JudikaturJustiz15Os78/16h

15Os78/16h – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Oktober 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Oktober 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Beran als Schriftführer in der Strafsache gegen Markus N***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Geschworenengericht vom 25. Mai 2016, GZ 10 Hv 21/16h 58, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen Freispruch des Angeklagten von zwei weiteren von der Anklage dem § 3g VG subsumierten Vorwürfen enthält, wurde Markus N***** der Verbrechen nach § 3g VG („teils iVm § 1 Abs 1 Z 12 MedienG“; I./) und des Verbrechens des Mordes nach §§ 15 Abs 1, 75 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er in P*****, T***** und L*****

I./ sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinne betätigt, und zwar

1./ gemeinsam mit Markus W***** in der Nacht zum 28. Juni 2015, indem sie im Lokal „T*****“ den „Hitler Gruß“ ausführten, sich dabei von einem Lokalgast fotografieren ließen, W***** sodann das Foto auf seiner Facebook Seite mit dem Kommentar „Kameradschaft ist mehr als nur ein Wort!“ veröffentlichte und N***** den Eintrag mittels Facebook Funktion „Gefällt mir“ und der Äußerung „So ist es“ sowie sechs Hakenkreuzsymbolen kommentierte;

2./ indem er nachangeführte Kommentare und Lichtbilder auf seiner Facebook Seite veröffentlichte, und zwar

a./ am 16. Mai 2015 „Die Vergangenheit war besser“ und eine Karikatur mit dem Titel „Einst und jetzt“, auf welcher unter der Überschrift „Vergangenheit“ ein Soldat des nationalsozialistischen Regimes neben einem deutlich kleiner dimensionierten Juden in einem Kriegsgebiet und unter der Überschrift „Gegenwart“ ein israelischer Soldat mit einem deutlich kleiner dimensionierten Palästinenser in einem Kriegsgebiet zu sehen ist,

b./ am 19. Juni 2015 „Darum alle Zionisten in den Ofen“ und einen Link zum Beitrag eines Internet Blogs mit dem Titel „Die schockierende Wahrheit über den Zionisten Terrorstaat Israel“;

c./ am 12. Juli 2015 „Nationalsozialismus“ samt Hakenkreuz Bild;

II./ am 30. September 2015 Daniel D***** zu töten versucht, indem er ihm mit einer 9,8 kg schweren Kurzhantel bzw deren Gewindespindel auf den Kopf schlug (offener Einpressungsschädelbruch auf der linken Stirnseite samt Rissquetschwunde, Rissquetschwunde im Hinterkopfbereich links, Schädel Hirn Trauma mit nachfolgendem Angstsyndrom und Persönlichkeitsstörung, Bruch der Ecken der Zähne der vorderen Gebissreihe, Abschürfungen der linken Hüfte), wobei er die Tat durch die Äußerung, „Jetzt stirbst und wehr di net, wennst di wehrst, geh i ham zu deiner Mutter und bring dei Mutter und dei Schwester a no um, weil mir is des scheiß egal“, unterstrich.

Die Geschworenen bejahten jeweils die anklagekonform gestellten Hauptfragen 1./, 2./, 3./, 4./ (I./1./, I./2./a./, I./2./b./, I./2./c./ des Schuldspruchs) und 7./ (II./ des Schuldspruchs). Die zur Hauptfrage 7./ gestellte Zusatzfrage 8./ nach Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) verneinten sie ebenso wie die Hauptfragen 5./ und 6./ (Freispruch). Die zur Hauptfrage 7./ gestellten Eventualfragen 9./ (in Richtung § 87 Abs 1 StGB) und 10./ (in Richtung §§ 83 Abs 1, 84 StGB idF vor BGBl I 2015/154) blieben folgerichtig unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 4, 5, 6, 8, 9, 10, 10a und 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Aus § 345 Abs 1 Z 4 StPO moniert der Beschwerdeführer die schlechte Tonqualität der bei der Hauptverhandlung am 25. Mai 2016 vorgeführten Videoaufnahme der Tatrekonstruktion vom 18. November 2015, sodass die Vorführung – (auch nach dem Beschwerdevorbringen) über Antrag (und mit Zustimmung [ON 57 S 47, 13]) seines Verteidigers und mit Ausnahme einer kurzen Sequenz – durch eine wörtliche Verlesung des zugehörigen Protokolls (ON 12) habe ersetzt werden müssen. Damit wird nicht klar (§ 285a Z 2 iVm § 344 StPO), ob und wodurch aus Sicht des Beschwerdeführers eine der unter diesem Nichtigkeitsgrund (Z 4) taxativ (RIS Justiz RS0099118) angeführten Bestimmungen verletzt worden sein soll.

