JudikaturJustiz15Os91/05d

15Os91/05d – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. März 2006

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Spejtim E***** wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach §§ 11 dritter Fall, 35 Abs 1 lit a FinStrG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 25. November 2004, GZ 13 Hv 151/04s-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch erfassten Tat auch unter §§ 11 dritter Fall, 44 Abs 1 lit a FinStrG sowie demzufolge im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Spejtim E***** der Finanzvergehen des Schmuggels nach §§ 11 dritter Fall, 35 Abs 1 lit a FinStrG und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 11 dritter Fall, 44 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt. Danach hat er am 11. und 12. Oktober 2003 in Wien zur Ausführung der am 13. Oktober 2003 in Wels von Aurel H***** begangenen Finanzvergehen beigetragen,

der als Fahrer eines Sattelzugs anlässlich der Anreise aus Ungarn

9.919 Stangen (= 1.983.800 Stück) ausländische unverzollte, im Urteil nach Sorten näher aufgegliederte Filterzigaretten im Gesamtwert von 138.866 Euro, auf welche Eingangsabgaben von 324.629,03 Euro (davon 79.986,82 Euro Zoll, 167.393,04 Euro Tabaksteuer sowie 77.249,17 Euro Einfuhrumsatzsteuer) entfielen, vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte und durch die beschriebenen Tathandlungen zu seinem oder eines anderen Vorteils vorsätzlich hinsichtlich der angeführten Zigaretten mit einem Kleinverkaufspreis von 297.570 Euro das in § 5 Abs 3 Tabakmonopolgesetz (TabMG 1996) normierte Verbot des Handels mit Tabakerzeugnissen verletzte, „indem er die für den - Schmuggel nachfolgenden - Abtransport der Zigaretten verwendeten", im Urteil näher beschriebenen Kleintransporter anmietete und Tamás I***** zur Verfügung stellte. Den Entscheidungsgründen ist diesbezüglich zu entnehmen, dass die Durchführung der Schmuggelfahrt durch das Verhalten des Angeklagten wesentlich erleichtert wurde und dieser es auch zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, die Schmuggelfahrt durch den unmittelbaren Täter infolge vorheriger Organisation des Abtransports des Schmuggelguts erheblich zu erleichtern (US 5).

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die ihr Ziel verfehlt. Die Mängelrüge kritisiert an der ausführlichen, auf eine Vielzahl von Verfahrensergebnissen Bedacht nehmenden Beweiswürdigung der Tatrichter (US 5 ff), dass diese der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche. Dazu trachtet der Angeklagte aufzuzeigen, dass aus den Beweisergebnissen auch andere als die vom Erstgericht abgeleiteten Schlüsse gezogen werden konnten, insbesondere indem er Spekulationen über die mehr oder minder große Geschicklichkeit bei einem Geschehen wie dem vorliegenden anstellt. Solcherart wird jedoch kein Begründungsmangel in der Bedeutung des genannten Nichtigkeitsgrundes dargelegt (RIS-Justiz RS0099428, 0099455).

Eine - in der Beschwerde explizit behauptete - nur offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) wäre dann gegeben, wenn ein Verstoß gegen die Gesetze folgerichtigen Denkens oder grundlegende Erfahrungssätze vorläge (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444). Davon kann hier keine Rede sein.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zur Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO:

Aus Anlass der Beschwerde war vom Obersten Gerichtshof, insoweit auch in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, in Ansehung des Schuldspruchs nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG von Amts wegen eine dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Nichtigkeit nach Z 10 des § 281 Abs 1 StPO wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 StPO). Ein Tatbeitrag ist nur dann strafbar, wenn der geförderte unmittelbare Täter das Versuchsstadium erreicht hat, mag er auch - was hier nicht zur Diskussion steht - selbst nicht strafbar sein („quantitative Akzessorietät", „faktische Bezogenheit"; § 15 Abs 2 StGB, § 13 Abs 2 FinStrG; Fuchs AT6 32. Kap Rz 38; Fabrizy in WK StGB2 § 12 Rz 97 f; Leukauf/Steininger, Komm³ § 12 Rz 51; je mwN). Der Handel mit Tabakerzeugnissen ist laut § 5 Abs 3 TabMG 1996 verboten, soweit er nicht auf Grund einer Bestellung zum Tabaktrafikanten oder einer Bewilligung als Großhändler (§ 6 TabMG 1996) betrieben wird oder nicht gemäß § 5 Abs 5 TabMG 1996 (Abgabe im Rahmen der diplomatischen und berufskonsularischen Beziehungen und zur Durchführung zwischenstaatlicher Verträge sowie auf Flughäfen, in Flugzeugen und auf Donauschiffen an Reisende und als Bordvorrat) oder § 40 Abs 1 TabMG 1996 (Verkauf von Tabakerzeugnissen in Gaststätten) erlaubt ist. „Handel" iSd § 5 Abs 3 TabMG 1996 ist nach der Legaldefinition des § 5 Abs 4 TabMG 1996 das gewerbsmäßige Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen im Monopolgebiet. Dieses ist gemäß § 1 Abs 3 TabMG 1996 das Bundesgebiet, ausgenommen das Gebiet der Ortsgemeinden Jungholz (Tirol) und Mittelberg (Vorarlberg).

§ 44 Abs 1 lit a FinStrG bezieht sich, soweit es wie hier um Zigaretten geht, auf die Bestimmungen des Tabakmonopolgesetzes. Die Entscheidungsgründe des Urteils enthalten jedoch keine Feststellungen, aus denen sich ergäbe, dass es zu einem nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG tatbildlichen Handeln eines unmittelbaren Täters, wenn auch nur im Stadium der Ausführungsnähe, gekommen ist. Ebenso wenig wurde eine entsprechende Willensausrichtung des Angeklagten (§ 8 Abs 1 FinStrG) konstatiert, was aber für einen Schuldspruch wegen eines Beitrags zum angeführten Finanzvergehen erforderlich wäre. Das vorliegende Urteil leidet demnach an einem Rechtsfehler mangels Feststellungen (zu diesem Begriff Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605), was die Teilkassation und die Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung erforderte.

Im erneuerten Verfahren wird mit Blick auf die dargelegte quantitative Akzessorietät des Tatbeitrags zu prüfen sein, ob es tatsächlich zu einem nach § 44 Abs 1 lit a FinStrG tatbildlichen Handeln eines unmittelbaren Täters, zumindest im Stadium der Ausführungsnähe (§ 13 Abs 2 FinStrG), gekommen ist. Hinsichtlich der subjektiven Komponenten des in Rede stehenden Beitragsverhaltens wird zu untersuchen sein, ob der Angeklagte bei der ihm angelasteten Tat auch (über die Förderung des Zigarettenschmuggels hinaus) mit einer auf Förderung solchen - monopolwidrigen - Handelns bezogenen Willensausrichtung (§ 8 Abs 1 FinStrG) agiert hat.

Nur bei entsprechenden Tatsachenfeststellungen kann es neuerlich zu einem Schuldspruch wie dem kassierten kommen.

Rechtssätze
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