeit zuwider nicht verhalten, auf Einzelheiten dieser Aussage beweiswürdigend einzugehen (RIS Justiz RS0098642).

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) aus der Verantwortung des Beschwerdeführers und der Aussage des Zeugen Manuel J*****, die vom Erstgericht ohnehin erörtert wurden (US 5 f), lediglich für den Angeklagten günstige Schlussfolgerungen zieht, verfehlt sie den Anfechtungsrahmen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (vgl RIS Justiz RS0099674).

Gleiches gilt für die eigenständigen Beweiswerterwägungen zur von der Rüge in Zweifel gezogenen Aussage des Zeugen Wilhelm H*****, er habe sich das Kennzeichen des Streifenkraftwagens notiert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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