Der Verfahrensrüge zuwider (Z 5) wurden durch die Abweisung (ON 57 S 12) des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Informationstechnologie zum Beweis dafür, dass der Angeklagte „die Vorwürfe laut (Anklage )Fakten I./2./c./ und d./ nicht zu verantworten hat, da das Lichtbild mit dem Audi, ebenso wie das Hakenkreuz samt Schriftsatz 'Nationalsozialismus' von dieser Interessensgruppe ohne sein Wissen und Willen auf seiner persönlichen Facebook Seite gepostet wurde“ (ON 51 S 33 und ON 57 S 12), Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt. Denn der Beweisantrag ließ nicht erkennen, weshalb ein solcher Sachverständiger in der Lage sein sollte, Aussagen zur entscheidenden inneren Tendenz des Angeklagten zum Tatzeitpunkt zu treffen, nachdem dieser erklärt hatte, die Bilder hätten sich durch das von ihm bewusst ausgeführte Betätigen der Facebook Funktion „Gefällt mir“ von selbst auf seiner persönlichen Seite hochgeladen und er habe grundsätzlich auch gewusst, wie solche Bilder wieder gelöscht werden können, diese im konkreten Fall aber gar nicht bemerkt (ON 51 S 8). Im Rechtsmittel sowie der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur nachgetragenes Vorbringen ist prozessual verspätet und aufgrund des Neuerungsverbots auch unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618).

Die eine Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags (§§ 15, 76 StGB) vermissende Fragenrüge (Z 6) lässt die gebotene Ausrichtung am Verfahrensrecht vermissen. Zur prozessförmigen Darstellung dieses Nichtigkeitsgrundes hätte es nämlich des Hinweises auf ein Verfahrensergebnis der Hauptverhandlung bedurft, das einen allgemein begreiflichen tiefgreifenden Affekt zur Tatzeit (RIS Justiz RS0092271) und einen währenddessen spontan entstandenen Tötungsentschluss des Angeklagten indizieren würde ( Ratz , WK StPO § 345 Rz 23, 43; 15 Os 64/14x). Dem wird die Beschwerde nicht gerecht, indem sie auf Beweisergebnisse hinweist, wonach dem Vorfall ein Streit über die nationalsozialistische Gesinnung des Angeklagten vorausgegangen sei, sich der Angeklagte an den Grund seiner Attacke nicht erinnere, aber „wohl nicht ohne Grund“ auf das Opfer eingeschlagen habe, der Angeklagte mit der Hantel nur einen einzigen Stoß oder Schlag gegen den Kopf des D***** geführt haben soll, dieser Schlag während seiner „sonstigen“ Fausthiebe oder Kopfstöße stattgefunden habe und wonach der zitierten Drohung keine „weiteren Tathandlungen gefolgt“ sein sollen. Im Übrigen mangelt es dem Vorbringen an jeglicher Fundierung der Rechtsbehauptung allgemeiner Begreiflichkeit eines allfälligen solchen Zustands (RIS Justiz RS0100677 [T5]).

Soweit sich die Beschwerde gegen die Bezugnahme auf die gegenüber D***** geäußerte Drohung und die dabei gewählte Formulierung („wobei er die Tat … unterstrich“) in der Hauptfrage 7./ wendet, erklärt sie nicht, weshalb diese Fragestellung irreführend gewesen sein soll.

Die weitere Fragenrüge führt nicht aus, weshalb bei rechtlich gleichwertigen Varianten der Tatbegehung, bei denen lediglich die Tatmodalitäten nach den Ergebnissen der Hauptverhandlung abweichen – hier: Ein oder Mehrzahl von „Schlägen“ mit der Hantel – die Unterlassung der alternativen Aufnahme beider Versionen in die Hauptfrage mit Nichtigkeit bedroht sein soll (RIS Justiz RS0100737). Im Übrigen waren die Geschworenen über die Möglichkeit der differenzierten Beantwortung der Frage informiert (vgl Schindler , WK StPO § 312 Rz 36) und haben hievon auch durch Streichung des Wortes „mehrmals“ Gebrauch gemacht („Fragen“ zu ON 57 S 3).

Soweit der Angeklagte die Stellung einer Eventualfrage zur Hauptfrage 7./ in Richtung „Stoßen“ (anstatt „Schlagen“) mit der 9,8 kg schweren Kurzhantel auf den Kopf einfordert, sagt er nicht, nach welchem anderen Strafgesetz zu fragen gewesen wäre (RIS Justiz RS0119418). Im Hinblick auf die wiederholt synonyme Verwendung der Begriffe „Schlag“, „Hieb“ und „Stoß“ im Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen (ON 57 S 6, 7, 10) im Zusammenhang mit der verletzungskausalen (potentiell tödlichen) „Berührung“ des Opfers mit der Spindel der Hantel und auf die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung zur äußeren Tatseite der §§ 15, 75 StGB (Rechtsbelehrung zu ON 57 S 15 f) ist auch unzweifelhaft, dass die Umschreibung der Tathandlung in der Hauptfrage 7./ bloß mit „Schlagen“ keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluss haben konnte.

Die als „undeutlich“ kritisierte Fassung der Zusatzfrage zur Hauptfrage 7./ vermag – wenn auch sprachlich missglückt – die vom Rechtsmittelwerber befürchtete – freilich den Kriterien logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechende – Fehlinterpretation nicht nahe zu legen. Dass die Geschworenen hier tatsächlich keinem Missverständnis unterlegen sind, zeigt auch der in ihrer Niederschrift vermerkte Grund der Verneinung der Zusatzfrage („Verfolgung bis in den Vorraum“).

Mit seiner Kritik an der (an Hauptfrage 7./ angelehnten) Formulierung der Eventualfragen 9./ und 10./ (auch dort: „mehrmaliges Schlagen“ mit der Hantel auf den Kopf; „Unterstreichen“ der Tat durch die angeführte Drohung) ist der Beschwerdeführer auf die obigen Ausführungen zu Hauptfrage 7./ zu verweisen.

Soweit das Rechtsmittel zur Eventualfrage 10./ kritisiert, dass darin „nicht ausgeführt“ sei, „ob der Angeklagte hier fahrlässig oder vorsätzlich eine solche schwere Körperverletzung zugefügt hätte“, wird nicht deutlich, welcher Aspekt (§ 7 Abs 1 oder Abs 2 StGB oder gar § 88 StGB) damit angesprochen werden soll (RIS Justiz RS0117447 [T5]) und welchen Gesichtspunkt des Sachverhalts das Wort „vorsätzlich“ in der nach dem Vergehen der Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2015/154 (§§ 1, 61 StGB) gestellten Frage geklärt hätte (vgl 13 Os 22/06v). Im Übrigen legt es auch nicht dar, aus welchem Grund dies erforderlich gewesen wäre, obwohl (wie die den Geschworenen erteilte Instruktion zutreffend ausführt; vgl Rechtsbelehrung zu ON 57 S 4 ff, 20 f) der Grundtatbestand nach § 83 Abs 1 StGB auf der subjektiven Tatseite keine vom Mindesterfordernis des § 5 Abs 1 zweiter Halbsatz (§ 7 Abs 1 StGB) abweichende Vorsatzform oder allfällige zusätzliche Vorsatzerfordernisse verlangt (vgl RIS Justiz RS0113270) und § 84 Abs 1 StGB aF (so wie nunmehr § 84 Abs 4 StGB idgF) die auch nur fahrlässige Herbeiführung der schweren Verletzungsfolge genügen ließ (§ 7 Abs 2 StGB).

Im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Zusatzfrage (Z 6) in Richtung § 11 StGB zeigt der Beschwerdeführer mit dem – zum Teil ohne Benennung entsprechender Fundstellen gegebenen (vgl RIS Justiz RS0117447 [T10]) – Hinweis auf angebliches Fehlen eines Motivs sowie eine „massive“ Alkoholisierung des Angeklagten und seines Opfers kein Tatsachensubstrat auf, das – im Fall der Bejahung durch die Geschworenen – für sich allein geeignet wäre, den angestrebten Schuldausschließungsgrund zu begründen (RIS Justiz RS0117447 [T14]). Dazu hätte es vielmehr der Benennung (aus den Verfahrensergebnissen abzuleitender) Anhaltspunkte dafür bedurft, dass der Angeklagte aufgrund einer solchen Beeinträchtigung konkret unfähig gewesen wäre, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln (vgl 15 Os 151/09h; Schindler , WK StPO § 313 Rz 34).

Die vom Beschwerdeführer begehrte „Eventualfrage“ (richtig: Zusatzfrage; vgl §§ 313 f StPO), ob er nach dem Schlagen mit der Hantel gegen den Kopf des Opfers freiwillig vom Versuch des Mordes zurückgetreten ist, wurde den Geschworenen ohnehin gestellt (Zusatzfrage zur Hauptfrage 7./) und von diesen (unter abermaliger Streichung des Wortes „mehrmals“) verneint. Soweit er die Stellung einer weiteren Hauptfrage nach einem „Mordversuch durch Verfolgen des Opfers in den Vorraum“ verlangt, ist das Rechtsmittel nicht zu seinem Vorteil ausgeführt.

Die Instruktionsrüge (Z 8) vermisst eine ausreichende Belehrung der Geschworenen darüber, dass eine Bejahung der Zusatzfrage zur Hauptfrage 7./ nicht unbedingt einen „Freispruch“ von der angeklagten Tat zur Folge hätte, sondern auch eine Verurteilung nach einer anderen Gesetzesbestimmung möglich wäre. Sie orientiert sich dabei prozessordnungswidrig (RIS Justiz RS0125434, RS0119549 [T2]) nicht am gesamten Inhalt der tatsächlich erteilten Unterweisung (vgl Rechtsbelehrung zu ON 57 S 2, 18), sondern greift nur eine einzelne (auf S 3 enthaltene) Passage derselben isoliert heraus.

Der zur – wegen Verneinung der Zusatzfrage 8./ unbeantwortet gebliebenen – Eventualfrage 10./ geäußerten Kritik, es fehle eine Information der Geschworenen über die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit, mangelt es schon an der Darlegung, inwiefern sich die behauptete Unvollständigkeit auf die Beantwortung der Haupt und Zusatzfrage ausgewirkt haben soll (RIS Justiz RS0111311; RS0110682). Ebensowenig wird mit dem bloßen Hinweis auf eine isoliert aus der Verantwortung des Angeklagten herausgegriffene Passage, er habe bei dem (im Zuge von Tätlichkeiten ausgeführten) Schlag mit der Hantel gegen den Kopf des Opfers „gar nichts … gedacht“ (ON 57 S 16 oben; vgl aber S 12 f, 16 unten, 17 f, 20), ein auf bloß fahrlässige Körperverletzung hinweisendes tatsächliches Substrat aufgezeigt (vgl RIS Justiz RS0101087 [T6], RS0100930 [T3]), sodass sich auch die Forderung nach einer Eventualfrage in Richtung § 88 StGB (der Sache nach Z 6) nicht am Verfahrensrecht orientiert.

Aus welchem Grund die den Geschworenen zuteil gewordene Rechtsbelehrung (§ 321 StPO) eine „ausführliche“ Information „über das Beweismaß im Strafverfahren“ und den Zweifelsgrundsatz (§ 14 StPO; in dubio pro reo) enthalten hätte müssen, legt die Instruktionsrüge (Z 8) nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (vgl § 323 Abs 2 StPO; RIS Justiz RS0098508).

Ebensowenig wird klar, weshalb die schriftlich erteilte – in ihrer Gesamtheit zu betrachtende – Instruktion zu den Formen von Vorsatz und Fahrlässigkeit (Rechtsbelehrung zu ON 57 S 4 ff, 16, 21) einen Irrtum der Geschworenen über die für die Bejahung der Hauptfrage 7./ erforderliche subjektive Tatseite hervorrufen hätte können (vgl RIS Justiz RS0119549, RS0100695, RS0110682).

Mit bloß beweiswürdigenden Erwägungen zum konkreten Tatgeschehen zu Hauptfrage 7./ zeigt die Beschwerde (Z 8) nicht auf, inwiefern die zu den Voraussetzungen des § 16 Abs 1 StGB (Rücktritt vom Versuch) erteilte juristische Information (Rechtsbelehrung zu ON 57 S 17 f) – gemessen an den Anforderungen des § 321 Abs 2 StGB – unrichtig oder unvollständig gewesen sein soll (RIS Justiz RS0109476, RS0119549).

Mit dem Einwand, die Geschworenen seien „nicht ausreichend“ iSd § 330 Abs 2 StPO belehrt worden, wird der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 8 StPO schon deshalb nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, weil der Hinweis auf die Möglichkeit nur teilweiser Bejahung von Fragen nicht Gegenstand der Rechtsbelehrung (§ 321 StPO) ist (RIS Justiz RS0123256). Im Übrigen war ein solcher in der schriftlichen Rechtsbelehrung (zu ON 57 S 1 f) sogar enthalten.

Das Vorbringen (Z 8), die Instruktion zum Begriff der „Betätigung im nationalsozialistischen Sinn“ hätte eines „detaillierten“ Hinweises auf das Erfordernis des Propagierens „von Zielsetzungen im Inland oder mit Auswirkungen auf die Republik Österreich“ bedurft, macht – im Hinblick auf den Vorwurf im Inland stattgefundener Agitation (vgl RIS Justiz RS0121835) – nicht deutlich, weshalb der geforderte Belehrungsinhalt unter dem Gesichtspunkt irreführender Unvollständigkeit fehlen sollte (vgl Rechtsbelehrung zu ON 57 S 11 ff, insbesondere S 11 zweiter und dritter Absatz, S 12 erster, vorletzter und letzter Absatz, S 13 erster Absatz; RIS Justiz RS0079703).

Weshalb es sich bei der vorgenommenen Streichung des Wortes „mehrmals“ vor „auf den Kopf schlug“ in der Aufzeichnung des Wahrspruchs (§ 331 Abs 2 StPO) betreffend Hauptfrage 7./ und Zusatzfrage 8./ um eine „undeutliche, unvollständige bzw. widersprüchliche“ Antwort der Geschworenen bezüglich entscheidender Tatsachen handeln soll (vgl § 330 Abs 2 StPO; 12 Os 110/92), lässt die auf § 345 Abs 1 Z 9 StPO rekurrierende Beschwerde nicht erkennen. Damit bleibt – zumal auch der Eintritt eines der beiden Fälle des § 345 Abs 1 Z 10 StPO nicht behauptet wird – völlig offen (nominell Z 10, der Sache nach Z 9; vgl RIS Justiz RS0120126, RS0123182), weshalb den Geschworenen nach Meinung des Beschwerdeführers die Verbesserung ihres Wahrspruchs aufzutragen gewesen wäre.

Die Tatsachenrüge (Z 10a) vernachlässigt den Anfechtungsrahmen dieses Nichtigkeitsgrundes, dessen Wesen und Ziel es ist, anhand aktenkundiger Umstände unter Beachtung sämtlicher Verfahrensergebnisse erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Solche erheblichen Bedenken liegen nur dann vor, wenn die Laienrichter das ihnen nach § 258 Abs 2 zweiter Satz StPO gesetzlich zustehende Ermessen bei der Beweiswürdigung in geradezu unerträglicher Weise gebraucht haben und damit eine Fehlentscheidung qualifiziert naheliegt (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 470, 490; RIS Justiz RS0119583). Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld im Einzelrichterverfahren einräumt – wird dadurch nicht eröffnet (vgl RIS Justiz RS0119583, RS0118780).

Demgegenüber beschränkt sich die Rüge auf die Darstellung eigenständiger Beweiswerterwägungen zu einem allfälligen Tatmotiv, zur subjektiven Tatseite und zu Möglichkeiten, wie es für den Angeklagten ein Leichtes gewesen wäre, das Opfer zu stellen und erfolgreich zu töten (II./). Damit gelingt es ihr nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Wahrspruchs über entscheidende Tatsachen hervorzurufen.

Dies gilt ebenso für die unter Hinweis auf Begriffe wie „israelisch“, „Palästinenser“ (I./2./a./) und „Zionisten“ angestellten Zweifel an ausreichendem „Bezug auf Österreich“ und die Erwägung (I./2./c./), der „Verweis“ auf eine Internetseite, „die im Wesentlichen einen Wikipedia-Artikel über den Nationalsozialismus enthält“, lasse keine nationalsozialistische Gesinnung erkennen.

Die Sanktionsrüge (Z 13) verkennt, dass ein Sachverhaltssubstrat Nichtigkeit nur dann begründet, wenn es offenbar unrichtig als entscheidend für die Anwendung oder Nichtanwendung einer Rechtsvorschrift der Strafbemessung (ie der Ermessensentscheidung) beurteilt wurde und solcherart verfehlt beim Strafausspruch in Anschlag gebracht wurde, für diesen also maßgebend war (RIS Justiz RS0116960). Mit seinen – im Sinn der bisherigen Ausführungen – den Wahrspruch der Geschworenen negierenden beweiswürdigenden Erwägungen spricht der Beschwerdeführer keine Nichtigkeit im Sinn des § 345 Abs 1 Z 13 StPO an. Der Hinweis auf seiner Ansicht nach zu Unrecht unberücksichtigt gebliebene Strafzumessungstatsachen, wie auch der Einwand, die Strafe wäre im untersten Bereich der Strafdrohung auszumessen gewesen, sind daher bloß als Berufungsvorbringen beachtlich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der Äußerung des Angeklagten dazu – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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